Media Collection "Interview Charles Dekeyser 2007"

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Contents

Originator/Copyright holder Medienwerkstatt Franken
Source(s) KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Medienwerkstatt Franken
Usage conditions Nur mit Einverständnis und Nennung von Archiv bzw. Urheber
Display format Interview, Rohmaterial
Interviewer Michael Aue
Camera Günter Wittmann

Subtitles for "AGFl_AV.22.0705.mp4"

00:00:00 CD: So war das.
00:00:00 IV: Gut. Äh Sie sind ja sozusagen.. sie waren ja Zwangsarbeiter später.. Sie sind zur Zwangsarbeit..
00:00:08 CD: Später, später.
00:00:09 IV: Vielleicht erzählen Sie so ein bisschen über diese Vorgeschichte der Zwangsarbeit.
00:00:13 Und wie es denn kam, dass Sie, dass Sie.. Sie waren ja, glaube ich, in der Gegend von Köln oder so..
00:00:20 CD: Wetter an der Ruhr.
00:00:20 IV: Wie es später kam, dass Sie nach Flossenbürg kamen.
00:00:22 CD: Ja. Wetter an der Ruhr. Da ging's, da ging's in äh Stahlwerk Harkort-Eicken. Wetter an der Ruhr war das.
00:00:36 IV: Und erzählen Sie so ein bisschen, was Sie da gemacht haben und was dann passiert ist sozusagen, dass Sie in diese Maschinerie der Lager kamen.
00:00:49 CD: Können wir?
00:00:49 IV: Ja. Ja, ja. Wir sind schon dabei.
00:00:51 CD: Okay. Also der Zwangsarbeit, dies Dekret ist an sich erst in '42 richtig durchgeführt worden.
00:01:03 Und meistens war es so, dass die Gemeinde hat die Leute angeschrieben, angeschrieben, sie sollen sich bei der Wehrstelle melden.
00:01:13 Und da bekamen die dann Arbeit äh zu.. zugeschickt und mussten sich dann am nächsten Tag äh den äh äh Fahrschein abholen.
00:01:29 Und da ging's dann eben dorthin, wo es an sich äh vorgesehen waren von, von der deutschen Leitung da.. die da gearbeitet hat.
00:01:40 Die hat dann bestimmt, wo, wo du hinkamst. Äh ein, eine Wahl hatte man gar nicht. Man kam dorthin, wo die an sich die Leute gebraucht haben.
00:01:52 Ich wurde in '42 am 16. Dezember.. zu der Zeit, da hatten wir alle Arbeit in Frankreich schon.
00:02:03 Ich war, ich war schon weggegangen am 2., am 2. äh Monat in '41. Wir waren in Frankreich tätig.
00:02:17 Und ich kam jeden Monat.. kam ich einmal nach Hause zur Mutter und die zwei Kleinen, die sind in '34 und '35 geboren..
00:02:25 Mutter ganz alleine, da habe ich dann eben Geld gebracht, die Wäsche gebracht und da, da eben dies und jenes wieder mitgenommen.
00:02:35 Vor allen Dingen äh Tabakwaren. Da wurde mit den französischen Bauern äh ein bisschen gehandelt.
00:02:44 Und äh auf dieser Fahrt von Reims nach Torhout, wo die Mutter wohnte, da bin ich in äh Roeselare an dem Bahnhof..
00:02:58 Bin ich in so eine Razzia hineingekommen. Da habe ich dort gewartet auf die Verbindung nach Torhout
00:03:04 und unterdessen wurde dann das ganze Viertel.. wurde abgesperrt.
00:03:10 Und äh ja, dann war es eben so, dass äh die sich die jungen Leute schon von vornherein mitgenommen haben.
00:03:19 Und ich habe ja angedrungen, weil ich nämlich meine Sachen der Mutter zu übergeben hatte.
00:03:26 Da haben die einfach gesagt: "Gut, Pass und so weiter bekommst du morgen.
00:03:33 Wenn es aber äh nicht passiert, dann wird es ja Maßnahmen geben."
00:03:42 Ich kannte aber schon von vorn.. von, von früher her, wa.., was das hieß, und äh da bin ich zu der Mutter weitergefahren.
00:03:53 Am nächsten Tage habe ich mich dann in Brügge gemeldet.
00:03:56 Und da bekam ich dann mit verschiedenen Anderen, die schon dort, dort waren und gewartet haben.
00:04:03 Da sind wir weggekommen nach Hagen.. Hagen an der Ruhr.
00:04:11 Und da hat es eine Aufteilung stattgefunden und ich kam dann nach Wetter an der Ruhr, bei die Firma Harkort-Eicken.
00:04:21 Harkort-Eicken war Stahlwerk, da wurden Panzer produziert. Und da kamen wir im Gemeinschaftslager in Herdecke.
00:04:31 Das war drei Kilometer außerhalb Wetter. In Herdecke bei der Lagergemeinschaft.. die wurde geführt durch den Lagerverwalter Schulte.
00:04:45 Äh bei dem ist das an sich äh schon so gewesen..
00:04:50 Da musste ich dann mal etwas erläutern.. die da, die da vorgefallen ist, wa.., was an sich mit der Verhaftung zu tun hatte.
00:05:03 Äh gearbeitet habe ich da in dem Betrieb.. da war ein Acht-Stunden-Betrieb. Rund um die Uhr waren drei Schichten vorgesehen.
00:05:15 Da habe ich zuerst am Ofen gearbeitet. Da habe ich dann in der Verlade mit äh einem, einem Kran gearbeitet.
00:05:25 Und bin dann im Betrieb hinein auch weiter mit dem Kran äh zum, zum Gießen und in den Formen voll zu machen und so.
00:05:36 Habe ich dann dort gearbeitet.
00:05:39 Es ist Folgendes passiert in dem äh, in dem Betrieb:
00:05:48 Als Kranführer konnte ich mit diesem Kran die ganze Länge und die ganze Breite von dem Betrieb, wo die Halle.. wo wir drin waren..
00:05:59 Konnte ich an sich befahren. Ich konnte überall was aufladen, abladen.
00:06:03 Also ich konnte an sich mit dem Ding schon mal sehr gut umgehen.. War ein Artist geworden, sozusagen.
00:06:12 Eines Tages ist Folgendes passiert: Um 9 Uhr gab es eine viertel Stunde für ein Butterbrot zu essen.
00:06:22 Und unten äh waren verschiedene Maschinen.. Drehbänke waren dort.
00:06:29 Und die Leute waren fast noch alles Deutsche, die an diesen Drehbänken gearbeitet haben.
00:06:36 Äh die haben dann an einem Tag.. hatten die wahrscheinlich nichts anderes zu tun.
00:06:42 Die haben mich auch ein bisschen beschimpft und einer von denen hat sich äh ein Stück Eisen vom Boden genommen und hat..
00:06:51 Und das ist mir am Auge hier oben.. bin ich da getroffen worden.
00:06:59 Bis dahin habe ich mich um gar nichts gekümmert, ich aß mein Butterbrot so weit.
00:07:02 Das, das Schreien und so, das war ich an sich schon gewöhnt, da das machte an sich nichts aus.
00:07:08 Und äh da habe ich gemerkt, wer dieses Stück geschmissen hatte, und habe ich eine Wut gekriegt.
00:07:18 Denn das war am, am Bluten. Da, da blutet es sehr leicht.
00:07:23 Und da war ich am Bluten, habe meine Maschine in Gang gesetzt, die Kette hochgezogen..
00:07:30 Ich hatte zwei schwere Ketten. Und der Rollwagen, der war ungefähr so vier Meter lang.. ein Kran.
00:07:41 Und da verfolge ich den Burschen mit, mit, mit, mit die, der Absicht, dem einen Kettenschlag zu geben.
00:07:53 Der hat sich verkrochen zwischen den Maschinen da. Und wo ich dem in aller Eile nachfolge, bleibt die zweite Kette..
00:08:03 Die hatte ich ganz aus den Augen, Augen verloren.. Ich habe mich nur um den einen gekümmert, um dem so richtig einen Schwung zu geben.
00:08:10 Und da bleibe ich mit der zweiten Kette in einem.. das große Rad, was man so an diesen Drehbänken hat, zum Festschieben.
00:08:21 Da bleibt die da drin hängen, aber bevor ich bemerkt habe, was los war, da hebt sich die, die, die Maschine..
00:08:28 Die Drehbank aus den Fundamenten heraus und da bricht das.
00:08:33 Da kannst du dir mal vorstellen, so ein dickes Eisen.. Da bricht, da bricht das Ding weg und da fällt dann die Maschine runter.
00:08:41 Selbstverständlich nicht an den Fundamentstellen, sondern eine Kante da einfach.
00:08:47 Und das ist ja ungefähr eine ganze Woche.. wurde die äh nicht benutzt.
00:08:56 Und das hat selbstverständlich.. Am selben Tag ist da alles so ziemlich ähm ein Palaver gewesen.
00:09:05 Gestapo-Leute kamen schon dazu. Der Ingenieur war runter gekommen. Das war der Ingenieur Schrotz.
00:09:13 Und der hatte mich schon am zweiten Tag, wo die, wo die an sich äh.. mit den, mit dem, der, der Betroffen war.. der, der Deutsche unten.
00:09:27 Aber der sagte einfach, er hätte gar nichts, nee, und äh den, den Stein hatte vielleicht einer. Aber weiß..
00:09:34 Man weiß nicht, wer an sich geschmissen hat. Also und äh: "Das ist sowieso ein Mann, der dauernd am Meckern war." So.
00:09:43 Was an sich gar nicht stimmt, aber was soll's.
00:09:46 Und äh das ist dann selbstverständlich so gewesen, dass ich noch bis zum Gemeinschaftslager zurückgehen durfte.
00:09:59 Übernachtet.. Eine Nacht.. Und am nächsten Morgen, so um 7 Uhr, da kamen die mich verhaften.
00:10:08 Vorher.. So acht Tage vorher hatte es einen Unfall gegeben im Gemeinschaftslager.. mit diesem Schulte.
00:10:18 Da hat sich ein kleiner Franzose.. 18 Jahre war der ungefähr, war auch ein Zwangs.. Zwangsarbeiter aus Frankreich gekommen.
00:10:27 Der hat sich auf dem WC eine kleine Zeichnung auf diese kahle, weiße Wand gezeichnet. Wie einen, der da hängt.
00:10:40 Und da hat der nichts Besseres gefunden, als wie darunter "Hitler" zu schreiben.
00:10:45 Da hätte der nur Napoleon oder Stalin drunter geschrieben, da wäre das alles halb so wild gewesen.
00:10:53 Und der blöde Bursche, der ihm folgt, der sieht die, die, die Malerei an der Wand, kommt rausgeschossen und schreit laut:
00:11:05 "Hans, da hat der Hitler da aufgehängt." ...
00:11:10 Und der Lagerverwalter, der hatte sein Büro direkt neben dem Speisesaal.
00:11:17 Der kam da rausgeschossen, ging schauen, was los war. Und da hat der geschrien:
00:11:22 "Also derjenige, der das getan hat, wenn der sich nicht meldet, da wird so lang gewartet, bis der sich melden wird."
00:11:31 Also bis dahin gibt's nichts zu essen.. gibt's gar nichts mehr.
00:11:35 Und der Kleine, der hat zuerst mal gemeint, also, es ist doch gar nicht so schlimm, die kleine Zeichnung.
00:11:42 Nach die, nach dieser Drohung, da hat der sich sofort gemeldet.. hat er gesagt: "Ich bin's gewesen."
00:11:49 Und der wurde dann am nächsten Tag schon weggeschafft.
00:11:54 Ich habe dann von dem Deutschen, der in der Küche gearbeitet hat, erfahren, dass der nach Dachau geschickt worden war.
00:12:03 Man wusste an sich nicht so richtig, was an sich da.., damals.. in.. nicht, das war ja Anfang '43.. was Dachau war.
00:12:10 Aber es war immerhin als so, so eine Art äh Straflager so bekannt.
00:12:16 Und äh ich, ich war an sich der Wortführer von dieser Zwangsarbeitergruppe, die da waren, nicht?
00:12:24 Und da habe ich gewartet, bis der ganz alleine abends.. bis der ganz allein in seinem Büro war.
00:12:31 Und da bin ich zu ihm gegangen, habe ihm das gesagt, was ich schon erklärt habe.
00:12:35 Da habe ich ihm gesagt.. also: "Deutschland verliert den Krieg, da kannst du dich drauf verlassen.
00:12:41 Aber ich werde dafür sorgen, dass du zur Rechenschaft gez.. gefragt wirst."
00:12:48 Nicht, du kannst dir wohl vorstellen.. also für, für so eine Kleinigkeit so, so eine, eine schlimme Sache.
00:12:55 Und das ist mir da.., damals schon im Kopf geblieben, dass das un.., un.., ungerecht war.
00:13:03 Und.. na ja, die beiden Sachen sind an sich, die Gründe, weshalb ich an sich verhaftet wurde.
00:13:11 Aber während der vier Monate, die ich im Gestapo-Gefängnis in Dortmund verbracht habe..
00:13:18 Während der vier Monate bin ich da zwei Mal nur, nur über diesen Sabotage-Akt äh verhört worden.
00:13:30 Verhört worden mit, mit der Pflicht zu unterschreiben, dass ich es mutwillig gemacht habe. Und das habe ich nie, nie getan.
00:13:41 Das war vor allem auch äh der Schrotz, der hat mir auch gesagt, bevor ich überhaupt mit diesen äh Gestapo-Leuten wegkam..
00:13:50 Der hat gesagt: "Dekeyser, passen Sie auf: Geben Sie nie zu, geben Sie nie zu, dass Sie das mutwillig gemacht haben.
00:13:58 Gleich, was passiert, geben Sie nie zu." Und da habe ich mich dran gehalten.
00:14:03 Äh wenn die ein, ein, ein Verhör abhalten, da kommst du mehr äh auf den vier, vier äh..
00:14:14 Dings äh in deine Zelle zurück als wie, als wie, als wie du reinkommst.
00:14:20 Aber ich habe mich da dran gehalten und nach dem zweiten Tag hörte ich die schon untereinander sagen:
00:14:26 "Pf.. Lass sein.. also der kommt demnächst sowieso weg."
00:14:31 Was es hieß, das weiß ich gar nicht mehr und das war dann eben das Abschieben nach dem KZ Flossenbürg.
00:14:38 Und in diesem Transportschein, da hieß es: wird.. Dekeyser wird das KZ äh Flossenbürg überstellt als äh "Staatsfeind".
00:14:53 ...
00:14:56 Und äh.. wo ich nach dem Krieg an sich mich darum gekümmert habe da und äh Belege zu bekommen und so,
00:15:04 da war von Sabotage nie mehr die R.., die Rede. Da war alles nur noch um äh diesen Defätissen.. Defätisten-Ausdruck.
00:15:16 Da stand: "verliert den Krieg", das war zu der Zeit..
00:15:19 Also ich habe es mir gar nicht vorstellen können, aber ich kann's, kann's mir später wohl, wohl vorstellen..
00:15:25 Die Defätisten für einen, einen, der so einen Satz schon ausge.., der wurde schon mal an die Mauer gestellt, nicht. Das sind Deutschen..
00:15:33 IV: Also das war noch schlimmer als Sabotage quasi.
00:15:35 CD: Ja, war, war, war schlimmer. Das ist das Einzige, was an sich noch übrig geblieben ist.
00:15:41 Ich habe noch nach längerer Zeit mit dem Präsidenten von äh dem Gefängnis in Dort.. äh Dortmund zu tun gehabt.
00:15:51 Und der hat äh alles bewegt äh.. in Münster nachgefragt und so. Der hat nur das Einzige.. hat der mich noch mal bestätigt:
00:16:01 Die ganzen Unterlagen von der Gestapo wurden in Arnsberg, Papierfabrik Feldmühle verbrannt.
00:16:13 Die ganzen Unterlagen der Gestapo ist da verbrannt worden, im März '45.
00:16:18 IV: Also kurz vor Kriegsende, bevor die Lager.. wurde alles..
00:16:21 CD: Kurz vor Kriegsende ist alles, alles verschwunden. Dort war, da war da dann, dann also von, von diesen Ges.. äh äh..
