Media Collection "Interview Helga Kinsky 2015"
AGFl_0193
Video 00:59:55
04/25/2015
Weiden in der Oberpfalz
Weiden in der Oberpfalz
Interview with concentration camp survivor Helga Kinsky
- Aufenthalt in Kyjov und vergebliches Warten auf Verwandte - Umzug zur Mutter nach England und Schulbesuch
- Heirat mit einem deutschen Ex-Flüchtling - Übersiedlung nach Thailand und Äthiopien
- Rückkehr nach Österreich - Schwierigkeit des Ankommens und später Prozess der Aufarbeitung
- Mitwirken in mehreren Filmen, Verfassen eines Buches und Auftritte als Zeitzeugin
- Reise nach Oederan und Flossenbürg: Eindrücke und Empfindungen
Originator/Copyright holder | Medienwerkstatt Franken |
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Source(s) | KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Medienwerkstatt Franken |
Usage conditions | Nur mit Einverständnis und Nennung von Archiv bzw. Urheber |
Display format | Interview, Rohmaterial |
Interviewer | Michael Aue |
Camera | Günter Wittmann |
Subtitles for "AGFl_AV.22.1108.mp4"
00:00:02 | CM: Kamera läuft.![]() |
00:00:03 | IV: Es ist heute der 25.April 2015, wir sind in Weiden in der Oberpfalz, äh, im Hotel Admira und führen heute ein Interview mit Helga Kinsky, die heute in Wien lebt.![]() |
00:00:16 | Sie wurde geboren am 28.5.1930.![]() |
00:00:21 | Frau Kinsky, können Sie mir ein bisschen sozusagen über Kindheit, Jugend und Familie erzählen, dass wir so ein bisschen so ein Hintergrund kriegen.![]() |
00:00:33 | HK: Also, wie Sie gesagt haben, bin ich in Wien geboren.![]() |
00:00:36 | Ähm, mein Vater hat, war Kriegsinvalide des Ersten Weltkrieges.![]() |
00:00:42 | Er hat nur ein Bein gehabt.![]() |
00:00:44 | Ähm, und meine Eltern haben geheiratet 1928 in einem Tempel.![]() |
00:00:52 | Im 15. Bezirk.![]() |
00:00:54 | Und im 15. Bezirk hat mein Vater ein großes Konzertkaffee gehabt, wo sehr bekannte Persönlichkeiten verkehrten wie der Leah, ähm, Tauber und alle Möglichen.![]() |
00:01:10 | Ja, und als Hitler kam, 1938, durfte ich ja bald nicht in die Schule gehen.![]() |
00:01:19 | Und da verbrachte ich so wie jedes Jahr ein Teil meiner Ferien bei meiner Großmutter und Tante und deren Kinder in Kyjov, auf Deutsch Gaya, in Südmähren.![]() |
00:01:33 | Ja, und danach, äh, hat mein Vater gedacht, das kann nicht lange dauern.![]() |
00:01:40 | Ich muss unbedingt in eine deutsche Schule.![]() |
00:01:43 | So wurde ich bei Fremden, in einer fremden Familie untergebracht und in die deutsche Schule geschickt.![]() |
00:01:49 | Aber ich hab so viel geweint, dass man mich zurückgebracht hat zu meiner Tante und Onkel.![]() |
00:01:55 | Und ich, jetzt musste ich in eine tschechische Schule gehen, konnte aber nicht Tschechisch, also musste ich Klasse wiederholen.![]() |
00:02:01 | Es war auch wieder nur an.., anderthalb Jahre Schule und dann war das Protektorat Böhmen und Mähren und ich durfte wieder nicht in die Schule gehen.![]() |
00:02:11 | Also, ah, ich erinnere mich, ich bin dann auch noch einmal nach Brünn in die jüdische Schule, war aber auch nur einige Monate dort.![]() |
00:02:20 | Weil dann kam das Verbot für Juden mit dem Zug und öffentlichen Verkehrsmittel zu fahren.![]() |
00:02:27 | Und als ich das hörte, holte ich mir schnell eine Bewilligung, packte meinen Koffer und kam als Überraschung {lachend} bei meiner Familie an.![]() |
