File "AGFl_AV.22.0706.mp4"

Actual file name AGFl_AV.22.0706.mp4
Folder name
Sources KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
Signatur: AGFl AV.22.0706
File size 208.75 MB
Size 640px × 480px
Preview
MPEG4
Referenced by
Duration 00:33:11
Aspect ratio 4:3

Subtitles for "AGFl_AV.22.0706.mp4"

00:00:00 CM: Okay, wir können weitermachen.
00:00:01 IV: Ja, so nach diesen ersten Tagen, wie ging es dann weiter? Hat man Ihnen auch irgendwie mal gesagt, was aus Ihnen da wird?
00:00:07 Was da passiert? Oder war man völlig.. Hatte man..
00:00:10 CD: Nee.
00:00:11 IV: Keine Ahnung, was die Zukunft bringen würde?
00:00:12 CD: Nee, nee, also die, die Zukunft, die Zukunft war an sich für, für, für keinen Menschen.. auch wenn der einen richtigen Beruf hatte..
00:00:20 Hat gemeint äh: "Ich bin jetzt Schlosser, äh ich werde schon irgendwo untergebracht, wo ich mi.. meinen Beruf ausübe.
00:00:28 Schlosser sind ja immer notwendig." Äh das hat an sich äh äh gar nichts ausgemacht.
00:00:35 Die, die haben, die haben mit den Leuten ..., wie es denen passte. Nicht? Da hat.. von, von wegen "Ich habe einen Job" so..
00:00:43 Manch einer hat Glück gehabt. Ein Glaser zum Beispiel. Das.. Der, der war wahrscheinlich ganz allein {lacht}, der Glaser im Lager.
00:00:55 Der, der hat es an sich hier geschafft, dass er.. Es ist ein Belgier gewesen, der, der, den kenne ich äh.. nach, nach dem Krieg habe ich den kennengelernt.
00:01:04 Der war Glaser hier und er hat sie.. alles, was bei den SS äh zu.. in Ordnung zu bringen war.. Der hat fast nur bei der SS äh zu tun gehabt.
00:01:15 Äh da hat, da, da hat der von den, den Frauen ab und zu was zu essen bekommen.
00:01:21 Also es ist ihm an sich so gegangen, dass er die, die schlimme Zeit, die schlimme Zeit.. dann..
00:01:27 Die schlimme Zeit, das ist.. die, sagen wir mal, die letzten sieben, acht Monate..
00:01:33 Das waren an sich die schlimmsten Zeiten, wo sie an sich überfüllt waren. Mit dem Essen war, war es schon an sich hier ganz, ganz durcheinander.
00:01:42 Wahrscheinlich.. Ich kann's mir vorstellen.. Ich habe ja in Sachsenhausen damals..
00:01:46 Aber hier wird es wahrscheinlich schlimmer gewesen sein.. Wo es sowieso schon vorher so schlimm war. Da wird's noch schlimmer gewesen sein.
00:01:54 Da ist er anhand seiner, seiner Glaserfunktion.. Beruf äh.. Der ist rausgekommen.
00:02:02 Es hat auch einen gegeben, das war ein Maler.. ein Maler. Aber nicht zum reinen Anstreichen, sondern ein richtiger Maler.
00:02:11 Der hat von einem äh Blockältesten.. Block 5.. Der Blockälteste hat den für sich genommen und der hat nur, der hat nur gemalt.
00:02:25 War halt alles, was der.. we.., we.., wenn der einen Namenstag oder sonst irgendwo untereinander die, die Prominenz untereinander.
00:02:34 Die haben auch gefeiert, nicht. Das ist, ist.. da, da ka.. sollten wir nicht leugnen. Block 1 und Block 2.. da gab's nur die Prominenten.
00:02:43 Wenn man da vorbeikam, da hat man gerochen, was {lacht}, was, was da pa.. wa.., was da los war.
00:02:50 Und äh die haben eine ganze andere äh Optik vom, vom Lager gehabt, selbstverständlich.
00:02:59 Die haben die ersten paar Jahre wahrscheinlich sehr, sehr schlimm gewesen.
00:03:03 Aber wo sie sich nachher den Posten erkämpft haben, da werden die sich äh ja, bis zum, bis zum Ende wohl gefühlt haben, nicht?
00:03:13 Denn die kamen mit den SS auch irgendwie.. aus welchen Gründen weiß man, weiß man nicht alle.. aber sie kamen da mit denen auch zurecht.
00:03:21 Also, es hat im gleichen Lager verschiedene äh, verschiedene Lebensweisen gegeben.