00:16:29 Sabotage äh.. akt, der, der an sich der Grund war, weshalb ich an sich sofort weggekommen bin. Äh da, da ist ja keine Spur mehr.. nirgends.
00:16:42 Außer dass ich von dem äh ach.. Heidelmeier, das war ein Vorarbeiter.. Da habe ich von dem noch eine Bescheinigung machen lassen.
00:16:53 Damals schon.. äh dass ich äh das Rad äh gebrochen hätte. Das ist an sich das Einzige, was an sich heute noch übrig geblieben ist.
00:17:04 IV: Tupfen Sie noch mal ein bisschen?
00:17:08 Dann erzählen Sie mir doch mal bitte, wie, wie ging es dann weiter? Der.. dann kam ein Transport nach Flossenbürg, vielleicht erzählen..
00:17:14 CD: Ja.
00:17:14 IV: ..Sie ein bisschen von dem Weg und wie es war, als Sie hier angekommen sind.
00:17:18 CD: Ja also, wird sind äh vom äh von Dortmund mit dem Zug abgefahren.
00:17:26 Und äh wir haben zuerst irgendwo in der Gegend von Würzburg.. sind wir ausgestiegen und haben die Nacht im Gefängnis dort verbracht.
00:17:39 Gefängnis.. Es ist nicht dabei geblieben, da war unheimlich viel äh äh Ungeziefer in diesem Gefängnis.
00:17:47 Also da haben wir am nächsten Morgen schon angefangen, äh äh das Hemd, das Hemd umzukehren und alles ein bisschen wegzuschaffen.
00:17:57 Dann bin ich weggekommen am nächsten Tag in Richtung Weiden, wo wir auch wieder ausgestiegen sind.
00:18:06 Unterdessen ist in Nürnberg der ein oder andere auf einen anderen Zug äh versetzt worden.
00:18:11 Der, der ging da wahrscheinlich nach, nach Dachau oder Buchenwald irgendwie.
00:18:17 Und in Weiden habe ich da drei Tage Holz gehackt.. im Gefängnis im Weiden. Drei Tage.
00:18:26 Und da sind wir.. Nachdem von allen Ecken kamen, kamen dann Zufuhr.. so Häftlinge.
00:18:31 Da sind wir so mit rund ca. 40 Mann auf einen Lkw verladen worden. Und äh direkt hier zum Lager geschafft.
00:18:42 Und damals kamen wir noch durch den Eingang, direkt ins Kommandanturgebäude.
00:18:50 Da hatten die, die Gestapo-Leute, die diesen Briefkram da gemacht haben, die hatten da ihre Büros.
00:18:59 Ja.. und das, das, was an sich sofort klar war.. Das Schreien und Schlagen hat an sich nie stattgefunden in Weiden, wo wir auf den Lkw reinge..
00:19:15 Aber sobald wir da in Flossenbürg zugekommen sind, da hat es dann angefangen.
00:19:22 Da hörte man schon mal, was für ein.. die Glocke geschlagen hat zu der Zeit.
00:19:30 IV: Wie war denn, wenn Sie sich erinnern.. Sie sind mit dem Lastwagen gekommen von Weiden..
00:19:34 CD: Ein Lastwagen von Weiden.
00:19:35 IV: Wie war denn so der erste Eindruck, plötzlich als Sie kamen? Was haben Sie gesehen, gehört? Was war das für ein Gefühl?
00:19:42 CD: Ja zu.. auf, auf den ersten Moment wo, wo, wo wir aus.. ausgestiegen sind äh, sind wir einer nach dem anderen..
00:19:51 Kamen wir da bei der Gestapo vorbei. Die hatten da ihren Dossier.. war schon, war schon alles klar.
00:19:58 Und äh da sagt der zu mir äh: "Wenn dir was zustößt, wen soll man da benachrichtigen?"
00:20:12 Ich sage: "Was zustoßen? Was, was meinst du denn?" Was meint der denn da damit, mit "zustoßen"?
00:20:17 Dann als ich fühlte mich an sich noch trotz der vier Monaten im Gefängnis.. fühlte ich mich an sich noch ganz, ganz fit, also von wegen zustoßen.
00:20:27 Aber das, das hat mich zuerst noch mal noch, noch nicht so, so.. aber nachher äh ist das alles zusammen gekommen.
00:20:35 Aber den ersten Eindruck, da.. dann, dann.. da stellt man sich die Frage, was, was, was, was soll's, ne?
00:20:42 Da habe ich gesagt: "Ja, selbstverständlich die Eltern."
00:20:47 Und äh dann ging's weiter. Wir kommen dann ins Lager.. Denn die Kommandantur war, war außerhalb noch.
00:20:56 War Kommandant im Lager.. an dem Posten da vorbei und stellen uns dann da auf, vo.., vor dem, vor der Baracke, die es an sich da gab.
00:21:05 Das war an sich der Zugangs.. und Zugangsbaracke war an sich damals Nummer 13. Das weißt du noch genau.
00:21:16 Und wo wir da an dem Eingang vorbeikamen, da, da fiel mir diese, diese Schrift, die da so auf diesem Steinblock angegeben war: "Arbeit macht frei"
00:21:29 Zu der Zeit hatte ich das noch nirgends gesehen und "Arbeit macht frei", ja das macht der Tingel, nicht?
00:21:36 Da habe ich gedacht, ist vielleicht doch was, {lacht} wa.., wa.., was Gutes.. so das Ganze.
00:21:44 Und äh ich warte bis der, der Posten.. da lief der Posten unsere Reihe entlang.. bis der Posten auf meine Höhe kam.
00:21:53 Da sage ich: "Moment, was heißt 'Arbeit macht frei'?"
00:22:00 Schnappt der mich bei das Tor, zerrt mich aus der Reihe heraus, macht zwei, drei Schritte in Richtung zum Krematorium hin.
00:22:09 Da sagt er: "Siehst du den Bau da unten?" - "Ja."
00:22:15 "Den Schornstein?" - "Ja"
00:22:18 "Den Qualm?" - "Ja."
00:22:20 "Also, je mehr und je schneller du arbeitest, kommst du ins Krematorium."
00:22:27 Wusste ich gar nicht, was Krematorium war, das war zum ersten Mal, dass ich so etwas hörte.. Krematorium.
00:22:33 "Wenn du dann da drin kommst, dann kommst du in den Schornstein und da oben, da tut dir kein Mensch mehr was."
00:22:40 In diesem Sinn.. so.. ja.
00:22:44 Und da ist mir dann das durch den Kopf gegangen: Krematorium... Also da, da, da verbrennen wir die, die, die Leute, ne?
00:22:56 Ah dann äh wo, wo ich das so richtig begriffen hatte, ich stand schon wieder in der Reihe drin.
00:23:02 Da habe ich auf dem, auf dem flämischen Ausdruck, da habe ich gesagt:
00:23:06 "Charltje, uit dat gat hier komt jou nooit meer eruit." Das heißt: "Aus diesem Loch, aus diesem Loch kommst du niemals mehr raus."
00:23:17 Und ab diesem Moment äh ist dann dieser Eindruck von, von, von den Kleinigkeiten, die es an sich vorher gab dort..
00:23:26 Das Benehmen, die Muselmänner, die da über, über den Appellplatz äh da, da noch äh äh hin und her äh äh schritten..
00:23:36 Das, das, das, den ganzen Eindruck, das war etwas, was ich mit meinem kleinen Satz da ausgedrückt hab.
00:23:42 "Aus diesem Loch kommst du nicht mehr raus."
00:23:46 Das war der erste Eindruck und ich kann sagen, ohne.. dann, nachher sind wir noch ins Bad, ins Bad.
00:23:54 Äh d.., der, der, das Baden ist an sich für ein, ein Zugäng.. äh Gruppe äh nicht so schlimm als wie wenn du einen Block aufhältst mit Ungeziefer..
00:24:10 Und abends musst du dann zum Bad. Da verbrachtest du die ganze Nacht im Bad.
00:24:17 Zugänger kamen nur.. da wurde geändert.. Da kamen äh die, der, der, der, der Anzug und alles Notwendige.
00:24:27 Und da kamen wir dann in dem Zugängerblock äh wieder äh zusammen, mit allem, was drum und dran war.
00:24:34 Und während dieser, dieser Badezeit, da war es gar nicht so schlimm, das dauerte.. dann die..
00:24:40 Das musste voran gehen, die konnten sich da nicht.. von wegen äh.. ja.
00:24:44 Da hat es dann da auch äh in dieser Art.. Die hatten wahrscheinlich den Auftrag, äh den neuen da schon von Vornherein ein bisschen zu piesacken.
00:24:56 Damit die wissen, wo.. woher der Wind kommt. Ne? Und so war es ungefähr auch. Geschrien, geschlagen, mal kalt, mal heiß.
00:25:06 Aber ich habe dann später.. Bin ich dann schon mal eine Nacht äh wegen Ungeziefer.. das war nun ganz was anderes Baden, zu der Zeit..
00:25:18 Nein, das war an sich.. so der, der Kapo von der, von der Badeanstalt, der war auch so.. die waren ja alle so.
00:25:25 Da waren ja alle "Grüne", da waren nur ein paar, ein paar "politische" Deutsche, die Posten hatten, aber die.. das waren die wenigsten.
00:25:34 Alle die anderen hatten was zu sagen und die benahmen sich demnach.
00:25:39 IV: So, können Sie sich vielleicht noch mal so.. Sie haben gesagt, das war der erste Eindruck..
00:25:43 Plötzlich, wo Sie gemerkt haben, das ist jetzt eine andere Welt als ein Gefängnis oder so was.
00:25:47 Wussten Sie.. hatten Sie denn schon so eine Ahnung vorher, dass es so etwas gibt wie Konzentrationslager?
00:25:52 CD: Nee, nee.
00:25:52 IV: Wie war auch optisch der Eindruck. Äh was haben Sie ge.. sonst noch gesehen? Sie haben den Appellplatz gesehen, Sie haben den..
00:25:58 CD: Ja, den Appellplatz und dann drum herum die Wachtürme. Die Wachtürme mit den SS-Leuten, die Maschinengewehre, die da schon..
00:26:07 Die Lichter, die Lichter, die auch zu der Zeit schon angefangen haben zu blitzen und so.
00:26:13 Äh und, und da standest du auf dem Appellplatz und, und an allen Ecken ging das ein bisschen rauf. War hügelig an allen Ecken.
00:26:23 Also man hat wirklich den Eindruck, man sitzt in einem Loch und die von da oben, die brauchen nur zu zielen und machen da alles kaputt, was da unten ist.
00:26:33 Weil es, es ganz einfach ist. Es ist ja kein Wegkommen, da ist kein Schutz.. ist gar nichts, nicht?
00:26:38 Dieser, diesen Eindruck, das ... Das Ganze.. in einem Sinn.. also:
00:26:43 "Aus dem Loch kommst du nicht raus", das konnte von alles passieren, war alles mit gemeint. In diesem Sinne.
00:26:53 Und jeder eine, der da, der da äh ins Lager reingekommen ist und diesen..
00:26:58 Ohne, ohne dass die irgendwie die, die Frage gestellt haben und so..
00:27:02 Aber äh den Eindruck.. den meisten war schon.. die, die sind spät.. Ende '44.. '45 gekommen.
00:27:10 Die hatten schon irgendwie eine Mö.., ein kleines Lager irgendwie schon mitgemacht..
00:27:15 Gefängnis haben die auch alle äh ausnahmsweise auch schon mitgemacht.
00:27:20 Aber die haben alle gespürt, wo sie, wo sie hier nach dem Duschen, bevor sie überhaupt im äh Zugangsblock herein waren,
00:27:29 da waren die alle äh.. kein, kein Lebenswille mehr, nicht? Das.. es war.. was war.. das Ende war. Das war das Ende.
00:27:39 Und äh wissen, was an sich richtig noch passieren würde im Lager, das hat sich keiner vorgestellt.
00:27:48 Da man kann, man kann.. man sich gar nicht vorstellen.
00:27:50 Wenn man von auswärts irgendwo kommt und hat schon mal äh mit der SS und Gestapo zu tun gehabt..
00:27:59 Aber so wie hier gehaust wurde, das gab's nirgends. Das gab's nirgends.
00:28:06 IV: Äh können Sie vielleicht so ein bisschen über die ersten Tage auch.. wie war das?
00:28:10 Haben Sie eine Nummer bekommen? Gab.. wie, wie wurden Sie eingekleidet?
00:28:14 CD: Ja, das, das ist..
00:28:15 IV: Wie war auch die Verpflegung? Wie war so der erste Eindruck dann auch?
00:28:17 CD: Das ist, das ist an sich schon am selben Tag passiert.
00:28:21 Wo, wo, wo wir an sich äh nach dem Baden.. nach dem Baden bist du rasiert von Kopf bis Fuß.
00:28:27 Äh dann kriegst du die Kleidung, dann kommst du in den Block rein. Zu essen hat es am ersten Abend gar nicht gegeben.
00:28:39 Ob das extra gemacht wurde, weiß ich gar nicht. Aber es gab gar nichts zu essen am ersten Abend.
00:28:44 Und dann am nächsten Morgen, da gab's zu der Zeit eine Art Brotsuppe.. morgens.
00:28:53 Das ist dann äh sobald wir auf den Block aufgeteilt wurden, ist die Brotsuppe weggefallen. Da gab's dann nur noch Kaffee.
00:29:04 Aber die, die, die eine Woche, die wir da auf diesem Block waren, äh hatten wir eine Brotsuppe morgens.
00:29:15 Und da hat an sich äh das Drillen angefangen.
00:29:18 Man musste lernen, äh wie man sich äh SS-Angehörige zu benehmen hatte, wenn man denen irgendwo begegnete.
00:29:26 Da musste man auch lernen, wie der gesamte Block.. Mützen ab, man durfte nur einen Schlag hören für alle Blöcke.
00:29:37 Da können Sie sich mal vorstellen, wie, wie schwierig, wie schwierig zwischen Kräftigen und weniger Kräftigen,
00:29:44 kranken Leute, die in den Gruppen waren.. äh wie, wie schwierig war das, das äh lau.., laute..
00:29:52 Der Stäubchen, der Lager.. äh, der Lager.. äh.. er war Lagerführer... Stäubchen. Der nahm diese Zählung morgens und abends ab.
00:30:05 Äh der hat gerade eben bei diesem Kommando.. von wegen "Mützen ab!", und dann..
00:30:12 Da hat der zig Mal.. und wir haben dann während der Tage.. haben das alles üben müssen.
00:30:19 Aber wenn das in einem Block so richtig hinhaut, dann ist das noch lange nicht der Fall, wenn wir auf dem allgemeinen äh Platz da standen.
00:30:31 Alle zusammen, da hinkt es sehr oft, sehr oft schlecht. Da haben wir manchmal eine Stunde, zwei Stunden üben müssen, bis, bis.. der, der..
00:30:42 A.., am Schluss ging es an sich noch, noch, noch schlimmer zu als wie beim Anfang.
00:30:47 Weil nämlich die Leute, die haben sich müde gemacht für das... und so. Und äh dann wurde es an sich schlimmer.
00:30:54 Da, da hat er aufgehört, weil er wahrscheinlich irgendwo was anderes zu tun hatte.
00:30:58 Da, da, da ging's zur Arbeit, zu erstmals.
00:31:01 Stell dir mal vor, der hatte so mutwillig ab und zu mal ein paar Stunden die Leute so in der Kälte stehen lassen.
00:31:08 Und der hat sich gar nicht darum gekümmert. Arbeit sollten die an sich, normalerweise, nicht?
00:31:15 Aber die SS, die haben ja alle äh eben das gemacht, was die se.., selbst als für richtig hielten. Nicht?
00:31:24 Trotz Dekret von Himmler, man sollte die, die Leute jetzt arbeiten äh tun und so krepieren,
00:31:31 anstatt äh willkürlich da irgendwo einen zu erschießen, ohne, ohne dass er was geschafft hat.
00:31:38 In diesem Sinne war das gemeint, in diesem Dekret damals.
00:31:43 IV: Und dann war's also eine Zeit..
00:31:45 CM: Äh ich muss..