00:02:36 | Ohne jemandem überhaupt eine Nachricht davon zu geben.![]() |
00:02:40 | Und dann habe ich die paar Jahre in Kyjov gelebt ohne Schule, gar keine Schule.![]() |
00:02:46 | Herumgetobt mit Kindern meines Alters.![]() |
00:02:49 | Bis wir nach Theresienstadt eingereiht wurden in einen ersten Zlín-Transport, das ist die Bat'a-Stadt.![]() |
00:02:56 | Und ich kam nach Theresienstadt, äh, 23., ich glaube, 23. Jänner, äh, 1943.![]() |
00:03:07 | IV: Das heißt, ich frag einfach mal ein bisschen nach.![]() |
00:03:10 | HK: Ja.![]() |
00:03:10 | IV: Also, andere, die brauchen für diese Geschichte schon ne halbe Stunde {lachend}, Sie sind ja zügig.![]() |
00:03:15 | Äh, da, als Sie nach Theresienstadt kamen, waren Sie praktisch dann 13.![]() |
00:03:19 | HK: Zwölfeinhalb, zwei...![]() |
00:03:20 | IV: Oder so, so unge.., so ungefähr.![]() |
00:03:22 | HK: Ja.![]() |
00:03:22 | IV: Und ich meine in der Zeit vorher, Sie haben mir jetzt ne Geschichte geschildert, äh, die praktisch schon frühzeitig auf ne Trennung von der eigentlichen Familie hinauslief, nur durch diese Verfolgung...![]() |
00:03:30 | HK: Ja.![]() |
00:03:33 | IV: Wie haben Sie selber als Kind das wahrgenommen, was da sozusagen passierte, dass Sie an sich wegmussten, an sich nirgendwo richtig in die Schule konnten.![]() |
00:03:41 | HK: Ja, ich hab das schon wahrgenommen...![]() |
00:03:43 | Aber da ich so glücklich bei meiner Familie in Gaya war hat es mich nicht so gestört, natürlich war mir bange nach meinem Vater.![]() |
00:03:52 | Und ich wollte immer, dass er auch in, nach, ins Protektorat kommt, was ihm auch gelungen ist.![]() |
00:03:57 | Ende '41, aber meine Mutter ist auf ein Dienstbotenvisum im März 1939 nach England.![]() |
00:04:05 | IV: Also, sozusagen schon ins Exil gegangen {unverständlich}?![]() |
00:04:09 | HK: Ja, ich hatte acht Jahre keine Mutter eigentlich, ich hab sie erst '46 wieder gesehen.![]() |
00:04:15 | IV: Äh, ist denn sozusagen, was da passierte, also diese, diese Bedrohung durch die Machthaber des Dritten Reiches, war Ihnen das, wurde da drüber geredet zuhause?![]() |
00:04:25 | Oder konnten Sie sozusagen, Sie haben ja gesagt, ich war Kind, ich war, konnte toben.![]() |
00:04:30 | Oder war das eher, äh, noch nicht so bewusst für Sie sozusagen, welche Gefahr da auch kommt oder dass es immer...?![]() |
00:04:37 | HK: Ich glaube, welche Gefahr da droht hab' ich nicht kapiert.![]() |
00:04:41 | Aber ich hab immer gedacht, wenn ich in der Familie bin, bin ich schon sicher.![]() |
00:04:45 | Es wird mir schon nichts passieren, solange ich mit ihnen bin.![]() |
00:04:50 | IV: Und, äh, so Diskriminierungen, weiß ich durch, entweder durch Mitschüler oder andere Leute?![]() |
00:04:56 | Also viele haben auch erzählt, dass sie sehr früh schon wahrgenommen haben, dass man ihnen was nachgerufen hat, also...![]() |
00:05:01 | HK: Nein, nein, das war nur einmal ganz kurz, kurz in Wien noch und da hat eine Gendarm oder Polizist, was er war, der in unseren Haus wohnte, mich bei der Hand genommen und gesagt:![]() |
00:05:14 | "Komm, Helga, wir gehen nach Hause", also das war nur einmal.![]() |
00:05:17 | Natürlich, ähm, es wurden Bomben gelegt beim Kaffeehaus, das schon.![]() |