00:03:31 IV: Es gab also welche, die waren ganz gut dran, und welche ganz unten.
00:03:35 CD: Ganz unten. Ganz unten. Jemand, jemand, der sich.. wie ich schon erwähnt habe.. der nicht von zu Hause regelmäßig Pakete bekam..
00:03:46 Dann, die Pakete wurden noch bis, bis äh Ende '44.. wurden die noch ausgeteilt. Ne? Bis dahin.
00:03:57 Vom Osten her haben die noch länger Pakete erhalten.. die Tschechen und die Polen und so.
00:04:05 Und die Skandinavier, die waren ja auch sehr gut dabei. Da ist denen von der Regierung aus sehr viel geholfen worden.
00:04:15 Da ist nicht nur die Familie, sondern die Regierung hat sich auch um alles.. Roten Kreuz so.. äh hat sich darum gekümmert.
00:04:22 Und mancher einer ist damit an sich gut zurechtgekommen.
00:04:28 IV: Wie war das denn bei Ihnen? Wie war denn jetzt Ihre Geschichte? Wie ging die weiter nach der Aufnahme?
00:04:37 CD: Also äh nach acht Tagen, nach acht Tagen, da wird der, der, der Zugangsblock.. alles, was da ist zu der Zeit.. der wird dann aufgelöst.
00:04:48 Der wird dann über die verschiedenen Blöcke aufgeteilt. Und ich kam nach äh Block 4. Und Block 4, da habe ich an sich Glück gehabt.
00:05:00 Der äh Blockälteste, ein "Grüner".. das war, das war auch ein Schlimmer, aber der kam von Dortmund.
00:05:11 Irgendwie haben die herausgefunden, dass ich vier Monate im äh, im Gefängnis in Dortmund gesessen hatte.
00:05:19 Und die Luftangriffe dort mitgemacht hatte. Das waren die Luftangriffe in der Nacht von, von den Engländern her.
00:05:26 Das waren, das waren an sich auch äh noch, noch zusätzliche Strapazen, die ich da hinter mich gebracht habe.
00:05:36 Und äh der hat mir einmal am Sonntagnachmittag.. hat der mich äh aufgesucht und äh haben wir da über das, was in Dortmund damals passiert war.
00:05:51 Und der Brinkman, womit ich die Geschichte mit dem Sonderbau hatte, der war von Wetter.
00:06:02 Und der war befreundet mit diesem Lager.. Blockältesten. Die waren befreundet und die saßen beide schon zig Jahre schon, schon äh fest.
00:06:15 Und äh der hat mich äh in, in Flügel A.. Flügel A ist immer der Flügel, der vom Blockältesten geführt wird.
00:06:26 Und der Blockschreiber, der hat den äh Flügel B unter sich gehabt. Und der Blockschreiber, das ist der Bursche, der mir damals viel geholfen hatte.
00:06:39 Das war ein Österreicher, Erich. Das war einer von den seltenen roten Winkeln. Erich hieß der.
00:06:47 Hat ausgeschaut wie, wie so ein Professor und so ein Großer, Langer, Schmaler. Und äh ich habe mich mit ihm sehr gut verstanden.
00:06:58 Der hat mich nie was gefragt. Der hat mir nur geholfen. Hat mir Ratschläge erteilt.
00:07:06 Und äh das ist an sich einer von den Gründen, weshalb ich überhaupt aus diesem Laden rausgekommen bin äh nach so einer langen Zeit.
00:07:17 Die erste Aufstellung nach dem Block.. am nächsten Morgen, nach dem Appell, ist dann..
00:07:25 Die meisten Neuen kamen fast automatisch in den Steinbruch rein. Das.. wahrscheinlich, um die ein bisschen auf Trab zu bringen.
00:07:36 Die meisten kamen auch Berufe oder sonst was äh..
00:07:41 I.., Ich stellte fest, dass fast alle, die aufgestellt wurden, die kamen alle fast immer ins gleiche Kommando rein.
00:07:50 Und da, da.. die Aufstellung fand nun mal statt im Steinbruch.
00:07:55 Der eine kam an die Loren und der andere kam an die, an die Verlademannschaft und ich kam zur Verlademannschaft.
00:08:03 Und zur Verlademannschaft, da wurde alles noch mit der Hand gemacht.
00:08:08 Wir haben, wir haben die.., diesen flachen Wagen, die, die, die wurden durch zwei Pferde gezogen.