00:31:46 IV: Band wechseln? Oder..
00:31:47 CM: Ja.

Subtitles for "AGFl_AV.22.0706.mp4"

00:00:00 CM: Okay, wir können weitermachen.
00:00:01 IV: Ja, so nach diesen ersten Tagen, wie ging es dann weiter? Hat man Ihnen auch irgendwie mal gesagt, was aus Ihnen da wird?
00:00:07 Was da passiert? Oder war man völlig.. Hatte man..
00:00:10 CD: Nee.
00:00:11 IV: Keine Ahnung, was die Zukunft bringen würde?
00:00:12 CD: Nee, nee, also die, die Zukunft, die Zukunft war an sich für, für, für keinen Menschen.. auch wenn der einen richtigen Beruf hatte..
00:00:20 Hat gemeint äh: "Ich bin jetzt Schlosser, äh ich werde schon irgendwo untergebracht, wo ich mi.. meinen Beruf ausübe.
00:00:28 Schlosser sind ja immer notwendig." Äh das hat an sich äh äh gar nichts ausgemacht.
00:00:35 Die, die haben, die haben mit den Leuten ..., wie es denen passte. Nicht? Da hat.. von, von wegen "Ich habe einen Job" so..
00:00:43 Manch einer hat Glück gehabt. Ein Glaser zum Beispiel. Das.. Der, der war wahrscheinlich ganz allein {lacht}, der Glaser im Lager.
00:00:55 Der, der hat es an sich hier geschafft, dass er.. Es ist ein Belgier gewesen, der, der, den kenne ich äh.. nach, nach dem Krieg habe ich den kennengelernt.
00:01:04 Der war Glaser hier und er hat sie.. alles, was bei den SS äh zu.. in Ordnung zu bringen war.. Der hat fast nur bei der SS äh zu tun gehabt.
00:01:15 Äh da hat, da, da hat der von den, den Frauen ab und zu was zu essen bekommen.
00:01:21 Also es ist ihm an sich so gegangen, dass er die, die schlimme Zeit, die schlimme Zeit.. dann..
00:01:27 Die schlimme Zeit, das ist.. die, sagen wir mal, die letzten sieben, acht Monate..
00:01:33 Das waren an sich die schlimmsten Zeiten, wo sie an sich überfüllt waren. Mit dem Essen war, war es schon an sich hier ganz, ganz durcheinander.
00:01:42 Wahrscheinlich.. Ich kann's mir vorstellen.. Ich habe ja in Sachsenhausen damals..
00:01:46 Aber hier wird es wahrscheinlich schlimmer gewesen sein.. Wo es sowieso schon vorher so schlimm war. Da wird's noch schlimmer gewesen sein.
00:01:54 Da ist er anhand seiner, seiner Glaserfunktion.. Beruf äh.. Der ist rausgekommen.
00:02:02 Es hat auch einen gegeben, das war ein Maler.. ein Maler. Aber nicht zum reinen Anstreichen, sondern ein richtiger Maler.
00:02:11 Der hat von einem äh Blockältesten.. Block 5.. Der Blockälteste hat den für sich genommen und der hat nur, der hat nur gemalt.
00:02:25 War halt alles, was der.. we.., we.., wenn der einen Namenstag oder sonst irgendwo untereinander die, die Prominenz untereinander.
00:02:34 Die haben auch gefeiert, nicht. Das ist, ist.. da, da ka.. sollten wir nicht leugnen. Block 1 und Block 2.. da gab's nur die Prominenten.
00:02:43 Wenn man da vorbeikam, da hat man gerochen, was {lacht}, was, was da pa.. wa.., was da los war.
00:02:50 Und äh die haben eine ganze andere äh Optik vom, vom Lager gehabt, selbstverständlich.
00:02:59 Die haben die ersten paar Jahre wahrscheinlich sehr, sehr schlimm gewesen.
00:03:03 Aber wo sie sich nachher den Posten erkämpft haben, da werden die sich äh ja, bis zum, bis zum Ende wohl gefühlt haben, nicht?
00:03:13 Denn die kamen mit den SS auch irgendwie.. aus welchen Gründen weiß man, weiß man nicht alle.. aber sie kamen da mit denen auch zurecht.
00:03:21 Also, es hat im gleichen Lager verschiedene äh, verschiedene Lebensweisen gegeben.
00:03:31 IV: Es gab also welche, die waren ganz gut dran, und welche ganz unten.
00:03:35 CD: Ganz unten. Ganz unten. Jemand, jemand, der sich.. wie ich schon erwähnt habe.. der nicht von zu Hause regelmäßig Pakete bekam..
00:03:46 Dann, die Pakete wurden noch bis, bis äh Ende '44.. wurden die noch ausgeteilt. Ne? Bis dahin.
00:03:57 Vom Osten her haben die noch länger Pakete erhalten.. die Tschechen und die Polen und so.
00:04:05 Und die Skandinavier, die waren ja auch sehr gut dabei. Da ist denen von der Regierung aus sehr viel geholfen worden.
00:04:15 Da ist nicht nur die Familie, sondern die Regierung hat sich auch um alles.. Roten Kreuz so.. äh hat sich darum gekümmert.
00:04:22 Und mancher einer ist damit an sich gut zurechtgekommen.
00:04:28 IV: Wie war das denn bei Ihnen? Wie war denn jetzt Ihre Geschichte? Wie ging die weiter nach der Aufnahme?
00:04:37 CD: Also äh nach acht Tagen, nach acht Tagen, da wird der, der, der Zugangsblock.. alles, was da ist zu der Zeit.. der wird dann aufgelöst.
00:04:48 Der wird dann über die verschiedenen Blöcke aufgeteilt. Und ich kam nach äh Block 4. Und Block 4, da habe ich an sich Glück gehabt.
00:05:00 Der äh Blockälteste, ein "Grüner".. das war, das war auch ein Schlimmer, aber der kam von Dortmund.
00:05:11 Irgendwie haben die herausgefunden, dass ich vier Monate im äh, im Gefängnis in Dortmund gesessen hatte.
00:05:19 Und die Luftangriffe dort mitgemacht hatte. Das waren die Luftangriffe in der Nacht von, von den Engländern her.
00:05:26 Das waren, das waren an sich auch äh noch, noch zusätzliche Strapazen, die ich da hinter mich gebracht habe.
00:05:36 Und äh der hat mir einmal am Sonntagnachmittag.. hat der mich äh aufgesucht und äh haben wir da über das, was in Dortmund damals passiert war.
00:05:51 Und der Brinkman, womit ich die Geschichte mit dem Sonderbau hatte, der war von Wetter.
00:06:02 Und der war befreundet mit diesem Lager.. Blockältesten. Die waren befreundet und die saßen beide schon zig Jahre schon, schon äh fest.
00:06:15 Und äh der hat mich äh in, in Flügel A.. Flügel A ist immer der Flügel, der vom Blockältesten geführt wird.
00:06:26 Und der Blockschreiber, der hat den äh Flügel B unter sich gehabt. Und der Blockschreiber, das ist der Bursche, der mir damals viel geholfen hatte.
00:06:39 Das war ein Österreicher, Erich. Das war einer von den seltenen roten Winkeln. Erich hieß der.
00:06:47 Hat ausgeschaut wie, wie so ein Professor und so ein Großer, Langer, Schmaler. Und äh ich habe mich mit ihm sehr gut verstanden.
00:06:58 Der hat mich nie was gefragt. Der hat mir nur geholfen. Hat mir Ratschläge erteilt.
00:07:06 Und äh das ist an sich einer von den Gründen, weshalb ich überhaupt aus diesem Laden rausgekommen bin äh nach so einer langen Zeit.
00:07:17 Die erste Aufstellung nach dem Block.. am nächsten Morgen, nach dem Appell, ist dann..
00:07:25 Die meisten Neuen kamen fast automatisch in den Steinbruch rein. Das.. wahrscheinlich, um die ein bisschen auf Trab zu bringen.
00:07:36 Die meisten kamen auch Berufe oder sonst was äh..
00:07:41 I.., Ich stellte fest, dass fast alle, die aufgestellt wurden, die kamen alle fast immer ins gleiche Kommando rein.
00:07:50 Und da, da.. die Aufstellung fand nun mal statt im Steinbruch.
00:07:55 Der eine kam an die Loren und der andere kam an die, an die Verlademannschaft und ich kam zur Verlademannschaft.
00:08:03 Und zur Verlademannschaft, da wurde alles noch mit der Hand gemacht.
00:08:08 Wir haben, wir haben die.., diesen flachen Wagen, die, die, die wurden durch zwei Pferde gezogen.
00:08:14 Die flachen Wagen haben wir dann mit diesen Blöcken beladen. Gingen mit den Wagen bis an den Bahnhof.
00:08:24 Haben unterdessen bei jeder kleinen äh Helling nach oben.. mussten wir da mitschieben. Die Pferde genügten nicht.
00:08:32 Das waren alles sehr, sehr schwere Brocken. Da waren zig Tonnen auf den Wagen drauf. Da musste man auch noch mithelfen.
00:08:39 Und da wurde dann schon beim Verladen geknüppelt.. bis zum Abladen.
00:08:45 Das war.. also die, diese Zeit.. da habe ich vielleicht 14 Tage mitgemacht.. Diese Zeit, das, das war das Schlimmste an sich äh.. vom Knüppeln her.
00:08:57 Da wurde geschlagen kreuz und quer äh.. Ich habe ja festgestellt äh, dass, dass welche die, die schon, die schon da früher waren als ich.
00:09:08 Die, die haben, die haben sich bei diesem Verladen einmal nur so zugetragen als ob sie so richtig mitmachen.
00:09:15 Und dabei, da haben die sich mehr daran gelehnt. Aber neue Burschen wie wir, die dazu kamen, keine Ahnung..
00:09:23 Das Ding musste drauf und geknüppelt haben die auf unseren Rücken vom Ersten bis zum Letzten.
00:09:29 Gleich, ob du jetzt so oder so äh dich da benommen hast.. egal. Und da hast du dich ...
00:09:37 Dann geknüppelt werden, wenn du dein Bestes tust, um das Stück da auf den Wagen zu kriegen. Also das tut weh mehr als der Schlag.
00:09:49 IV: Wie war denn so diese Gesamtatmosphäre? Das waren die ersten 14 Tage.. haben Sie gesagt.. waren Sie bei der Verladung.
00:09:55 Wie war denn so diese Gesamtatmosphäre in dem Steinbruch? Das war ja ein Arbeitsplatz, da haben viele Menschen gearbeitet.
00:10:03 CD: Ja, da, da.. Also bei der Verlademannschaft, da waren wir mit der Gruppe so von 30.. 30, 40 Mann.
00:10:11 Die einen haben von, von, von Aufladen von, von Anrollen, Anbringen andere haben aufgeladen. Also 30, 40 Mann waren da.
00:10:20 Aber weiter, weiter weg, da, da waren mit den Loren.. also so, so Hunderten äh wird es da äh.. dem, was übersichtlich war.
00:10:33 Ein paar Hundert Leute werden es schon gewesen sein, die zu der Zeit.. also mit der Strafkompanie und alles, was man sich, zu, zu sich bekam.
00:10:42 So ungefähr ein paar Hundert Leute waren da.
00:10:46 Der Weg, den wir dann zum, zum Bahnhof gingen, da haben Leute geklatscht, nicht? Fahr.., Fahrrad und so und so.
00:10:54 Da hat nie ein Mensch irgendwo äh um was gekümmert.
00:11:00 Die haben, die haben sich nur beeilt, aus, aus der Zone wegzukommen, wo, wo wir, wo wir an sich am Arbeiten waren. Nicht?
00:11:09 Da hat die.. und von wegen einen Tag und, und so.. Das gab es gar nicht, nicht? Das äh so.. Unbekannt.. unbekannt.
00:11:17 Äh nachher.. nach den 14 Tagen bin ich dann zu den Loren gekommen.
00:11:25 Und da haben wir dann beim Hebeapparat die Blöcke, die von den äh Strafkompanie da zersprengt wurden.. kleiner gemacht wurden.
00:11:34 Die haben wir dann noch hoch.. Deswegen ist das der Unterschied.. der, der, der.. da mussten wir von unten die Sachen nach oben.. oben rauf bringen.
00:11:43 Und die bekamen dann da.. manchmal haben wir dann auch noch gebohrt und die kleiner noch gemacht.
00:11:51 Bevor sie überhaupt in diese äh Steinmetzbaracken rein kamen, wo an sich der Rest bearbeitet wurden.
00:11:57 Das war alles unterschiedlich, da gab's also auch größere, da gab's auch kleinere. Je nachdem äh.. Bestellung und so.. nehme ich an.
00:12:07 Und äh von daher bin ich dann.. Ich glaube, ich habe voll so zwei Monate, zwei Monate alles in.. äh inklusiv in dem Steinbruch.
00:12:20 Zwei, zwei Monate habe ich da hinter mich gebracht.
00:12:24 Und äh der äh, der äh äh der, der Führer von dem Kommando.. vom Waldkommando, der hat mich eins Tages aus dem Haufen geholt.
00:12:40 Der hatte so vier, fünf Leute.. brauchte er. Der hat mich da aus diesem Kommando herausgeholt und der hat mich dann äh..
00:12:49 Ja, ungefähr.. ja, auch so was von äh zwei Monate habe ich dort im Waldkommando gearbeitet.
00:13:00 IV: Ich würde Sie jetzt gerne noch ein bisschen zum Steinbruch einfach fragen.
00:13:04 Das galt ja immer so als die härteste Arbeitsstelle auch im ganzen Lager.
00:13:08 Äh haben die Zwangsarbeiter die Steine auch selber gesprengt, gebrochen?
00:13:13 Sie haben ja erzählt, eine Strafkompanie gab's auch noch.. Die hat's besonders schwer gehabt.
00:13:16 CD: Ja, die, die..
00:13:17 IV: Vielleicht erzählen Sie nochmal so ein bisschen.
00:13:19 Wenn Sie jetzt diesen Steinbruch vor Ihrem inneren Auge entstehen lassen, was Sie da so gesehen haben oder gehört haben.
00:13:26 Wie war auch die Atmosphäre? Laut, gewalttätig? Dass Sie ein bisschen noch mal so.. vielleicht erzählen diese Atmosphäre auch.
00:13:33 Jeden Tag musste man dahin gehen. Wie.. Gab's da was zu essen? Wie war die Kleidung?
00:13:38 Wie waren die Temperaturen? Wie waren diese Arbeitsbedingungen?
00:13:42 CD: Ja, also die, die Arbeitsbedingungen, die waren selbstverständlich so, wie es an sich bekannt ist: sehr schwer.
00:13:51 Weil nämlich die ganzen Arbeiten vom, vom, vom einfachsten Arbeiten bis zum, bis zum Sprengen äh.. das war alles hart, harte, harte Arbeit.
00:14:03 Äh die Kleidung und die Temperatur, die es damals schon gegeben hat, die war..
00:14:10 Das, der Anfang haben wir schon kalt gehabt, wo wir auf dem Appellplatz gestanden haben, nicht?
00:14:16 Da hat es dann da schon angefangen. Dann.. Schließlich hatten wir nur äh die, die paar Klamotten auf, auf dem, auf dem Rücken.
00:14:25 Äh das ist noch nicht mal das, was heute eine Jacke äh verdecken kann. Äh diesen Unterschied..
00:14:34 Aber da hat man sie irgendwie äh durch, durch die Arbeit überhaupt nicht so richtig, richtig empfunden.
00:14:42 Man war ja schon am .. und klappern, aber die Arbeit, die da einem aufgedrungen wurde, die hat äh, die hat äh..
00:14:52 Als Resultat hat die einen gewärmt. Das war an sich das Einzige, was an sich gut war.
00:14:58 Bevor wir abgingen, war zu der Zeit mit diesem äh Kaffee.. Bevor wir zum Appell gingen, da hatten wir diese Kaffeepause in den, in den Blocks.
00:15:12 Und das Einzige, was an sich gut daran war, das, das war warm.
00:15:18 Dann der Geschmack und so.. Das war ein richtiges äh Wasser äh, aber es war warm.