00:05:24 | Ähm, meine Mutter sagt '36, ich sag '34, also ich weiß nicht genau, {lachend} aber das war dazu da, äh, um das Haus zu sprengen, aber es war schlecht gelegt.![]() |
00:05:36 | So sind nur rundherum, äh, alle Fenster kaputt gegangen.![]() |
00:05:41 | Ähm, das ist schon passiert.![]() |
00:05:44 | Dass das Lokal boykottiert wurde.![]() |
00:05:47 | Aber ich hab nicht über die Konsequenzen nachgedacht.![]() |
00:05:51 | Damals war ich klein, ich bin schrecklich erschrocken von dem Lärm.![]() |
00:05:55 | Und es war schon einmal eine Russbombe in, in der, wo man die Kleider ablegt im Kaffeehaus, damit alle Kleider schwarz und zerstört sind.![]() |
00:06:06 | Natürlich haben sich dann nicht so viele Leute getraut zu uns ins Kaffeehaus zu kommen.![]() |
00:06:12 | IV: War so zuhause bei Ihnen in der Familie, war das ne traditionell, äh, religiös auch jüdische Familie oder war es eher weltoffen oder wie war das so...?![]() |
00:06:22 | HK: Es war eine weltoffen, nicht religiöse Familie, weil meine Eltern haben sich scheiden lassen.![]() |
00:06:27 | Also, so richtig, äh, Haushalt {lachend} wurde auch nicht mehr geführt.![]() |
00:06:34 | Weil mein Vater musste ja unten im Kaffeehaus sein.![]() |
00:06:38 | Bis spät in die Nacht, 3 Uhr bis in den Morgen.![]() |
00:06:42 | IV: Sie haben ja vorhin sozusagen, da habe ich Sie unterbrochen gesagt, und dann ging, kamen wir nach Theresienstadt.![]() |
00:06:48 | Wie ging das vonstatten, wie haben Sie das wahrgenommen?![]() |
00:06:51 | Also, man sitzt ja erstmal noch haben Sie auch gesagt geschützt im Schutz der Familie.![]() |
00:06:55 | Wie ist das dann passiert?![]() |
00:06:57 | HK: Na ja, wir kamen auf den Dachboden der Hamburger Kaserne und da war er schon schrecklich, der erste Eindruck.![]() |
00:07:06 | Aber auch wieder ist jemand, eine Cousine gekommen.![]() |
00:07:10 | Und die hat mich geholt vom Dachboden, damit ich spielen gehe mit den Kindern.![]() |
00:07:14 | Also, äh, ich wurde sehr irgendwie behütet.![]() |
00:07:17 | Und dann kam ich, äh, ins Mädchenheim.![]() |
00:07:20 | L 410 der tschechischen Mädchen in Zimmer 28.![]() |
00:07:25 | Da hatte ich schon die ersten 2 Monate Probleme mich zu integrieren, aber wie man schreibt {lachend} war ich nach 3 Monaten eine total Integrierte in dieses Heim.![]() |
00:07:40 | Weil diese Kinder kannten einander schon eigentlich teilweise aus Prag.![]() |
00:07:46 | IV: So, d.., die Lebensumstände auch vorher noch, ich meine es, es war ja Krieg, also war vorher schon Not.![]() |
00:07:53 | Oder wie haben Sie, was durften Sie mitnehmen nach Theresienstadt?![]() |
00:07:56 | Also, ich meine es ist ja auch so, ich denk, die meisten Leute können sich das ja heut auch nicht vorstellen, man sitzt daheim und {unverständlich}.![]() |
00:08:03 | HK: Äh...![]() |
00:08:02 | IV: {unverständlich} gibt's ja sicher Aufforderungen, dass man auf einen Transport oder in eine Deportation geht oder so.![]() |
00:08:09 | HK: Wir wussten schon, dass wir auf Transport gehen und ich erinnere mich, ich glaube seit Sommer '43 wurde versucht zu packen.![]() |
00:08:18 | Was bekommt man in das Gepäck hinein, wenn man nur 50 Kilo mitnehmen darf.![]() |
00:08:24 | Ähm, ja, meine Tante hat gebacken Kekse, weil die lange halten.![]() |