00:08:14 Die flachen Wagen haben wir dann mit diesen Blöcken beladen. Gingen mit den Wagen bis an den Bahnhof.
00:08:24 Haben unterdessen bei jeder kleinen äh Helling nach oben.. mussten wir da mitschieben. Die Pferde genügten nicht.
00:08:32 Das waren alles sehr, sehr schwere Brocken. Da waren zig Tonnen auf den Wagen drauf. Da musste man auch noch mithelfen.
00:08:39 Und da wurde dann schon beim Verladen geknüppelt.. bis zum Abladen.
00:08:45 Das war.. also die, diese Zeit.. da habe ich vielleicht 14 Tage mitgemacht.. Diese Zeit, das, das war das Schlimmste an sich äh.. vom Knüppeln her.
00:08:57 Da wurde geschlagen kreuz und quer äh.. Ich habe ja festgestellt äh, dass, dass welche die, die schon, die schon da früher waren als ich.
00:09:08 Die, die haben, die haben sich bei diesem Verladen einmal nur so zugetragen als ob sie so richtig mitmachen.
00:09:15 Und dabei, da haben die sich mehr daran gelehnt. Aber neue Burschen wie wir, die dazu kamen, keine Ahnung..
00:09:23 Das Ding musste drauf und geknüppelt haben die auf unseren Rücken vom Ersten bis zum Letzten.
00:09:29 Gleich, ob du jetzt so oder so äh dich da benommen hast.. egal. Und da hast du dich ...
00:09:37 Dann geknüppelt werden, wenn du dein Bestes tust, um das Stück da auf den Wagen zu kriegen. Also das tut weh mehr als der Schlag.
00:09:49 IV: Wie war denn so diese Gesamtatmosphäre? Das waren die ersten 14 Tage.. haben Sie gesagt.. waren Sie bei der Verladung.
00:09:55 Wie war denn so diese Gesamtatmosphäre in dem Steinbruch? Das war ja ein Arbeitsplatz, da haben viele Menschen gearbeitet.
00:10:03 CD: Ja, da, da.. Also bei der Verlademannschaft, da waren wir mit der Gruppe so von 30.. 30, 40 Mann.
00:10:11 Die einen haben von, von, von Aufladen von, von Anrollen, Anbringen andere haben aufgeladen. Also 30, 40 Mann waren da.
00:10:20 Aber weiter, weiter weg, da, da waren mit den Loren.. also so, so Hunderten äh wird es da äh.. dem, was übersichtlich war.
00:10:33 Ein paar Hundert Leute werden es schon gewesen sein, die zu der Zeit.. also mit der Strafkompanie und alles, was man sich, zu, zu sich bekam.
00:10:42 So ungefähr ein paar Hundert Leute waren da.
00:10:46 Der Weg, den wir dann zum, zum Bahnhof gingen, da haben Leute geklatscht, nicht? Fahr.., Fahrrad und so und so.
00:10:54 Da hat nie ein Mensch irgendwo äh um was gekümmert.
00:11:00 Die haben, die haben sich nur beeilt, aus, aus der Zone wegzukommen, wo, wo wir, wo wir an sich am Arbeiten waren. Nicht?
00:11:09 Da hat die.. und von wegen einen Tag und, und so.. Das gab es gar nicht, nicht? Das äh so.. Unbekannt.. unbekannt.
00:11:17 Äh nachher.. nach den 14 Tagen bin ich dann zu den Loren gekommen.
00:11:25 Und da haben wir dann beim Hebeapparat die Blöcke, die von den äh Strafkompanie da zersprengt wurden.. kleiner gemacht wurden.
00:11:34 Die haben wir dann noch hoch.. Deswegen ist das der Unterschied.. der, der, der.. da mussten wir von unten die Sachen nach oben.. oben rauf bringen.
00:11:43 Und die bekamen dann da.. manchmal haben wir dann auch noch gebohrt und die kleiner noch gemacht.
00:11:51 Bevor sie überhaupt in diese äh Steinmetzbaracken rein kamen, wo an sich der Rest bearbeitet wurden.
00:11:57 Das war alles unterschiedlich, da gab's also auch größere, da gab's auch kleinere. Je nachdem äh.. Bestellung und so.. nehme ich an.
00:12:07 Und äh von daher bin ich dann.. Ich glaube, ich habe voll so zwei Monate, zwei Monate alles in.. äh inklusiv in dem Steinbruch.
00:12:20 Zwei, zwei Monate habe ich da hinter mich gebracht.
00:12:24 Und äh der äh, der äh äh der, der Führer von dem Kommando.. vom Waldkommando, der hat mich eins Tages aus dem Haufen geholt.