00:15:25 Und schon dieser Eindruck, etwas Warmes im Körper zu haben, hat, hat schon einen irgendwie aufgemuntert.
00:15:33 Äh auf dem Appellplatz, da hat es schon wieder vorbei. Dieser erste gute Eindruck, der war schnell weg.
00:15:40 Und wo wir dann auf dem Arbeitsplatz waren, da hat es an sich angefangen, äh zu.. wie soll ich sagen? Düster zu werden.
00:15:49 Ich weiß ja auch nicht so richtig. Verstehst du "düster zu werden".. Also die, die, die Welt ändert sich wieder. Nicht?
00:15:56 Das, das gute Gefühl vom, vom warmen Getränk im Magen, das war schon weg und da blieb nur noch die nackte Realität:
00:16:04 Dieser Granit, womit wir da fertig werden mussten.
00:16:10 Es wurde an sich im Steinbruch viel geknüppelt. Immer, immer. W.. mit oder ohne Grund.
00:16:17 Es, es wurde geknüppelt.. das war, das war der, der, der Tagesablauf. Der gehörte dazu.
00:16:26 Eins ist ja auch noch im Steinbruch äh gewesen, worüber man sehr wenig hört: Das ist der Abort, der Abort.
00:16:36 Der Abort, der war an sich ein, ein großes Loch, über das man so äh ein, ein, ein Stück Baum.. kleinen Baum gelegt hat.
00:16:49 Da hat man dann den Rücken äh so hoch.. so, so eine Art äh Holzab.. Abdeckung und es ist ab und zu mal.. nicht oft, aber ab und zu..
00:17:05 Ein paar Mal habe ich es ja mitgemacht.. Dass, wenn da zwei, drei Leute sich da zur gleichen Zeit aufgehalten haben.
00:17:15 Und kam einer von den SS vorbei, dass der einfach das Brett, was den Rücken ge.. einfach weggestoßen hat.
00:17:26 Und die drei Burschen, die lagen in diesem Loch hinein.
00:17:32 Wie und was dann da passiert und wie, wie es den meisten ging, das verkehrt aus.
00:17:39 Eben weil sie zum Abort gegangen waren, auf einem schlechten Moment, wo gerade ein SS äh vorbei kam, der schlecht gelaunt war. Nicht?
00:17:49 Das konnte passieren und das ist ein paar Mal passiert. Äh wahrscheinlich auch noch, wo ich nicht mehr da war.
00:17:56 Da wird's wahrscheinlich auch.. Das war dann so eine Art an der Tagesordnung, dass man den Leuten..
00:18:02 Da hatten die ihren Spaß dran und wenn dann einer krepierte, dann war es ja an sich eine richtige Sache.
00:18:08 Da war wieder ein Staatsfeind, der war ost.. o.. ver.., verschwunden. War einer weniger.
00:18:17 IV: Und äh es war ja auch noch die Strafkompanie.. auch noch. Wie ging es denen, was mussten die denn machen?
00:18:23 CD: Ja, die Strafkompanie, die hat an sich.. der Anfang, die hat, die hat äh.. also die ersten Arbeiten waren Sprengarbeiten.
00:18:31 Wenn dann gen.., genügend gesprungen war.. wenn man so sagt, ne? Gesprengt worden war,
00:18:39 da haben die äh nur noch Lorenarbeiten, Schubkarrenarbeiten.. aber alles, alles ohne, ohne richtigen Zweck.
00:18:49 Man hat denen das, das aufgedrungen, dass die dieses und jenes zu tun hatten.
00:18:53 Das war äh laden, abkippen, wieder aufs Neue laden, wieder abkippen, aber alles im Laufschritt.
00:19:01 Können Sie sich mal vorstellen, wie, wie es einem ist, der da im Laufschritt mit so einer Schubkarre.. oder den Loren, die Loren.
00:19:11 Da muss.. das müssen die, die vier, fünf Mann, die an einer Lore am Schieben waren, da mussten die sehen, dass das im Laufschritt vorwärts ging.
00:19:20 Es war an sich.. also der, das Schlimmste, was an sich einem passieren konnte, das, das war aufzufallen irgendwie.
00:19:27 Und dann zur Strafkompanie äh geschleust zu werden. Wer da drin kam, das war an sich gar nicht auszuhalten.
00:19:35 Einer, der da 14 Tage mitgemacht hat, der, der musste ein, ein, ein Koloss, ein junger Bursche gewesen sein.
00:19:42 S.., Sobald der äh äh 30, 40 Jahre hatte, das, das war schon mal gar nicht auszuhalten. Und dann nicht nur..
00:19:51 Da, da spricht man auch nicht viel drüber: die Schläge.. An Schläge wird ein Mensch.. gewöhnt der sich irgendwie dran.
00:20:01 Und das spürte mit der Zeit und mit der Häufigkeit, die an sich geschlagen wird äh äh..
00:20:07 Wi.., wird man so äh, da.., dass wenn da.., das ja gar nicht so richtig wahrnimmt.
00:20:13 Aber die Erniedrigung, die Erniedrigung, geschlagen zu werden, sich nicht wehren zu dürfen..
00:20:21 Der sich irgendwie gewehrt hat, der ist ja nicht mehr da, um das zu erzählen. So, so ging das, nicht? Der wurde einfach umgeknallt.
00:20:29 Der sich da irgendwo gewehrt hat, wenn es ihm nicht passte.
00:20:34 Aber die Erniedrigung, wenn, wenn man an sich nie, nie so was mitgemacht hat, also die, die ersten Wochen, die, die sind kaum, kaum..
00:20:42 Da, da hast du Lust zu heulen, wenn du ins Bett reinkommst. Bis du wieder aufstehst. Und dann geht's erst dann wieder los.
00:20:51 IV: Und genau das haben Sie an sich am Anfang alles erfahren, gleich in den ersten Wochen.
00:20:56 CD: In den ersten Wochen. In den ersten Wochen.
00:21:00 IV: Sie haben ja schon gesagt, Ihnen, Ihnen war auch zum Heulen nachts, wenn Sie zurückgekommen sind.
00:21:04 CD: Ja, ja. Ja, es war zum Heulen. Es war zum Heulen. Es wurde auch geheult.
00:21:11 Aber durch die Angewohnheit, dass du.. Wenn, wenn du dich da dran hältst, dann, dann heulst du tagein, tagaus, sozusagen, nicht?
00:21:19 Und heulen im Beisein von irgendwo einem Kapo oder einem SS zu der Zeit, das war das Schlimmste, was einer tun konnte.
00:21:29 Denn wenn er so einen gesehen hat, obgleich welchen Grund er geheult hat,
00:21:34 da hat der dann so viel äh Schläge bekommen, dass er da erstmal richtig wusste, weshalb er äh schreien soll.
00:21:45 IV: Und dann sind Sie zum Waldkommando gekommen.
00:21:47 CD: Zum Waldkommando.
00:21:49 IV: Was für einen Eindruck..? Hatten Sie das Gefühl, das wird jetzt besser oder schlechter?
00:21:51 CD: Ich habe mir..
00:21:52 IV: Oder das ist die Rettung? Oder..?
00:21:52 CD: Ja.. nee, ich habe, ich habe zuerst gedacht, ich habe zuerst gedacht, dass das besser war.
00:21:59 Denn an sich schlimmer als wie da, habe ich mir vorgestellt, kann's nicht sein.
00:22:05 Aber wie gesagt, also in den Lagern geht's einmal so: Je nach dem Kapo ist..
00:22:13 IV: Ich hör's schon. Wir machen weiter.
00:22:15 CD: Ist das Kommando äh besser als das andere, aber der Kapo, der bestimmt, wie und was dann da gemacht wird.
00:22:26 Und äh mit den Arbeitsmethoden und den Knüppeln, da hat der von morgens bis abends äh bei der Hand.
00:22:34 Nur dass ein, ein Teil von der Arbeit musste gemacht werden. Der konnte einfach nicht jeden niederschlagen und die Arbeit kam nicht voran.
00:22:42 Die, die Arbeit musste.. wurden kontrolliert auch von, von anderen äh oberen äh Offizieren.
00:22:50 Und da musste doch äh so viele Meter.. mussten, mussten wir jeden Tag irgendwie abschaffen. Nicht?
00:22:57 Bäume zuerst mal weg.. aus, aus dem Boden die Wurzeln heraus.
00:23:03 Dann bekamen wir vom äh, vom Steinbruch bekamen wir dann den Zufuhr von dem Abfall, den es da gab.
00:23:12 Aber den Abfall mussten wir dann noch zerkleinern. Da waren die.. ab und zu ga.., gab's dann da noch einen größeren Brocken und so.
00:23:20 Und zum Zerkleinern hatten wir äh so einen, so eine Art äh Hammer, aber mit den biegbaren, biegbaren äh Holz.. wie man sagt.
00:23:36 Den konnte man schwingen, die.., diesen. Und der, der kam dann gerade richtig. Der war gar nicht, gar nicht so, so groß. Der, der war sowas..
00:23:45 Und zum Zerkleinern war der an sich vorgesehen. Da hat man einmal drei oder vier Mann in der Gruppe..
00:23:52 Hatten so einen Hammer und mussten dann da diese Sachen klein machen. Und die anderen müssen dann die Verteilung.. die Aufteilung vornehmen.
00:24:02 IV: Es ging also schon auch um Produktivität.. da in dem Waldkommando.
00:24:05 CD: Ja. Es musste, es musste da..
00:24:06 IV: Also nicht.. Es wurden Bäume gefällt..
00:24:08 CD: Ja.
00:24:09 IV: Der Wald wurde gerodet, entfernt und es musste..
00:24:11 CD: Eine Straße..
00:24:12 IV: Jeden Tag Straßen aus diesem zerkleinerten..
00:24:14 CD: Ja, die, die St.. äh St.. die Straße, das war eine Straße für den kommenden Rückzug, den die wahrscheinlich schon irgendwie im Auge hatten.
00:24:23 Äh den kommenden Rückzug aus der, aus der äh Tschechei.. aus der Tschechei hier nach, nach Deutschland zu.
00:24:32 Äh zum Essen, da haben wir äh die Kübel.. haben wir die SS-Kübel und die Kübel für unsere Gruppe haben wir morgens einmal mitgebracht vom Lager.
00:24:45 Die haben wir mitgebracht und da ist dann äh Folgendes passiert:
00:24:53 In der Zeit, wo die Waldbeeren gut sind.. reif sind, da haben wir diese Schüssel Suppe dalli, dalli runter bringen müssen.
00:25:07 Die Schüssel etwas sauber machen und da bekamen wir einen Kamm und haben dann pflücken müssen.
00:25:18 Wir haben Waldbeeren gepflückt während der Pause, die es normalerweise gab. Aber schnell essen und dann pflücken.
00:25:27 Wenn einer ertappt wurde, dann.. Es, es, es hat einer oder andere hatte der, der.. Also de.., der hatte schon se.., se.. nicht mehr richtig im Kopf.
00:25:37 Denn wenn du Waldbeeren isst, dann, dann, dann kannst du gar nicht verstecken, nicht? Da hast du den, den, den Mund blau.
00:25:45 Ob du.. kannst du spucken und machen, was du willst.
00:25:48 Und hier und da ist einer, der hat sich gehen lassen, der hat sich noch etwas geschnappt und äh Resultat davon:
00:25:56 Den haben wir dann meistens zum Lager getragen abends.
00:26:03 Da haben wir dann gepflückt und der Kapo, der hatte sich einen Kübel für ihn vorgesehen und einen Kübel für die SS vorgesehen.
00:26:15 Und äh ja, voll kriegten wir die, die Kübel nie, denn das, das, das.. die Zeit..
00:26:22 Vielleicht hätten wir da den ganzen Tag gepflückt, dann hätten wir vielleicht genügend gehabt.
00:26:26 Aber meisten kamen so halb voll oder dreiviertel voll.
00:26:31 Und während der Zeit, während der Zeit musste dann noch Knüppel an, an, an, an die Arbeit machen.
00:26:39 Also das, das ging, das ging alles schön zusammen. So kapomäßig nach gesehen ging das alles sehr schön zusammen.
00:26:47 Außerdem hat der dann noch eine, eine, eine entarte, entarte äh äh Benehm.., entartes Benehmen hat der noch.
00:27:00 Der nahm sich außer unserem Suppenkübel zwei, drei Schüsseln und da hat der sich einen jungen Russen ausgesucht.
00:27:14 Der hatte schon einen Wasserkopf, aber Wasserkopf.. das, der ganze Körper war schon.. nicht?
00:27:20 Wenn der ein.., ein.., einmal auf sein, sei.., sei.., sein Bein gedrückt hat, dann war ein Loch, blieb Loch.. im Kopf genauso dasselbe.
00:27:31 Und der wurde dann da äh jeden Tag.. Das hat also auch immerhin 14 Tage gedauert, bis der äh kaputt ging.. der, der Russe.
00:27:41 Der stopfte dem jeden Tag so drei, vier Schüsseln..
00:27:46 Die kamen aus unserem Kessel raus, bei der Aufstellung äh ist dann eben bei jedem etwas weniger geblieben a.., als wie bei normal.
00:27:58 Also mal vorstellen, wa.., was die, was die, die Kapos.. die, die, die Burschen manchmal im Kopf hatten. Also un.., un.., unglaublich, also das ist, es ist ...
00:28:10 Der, der ging.. der junge, der junge Bursche ging eher kaputt als wie wenn er hätte ihn krepieren lassen durch die Arbeit und, und seinen normalen äh Zustand.
00:28:21 IV: Also die haben ihn praktisch totgefüttert.
00:28:24 CD: Gefüttert.
00:28:24 IV: Also durch, durch zu viel Essen wurde er immer kränker.
00:28:27 CD: Also ja.. Das ist ja sowieso alles nur Wasser gewesen. Und wenn der einmal das Wasser äh im Dings hat..
00:28:33 Je mehr der Wasser trank, umso, umso schneller ging's da kaputt.
00:28:39 IV: Sie haben mir ja vorhin schon mal.. Und die Geschichte kenne ich aus dem Buch ja auch so ein bisschen..
00:28:43 Eben erzählt, dass auch da dieser Umgang mit Menschen ganz besonders brutal war.
00:28:47 Auch diese Geschichte mit der Wette, die dann mal passiert ist.. am Anfang, als Sie kamen.
00:28:51 Vielleicht erzählen Sie diese Geschichte mir auch nochmal jetzt.
00:28:56 CD: Ja, also.. Wo wir, wo wir die, die Aufstellung von der Arbeit gemacht wurde,
00:29:02 haben die Wachposten sich alle um, um diesen, diesen Bereich da irgendwo aufgestellt.
00:29:10 Und da war der Oberrottenführer äh.. der sprach der einmal mit den äh Kapo.
00:29:20 Und äh das war jeden Tag, jeden Tag, ging es: Wer wird als nächster eingehen?
00:29:27 Die haben sie da einfach Wetten, Wetten abgeschlossen, wer äh einging.
00:29:34 So, wer kaputt gemacht werden musste, so ungefähr in diesem Sinne. Ne? Kann man verstehen.
00:29:40 Und eines Tages, eines Tages hieß es vom Kapo her als Antwort: "Der Belgier kommt dran."
00:29:48 Der Belgier kommt dran. Und da ich der einzige Belgier war in der Gruppe, {lacht} war es ja.. war ich an der Reihe.
00:29:57 ...
00:30:00 Und da hat sich der, der Rottenführer, der hat sich da äh die, die, den Satz ausgesprochen:
00:30:13 "Also, das glaube ich nicht, das glaube ich nicht. Schau mal, was der für ein Kreuz hat."
00:30:20 Also von Kreuz äh wusste ich noch nicht mal so richtig, wa.., wa.., was das hieß.
00:30:25 Aber ich habe mir vorgestellt, dass ich war wahrscheinlich äh ..., das wurde, das.. also wäre noch kräftig, ne?
00:30:33 So in diesem Sinne habe ich, habe ich das.. Und da hat der so zwei, drei Mal äh hat der äh äh gesagt:
00:30:40 "Nee, nee, das ist.. Ich sage der Belgier, das ist der Belgier."
00:30:46 Und daraufhin ist dann.. ist der äh beim Mittag.. beim Mittagessen.. wo er angefangen hat mit dem kleinen Russen wieder..