00:08:30 | Aber ich muss sagen, ich hab in Theresienstadt {lachend} keine Kekse entdeckt, die wir gemacht haben.![]() |
00:08:36 | Äh, es wurde schon vorbereitet.![]() |
00:08:38 | Also, alle Bettwäsche blau gefärbt.![]() |
00:08:41 | Damit man nicht so auf weißer Bettwäsche sofort den Schmutz sieht.![]() |
00:08:46 | Also, diese Sachen wurden schon, das wusste ich schon, dass das eine Vorbereitung ist.![]() |
00:08:52 | IV: Und gab es so ne Vorstellung, was das bedeutet sozusagen für Theresienstadt?![]() |
00:08:55 | HK: Also, wir wussten nicht, ob wir nach Theresienstadt oder in den Osten...![]() |
00:09:00 | Es hieß, wir werden transportiert in den Osten, aber was im Osten auf uns wartet, das haben wir nicht gewusst.![]() |
00:09:07 | IV: Sie haben mir erzählt, Sie waren dann auch in diesem Mädchenheim.![]() |
00:09:12 | Wie waren denn '43, als Sie dahin kamen da so die sozialen und die Lebensumstände?![]() |
00:09:17 | HK: Ja, wir waren ungefähr 28 oder 30 Mädchen auf ungefähr 28 Quadratmetern in dreistöckigen Stockbetten.![]() |
00:09:30 | Wir hatten einen rohgehauenen Tisch.![]() |
00:09:34 | Und zwei rohgehauene Bänke, aber da konnten ja nicht alle Platz nehmen.![]() |
00:09:39 | Ähm, ja, wir hatten zwischen den Fenstern so was gezimmert mit einem Vorhang, wo wir die Mäntel und die Kleider hingen, konnten.![]() |
00:09:50 | Aber es war ja nie Platz für 30 Mädchen.![]() |
00:09:53 | Wir hatten hinterm Kopf eine kleine Stellage, wo man diesen Koffer, mit dem wir ge.., gekommen sind nach Theresienstadt, unterbringen konnten.![]() |
00:10:02 | Hatten 3 Betreuerinnen, unsere war eine Pianistin und Musiklehrerin und ihr halfen 2 Jüngere.![]() |
00:10:12 | Ja, und...![]() |
00:10:16 | IV: Der Alltag, wie sah dann der Alltag für Sie aus?![]() |
00:10:19 | HK: Na, wir mussten sehr früh aufstehen, es war genau organisiert, wie wir lüften, {lachend} schließlich haben wir nur 2 Fenster gehabt.![]() |
00:10:27 | Für praktisch 30 Mädchen.![]() |
00:10:30 | Und irgendjemand musste sich melden, freiwillig den Topf mit dem Eichelkaffee zu holen.![]() |
00:10:36 | Und wenn wir noch ein Stückchen Brot hatten, haben wir es halt dazu gegessen.![]() |
00:10:40 | Und dann gab's heimlichen Unterricht.![]() |
00:10:43 | IV: Hm, im Heim selber?![]() |
00:10:45 | HK: Ja, im Heim selber, ja.![]() |
00:10:48 | IV: Und, äh, der Rest Ihrer Familie, Sie waren als Mädchen {unverständlich} im Mädchenheim?![]() |
00:10:53 | HK: Äh, wi.., wir hatten am Anfang Glück, dass der ganze Rest der Familie bis auf einen Onkel, also die, die zusammenwohnten, alle in Theresienstadt blieben.![]() |
00:11:04 | Und dadurch hatte ich auch keine Angst, weil wenn mein Vater krank war, besuchte mich die Tante.![]() |
00:11:10 | Also, es war noch immer ein gewisser Zusammenhalt.![]() |
00:11:15 | IV: Und das war auch möglich, sich zu besuchen.![]() |
00:11:17 | HK: Das war möglich, wenn keine Ausgangssperre war.![]() |
00:11:20 | Wenn natürlich jemand geflüchtet ist aus Theresienstadt war meistens die Strafe ein Monat Ausgangssperre.![]() |
00:11:27 | Licht ab sozusagen..![]() |
00:11:28 | IV: Für alle?![]() |
00:11:29 | HK: Für alle, Licht ausdrehen zu ner bestimmten Zeit, keine Freizeitgestaltung und so weiter.![]() |
00:11:36 | IV: Und Sie haben erzählt, Sie haben angefangen dann Tagebuch zu führen irgendwann mal oder...?![]() |