00:12:40 Der hatte so vier, fünf Leute.. brauchte er. Der hat mich da aus diesem Kommando herausgeholt und der hat mich dann äh..
00:12:49 Ja, ungefähr.. ja, auch so was von äh zwei Monate habe ich dort im Waldkommando gearbeitet.
00:13:00 IV: Ich würde Sie jetzt gerne noch ein bisschen zum Steinbruch einfach fragen.
00:13:04 Das galt ja immer so als die härteste Arbeitsstelle auch im ganzen Lager.
00:13:08 Äh haben die Zwangsarbeiter die Steine auch selber gesprengt, gebrochen?
00:13:13 Sie haben ja erzählt, eine Strafkompanie gab's auch noch.. Die hat's besonders schwer gehabt.
00:13:16 CD: Ja, die, die..
00:13:17 IV: Vielleicht erzählen Sie nochmal so ein bisschen.
00:13:19 Wenn Sie jetzt diesen Steinbruch vor Ihrem inneren Auge entstehen lassen, was Sie da so gesehen haben oder gehört haben.
00:13:26 Wie war auch die Atmosphäre? Laut, gewalttätig? Dass Sie ein bisschen noch mal so.. vielleicht erzählen diese Atmosphäre auch.
00:13:33 Jeden Tag musste man dahin gehen. Wie.. Gab's da was zu essen? Wie war die Kleidung?
00:13:38 Wie waren die Temperaturen? Wie waren diese Arbeitsbedingungen?
00:13:42 CD: Ja, also die, die Arbeitsbedingungen, die waren selbstverständlich so, wie es an sich bekannt ist: sehr schwer.
00:13:51 Weil nämlich die ganzen Arbeiten vom, vom, vom einfachsten Arbeiten bis zum, bis zum Sprengen äh.. das war alles hart, harte, harte Arbeit.
00:14:03 Äh die Kleidung und die Temperatur, die es damals schon gegeben hat, die war..
00:14:10 Das, der Anfang haben wir schon kalt gehabt, wo wir auf dem Appellplatz gestanden haben, nicht?
00:14:16 Da hat es dann da schon angefangen. Dann.. Schließlich hatten wir nur äh die, die paar Klamotten auf, auf dem, auf dem Rücken.
00:14:25 Äh das ist noch nicht mal das, was heute eine Jacke äh verdecken kann. Äh diesen Unterschied..
00:14:34 Aber da hat man sie irgendwie äh durch, durch die Arbeit überhaupt nicht so richtig, richtig empfunden.
00:14:42 Man war ja schon am .. und klappern, aber die Arbeit, die da einem aufgedrungen wurde, die hat äh, die hat äh..
00:14:52 Als Resultat hat die einen gewärmt. Das war an sich das Einzige, was an sich gut war.
00:14:58 Bevor wir abgingen, war zu der Zeit mit diesem äh Kaffee.. Bevor wir zum Appell gingen, da hatten wir diese Kaffeepause in den, in den Blocks.
00:15:12 Und das Einzige, was an sich gut daran war, das, das war warm.
00:15:18 Dann der Geschmack und so.. Das war ein richtiges äh Wasser äh, aber es war warm.
00:15:25 Und schon dieser Eindruck, etwas Warmes im Körper zu haben, hat, hat schon einen irgendwie aufgemuntert.
00:15:33 Äh auf dem Appellplatz, da hat es schon wieder vorbei. Dieser erste gute Eindruck, der war schnell weg.
00:15:40 Und wo wir dann auf dem Arbeitsplatz waren, da hat es an sich angefangen, äh zu.. wie soll ich sagen? Düster zu werden.
00:15:49 Ich weiß ja auch nicht so richtig. Verstehst du "düster zu werden".. Also die, die, die Welt ändert sich wieder. Nicht?
00:15:56 Das, das gute Gefühl vom, vom warmen Getränk im Magen, das war schon weg und da blieb nur noch die nackte Realität:
00:16:04 Dieser Granit, womit wir da fertig werden mussten.
00:16:10 Es wurde an sich im Steinbruch viel geknüppelt. Immer, immer. W.. mit oder ohne Grund.
00:16:17 Es, es wurde geknüppelt.. das war, das war der, der, der Tagesablauf. Der gehörte dazu.
00:16:26 Eins ist ja auch noch im Steinbruch äh gewesen, worüber man sehr wenig hört: Das ist der Abort, der Abort.