00:30:59 Da habe ich den angeschaut und hat ihm nicht gepasst, der hat nur darauf gewartet, höchstwahrscheinlich.
00:31:06 Und da ist der dann auf mich losgestürmt.
00:31:10 Er hat seinen Knüppel liegen gelassen. Der war ja.. Der hatte an sich äh schon sein Mittagsbrötchen angefangen.
00:31:17 Der Knüppel.. und da hat der sich, was auf dem Boden lag.. Am Boden lagen ja äh Knüppel in Hülle und Fülle.
00:31:23 Da hat der sich drei, drei oder vier Stück.. hat der sich dann kaputt geschlagen.
00:31:31 Ich bin stehen, stehen.. Ich hatte mir geschworen: Du gehst nicht in die Knie, du bleibst stehen.
00:31:41 Da habe ich mich nie.. nur abgewehrt mit den Vorderarmen, je nachdem er angefangen hat, zu, zu dirigieren.
00:31:48 Ich war an sich sehr sportlich zu, zu der Zeit. Und da sah ich abkommen, also die g.., die Arme, die sind äh bl..
00:31:54 Blau und Kreuz, aber und ab und zu bekam ich schon mal eine auf den Kopf oder auf den Rücken.
00:31:59 Aber da hat der sich drei, vier Knüppel kaputtgeschlagen in einem Wutausbruch. Also..
00:32:06 Kann man gar nicht beschrieben, nicht? Äh so was kann man auch nicht nachahmen.
00:32:12 Und äh der SS, der hat auf den gegebenen Moment.. Entweder hat der meine Haltung irgendwie äh geschätzt oder so..
00:32:21 Der hat geschrien: "An die Arbeit alle!"
00:32:24 Und daraufhin.. wenn es hieß "Alle an die Arbeit!", da musste er ja auch aufhören, das war für ihn auch..
00:32:31 Und da habe ich dann noch meine Arbeit durchgeführt.. in diesem Zustand. Ich habe geblutet an allen Ecken..
00:32:39 War gebrochen sozusagen, aber nur der Oberkörper. Und der Kopf, der hat nicht, der hat nicht gewackelt.
00:32:48 Der hat gesagt: "Du bleibst stehen!". Und ich bin auch stehen geblieben. Und das war vielleicht..
00:32:53 Wäre ich hingefallen und hätte mich treten lassen, so da hätte der SS vielleicht äh
00:32:57 weitermachen lassen, dann wäre ich höchstwahrscheinlich nicht mehr hier.
00:33:05 IV: Wie ging es dann weiter? Sie waren einige..
00:33:08 CM: Bandwechsel.

Subtitles for "AGFl_AV.22.0707.mp4"

00:00:00 CM: Und läuft.
00:00:00 IV: Okay. Ja.
00:00:03 CD: Also, während der Periode, wo wir Waldbeeren gepflückt haben..
00:00:07 Wir brachten die Waldbeeren immer ins Lager rein, außer dem Kübel von der SS, der wurde außerhalb dem Lager schon abgegeben.
00:00:19 Aber der für den Kapo, den mussten wir rein bringen.
00:00:23 Und eines Tages kommen wir ans Tor, die Zählung fängt an und da bleibt der stehen. Ich und ein Russe hatten den Kübel zwischen uns.
00:00:39 "Aufmachen!" Der.. aufmachen.. haben wir aufgemacht. {lacht} Halb voll oder dreiviertel voll Waldbeeren.
00:00:50 Und da schreit der, der, der hat wahrscheinlich den, den äh äh Dingsnamen von, von dem Kapo..
00:00:57 Da schreit der auf den hin, da ruft der dann auch noch einen Kollegen von ihm. Da fangen die an, den zu verprügeln.. den Kapo zu verprügeln.
00:01:10 Was da gewesen ist, da muss irgendwo etwas mit den Waldbeerengeschichten.. wa.., was gewesen sein.
00:01:15 Wa.., was die anderen äh so wütend gemacht hat. Überhaupt.. Es wurde an sich gar nicht kontrolliert die anderen.
00:01:21 Nur, nur an dem Tag äh wurde sowas getan.
00:01:26 Und während die auf den eindreschen, kommen andere Kommandos rein am Tor und da, da wird Stau.
00:01:35 Und da kommt ein anderer SS und sagt er: "Also hier.. weiter, weitermarschieren!"
00:01:41 Abgezählt waren wir sowieso.. mussten wir weitermarschieren mit dem Kübel.
00:01:48 Und wo wir halbwegs auf dem Appellplatz sind, da sage ich dem Iwan.. Die heißen ja alle Iwan, diese Russen. Da sage ich dem Iwan.. ich sage:
00:01:56 "Geh zu.. schon mal zum Block. Ich bringe das zur Küche." Normalerweise mussten wir den in der Küche abstellen.
00:02:03 Ich sage, ich bringe das zur Küche. Der geht. Wo er auf die Treppen schon rauf ist.. Richtung Küche.. zack, zu Block 4.
00:02:15 Und bringe den Kübel, den Kübel äh auf, auf den Flügel an Erich. Ich sage: "Erich, ich habe etwas für dich." - "Ja?"
00:02:27 "Waldbeeren." - "Von woher?" Erkläre ich ihm, was passiert ist.
00:02:33 "Ja", sagt er, "also du musst, du musst dabei bleiben, du hast es an der Küche abgestellt, ne, ne?"
00:02:40 Ich sage: "Kannst du da.." - "Ja, das ist schon gut, schon gut, ich werde mich darum kümmern."
00:02:46 Was der gemacht hat: Hat der sich mit anderen von der Küche irgendwo einbestanden,
00:02:51 dass die da was gebacken haben oder sonst was getan haben. Weiß ich gar nicht.
00:02:55 Aber jedenfalls äh es, es hat ihm an sich Spaß gemacht, dass äh, dass.. Der, die, die sitzen schon Jahre da drin.
00:03:03 Also Waldbeeren so in Hülle und Fülle, das, das war eine Ausnahme.. Ausnahmefall.
00:03:10 Und äh ja, der, der, der hat, der hat sowieso immer mal ein halbes äh Portion Brot äh zu, zu.. Da bekam ich ab und zu mal sowas so zwischen.
00:03:23 Aber die Geschichte mit diesem Kübel.. Ich nehme an, am nächsten Morgen da kam der an..
00:03:29 Da war, da war er zuge... genauso wie ich damals äh.
00:03:36 "Wo e.. wo, wo, wo, wo sind die Waldbeeren?" - Ich sage: "Die Waldbeeren ha.., haben wir, haben wir an der Küche abgestellt.
00:03:44 Da kannst du den, den, den, den Iwan fragen."
00:03:48 Der hat den Iwan gar nicht gefragt, ne? Also, der hat gemeint: "Ja, die haben.."
00:03:53 Aber ich denke, dass er so im Hinterkopf w.., wahrscheinlich den Gedanken gehabt hat..
00:03:57 Ich weiß nicht, wie das im Lager zuging, aber so äh dreiviertel Kübel, der, der auf einmal irgendwie gegessen werden..
00:04:07 Unter dieser Prominenz wird da irgendwo äh schon gewesen sein äh.., dass die gewusst haben, von wo es herkam.
00:04:18 Aber wie es, wie es dann äh zum Schluss ging, da.., da.., das ist dann..
00:04:23 Und der hat dann wahrscheinlich schon gedacht, also.. "Der, den krieg ich schon." Nicht? "Den krieg ich schon."
00:04:31 Und wenn die Geschichte mit dem Wetten kam.. Das ist ja alles so kurze Zeit nach diesem Geschehen im Lager gewesen. Also, es..
00:04:40 IV: Das kann so ein Zusammenhang gewesen sein.
00:04:42 CD: Ja, ja.
00:04:42 IV: Also Rache oder so. Ich gebe Ihnen einfach mal ein Neues. Das ist jetzt schon.. Ich nehme das auch noch einfach..
00:04:54 CD: Da musste, da musste.. Da kann man sich schon mal vorstellen, dass ich schon äh auf, auf diesen Moment schon äh
00:05:02 so ein, so ein alter Drauf.., Draufgänger war. Um sich sowas zu leisten, da musst du schon was im Kopf haben, ne?
00:05:12 IV: Und nach einiger Zeit sind Sie aber auch wieder von dem Waldkommando wieder weggekommen.
00:05:16 CD: Da bin ich ja.. ja.. na, an dem.. Was da, was da geschehen ist, wo ich na.. zum Block.. nach dem Appell zum Block kam, nicht?
00:05:26 Das, das waren ein paar Tage nach der Geschichte mit den Waldbeeren.
00:05:32 Das ist der Tag, wo, wo ich so verprügelt wurde, nicht? Da, da, da musste ich, da musste ich zum Revier.
00:05:38 Aber bevor ich zum Revier ging, bin ich zuerst nach dem Erich gewesen.
00:05:42 Denn wenn, wenn unsereiner zum Revier kam, der bekam nur ein bisschen Papier draufgeklebt und, und fertig, nicht? Also das war gar kein..
00:05:50 Aber ich habe den Erich gefragt und der Erich hat gesagt: "Ich gehe mit dir."
00:05:55 Und da bin ich so ein bisschen versorgt worden, wie, wie es an sich äh mit den Deutschen hätte äh gemacht werden.
00:06:04 Nicht? Richtiges äh äh Pflaster und, und äh De.., Desinfektionsmittel, so so.. Da.., das.. was fertig, alles gut.
00:06:13 Und am nächsten Morgen bin ich dann zum Leichenkommando. Da hat der Erich auch für gesorgt, dass ich war.
00:06:21 Ich war nicht mehr im Stande, noch die schweren Arbeiten oder Steinbruch noch durchzuführen in dem Zustand, wo ich da war.
00:06:29 Hatte wohl alles abgeschirmt, aber ich war kei.., kei.. jedenfalls so, so ganz durcheinander. Und hatte Weh an allen Ecken.
00:06:39 Und da habe ich dann drei Wochen im Lager.. im Lagerkommando.. du, du wurdest für alles eingesetzt, nicht?
00:06:47 Leichentragen, aber du, du wurdest ab und zu mal gerufen äh irgendwelche Arbeiten im Lager zu.. durchzuführen.
00:06:54 Das kam, das kam da schon. Aber drei Wochen sind wir dann da gewesen.
00:06:59 Da haben wir meistens die Leichen, die auf dem Appellplatz nach dem Appell lagen.. die haben wir dann zuerst zum Revier geschafft.
00:07:09 Im Revier haben die die, die Leiche äh alles abgenommen.
00:07:17 Und nachdem sie nackt waren, da haben wir die dann auf so einer Handbarre zu Fuß, zu Fuß zum Krematorium gebracht.
00:07:26 Da haben wir nur abgeladen und wieder zurück.
00:07:31 Zwischendurch äh hatte der Krematorium-Kapo, der hat uns dann da auch mal für, für äh, für die Koks-Zufuhr..
00:07:41 Da mussten wir dann da äh etwas abladen oder, oder aufladen. Da zwischendurch mussten wir dann auch für den was tun.
00:07:52 Und nach drei Wochen, nach drei Wochen, da ging's einigermaßen gut, da hat er dann für gesorgt, dass ich zum äh..
00:08:07 Zu Messerschmitt-Werke kam.
00:08:12 IV: Ich frage Sie jetzt einfach nochmal: Sie sind.. das war.. Wie war denn das? Ich meine, wenn man plötzlich so, so..
00:08:18 Tod gehört ja wahrscheinlich auch schon bald zum Alltag. Man sieht das. Aber wie ist das, wenn man plötzlich dann,
00:08:25 ja, selber drei Wochen lang jeden Tag zum Leichenkommando gehört. Wie war das für Sie? Was war das auch für ein Gefühl? Was war das für..
00:08:32 CD: Ja, also, die ersten, die ersten zwei, drei Tage, da ist man durcheinander.
00:08:39 Da, da hat man äh v.., von jedem einen, den, den man da aufnimmt äh äh ve.., versuchen ihn zu, zu, zu äh..
00:08:52 Wie soll ich sagen? Zu, zu.. nach.., nachzuleben, wie er dazu gekommen ist. Äh Alter nach und, und körper.., körperlicher Verfassung nach und so.
00:09:08 Da, da, da kümmert man sich noch irgendwie darum, um zu wissen, was ist ihm passiert, da.., dass, dass er da liegt und ich an sich ihn tragen muss.
00:09:17 Nicht? In diesem Sinne. Aber nach zwei, drei Tagen, da tut Ihnen das gar nichts mehr.
00:09:23 Das, das ist dann eine Alltagsarbeit äh.. die an sich noch, noch, noch gar nicht so schwer war.
00:09:32 Am meisten haben wir, haben wir nur einen aufgenommen. Ab und zu, wenn es ein bisschen viel war, da haben wir wohl zwei..
00:09:39 Aber im Großen und Ganzen.. die, die Körper da, die haben so was von, von 35, 40 Kilo gewogen. Mehr, mehr nicht.
00:09:48 Also mit zwei, mit zwei Mann war das an sich zu der Zeit noch zu schaffen. Das war an sich gar nicht so..
00:09:55 Aber diesen Eindruck mit, mit, mit Leichen so, so tagein, tagaus.. das, das geht dann einem an die Nerven.
00:10:05 Ne? Da kann man an sich äh jung, jung und kräftig sein, aber das geht einem an die Nerven. Da hast du den Eindruck:
00:10:13 Wann bist du an der Reihe? Ne? So ungefähr geht's durch den Kopf. Weil du jeden Tag die, die, die, die, die Leichen siehst. Nicht?
00:10:23 Dann, dann ver.., verfällst du in, in, in, in Gedankengänge, die, die an sich gar nicht, gar nicht so äh.. Wie soll ich sagen?
00:10:35 Mi.., mit Lust leben zu tun hat. Nicht? D.., du, du bist eher auf den negativen äh äh Seiten des Lebens dran.
00:10:46 IV: Ich meine.. Sie haben ja auch vorhin erzählt: "Am Anfang habe ich mir gedacht, hier komme ich nir.., nie wieder raus."
00:10:51 CD: Ja.
00:10:52 IV: Und wenn man das dann sieht, ist das ja an sich eine Bestätigung auch.
00:10:54 CD: Eine Bestätigung von dem, was am, am Laufen war, nicht?
00:11:00 IV: Waren denn die meisten Menschen.. was denken Sie.. an Hunger gestorben, an Schwäche? Oder auch an den Prügeln? Was denken Sie?
00:11:07 CD: Ja, die..
00:11:08 IV: Woran sind die Leute gestorben?
00:11:09 CD: Also die, die, die meisten sind äh.. Unterernährung. Unterernährung, Schwerarbeit und zusätzlich dann mit diesen äh
00:11:21 Misshandlungen, die dann da stattfanden, die automatisch zu, zu, zum Revier geschoben haben.
00:11:27 Und wer im Revier war, der, der hatte auch nur eine kürzere Zeit, be.., bevor er in den Totenbaracken.. die zwei Totenbaracken da waren.
00:11:36 Und der da rein kam, kam nie mehr raus. Nie, nie. Die Totenbaracken waren abgeschlossen, die Fenster wurden nie geöffnet.
00:11:45 Also das war wirklich ein, eine Totenbaracke. Ne? Da waren zwei Stück.
00:11:50 IV: Also das waren noch Art Krankenreviere, aber für die, die, wo man nichts mehr gemacht hat.
00:11:55 CD: Wo, ne, ne. Wo man nichts mehr für getan hat und äh die an sich.. Pf.. Wer weiß, wer weiß.
00:12:03 Wenn da irgendwo einer abgeschoben wurde in die Menge, da, da, da konnte man gar nicht äh so richtig sagen äh
00:12:11 weshalb, wofür ist er da und, und ein anderer nicht. Ne?
00:12:17 Aber Unterernährung, Schwerarbeit und Misshandlung. Das, das sind an sich die, die drei Faktoren, die fast für alle..
00:12:27 Und alleding.. vor allen Dingen äh Leute die, die Familie hatten.
00:12:34 Und die sich, die sich da abends noch über o.. Die haben sich untereinander noch unterhalten.