00:11:43 | HK: Äh, mein Vater hat mir am letzten Tag, wir, bevor wir weg sind, da war schon alles leer in der Wohnung, hingelegt ein Schulheft.![]() |
00:11:51 | Und gesagt: "Schreib jetzt ein Tagebuch."![]() |
00:11:54 | Und so habe ich angefangen, das, de.., hab zwei solcher Hefte, das dritte hab ich mir schon in Theresienstadt wie ein Buch machen lassen, für Brot.![]() |
00:12:03 | Und das ist leider verloren gegangen.![]() |
00:12:07 | Und ja, ich glaube, ich hab, wie die vielen Transporte gingen im Herbst, äh, '44 nicht mehr geschrieben.![]() |
00:12:15 | Da ging es so schnell, dass alle meine Freundinnen und Lehrer verschwanden und Leute, die ich kannte und liebte.![]() |
00:12:24 | Da hatte ich keine Zeit mehr oder Kopf zu schreiben.![]() |
00:12:29 | IV: Diese Lebenszustände in Theresienstadt, die haben sich ja auch immer mehr, äh, verschlechtert.![]() |
00:12:35 | Wie haben Sie das, wie war das, wie haben Sie das wahrgenommen?![]() |
00:12:37 | Also zum einen haben Sie gesagt, da, viele kamen auf Transporte.![]() |
00:12:40 | Wie hat sich dieser Alltag... erst mal klingt das ja, geheime Schule, aufstehen, alles noch ganz reguliert, wie hat sich das verändert?![]() |
00:12:47 | HK: Na ja, es waren ja immer Transporte, wir haben ja immer wieder irgendein Mädchen oder 3 oder 4 verabschiedet.![]() |
00:12:55 | Und, äh, waren sehr traurig.![]() |
00:12:57 | Aber wie halt Kinder, die leeren Betten wurden gefüllt mit anderen Kindern und man hat sich wieder bald gewöhnt an die.![]() |
00:13:05 | Äh, man hat wieder eine Freundin gesucht, die nebeneinander liegt, weil viel Bewegungsfreiheit konnten wir ja in den Zimmern nicht haben.![]() |
00:13:15 | Ja, aber mit September fingen dann nach dem Roten Kreuz und nach dem, "Der Führer schenkt", Filmen, "Der Führer schenkt uns eine Stadt", war das alles vorbei.![]() |
00:13:28 | Und dann ging ja ein Transport nach dem anderen.![]() |
00:13:31 | Und da war es {lachend} kaum ein Durchatmen mehr.![]() |
00:13:35 | IV: Können Sie sich noch an den Film oder an diese Dreharbeiten oder wie das entstanden ist, erinnern?![]() |
00:13:40 | Oder dass Sie ein bisschen darüber erzählen?![]() |
00:13:42 | HK: Nein, ich erinner mich, weil unser Haus war ja genau am, neben der Kirche am Hauptplatz und vieles spielte sich unterhalb der Fenster ab.![]() |
00:13:51 | Und ich erinner mich, die Verschönerung des ganzen Platzes und die Entfernung der Zäune von der SS.![]() |
00:14:00 | Und die, dass die SS ausgezogen ist in ein anderes Haus und der Platz freigegeben wurde.![]() |
00:14:07 | Und dann an dem Film erinner ich mich, ähm, wie der Kurt Gerron auf der Stiege stand von den, von der Kirche.![]() |
00:14:17 | Und befehligte den, unseren Aufmarsch.![]() |
00:14:21 | Wir mussten mit Schaufeln und Rechen singen.![]() |
00:14:24 | Immer vorbeigehen und dann immer wieder zurück und noch einmal {lachend} und noch einmal.![]() |
00:14:29 | Und das ist Stückerl, 2 Sekunden im Film davon ungefähr.![]() |
00:14:34 | IV: Also wenn man den Film sieht, kann man Sie wahrscheinlich auch noch irgendwie sehen {unverständlich}?![]() |
00:14:37 | HK: Ich glaube nicht, nee, ich, ich glaube {lachend} nicht.![]() |