00:16:36 Der Abort, der war an sich ein, ein großes Loch, über das man so äh ein, ein, ein Stück Baum.. kleinen Baum gelegt hat.
00:16:49 Da hat man dann den Rücken äh so hoch.. so, so eine Art äh Holzab.. Abdeckung und es ist ab und zu mal.. nicht oft, aber ab und zu..
00:17:05 Ein paar Mal habe ich es ja mitgemacht.. Dass, wenn da zwei, drei Leute sich da zur gleichen Zeit aufgehalten haben.
00:17:15 Und kam einer von den SS vorbei, dass der einfach das Brett, was den Rücken ge.. einfach weggestoßen hat.
00:17:26 Und die drei Burschen, die lagen in diesem Loch hinein.
00:17:32 Wie und was dann da passiert und wie, wie es den meisten ging, das verkehrt aus.
00:17:39 Eben weil sie zum Abort gegangen waren, auf einem schlechten Moment, wo gerade ein SS äh vorbei kam, der schlecht gelaunt war. Nicht?
00:17:49 Das konnte passieren und das ist ein paar Mal passiert. Äh wahrscheinlich auch noch, wo ich nicht mehr da war.
00:17:56 Da wird's wahrscheinlich auch.. Das war dann so eine Art an der Tagesordnung, dass man den Leuten..
00:18:02 Da hatten die ihren Spaß dran und wenn dann einer krepierte, dann war es ja an sich eine richtige Sache.
00:18:08 Da war wieder ein Staatsfeind, der war ost.. o.. ver.., verschwunden. War einer weniger.
00:18:17 IV: Und äh es war ja auch noch die Strafkompanie.. auch noch. Wie ging es denen, was mussten die denn machen?
00:18:23 CD: Ja, die Strafkompanie, die hat an sich.. der Anfang, die hat, die hat äh.. also die ersten Arbeiten waren Sprengarbeiten.
00:18:31 Wenn dann gen.., genügend gesprungen war.. wenn man so sagt, ne? Gesprengt worden war,
00:18:39 da haben die äh nur noch Lorenarbeiten, Schubkarrenarbeiten.. aber alles, alles ohne, ohne richtigen Zweck.
00:18:49 Man hat denen das, das aufgedrungen, dass die dieses und jenes zu tun hatten.
00:18:53 Das war äh laden, abkippen, wieder aufs Neue laden, wieder abkippen, aber alles im Laufschritt.
00:19:01 Können Sie sich mal vorstellen, wie, wie es einem ist, der da im Laufschritt mit so einer Schubkarre.. oder den Loren, die Loren.
00:19:11 Da muss.. das müssen die, die vier, fünf Mann, die an einer Lore am Schieben waren, da mussten die sehen, dass das im Laufschritt vorwärts ging.
00:19:20 Es war an sich.. also der, das Schlimmste, was an sich einem passieren konnte, das, das war aufzufallen irgendwie.
00:19:27 Und dann zur Strafkompanie äh geschleust zu werden. Wer da drin kam, das war an sich gar nicht auszuhalten.
00:19:35 Einer, der da 14 Tage mitgemacht hat, der, der musste ein, ein, ein Koloss, ein junger Bursche gewesen sein.
00:19:42 S.., Sobald der äh äh 30, 40 Jahre hatte, das, das war schon mal gar nicht auszuhalten. Und dann nicht nur..
00:19:51 Da, da spricht man auch nicht viel drüber: die Schläge.. An Schläge wird ein Mensch.. gewöhnt der sich irgendwie dran.
00:20:01 Und das spürte mit der Zeit und mit der Häufigkeit, die an sich geschlagen wird äh äh..
00:20:07 Wi.., wird man so äh, da.., dass wenn da.., das ja gar nicht so richtig wahrnimmt.
00:20:13 Aber die Erniedrigung, die Erniedrigung, geschlagen zu werden, sich nicht wehren zu dürfen..
00:20:21 Der sich irgendwie gewehrt hat, der ist ja nicht mehr da, um das zu erzählen. So, so ging das, nicht? Der wurde einfach umgeknallt.
00:20:29 Der sich da irgendwo gewehrt hat, wenn es ihm nicht passte.
00:20:34 Aber die Erniedrigung, wenn, wenn man an sich nie, nie so was mitgemacht hat, also die, die ersten Wochen, die, die sind kaum, kaum..
00:20:42 Da, da hast du Lust zu heulen, wenn du ins Bett reinkommst. Bis du wieder aufstehst. Und dann geht's erst dann wieder los.