00:12:43 Äh haben das Ganze noch vor, vor, vor die Augen äh gehabt. Haben schlecht geschlafen, schlecht ausgeruht. Am nächsten Tag idem.
00:12:53 Und so ein, eine Ansammlung von, von schlaflosen Nächten, harter und schwerer Arbeit am Tag.
00:13:02 Da, das zusammen hat dann getaugt, da.., dass die schneller eingingen.. wie man sagt, als wie ein junger Bursche, der sagt:
00:13:12 "Also jetzt kümmere ich mich nur..", wie ich gemacht habe, "äh ob ich morgen was anschaffen kann. Äh wie ich morgen was anschaffen kann."
00:13:20 Und versuche damit, damit äh meine ganze Konzentration und Energie zu, zu, zu bewahren.
00:13:29 IV: Auf das Überleben aufzuwenden.
00:13:31 CD: Auf.. ja. Auf das Überleben, auf das Überleben.
00:13:34 Trotz das, was ich gesagt hatte. Aber da habe ich mich nur noch von Tag auf Tag was vorgenommen. Tag auf Tag.
00:13:44 IV: Es sind ja aber auch Menschen sozusagen auch "aktiv" getötet worden. Es gab Hinrichtungen, Menschen sind auch mal erschossen worden.
00:13:51 Es sind Leute wohl auch manchmal in den Draht gelaufen. Was haben Sie da gesehen in diesen 13 Monaten?
00:13:56 CD: Ja, im, im Draht, im Draht ist es meistens am Sonntag passiert. Am Sonntag..
00:14:03 Hat es ja auch welche, die sind freiwillig hinein, aber es ist auch von Kapos her und der SS auf den Wachtürmen..
00:14:12 Ist ja auch mitgeholfen worden, hier und da auch einen hinzutreiben.
00:14:17 Der an sich gar keine mehr.. gar, gar keine Ausflucht hatte, was, was anderes zu tun und sich zu verkriechen.
00:14:24 Nein, der saß zwischen zwei, drei Kapos äh.. Die, die, die von da oben zielten auf den. Und äh die, die sind dann regelrecht in diesen..
00:14:35 Und die haben dann den Stacheldraht ansetzen müssen, denn normalerweise, normalerweise am Sonntagnachmittag war der nicht angesetzt.
00:14:44 IV: Nicht unter Strom.
00:14:45 CD: Ja, der war nie unter Strom. Ne? Und äh an dem Tag.. Das sind alles so Sachen, wo.., womit ein Außenstehender, wie, wie ich war..
00:14:56 Und trotz dem ich schon mit der Sprache und so schon mehr Verbindung hatte als ein Franzose, eine Russe oder ein Pole.
00:15:02 Der.. mit dem.. mit, mit keiner reden konnte. Aber ich, ich bin nie dahinter gekommen, wie, was, wo, wann es diese Fälle immer gegeben hat.
00:15:13 Aber das, das hat in Hülle und Fülle. In Hülle und Fülle zu..
00:15:16 Es ist eine Zeit, bis, bis da die.., dieses Dekret von Himmler kam und hieß, also man soll jetzt krepieren durch Arbeit.
00:15:26 Nicht? Da, da, da, da hat's, da hat's weniger gegeben.
00:15:29 Aber hier in Flossenbürg hat es noch äh ei.., ein Jahr nach dem Dekret, da hat es noch immer äh.. war, war nichts, nichts geändert worden.
00:15:38 Also es blieb bei denen, wofür, weshalb. Das, das ist etwas, was wir, was wir nicht wussten.
00:15:46 Aber gesehen haben wir's, das Hängen. Da.., das Hängen ist, ist ja zu meiner Zeit.. zu meiner Zeit ist.. Es wurde jede 14 Tage mindestens einer gehängt.
00:16:01 Und da gab es zwei verschiedene, verschiedene Methoden. Einmal wurde nach dem Appell aus dem Bunker ein oder zwei herausgeholt.
00:16:15 Die kamen dann auf den Appellplatz. Da hat der Lagerführer Stäubchen.. da, da hat der dann da so ein, einen Schein von, von Berlin abgelesen.
00:16:25 Aber es hieß immer äh zu, zu, zu hängen.
00:16:30 Ich muss aber sagen, dass von all denjenigen, die da gehängt wurden, nie einer, der sich da äh erbärmlich benommen hat.
00:16:40 Nie einer. Die sind alle stramm.. Manch einer hat geschrien. In, in, in, in, in, sein, sein, seiner Sprache.. Der hat geschrien irgendwo etwas.
00:16:53 Aber die meisten gingen stur zum Galgen, als wie ein Erlösmittel.
00:17:01 Die hatten wahrscheinlich.. die da aus dem Bunker kamen..
00:17:04 Die hatten im Bunker wahrscheinlich schon so vieles hinter sich gebracht, dass die äh sich danach sehnten vielleicht, ans Ende zu kommen.
00:17:14 IV: Und, und alle mussten zuschauen? Das war öffentlich oder wie war das mit den Hinrichtungen?
00:17:19 CD: Das war, das war öffentlich. Die Hinrichtungen waren öffentlich und auch äh mit den Bock.. äh schlägen war auch öffentlich.
00:17:30 Passierte alles nach dem letzten Appell abends. Passierte alles..
00:17:34 Bevor man auseinander ging zum Block, wurde das Hängen und das Bestrafen mit den, mit den äh Bockschlägen da.
00:17:44 Das war alles nach dem Appell.. und musste jeder.. jeder musste da zuschauen.
00:17:52 Äh wenn einer schwach wurde und, und, und eine Träne fallen ließ und auffiel, der bekam dann noch mehr Schläge als wie der, der auf dem Bock war.
00:18:06 Also man musste dauernd, dauernd, mit allem, allem äh äh rechnen und, und Obacht geben und, und gar nichts merken lassen.
00:18:18 Ich habe, ich habe ein, ein, einen Kollegen, einen kleinen Polen, der bei mir im äh Steinbruch gearbeitet hat.
00:18:27 Da habe ich nie gewusst, dann das ist ja, wa.., wa.., was der, was der da, da, da ablas, da konnte man gar nicht so richtig verstehen, weshalb der da raus..
00:18:38 Aber der, der war schon ein paar Wochen mit mir und da waren wir am, am Lorenarbeiten.. Laden und Abladen und Verladen.
00:18:50 Und äh je, je nachdem.. Wir haben uns ein bisschen abgesprochen: Der hat aufgepasst und ich habe mich ausgeruht.
00:19:00 Und ich habe dann mal aufgepasst und er hat sich ausgeruht.
00:19:04 Also Kapo und SS.. Sobald irgendwo etwas sie bewogen hatte, dann hatte man den anderen, also..
00:19:14 Äh bei, bei diesem Zusammenhang, da, da, da wirst du schnell Freund und, und, und, und wie Brüder sozusagen, nicht?
00:19:22 Dann.. Der eine passt auf, auf das Wohlsein vom anderen.. Wenn man von "Wohlsein" reden kann in so, in so einem Fall.
00:19:29 Da passt der andere dafür auf. Und da wirst du an sich.. trotz wir uns mit der Sprache..
00:19:35 Aber der hat ein bisschen Deutsch gesprochen und ja ich kam auch zurecht. Äh viel Gesprä.., Gespräche haben wir gar nicht geführt.
00:19:44 Aber ma.., man fühlten, dass man sich auf den anderen verlassen konnte.
00:19:49 Und da ist eines Abends, wo wir zurück von der Arbeit kamen.. nach dem Appell.. wird ausgerufen und das ist so ein Fall.
00:19:59 Da kommt einer, der an sich gar nicht im Bunker war. Wofür? Der wurde auch nicht auf den Bock..
00:20:06 Der kam regelrecht aus dem Arbeitskommando und wurde von dort aufgerufen.
00:20:12 Dem hat man dann d.. äh die, die, die Ärmel ge.., geschnürt. Womit, weiß ich nicht, weil das waren keine Handschellen. Irgendwie fest.
00:20:22 Und der wurde gehängt in, in z.., alles in zehn Minuten. Ablesen, zum, zum, zum äh Galgen.. in.. alles in zehn Minuten war vorbei.
00:20:35 IV: Und er hat vorher nichts geahnt.
00:20:37 CD: Und der hat gar nichts geahnt. Gar nichts, gar nichts, gar nichts. Deswegen, da.., das ist.. eine Art von, von Tortur.. kann man sagen.
00:20:48 Eine Art Tortur, die von, von fast allen, die irgendwie mit dem Lagerleben mit.. äh, mitgelebt haben, irgendwie schon empfunden wurde, nicht?
00:21:00 Also äh das kann dir morgen passieren. Nicht? Das, was du jetzt äh mitmachst und, und siehst, das kann dir.
00:21:07 Der, der, der wusste auch nicht, wie.. der.. Noch im Lauf des Nachmittags haben wir noch ein paar Worte gewechselt.
00:21:13 Da, da hat der vo.., von gar nichts.. Hat sich.., ha.., war auch nicht so ängstlich.. von wegen, dass er irgendwo im Hinterkopf was hatte.
00:21:21 War nicht ängstlich.. gar nichts, gar nichts.
00:21:23 Und ich habe an sich nur gesehen, wo er vorbeimarschierte zum Galgen, dass er es war.
00:21:28 Die Nummer, die Nummer kannte ich äh auswendig sozusagen. Aber wenn die so schreien und du.. da, da, da hört man kaum, kaum Richtiges.
00:21:38 Nur beim Vorbeimarschieren. Ja und da habe ich, da habe ich dann gebetet.
00:21:48 Äh da habe ich an sämtliche Götter: "Tu was!"
00:22:00 Es ist aber nichts passiert. Und seitdem ist für mich die Religion abgeschafft.
00:22:13 Ja das sind so Momente, die, die, die an der Tagesordnung waren zu der Zeit, nicht?
00:22:20 Mir ist es so ergangen, aber anderen ist es noch schlimmer ergangen. Denn ich bin ja noch hier, nicht? Und andere sind nicht mehr da.
00:22:35 IV: Sie haben ja vorhin geschildert, genau das, was jetzt mit Ihnen passiert: Dass Sie Gefühle haben und Gefühle zeigen, war an sich verboten.
00:22:43 Man musste das ankucken und durfte nicht weinen, durfte nicht schreien.
00:22:47 CD: Nein, nein, nein.
00:22:50 IV: Äh das ist ja für mich..
00:22:51 CD: Nee, die, die haben, die haben..
00:22:52 IV: Auch wie eine Art von Folter, dass man das nicht darf. Wie war das gewesen, dass man nichts zeigen durfte?
00:22:56 Dass man nicht schwach sein durfte, dass man kein Mitgefühl haben durfte?
00:23:00 CD: Ja, aber das war nicht nur bei, bei diesen äh, bei diesen Auf.., Auftakten da. Sondern das, das war das tägliche Leben.
00:23:09 Man, man.. das tägliche Leben von morgens, wenn du aufgestanden bist äh.., bis du dich in deine Koje wieder reingelegt hast..
00:23:16 Äh hast du nie etwas zeigen dürfen.
00:23:21 Und noch weni.., weniger äh äh.. Wie soll ich sagen? Da, da, da irgendwie auf, auf Mit.., Mit.., Mitleid zu hoffen.
00:23:30 Das, das gab es nicht. Also die Leute waren so abgebrüht.
00:23:35 Die meisten, die schon längere Zeit da waren, ne? Die waren so abgebrüht, dass vom menschlichen Empfinden kaum noch die Rede sein konnte.
00:23:43 Kaum.
00:23:45 IV: Auch untereinander.
00:23:47 CD: Auch untereinander. Untereinander. Ich habe also.. die..
00:23:53 Es gab noch äh ein, eine, eine Klasse auch noch mal äh.. die, die Tschechen, die regelmäßig was bekamen.
00:24:04 Die haben sich schon unterhalten untereinander. Haben schon aus.., ausgewechselt, was die in ihren Paketen hatten.
00:24:11 So.. da gab's das schon. Ir.., irgendein, ein, eine freundschaftliche äh Zusammenarbeit.. wie, wie man sagen kann.
00:24:21 Unter denen.. aber nur unter denen, die im Stande waren, irgendwo etwas zu wechseln, das die regelmäßig bekamen.
00:24:31 Und äh da ist dann von menschlichen Gefühlen ab und zu.. konnte man hören, dass es da noch etwas gab.
00:24:40 Aber bei den anderen, die vor Hunger krepierten.. An dem Moment sind alle Gefühle.. die, die, die, die existieren nicht mehr.
00:24:52 Denn du hast nur, nur ein, eins im, im Gedanken, das ist.. also: "Wie kriege ich jetzt noch etwas zu fressen?"
00:25:00 Außer das, was ich bekomme.
00:25:04 Und da hört das, das Empfinden auf. An dem Moment äh, da hast, da hast du noch äh nur, nur noch einen Gedanken:
00:25:17 "Wie kann ich noch was bekommen?".
00:25:22 Und da bist du zu allem fähig. Zu allem fähig.
00:25:26 Nur nicht dein bisschen erbärmliches Leben einzusetzen. Das tust du nicht. Aber du hörst an sich alles auf.
00:25:51 IV: Wie kann man das hinterher wiedergewinnen, wenn man das überlebt hat? Wieder zu fühlen und..
00:25:58 CD: Ja, das, das braucht seine Zeit.. braucht seine Zeit. Also ich habe, ich habe äh schreiben wollen.
00:26:09 Ich war immer so.. in Schreibkunst und so.. war ich sehr, sehr gut. Und dann habe ich schreiben wollen. Habe ich..
00:26:17 Also.. ich bin in Sachsenhausen zum letzten gewesen, aber bei mir blieb nur die Geschichte von Flossenbürg im Kopf.
00:26:30 Da oben hatte ich äh sozusagen nie gelitten. Also, das, das bisschen was.. ab und zu mal ein Tritt und so was.
00:26:38 Das war alles gar nichts gegen das, was hier passierte.
00:26:42 Und da habe ich angefangen, so.. ich weiß nicht.. hatte ich 80, 80, 100 Seiten äh schon in ein paar Tagen zusammen.
00:26:54 Und da hat die Mutter den Arzt kommen lassen. Ich betrüge mich anormal, anormal.
00:27:02 Ich war dauernd äh im Lager, benahm mich ki.., ki.., kirre.
00:27:08 Und der ist gekommen und der hat gesagt: "Augustin, er, er muss weg hier, aber aufhören, vor allen Dingen aufhören mit seiner Geschichte."
00:27:20 Und da bin ich.. da habe ich damit aufgehört, habe alles weggeschmissen.
00:27:24 Und dann bin ich na.., nach Frankreich, nach der Schwester von meiner Mutter, die in Frankreich gewohnt hat, in der Umgebung von, von Nantes.
00:27:32 Und da bin ich da sechs Wochen geblieben. Und während der sechs Wochen hat sich alles normalisiert.
00:27:41 Aber es hat immerhin ein paar Monate.. hat's gebraucht.
00:27:48 IV: Und später gab's dann ja viele Jahre, wo sie nicht mehr darüber geredet haben, nicht?
00:27:52 CD: Ja, da habe ich äh, da habe ich überhaupt nicht mehr.. bis, bis '89. Bis '89.
00:28:04 IV: Und dann war so der Zeitpunkt, wo sie gedacht haben, jetzt..
00:28:07 CD: Ja, da war ich.. also '89, da.. mit 67 habe ich aufgehört zu arbeiten.
00:28:17 Also zwei Jahre nach, nach meinem Aufhören, ne? Wo ich in die Rente gegangen bin. Zwei Jahre danach.
00:28:25 Da habe ich, da habe ich dann angefangen. Aber auch zufälligerweise.
00:28:34 Da hat es eine Ausstellung gegeben in meiner Umgebung.. eine Ausstellung gegeben von Sachsenhausen.
00:28:45 Und da habe ich meiner Frau Nelly.. da habe ich gesagt: "Komm, wir gehen jetzt mal hin, vielleicht treffen wir da einen von denen da oben."
00:28:55 Das alles nur so, nur einfach so, also.. Vorher war gar nichts mehr und dann äh hatte ich auch mehr Zeit.