00:14:40 | IV: Dann gibt es ja neben dieser Propaganda, haben auch schon etliche, die Zeitzeugen, die wir hier gesprochen haben, auch von Theresienstadt erzählt, dass es schon auch noch so ein kulturelles Leben gab.![]() |
00:14:51 | Also, dass es Theater, ne Theatergruppe wohl gab, die so ein Stück gespielt hat, dass Leute gesungen haben.![]() |
00:14:57 | Dass viele Künstler einfach auch da waren, die noch, irgendwo gab's ein Klavier, haben Sie so von diesem Kulturleben was wahrgenommen?![]() |
00:15:02 | HK: Natürlich, habe ich sehr viel teilgenommen.![]() |
00:15:05 | Weil im Keller von L410 wurden ja alle Proben abgehalten.![]() |
00:15:11 | Von Rafael Schächter, für Verdis Requiem, für Kuß von Smetana usw..![]() |
00:15:16 | Und, und dadurch, dass, äh, unsere Hauptbetreuerin ja begleitet hat sogar diese Stücke und Opern...![]() |
00:15:26 | Solange es kein Orchester gab und das Orchester gab es ja erst, äh, wie das Rote Kreuz kam, um zum Film, äh, haben wir sehr viel davon mitbekommen.![]() |
00:15:36 | Außerdem haben 2, 3 Kinder schon im Chor gesungen der Opern, die sehr begabt waren.![]() |
00:15:42 | Und dann kam die große Geschichte von der Kinderoper Brundibar, wo ja Mädchen die Hauptrollen sangen, die in meinem Zimmer waren.![]() |
00:15:51 | Also, und ich weiß nicht, wer mir die Karten gegeben hat, aber ich war, das schreibe ich ja in meinen Tagebuch, zu wie vielen Konzerten und wer gespielt hat {unverständlich}, Elias von Mendelssohn, Mozart Konzerte, äh...![]() |
00:16:07 | Die Schöpfung, Gogol, Franz Savignon {?}, Balladen alles Mögliche habe ich gesehen.![]() |
00:16:13 | Dass, ich hab das auf.., aufgenommen wie ein {lachend} Schwamm.![]() |
00:16:16 | IV: Und viele andere wahrscheinlich auch einfach in dieser Situation {unverständlich}.![]() |
00:16:20 | HK: Ja, nicht alle Mädchen, drum bin ich so leicht zu Karten gekommen, aber schon einige.![]() |
00:16:26 | IV: Äh, wenn man Sie so erzählen hört, das klingt jetzt alles irgendwie alles an sich eher schön als schrecklich.![]() |
00:16:35 | Äh, liegt das auch mit so an Ihrer Wahrnehmung als Kind, dass Sie ne andere Wahrnehmung hatten?![]() |
00:16:41 | HK: Nein, ich hatte, ich ha...![]() |
00:16:42 | IV: Oder dass Sie ne Distanz jetzt haben auch so...![]() |
00:16:46 | HK: Na, die Wahrnehmung ist immer da, äh, wie Theresienstadt aussah.![]() |
00:16:51 | Wie die alten Leute am Boden lagen, wie die Leute hungerten, wie sie bettelten; "Bitte einen Topp, nehmen Sie den Schöpfer von unten, damit etwas da mitschwimmt."![]() |
00:17:01 | Ähm, ich bin nur irgendwie aufgegangen in der Musik und in der Kulturszene.![]() |
00:17:10 | Und ich kannte auch die tschechischen Komponisten und, und die Öst..., Wiener Konzertpianistin und ein paar Universitätsprofessoren.![]() |
00:17:21 | Also, bei mir wurde das sehr gefördert und ich hatte Glück, dass {lachend} mein Vater hat sich alles vom Mund abgespart, und mir dicke Suppen gemacht.![]() |
00:17:32 | So dass ich den Verlust des Gewichts auch nach paar Monaten wieder zurück hatte.![]() |
00:17:38 | Aber er hat, glaub ich, 14, 15 Kilo abgenommen.![]() |
00:17:42 | Also, so war das nicht, ich war mir dessen ganz bewusst, mein Vater lebte im Invalidenheim rückwärts im Hof.![]() |
00:17:53 | Äh, da waren 6 In.., Kriegsinvaliden mit, äh, so eng, dass sie nicht einmal eine Bank oder Tisch hatten, wo sie sich hinsetzen konnten.![]() |