00:20:51 IV: Und genau das haben Sie an sich am Anfang alles erfahren, gleich in den ersten Wochen.
00:20:56 CD: In den ersten Wochen. In den ersten Wochen.
00:21:00 IV: Sie haben ja schon gesagt, Ihnen, Ihnen war auch zum Heulen nachts, wenn Sie zurückgekommen sind.
00:21:04 CD: Ja, ja. Ja, es war zum Heulen. Es war zum Heulen. Es wurde auch geheult.
00:21:11 Aber durch die Angewohnheit, dass du.. Wenn, wenn du dich da dran hältst, dann, dann heulst du tagein, tagaus, sozusagen, nicht?
00:21:19 Und heulen im Beisein von irgendwo einem Kapo oder einem SS zu der Zeit, das war das Schlimmste, was einer tun konnte.
00:21:29 Denn wenn er so einen gesehen hat, obgleich welchen Grund er geheult hat,
00:21:34 da hat der dann so viel äh Schläge bekommen, dass er da erstmal richtig wusste, weshalb er äh schreien soll.
00:21:45 IV: Und dann sind Sie zum Waldkommando gekommen.
00:21:47 CD: Zum Waldkommando.
00:21:49 IV: Was für einen Eindruck..? Hatten Sie das Gefühl, das wird jetzt besser oder schlechter?
00:21:51 CD: Ich habe mir..
00:21:52 IV: Oder das ist die Rettung? Oder..?
00:21:52 CD: Ja.. nee, ich habe, ich habe zuerst gedacht, ich habe zuerst gedacht, dass das besser war.
00:21:59 Denn an sich schlimmer als wie da, habe ich mir vorgestellt, kann's nicht sein.
00:22:05 Aber wie gesagt, also in den Lagern geht's einmal so: Je nach dem Kapo ist..
00:22:13 IV: Ich hör's schon. Wir machen weiter.
00:22:15 CD: Ist das Kommando äh besser als das andere, aber der Kapo, der bestimmt, wie und was dann da gemacht wird.
00:22:26 Und äh mit den Arbeitsmethoden und den Knüppeln, da hat der von morgens bis abends äh bei der Hand.
00:22:34 Nur dass ein, ein Teil von der Arbeit musste gemacht werden. Der konnte einfach nicht jeden niederschlagen und die Arbeit kam nicht voran.
00:22:42 Die, die Arbeit musste.. wurden kontrolliert auch von, von anderen äh oberen äh Offizieren.
00:22:50 Und da musste doch äh so viele Meter.. mussten, mussten wir jeden Tag irgendwie abschaffen. Nicht?
00:22:57 Bäume zuerst mal weg.. aus, aus dem Boden die Wurzeln heraus.
00:23:03 Dann bekamen wir vom äh, vom Steinbruch bekamen wir dann den Zufuhr von dem Abfall, den es da gab.
00:23:12 Aber den Abfall mussten wir dann noch zerkleinern. Da waren die.. ab und zu ga.., gab's dann da noch einen größeren Brocken und so.
00:23:20 Und zum Zerkleinern hatten wir äh so einen, so eine Art äh Hammer, aber mit den biegbaren, biegbaren äh Holz.. wie man sagt.
00:23:36 Den konnte man schwingen, die.., diesen. Und der, der kam dann gerade richtig. Der war gar nicht, gar nicht so, so groß. Der, der war sowas..
00:23:45 Und zum Zerkleinern war der an sich vorgesehen. Da hat man einmal drei oder vier Mann in der Gruppe..
00:23:52 Hatten so einen Hammer und mussten dann da diese Sachen klein machen. Und die anderen müssen dann die Verteilung.. die Aufteilung vornehmen.
00:24:02 IV: Es ging also schon auch um Produktivität.. da in dem Waldkommando.
00:24:05 CD: Ja. Es musste, es musste da..
00:24:06 IV: Also nicht.. Es wurden Bäume gefällt..
00:24:08 CD: Ja.
00:24:09 IV: Der Wald wurde gerodet, entfernt und es musste..
00:24:11 CD: Eine Straße..
00:24:12 IV: Jeden Tag Straßen aus diesem zerkleinerten..
00:24:14 CD: Ja, die, die St.. äh St.. die Straße, das war eine Straße für den kommenden Rückzug, den die wahrscheinlich schon irgendwie im Auge hatten.
00:24:23 Äh den kommenden Rückzug aus der, aus der äh Tschechei.. aus der Tschechei hier nach, nach Deutschland zu.