00:29:04 Und da war's mit der Arbeit äh getan und so. Und äh ich sage: "Da gehen wir dahin." Und dann äh äh..
00:29:14 Haben wir da die Tochter vom äh Direktor vom Grenzecho kennengelernt.
00:29:20 Und der Direktor vom Grenzecho, Henri Michel, der war fünf Jahre in Sachsenhausen. Und äh der war schon verstorben unterdessen.
00:29:29 Aber der hat ein paar Bücher geschrieben, da habe ich dann von ihr ein paar Bücher bekommen.
00:29:35 Und die hat mir dann gesagt, also: "Es wäre vielleicht an der Zeit, dass du dich auch mal um das, was die, die nicht das Glück hatten äh,
00:29:46 da raus zu kommen, äh dass man an die denkt und äh für die etwas versucht zu schaffen."
00:29:57 Die Gedenkstätte, das war an sich das, was in äh, in äh Sachsenhausen schon alles so weit war.
00:30:09 Und da bin ich dann einmal hierher gekommen und hier war an sich alles noch zu tun.
00:30:18 IV: Und dann haben Sie angefangen, mit das zu unterstützen und aufzubauen.
00:30:20 CD: Und da habe ich damit angefangen, ja. Und auch in Belgien, die, die, den Freundeskreis da wiederaufzubauen.
00:30:28 Denn der lief da alles ein bisschen kreuz und quer: der eine kam, der andere ging nie.
00:30:33 Und äh das alles äh bisschen äh.. dass wir an sich in kürzester Zeit.. in ein paar Jahren Zeit dann..
00:30:41 Da hat es sich schon gelohnt.. nachdem äh die, die Sache von Alcatel fertig war, da hat es sich schon gelohnt.
00:30:49 Wo der Platz frei war und die Zukunft an sich..
00:30:55 Bei dem Fachbeirat äh hatte man schon Idee so, wie und was g.. gemacht werden konnte.. geleistet werden konnte. Und das war der Anfang.
00:31:07 Und solange, bis das Ding hier klar ist.. ich denke, in 2009.. Bis dahin sind wir noch immer dabei.
00:31:18 IV: Ja, sind Sie dabei.
00:31:19 CD: Ja.
00:31:20 IV: Ich habe jetzt gerade noch.. Sie haben ja gerade eben noch mal so gesagt, also.. Dann ging es nach Sachsenhausen.
00:31:25 Aber immer, an sich, wenn Sie dann daran denken, das Schlimmste von allem war Flossenbürg.
00:31:32 Was war für Sie das Schlimmste in diesen 13 Monaten?
00:31:38 CD: Ja, das Schlimmste.. Also das Hängen von meinem Kollegen war schon schlimm. Ist eine ganz andere Angelegenheit.
00:31:47 Die Knüppelei von, von, von den äh Kapo vom äh Waldkommando..
00:31:53 Das war an sich die, die, die heftigsten Schläge in der kürzesten Zeit, das ich da zu ertragen hatte.
00:32:02 Und dann die Zeit, wo ich gelernt habe, mich im, im Lager so, als wie ein alter Häftling zu benehmen.
00:32:11 Nicht arbeiten wollen.. wenn anders geht, wenn es anders geht.
00:32:21 Also.. man, man braucht eine Zeit, man braucht eine Zeit, sich als Häftling zu benehmen.
00:32:27 Denn die Arbeit muss.. und sonst noch und so, und so weiter. Aber man braucht eine Zeit, sich das anzugewöhnen.
00:32:36 Und dann genau wie die, wie die Alten.. D.. die.. du bekamst die gleichen Schläge. Also weshalb dich noch anstrengen und dich müde machen.
00:32:46 Das.. aber da braucht man eine Zeit für, das geht nicht von heute auf morgen.
00:32:50 Und da, wo ich zum ersten Mal da geknüppelt wurde für, für, für das Beste, was ich hergebe. Das war ...
00:33:03 IV: Also man musste praktisch sich so verändern, um zu über.., zu überleben.
00:33:05 CM: Band wechseln.
00:33:06 CD: Man musste.. Der, der nicht..

Subtitles for "AGFl_AV.22.0708.mp4"

00:00:00 IV: Viele, deren Verwandten zu.., zum Teil auch gerade bei jüdischen Häftlingen, die ja in anderen Konzentrationslagern waren.
00:00:06 CD: Ja.
00:00:06 IV: Wo auch niemand mehr wusste: "Sehe ich den wieder? Sehe ich die wieder?"
00:00:10 CD: Ja eben, eben.
00:00:11 IV: Äh wie wird es denen gehen? Vielleicht die Kinder.. werde ich die Kinder nochmal sehen?
00:00:15 Natürlich auch Leute, die älter waren als Sie.. auch noch mal physisch älter. Und dann..
00:00:19 CD: Eben, eben, eben.
00:00:20 IV: Andere Sorgen hatten.
00:00:21 CD: Ja, deswegen war alles.. alles war viel schlimmer für ältere Leute als wie jüngere Leute.
00:00:27 Junge Leute können sich irgendwo anpassen, können sich sagen.. also: "Jetzt eine Mauer. Was gewesen ist, ist gewesen." Nicht?
00:00:34 "Und jetzt sehen wir zu.." Ich habe, ich habe auch mir selber gesagt, nicht? Äh..
00:00:42 "Du hast, du hast jetzt den großen Herren ausgehängt, jetzt musst du ausfressen." Das habe ich mir selber gesagt.
00:00:47 Ich habe nie gesagt, der Hitler ist schuld, der Hitler ist schuld.. und die haben Schuld. Habe ich.. hättest du das Maul gehalten, ne?
00:00:54 {lacht} Das.. hättest du dich anders benommen..
00:00:56 IV: Ja.
00:00:57 CD: Ich habe die Schuld bei mir selber.. "Jetzt musst du sehen, wie du, wie du zurechtkommst." Basta.
00:01:03 Das kann ein, ein älterer Mann, der drei, vier Kinder zu Hause hat, der kann sich das nicht leisten. Und der bringt es auch nicht fertig.
00:01:13 IV: {zu CM} Läufst du schon?
00:01:14 CM: Ja, schon lang.
00:01:14 IV: Okay. Äh. Gut, jetzt.. an sich zum Schluss nur noch zwei Fragen.
00:01:20 Und es geht eher so um Fakten nochmal. Sie haben vorhin erzählt von den Bestrafungsaktionen auf dem Bock.
00:01:28 Was war das genau und wie lief das ab? Das weiß ich selber auch nicht.
00:01:32 CD: Ja, die, die Roten.. meistens wurden die aufgerufen. Die saßen, die saßen nie im Bunker, sondern die wurden aufgerufen.
00:01:39 Die hatten irgendwo etwas missfallen an einem SS oder an einem Kapo. Der Kapo, der konnte auch dafür sorgen, dass du 25.. äh 50, 50 war selten..
00:01:52 Ich glaube, ich, ich habe nur einmal.. und der mit 50 äh, der ist abtransportiert worden zum Revier.
00:01:58 Ob er noch gelebt hat oder nicht, das kann ich ja je.. jetzt nicht behaupten. Aber meistens waren 25. Und 25..
00:02:08 Stellen Sie sich mal vor.. Das wurde so weit..
00:02:13 Anfangs kamen einmal nur.. einen.. wurde aufgerufen und der wurde dann äh der, der Vollstrecker, nicht? Der Vollstrecker.
00:02:27 Äh du kamst über den Bock äh, du wurdest.. die Füße, Füße festgehalten. Und flachgelegt.. die Hose runter. Und da wurde dann mit so einem äh..
00:02:42 Wie, wie hieß, wie hieß das noch? Ochsenschwanz, das, das war ein Ochsenschwanz.. Das war nicht mehr ein Knüppel, sondern das war ein Ochsenschwanz.
00:02:50 Aber der Ochsenschwanz war an sich sehr schlimm. Der hat an sich am Ende seh.., sehr dünn, sehr dünn. Und äh halbwegs war, war, war der dicke.
00:02:59 Und die haben kn.., knüppeln können, so wie es denen passte.
00:03:04 Und ab und zu gingen sie auch äh da so, so tief, dass, dass der von unten noch.. nicht nur auf den Hintern.. das Große..
00:03:13 Der schlug, der schlug dann auf den Bock runter..
00:03:16 Da bekamen die dann noch äh auf den, auf den Knien, auf den Schenkel.. bekamen die dann noch äh zusätzlich äh Schläge.
00:03:26 Aber zum, zum äh letzten.. äh drei Monate.. jedes Mal, wo einer auf dem Bock kam,
00:03:33 da wurden fünf Leute aufgerufen und je musste dann fünf Schläge austeilen, damit nur nicht einer müde wird.
00:03:44 Haben die fünf Kapos oder fünf Blockälteste.. also von der Prominenz wurden die da genommen. Fünf Stück.
00:03:51 Und da haben die.. und da, da waren die zwei, drei SS-Leute, die da droben standen,
00:03:56 die haben auf die Finger geschaut, ob, ob man so richtig ausgeholt hat oder nur zu..
00:04:03 Denn manchmal kam ja einer auf den Bock, der, der ein Bekannter war von.. oder einer von ihren Kollegen war. {lacht}
00:04:09 Und, und da mussten die dann da richtig drauf hauen. Kannst dir mal vorstellen..
00:04:14 Auf dem Fleisch mussten die dann da äh 100-prozentig hergeben, damit der spürt, was los ist.
00:04:23 Also so, so blöde Dinge, nicht? Wenn, wenn man darüber redet. Aber, der da lag, für den war's alles andere als blöd.
00:04:35 Ja, die meisten haben, die meisten haben schon, wo sie da gerade mi.., mit den fünf Leuten da so, so zerschlagen wurden..
00:04:43 Die hatten manchmal.. war das das Ende.. Anfang vom Ende.. Anfang vom Ende. So oft.. oft.
00:04:51 Es hört sich so lächerlich an, so 25 Arschschläge, aber 25 Arschschläge, da wirst du dann so geschlagen, dass du..
00:05:00 Ohne Revier kommst du nicht zurecht. Mit der Kleidung und der Arbeit, die du zu tun hattest. Dreck und so immer.
00:05:08 Nicht? Wir hatten nie was Neues. Wenn einer zwei Jahre da blieb, da hat der zwei Jahre die alten Klamotten auf sich. Ne?
00:05:16 Also konnte.. Infektionen äh waren an der Tagesordnung. Infektionen, Revier.. Revier.. warst du wieder schon.
00:05:24 In anderen Lagern war es mit dem Revier anders als hier.
00:05:29 Da sind welche.. die sind in, in Buchenwald und, und in Dachau im Revier gewesen und sind gesund wieder raus.
00:05:37 Nicht aufgepäppelt, aber gesund wieder raus. Und sind noch aus dem Lager gekommen. Trotzdem die im Revier waren ...
00:05:45 Aber hier.. es waren nur Prominente im Revier.
00:05:52 IV: Eine letzte Frage, und zwar: Als Sie dann zu Messerschmitt kamen.. dass Sie vielleicht nur ein bisschen die Fakten mal erzählen.
00:06:00 Was war Ihre Aufgabe? Was mussten Sie machen? Wie ging es da?
00:06:04 CD: Ja, also nach dem Appell marschierten wir.. die ganzen Kommandos..
00:06:09 Da waren ziemlich viele Leute immer beim, beim Messerschmitt-Kommando.
00:06:14 Und ich hatte, ich hatte einen Auftrag, auf äh eine, eine schwere Platte.. hatte ich Flügelteile..
00:06:27 Und auf dieser Platte war ausgezeichnet, wie der F.., das Flügelteil, da.., das ich zu bearbeiten hatte, auszusehen hatte.
00:06:37 Man konnte auf die Flügelteile.. konnte man mit einem speziellen Hammer hauen.. hauen auf die eine Seite oder auf die andere Seite.
00:06:47 Je nachdem man da irgendwo zu richten hatte. Und da habe ich da die ganze Zeit äh diesen äh Flügelteil.. wir waren.. waren wir zwei..
00:07:01 Ein Tscheche war auf der anderen Seite von dieser äh Platte. Äh die Platte war ziemlich groß, das, das hat von ihm zu, ja.. vier, fünf Meter.
00:07:15 So groß war die Platte, weil die nämlich die.. das Flügelteil, das Flügelteil, das war ja immerhin sowas von fünf, sechs Meter.. fünf, sechs Meter.
00:07:25 Und das war dann in der Länge genau ein Stück mehr noch als wie die, die Flügel waren.
00:07:31 Und da mussten wir dann den ganzen Tag so darauf klopfen, bis man die Sachen richtig hin hatte.
00:07:40 Es ist komisch, komisch, dass man auf, auf Eisen.. Weißeisen beim Schlagen eine, eine andere Richtung ge.., geben kann.
00:07:51 Und das war an sich.. Ich und der Tscheche haben tagein, tagaus äh nur damit zu tun gehabt. Immer das Gleiche..
00:07:59 IV: Flügel für die Flugzeuge praktisch.
00:08:01 CD: Flügel, Flügel..
00:08:03 IV: Und von..
00:08:03 CD: Flügelteile, nicht das ganze..
00:08:04 IV: Flügelteile. Nicht den ganzen, aber Teile.
00:08:06 CD: Nee, das, das hat.. das war an sich die Ba.., Basis. Basis. Der Flügel musste an sich so sein, wie dieses Stück von uns da vorgearbeitet wurde.
00:08:16 IV: Und von der Arbeit war das jetzt.. Das war ja an sich eine wichtige Arbeit auch für die Rüstung..
00:08:21 War da sozusagen die Behandlung oder die Arbeitssituation besser? War das sozusagen ganz gut, wenn man da war, oder?
00:08:27 CD: Ja, denn es war, es war so, dass es verschiedene Zivilmeister gab.
00:08:34 Und die Zivilmeister, die waren an sich äh verantwortlich für das, die ganze Produktion.
00:08:43 Die SS-Leute da, die waren an sich.. und, und die Kapos.. Es, es gab Kapos auch noch, die da, die da drin waren.
00:08:51 Aber die hatten an sich nur äh überprüfen, überprüfen der, der, Teile, die wir da äh gemacht haben. Und da wurde dann nicht da geknüppelt.
00:09:03 Wenn einer nicht aufgefallen ist, weil er eine schlechte, eine schlechte Arbeit gemacht hat.. Der bekam seine 25 Arschschläge abends, nicht?
00:09:10 Das, das lief noch. Aber äh wenn du deine Arbeit gemacht hast, bekamst du keine. Angeschrien wurdest du auch nie.
00:09:18 Also ... äh wurde von keinem.
00:09:25 Und du hast ab und zu mal.. Das hat der nicht öfters getan, aber wenn die Produktion gut lief und der vielleicht gut gelaunt war, der Meister..
00:09:34 Der schob dir dann mal ein Butterbrot zu.
00:09:39 Was im Lager bei den anderen Kommandos äh äh..
00:09:42 Trotzdem hier und das gab's auch noch einen Meister, aber die haben sich um gar nichts gekümmert.
00:09:47 Die waren froh, dass sie wieder aus dem Laden draußen waren und nach Hause gehen konnten, nicht? Da..
00:09:52 Mehr, mehr war bei denen nicht drin. Aber trotzdem bin ich, bin ich weggekommen. Denn da, da war es an sich gut.
00:10:05 Also gut.. alles andere nach gesehen. Das hat auch verschiedenen das Leben gerettet.
00:10:12 Denn wie es bei den anderen Kommandos ging, da, da, da war mit.. in kürzerer Zeit immer das Ende äh vo.., vorangesagt schon, nicht?
00:10:22 Aber da, bei Messerschmitt äh war das ganz was anderes äh.. Die Appelle wurden auch nicht mehr so, in die, in der Art von früher.. nicht?
00:10:33 Dass zu jedem Wetter äh die, die Leute da stehen mussten und, und ausharren mussten und so.
00:10:40 Das war alles vorbei, es musste produziert werden. Also es musste gearbeitet werden.
00:10:46 Und in '44, da ist von Berlin so eine Delegation gekommen.
00:10:53 Die, die hat dann äh in sämtlichen Blocks wissen lassen, dass die auf der Suche waren nach Stahlwerkarbeitern.