00:18:03 | Also, so, so war das nicht, dass ich, äh, mir dessen nicht bewusst war.![]() |
00:18:08 | Ich erinner mich in der Sudetenkaserne, wie so Kartoffelschalen auf einen Haufen gewo.., und wie die Leute sich gekämpft haben, um diese Kartoffelschalen zu bekommen, auch da hatte ich Glück.![]() |
00:18:21 | Weil wir hatten eine christliche Cousine.![]() |
00:18:24 | Und am Anfang der Zeit in Theresienstadt konnte man kleine Päckchen bis 2 Kilo schicken.![]() |
00:18:31 | Und sie ist halt mit dem Fahrrad aufs Land überall gefahren.![]() |
00:18:35 | Und das, was wir ihr hinterlassen haben, Bettwäsche und Tischtücher und andere Sachen hat sie halt versucht zu verkaufen gegen Lebensmittel.![]() |
00:18:46 | IV: Und Ihnen dann diese Päckchen geschickt?![]() |
00:18:49 | HK: Ja, aber später kam das Verbot und man durfte nur einmal im Jahr ein 20 Kilo Paket haben.![]() |
00:18:55 | Und das konnte kaum jemand füllen auch nicht die am Dorf gelebt haben.![]() |
00:19:02 | CM: Stop, bitte.![]() |
00:19:03 | IV: Ja, kleinen Moment...![]() |
00:19:05 | CM: Ist der Strom ausgegangen.![]() |
00:19:06 | IV: Strom ausgegangen, da müssen wir mal ne {unverständlich}.![]() |
00:19:08 | CM: Die Kamera muss ja auch laufen.![]() |
00:19:10 | CM: Ja.![]() |
00:19:11 | IV: Also, Sie haben jetzt gerade so ein bisschen relativiert, dass Theresienstadt eben nicht nur so ein, dass es kein Zuckerschlecken war, vielleicht erzählen Sie auch noch ein bisschen.![]() |
00:19:18 | HK: Ja, nur alte Leute lagen am Boden, sie hatten nichts.![]() |
00:19:22 | Sie hatten nur diese Armeration und man hat ihnen noch was weggenommen und den Kindern gegeben.![]() |
00:19:28 | Damit die Kinderküche mehr hat.![]() |
00:19:31 | Da, weil die Zukunft lag ja in den Kindern und sie wollten ja auch die Kinder schützen.![]() |
00:19:37 | Man, die Kinderfürsorge hat ja alles getan, um diese Kinder zu schützen.![]() |
00:19:43 | Und da, natürlich hab ich alles gesehen, die Leute sind gestorben, die haben schreckliche Krankheiten gehabt.![]() |
00:19:51 | Ich habe Enzephalitis gehabt, zweierlei Gelbsucht .![]() |
00:19:56 | Äh, ich war ein Monat im Marodenzimmer mit einer eitrigen Mittelohrentzündung und in, äh, die, mit hohen Fieber.![]() |
00:20:05 | Also, äh, das blendet man weg, wenn man dann in Auschwitz war, nicht?![]() |
00:20:11 | Dann bleibt so übrig das Positive von Theresienstadt.![]() |
00:20:16 | Aber ich weiß nicht, ob Sie Jehuda Bacon kennen, den berühmten, äh, Zeitzeugen aus Israel.![]() |
00:20:24 | Der sagte in einem Film, in dem ich auch Zeitzeuge bin, äh, wenn man in Theresienstadt war, träumte man von Zuhause.![]() |
00:20:33 | War man in Auschwitz träumte man von Theresienstadt.![]() |
00:20:36 | IV: Wir waren ja vorhin mal so, haben noch mal rekapituliert bei dem Punkt, so wo es immer mehr Transporte wurden.![]() |
00:20:45 | HK: Ja.![]() |
00:20:45 | IV: Also, man hat das ja gemerkt, gab's da denn schon mehr ne Ahnung, wohin die Reise jetzt geht, also auch im übertragenen Sinne?![]() |
00:20:53 | Wusste man schon irgendwo, was das auch bedeuten kann auf Transport zu gehen?![]() |
00:20:59 | HK: Ich glaube jeder wusste, dass es nichts besser ist, aber wohin das geht mögen ein paar im Ältestenrat gewusst haben.![]() |