00:24:32 Äh zum Essen, da haben wir äh die Kübel.. haben wir die SS-Kübel und die Kübel für unsere Gruppe haben wir morgens einmal mitgebracht vom Lager.
00:24:45 Die haben wir mitgebracht und da ist dann äh Folgendes passiert:
00:24:53 In der Zeit, wo die Waldbeeren gut sind.. reif sind, da haben wir diese Schüssel Suppe dalli, dalli runter bringen müssen.
00:25:07 Die Schüssel etwas sauber machen und da bekamen wir einen Kamm und haben dann pflücken müssen.
00:25:18 Wir haben Waldbeeren gepflückt während der Pause, die es normalerweise gab. Aber schnell essen und dann pflücken.
00:25:27 Wenn einer ertappt wurde, dann.. Es, es, es hat einer oder andere hatte der, der.. Also de.., der hatte schon se.., se.. nicht mehr richtig im Kopf.
00:25:37 Denn wenn du Waldbeeren isst, dann, dann, dann kannst du gar nicht verstecken, nicht? Da hast du den, den, den Mund blau.
00:25:45 Ob du.. kannst du spucken und machen, was du willst.
00:25:48 Und hier und da ist einer, der hat sich gehen lassen, der hat sich noch etwas geschnappt und äh Resultat davon:
00:25:56 Den haben wir dann meistens zum Lager getragen abends.
00:26:03 Da haben wir dann gepflückt und der Kapo, der hatte sich einen Kübel für ihn vorgesehen und einen Kübel für die SS vorgesehen.
00:26:15 Und äh ja, voll kriegten wir die, die Kübel nie, denn das, das, das.. die Zeit..
00:26:22 Vielleicht hätten wir da den ganzen Tag gepflückt, dann hätten wir vielleicht genügend gehabt.
00:26:26 Aber meisten kamen so halb voll oder dreiviertel voll.
00:26:31 Und während der Zeit, während der Zeit musste dann noch Knüppel an, an, an, an die Arbeit machen.
00:26:39 Also das, das ging, das ging alles schön zusammen. So kapomäßig nach gesehen ging das alles sehr schön zusammen.
00:26:47 Außerdem hat der dann noch eine, eine, eine entarte, entarte äh äh Benehm.., entartes Benehmen hat der noch.
00:27:00 Der nahm sich außer unserem Suppenkübel zwei, drei Schüsseln und da hat der sich einen jungen Russen ausgesucht.
00:27:14 Der hatte schon einen Wasserkopf, aber Wasserkopf.. das, der ganze Körper war schon.. nicht?
00:27:20 Wenn der ein.., ein.., einmal auf sein, sei.., sei.., sein Bein gedrückt hat, dann war ein Loch, blieb Loch.. im Kopf genauso dasselbe.
00:27:31 Und der wurde dann da äh jeden Tag.. Das hat also auch immerhin 14 Tage gedauert, bis der äh kaputt ging.. der, der Russe.
00:27:41 Der stopfte dem jeden Tag so drei, vier Schüsseln..
00:27:46 Die kamen aus unserem Kessel raus, bei der Aufstellung äh ist dann eben bei jedem etwas weniger geblieben a.., als wie bei normal.
00:27:58 Also mal vorstellen, wa.., was die, was die, die Kapos.. die, die, die Burschen manchmal im Kopf hatten. Also un.., un.., unglaublich, also das ist, es ist ...
00:28:10 Der, der ging.. der junge, der junge Bursche ging eher kaputt als wie wenn er hätte ihn krepieren lassen durch die Arbeit und, und seinen normalen äh Zustand.
00:28:21 IV: Also die haben ihn praktisch totgefüttert.
00:28:24 CD: Gefüttert.
00:28:24 IV: Also durch, durch zu viel Essen wurde er immer kränker.
00:28:27 CD: Also ja.. Das ist ja sowieso alles nur Wasser gewesen. Und wenn der einmal das Wasser äh im Dings hat..
00:28:33 Je mehr der Wasser trank, umso, umso schneller ging's da kaputt.
00:28:39 IV: Sie haben mir ja vorhin schon mal.. Und die Geschichte kenne ich aus dem Buch ja auch so ein bisschen..
00:28:43 Eben erzählt, dass auch da dieser Umgang mit Menschen ganz besonders brutal war.
00:28:47 Auch diese Geschichte mit der Wette, die dann mal passiert ist.. am Anfang, als Sie kamen.
00:28:51 Vielleicht erzählen Sie diese Geschichte mir auch nochmal jetzt.