00:11:04 Und ich habe mich zuerst beim Erich erkundigt. Ich sage: "Ist das ein richtiger Transport? Oder ist das wieder einer von denen, die sie so organisieren?"
00:11:12 "Nee", sagt er, "das ist.. die, die Fabrik steht schon und die wollen nicht anfangen mi.., mit Leuten, die, die man anlernen muss.
00:11:19 Sondern sie wollen Leute einstellen da in dieser Fabrik äh, die von äh Stahlwerk äh was wissen."
00:11:28 Und ich war als.. ich.. habe ich festgestellt.. ich war als Kranführer "Elite" eingetragen, {lacht} in den Papieren, nicht?
00:11:37 Und äh ja.. wo ich das gehört habe, da habe ich gesagt, also: "Trägst mich ein." Ich sage: "Schlimmer als hier kann es nicht sein."
00:11:46 Und da hab ich Recht behalten auch, trotzdem ich im Messerschmitt schon drin war, ne?
00:11:52 Aber d.., da, da konnte von heute auf morgen irgendwo etwas passieren. Ne?
00:11:56 K.., kam von Berlin eine kleine, kleine Meldung und schon hängst du am nächsten Tag.
00:12:01 IV: Aber das war vielleicht auch das Glück und die Rettung oder so.
00:12:05 CD: Ja, das war es, das war es. Das war es. Ja, da habe ich elf Monate.. und das hieß.. in Granatenfabrik gearbeitet, nicht?
00:12:14 Klinkerwerke Granatfabrik. Das war das Todeskommando von Sachsenhausen {lacht}. Also bei mir..
00:12:22 Ich hätte, ich hätte da.. wollen wir nicht übertreiben, aber drei, vier Jahre hätte ich da aushalten können.
00:12:28 IV: Ja. Nachdem, was Sie erfahren hatten.
00:12:30 CD: Ja, ja, ja, ja.
00:12:32 IV: Und natürlich auch mit der mentalen Stärke, die man gewinnt, wenn man das gesehen hat.
00:12:36 CD: Eben, eben, eben. Da, da, da, das hat schon angefangen äh äh äh, sich zu, zu, zu ändern, im Kopf und so.. im Benehmen auch äh.
00:12:46 Wo wir im Messerschmitt.. all diejenigen, die im Messerschmitt äh gekommen sind und vorher in einem von diesen Kommandos geschaffen haben,
00:12:55 der hat äh Gott auf den Knien gedankt, dass er diesen Job bekam, ne?
00:13:04 IV: Okay. Ich glaube, jetzt sind wir fertig.
00:13:09 CD: Ja, das.. Ich weiß nicht, wie es gegangen ist, aber ich habe mein Bestes getan. Und mehr ist an sich sowieso nicht drin. {lacht}
00:13:20 IV: Jetzt haben wir statt einer Stunde zwei Stunden geredet.
00:13:23 CD: Vorbeimarschieren. Und da bekam ich ein Kreuzchen auf den Kopf. So ein, ein, ein schmierig.., schmierigen äh, dreckigen Dings da.
00:13:33 Ich weiß nur, da habe ich noch Schwierigkeiten gehabt, das wegzukriegen. Und dabei kam ich auf eine Seite und die anderen wurden da abgestellt.
00:13:43 Und äh wo bei mir die, die, die Truppe größer wurde, da kommt der Erich, schnappt mich.. einen Tritt in den Hintern.
00:13:53 "Auf den Block und komm mir bloß nicht aus." Also wofür, was das habe ich nachher gefragt.
00:14:00 "Ja", sagt er, "wo die hingekommen sind, da wärst du auch nicht mehr zurückgekommen."
00:14:06 So, das, weshalb er das getan hat, wofür.. Weiß der Teufel.
00:14:10 Aber nachdem, wa.., was weiter zwischen uns noch von allen gewesen ist.. Nie.. Wenn's anders gewesen wäre, würde ich das sagen. Aber nie..
00:14:26 Glück muss man haben.
00:14:28 IV: Oder manchmal, dass Menschen doch auch..
00:14:30 CD: Dass es Menschen gegeben hat.
00:14:32 IV: ... soviel Menschlichkeit doch noch manchmal da war.
00:14:34 CD: Ja, ja, ja. Und von dem habe ich 300 Zigaretten gestohlen.
00:14:43 Das ist.. das gibt's noch, da gibt's noch Sachen.. Also mir sind von alles hier passiert.
00:14:49 Äh der Tscheche, der war Stubendienst im Schlafsaal. Und der hatte von diesen Tschechen und Polen, die da regelmäßig Pakete bekamen..
00:15:03 Da hat der denen irgendwie Chantage gepflegt, nicht?
00:15:06 Also ich krieg.. Du kriegst ein Schlafstelle.. gute Schlafstelle.. Ihr könnt dann untereinander abends ruhig euch unterhalten und, und, und. Nicht?
00:15:17 Und da bekam er dann von jedem.. von jedem bekam der immer was mit. Ich bekomme nach vier Monaten mein erstes und einziges Paket.
00:15:30 Unterdessen war die Mutter äh zum Vater gezogen in Frankreich. Das kam von Frankreich. Das war vier Monate später.
00:15:38 Und da gehe ich das abholen und komme zum Erich. Ich sage: "Erich äh, kann ich das in, in deinen Spind?"
00:15:47 Ich sage: "Was dir, was dir passt, nimmst du." - "Nee, ich muss nur wissen äh, was hier mit den Zigaretten ist."
00:15:55 Ich sage: "Du, du rau.., du rauchst ja nicht äh, was ich mit den Zigaretten.. zum Tauschen.." Ich habe nie geraucht.. also zu der Zeit nie geraucht.
00:16:03 Ich sage: "Damit ich ... Da kann ich vielleicht noch was rausschlagen." - "Ja", sagt der, "du kannst zum Revier."
00:16:14 Der Kapo-Revier zu der Zeit war auch ein Roter, genau wie er.
00:16:20 "Ich werde dir schon sagen. Aber wenn du zu ihm hingehst.. abends.. und dann sagst du, ich schicke die. Ich werde ihn schon unterrichten vorher."
00:16:31 Aber das ist jetzt noch neben.., nebenbei. Äh am nächsten Morgen, am nächsten Morgen werde ich ausgerufen.
00:16:42 Zu der Zeit hat man auch noch einen Appell vor jedem Block.. gab's zuerst einen Appell.
00:16:49 Damit man, wenn man runtermarschierte, wusste, dass es bei denen wenigstens richtig hinhaute.
00:16:56 Denn wenn die allgemeine Zählung stattfand und dann da einer gefehlt hat,
00:17:02 da, da, da musste man schon d.., die, die ganzen Arbeiten, die, die man geleistet hat, auf neu..
00:17:08 Sämtliche Blocks musste man dann wieder abklappern. Nicht? Wo fehlt der? Nicht?
00:17:15 Und da, da war auch der Bettenbau.. Vom Bettenbau wird auch sehr wenig geredet.
00:17:23 Der Bettenbau, der war an sich so eine Sache, dass der Aufseher, also der, der Stubendienst sich.. die Betten ablief, um zu schauen,
00:17:38 ob jedes Bett fast wie ein Billiardlager ausgesehen hat. Ne? Da durfte kein Loch sein, gar nichts, ne?
00:17:48 Und da werde ich aufgerufen: "22-64, dein Bett." Ja? Ich war schon so lange da, bei mir hat nie einen Tag das Bett nicht gestimmt, ne?
00:18:00 Ich, ich klapperte morgens ganz, ganz frisch aus dem Bett und.. fuf.. war das alles so weit klar.
00:18:07 Ich gehe rein, da steht mein, mein ... Der, der hatte so einen viereckigen Kopf. Bäre.. bärenstarker Bursche.
00:18:18 "Hier, schau mal." Und tatsächlich: drei, vier Löcher waren in der ... drin. Ich sage: "Das hast du gemacht."
00:18:28 "Was?" Paf! {imitiert Geräusch eines Schlages}
00:18:32 Ja, ich hatte nicht verstanden, dass ich mit meinem Paket zuerst mal zu ihm sollte, nicht? Nicht, nicht zum äh, zum Erich, sondern erst zu ihm.
00:18:40 Das hatte ich nicht verstanden.
00:18:43 Und da flieg ich den Gang rein und komme zurück und will mich wehren. Denn er war schließl.., schließlich nur ein Stubendienstbübchen, ne?
00:18:51 Er, er war kein Kapo. Er war an sich.. Und äh da kriege ich wieder eine und, und gleite..
00:18:59 Zwischen den, in den, in den, den Bettengestell da.. hast du ein, einen, einen kleinen Gang.
00:19:06 Und am Ende vom Gang stand immer so ein kleiner Schemel. Damit die, die das dritte Bett oben hatten und, und nicht groß genug waren..
00:19:15 Die haben den kleinen Schemel und haben sich da drauf gestellt, um ihr Bett flach zu machen.
00:19:21 Und da, da flieg ich gegen, gegen das Gestell noch hin. Und da packt mich eine Wut.
00:19:28 Und da hast du in dem Schemel, da hast du oben ein Loch drin, ne? Die, die fasst man so an wie, wie im Kuhstall, sowas, ne?
00:19:36 Und gehe hin und da.. der, der war ein Kopf größer als ich, ne? Und schmeiße das Ding so äh äh auf dem seinen Kopf, auf dem seinen Kopf.
00:19:45 Und der war auf einen Schlag am Heulen, am Schreien.
00:19:49 Und der, der blutet auch dann. Ich ... war, war was ich da ausgerichtet hatte.
00:19:54 Und daraufhin kommt dann der Erich rein.. und der Blockälteste rein. "Was ist hier los?" und so. Und ich erkläre in zwei, drei Sätzen.
00:20:04 Ich sage: "Der will von mir Cha.., Chantage, wie er mit den anderen macht, ne?
00:20:09 Aber von mir, von mir hat er nichts bekommen und jetzt äh versucht er mich über den Bettenbau zu bestrafen."
00:20:16 Und da sind die zwei.. haben den zum Revier geschickt und der Blockälteste hat gesagt:
00:20:24 "Also, du kommst bei mir hier in den Flügel A. Da werde ich mal für deine Sachen sorgen."
00:20:31 Ne? Und der Erich.. ja, sagt der: "Ich habe keinen Stubendienst mehr. Da wirst du jetzt Stubendienst werden."
00:20:42 Und Stubendienst, da war.. jeden Sonntagnachmittag musst du, musst du dann den Schlafsaal fegen.. je.., jeden Sonntagnachmittag.
00:20:52 Und morgens warst du verantwortlich, dass die alle aus den Betten.. wenn es um 5 Uhr im Sommer.. ...
00:21:01 Beim, beim äh Sirenenheulen, da musst du dafür sorgen. Aber der andere, das war einer, der knüppelte.
00:21:10 Aber man kann die Leute auch aus dem Bett kriegen ohne Knüppel.
00:21:14 Und da habe ich ganz gemütlich angefangen, morgens und sonntagnachmittags zu fegen.
00:21:21 Da bekam ich von den Tschechen und dem Polen.. da bekam ich äh Knoblauch, Zwiebel {lacht}.
00:21:30 Die mussten wir dann auf, auf d.., auf das Stück Butterbrot, ...brot, was wir hatten, ne? Mussten wir dann darauf reiben.
00:21:38 Und da hattest du etwas Leckeres. {lacht} Aber mehr nicht, mehr nicht.
00:21:44 Ja, bei denen passte das ja auch, dass der andere bestraft wird und mal auf der anderen Seite raufgerutscht.
00:21:50 Aber jetzt beim Fegen, da haben wir so einen Besen, ein, einen Reet.., Reetbesen gehabt, ne?
00:21:59 Nicht, nicht so einen, einen, einen normalen Besen.. So, so, so Reetstängelchen, so, nicht?
00:22:05 Und äh eines Tages bin ich am Fegen.. den Saal.
00:22:12 Und da bleibt mit der, der, der hängen.. da.. Eins von diesen kleinen Stäbchen ist da in so einer Ritze hängen geblieben.
00:22:23 Und ich ziehen und ziehe und siehe da, da kommt ein Stück von dem Holzboden.
00:22:28 IV: Diese Dielen, diese Bretter.
00:22:30 CD: Ja. Und da ist ein Loch. Und da schaue ich nach und pass die, die zwei, die zwei L.., Latten, die dann noch da zusätzlich waren..
00:22:40 Die waren auch schon.. gleiche.., ganz schön abgemacht. Ein Loch.. oben im Loch eine Tüte Zeitungspapier.
00:22:54 Und unter den Zeitungspapieren, da waren Möhren, da waren Kartoffeln äh, Kohl.. war, war ein bisschen von allem.
00:23:04 Aber Zeitung.. da mach ich die Zeitung auf und da lagen 15 Päckchen à 20 polnische Zigaretten.
00:23:14 Die hatten so einen, einen Karton, aber so ziemlich lang und ungefähr so viel Tabak war darin. 300 Zigaretten.
00:23:26 Ich sage: "Charles, was tust du nur?" ...
00:23:32 Ich habe mir das Dingen genommen. In den, in den Baracken ko.., ha.. hattest du keine Fenster, die so aufzumachen.
00:23:41 Aber die vasistas, also die, der kleine, den kann man umschlagen.
00:23:45 IV: So ein Kipp.., Kippfenster.
00:23:46 CD: So ein Kipp.., Kippfensterchen, nicht? Da habe ich.. hopp.. aus dem Fensterchen an die Rückseite von den Blocks.
00:23:53 Und zwischen den Blocks.. und die Erhöhung war einmal so eine Spalte von einem guten Meter.. dazwischen, ne?
00:24:01 Und da beeile ich mich, alles fertig zu haben. Und da gehe ich äh zum Erich. Ich sage: "Erich, ist noch was zu tun? Im Schlafsaal bin ich fertig."
00:24:13 "Na", sagt er, "wenn du fertig bist, stell den Besen mal dahin. Du kannst gehen."
00:24:19 Um den Block herum.. meine Tüte.. und da gehe ich zum Block 7. Da war dieser Koloss äh Physik.. Physikprofessor. Ein Belgier aus Gent.
00:24:36 Und da komme ich mit meinen Zigaretten da. Ich sage:
00:24:38 "... Die Hälfte für dich, der Rest für mich. Aber du musst morgen die Sachen in den Steinbruch reinbringen."
00:24:50 Der arbeitete auch im Steinbruch. In den Steinbruch reinbringen, denn wegen mir.. im Block 4, da, da, da, da werden die wohl äh überall kontrollieren.
00:25:01 Ich sage: "Aber die Hälfte ist für dich, die andere für mich." Er hat das gemacht.
00:25:05 Ich habe mit dem Polen.. war einer von den Polen, der diesen äh äh Mi.., Mittagssuppe austeilte.
00:25:13 Die, die, da.., das Bild, wo man die so in Reihen stehen sieht, ne? Die Kübel in einer Reihe. Das war ein, ein Pole, der da..
00:25:22 Und da habe ich dem die 150 Zigaretten geschenkt.
00:25:25 Und da habe ich so lange, wie ich im Steinbruch gearbeitet habe, habe ich einen zweiten Schlag Suppe bekommen.
00:25:31 IV: Tja.
00:25:33 CD: Und der Erich, der hat wahrscheinlich wohl gedacht: "Der Schlawiner, der hat mich da wahrscheinlich selbst die Zigaretten da weggemacht."
00:25:43 Ja, er hat trotz, trotz allem, trotz allem.. Aber es sind so Kleinigkeiten, nicht?
00:25:50 Aber da habe ich, da habe ich einen, einen Doppelschlag, ne? Äh und.. Und äh, was ich mit dem Brinkmann da für, für den äh Sonderbau..
00:26:00 Da habe ich auch zwei Mal ein halbes Brot bekommen. Äh ich, ich habe.. von allen Ecken kam da immer was dazu, so, ne?
00:26:07 Und das war an sich.. Da ist was zu finden, ne? Wenn man nur den Willen hat, ne? Und Glück hat.. und Glück hat.
00:26:17 Das Ganze ist Glück, Glück gewesen.
00:26:21 CM: Ja, also ich bin jetzt ... . Okay.
00:26:25 IV: Okay.