00:28:56 CD: Ja, also.. Wo wir, wo wir die, die Aufstellung von der Arbeit gemacht wurde,
00:29:02 haben die Wachposten sich alle um, um diesen, diesen Bereich da irgendwo aufgestellt.
00:29:10 Und da war der Oberrottenführer äh.. der sprach der einmal mit den äh Kapo.
00:29:20 Und äh das war jeden Tag, jeden Tag, ging es: Wer wird als nächster eingehen?
00:29:27 Die haben sie da einfach Wetten, Wetten abgeschlossen, wer äh einging.
00:29:34 So, wer kaputt gemacht werden musste, so ungefähr in diesem Sinne. Ne? Kann man verstehen.
00:29:40 Und eines Tages, eines Tages hieß es vom Kapo her als Antwort: "Der Belgier kommt dran."
00:29:48 Der Belgier kommt dran. Und da ich der einzige Belgier war in der Gruppe, {lacht} war es ja.. war ich an der Reihe.
00:29:57 ...
00:30:00 Und da hat sich der, der Rottenführer, der hat sich da äh die, die, den Satz ausgesprochen:
00:30:13 "Also, das glaube ich nicht, das glaube ich nicht. Schau mal, was der für ein Kreuz hat."
00:30:20 Also von Kreuz äh wusste ich noch nicht mal so richtig, wa.., wa.., was das hieß.
00:30:25 Aber ich habe mir vorgestellt, dass ich war wahrscheinlich äh ..., das wurde, das.. also wäre noch kräftig, ne?
00:30:33 So in diesem Sinne habe ich, habe ich das.. Und da hat der so zwei, drei Mal äh hat der äh äh gesagt:
00:30:40 "Nee, nee, das ist.. Ich sage der Belgier, das ist der Belgier."
00:30:46 Und daraufhin ist dann.. ist der äh beim Mittag.. beim Mittagessen.. wo er angefangen hat mit dem kleinen Russen wieder..
00:30:59 Da habe ich den angeschaut und hat ihm nicht gepasst, der hat nur darauf gewartet, höchstwahrscheinlich.
00:31:06 Und da ist der dann auf mich losgestürmt.
00:31:10 Er hat seinen Knüppel liegen gelassen. Der war ja.. Der hatte an sich äh schon sein Mittagsbrötchen angefangen.
00:31:17 Der Knüppel.. und da hat der sich, was auf dem Boden lag.. Am Boden lagen ja äh Knüppel in Hülle und Fülle.
00:31:23 Da hat der sich drei, drei oder vier Stück.. hat der sich dann kaputt geschlagen.
00:31:31 Ich bin stehen, stehen.. Ich hatte mir geschworen: Du gehst nicht in die Knie, du bleibst stehen.
00:31:41 Da habe ich mich nie.. nur abgewehrt mit den Vorderarmen, je nachdem er angefangen hat, zu, zu dirigieren.
00:31:48 Ich war an sich sehr sportlich zu, zu der Zeit. Und da sah ich abkommen, also die g.., die Arme, die sind äh bl..
00:31:54 Blau und Kreuz, aber und ab und zu bekam ich schon mal eine auf den Kopf oder auf den Rücken.
00:31:59 Aber da hat der sich drei, vier Knüppel kaputtgeschlagen in einem Wutausbruch. Also..
00:32:06 Kann man gar nicht beschrieben, nicht? Äh so was kann man auch nicht nachahmen.
00:32:12 Und äh der SS, der hat auf den gegebenen Moment.. Entweder hat der meine Haltung irgendwie äh geschätzt oder so..
00:32:21 Der hat geschrien: "An die Arbeit alle!"
00:32:24 Und daraufhin.. wenn es hieß "Alle an die Arbeit!", da musste er ja auch aufhören, das war für ihn auch..
00:32:31 Und da habe ich dann noch meine Arbeit durchgeführt.. in diesem Zustand. Ich habe geblutet an allen Ecken..
00:32:39 War gebrochen sozusagen, aber nur der Oberkörper. Und der Kopf, der hat nicht, der hat nicht gewackelt.
00:32:48 Der hat gesagt: "Du bleibst stehen!". Und ich bin auch stehen geblieben. Und das war vielleicht..
00:32:53 Wäre ich hingefallen und hätte mich treten lassen, so da hätte der SS vielleicht äh
00:32:57 weitermachen lassen, dann wäre ich höchstwahrscheinlich nicht mehr hier.
00:33:05 IV: Wie ging es dann weiter? Sie waren einige..
00:33:08 CM: Bandwechsel.