00:21:08 | Aber ich glaube, die gewöhnlichen Leute in Theresienstadt wussten es nicht.![]() |
00:21:13 | Weil mein Vater wollte sich ja freiwillig melden.![]() |
00:21:17 | Um mit mir in den Transport zu gehen.![]() |
00:21:20 | Und meine Betreuerin hat ihm gesagt, er soll das nicht tun, das ist das Einzige, was wir gemeinsam hätten,![]() |
00:21:28 | wäre die Fahrt und ein Doktor Altenberg, der im Ältestenrat der Juden war, hat es ihm auch abgeraten.![]() |
00:21:38 | Aber wie viele es wussten, bestimmt wussten es manche.![]() |
00:21:41 | IV: Wie ging es dann mit Ihnen weiter und Ihrer Familie?![]() |
00:21:46 | HK: Na ja, erst gingen, ich weiß nicht, in welcher Reihenfolge, aber zum Schluss waren nurmehr mein Vater und ich übrig und dann ging ich.![]() |
00:21:58 | Also, die Familie war schon längst weg und ich hab gedacht ich geh dorthin, wo die Familie ist.![]() |
00:22:04 | Aber das war ja nicht der Fall.![]() |
00:22:07 | IV: Und wohin gingen Sie und wie?![]() |
00:22:10 | HK: Na ja, von meinen Transport von über 1700 wurden ungefähr zweihun.., 210 junge Frauen ausgesucht für den Arbeitstransport.![]() |
00:22:23 | Und alle anderen wurden vergast noch in derselben Nacht.![]() |
00:22:27 | IV: In Auschwitz?![]() |
00:22:30 | HK: In Auschwitz.![]() |
00:22:32 | IV: Ich möchte Sie ja nicht quälen, aber ich bin auch dazu da sozusagen, um Details, auch Sie dazu ermutigen, das zu sagen, das ist mir jetzt, äh...![]() |
00:22:45 | HK: Ich weiß.![]() |
00:22:46 | IV: Auch nicht angenehm oder so, obwohl es mich auch interessiert.![]() |
00:22:49 | Aber, äh, wenn Sie mögen, erzählen Sie einfach ein bisschen genauer auch, was mit Ihnen dann passierte oder an was Sie sich erinnern können.![]() |
00:22:58 | HK: Na ja, wir kamen an der Rampe an.![]() |
00:23:01 | Ich war mit meiner Freundin Hana Pollak, die wir Handa nannten, und meiner Hauptbetreuerin.![]() |
00:23:09 | Na ja, da war.., wir waren in geschlossenen Viehwaggon und es war ganz still und eine kletterte von uns zu diesem Viehfenster über die Koffer, die in einer Ecke waren.![]() |
00:23:23 | Schaute raus und da war nichts zu sehen, außer Stacheldraht und Scheinwerfer.![]() |
00:23:30 | Aber paar Minuten später war ein riesiges Geschrei.![]() |
00:23:34 | Die Türen wurden aufgerissen.![]() |
00:23:36 | "Schnell, schnell raus."![]() |
00:23:38 | Und ich hab noch gedacht, wie sollen da die Alten runterhüpfen von dieser Höhe.![]() |
00:23:44 | Aber viel nachdenken konnte man nicht, man musste sich aufstellen in Fünferreihen.![]() |
00:23:50 | Man wollte noch den Brotsack oder was mitnehmen.![]() |
00:23:54 | Da haben sie gesagt: "Schnell, schnell, das Gepäck kommt nach."![]() |
00:23:58 | Und dann sind wir vor einen SS-Mann marschiert.![]() |
00:24:02 | Bei uns war es so, die nach rechts gingen, gingen ins Leben, die nach links gingen, gingen in den Tod.![]() |
00:24:10 | IV: Was Sie damals natürlich nicht wussten.![]() |
00:24:14 | HK: Nein, aber dass ich im Vorposten der Hölle bin, wusste ich schon.![]() |
00:24:21 | Das kam einem schon, weil so einen Kontakt oder so was erlebte man ja nie in Theresienstadt.![]() |
00:24:32 | IV: Also, in dieser Härte und {unverständlich}.![]() |
00:24:35 | HK: In dieser Härte...![]() |
00:24:35 | IV: In dieser Rücksichtslosigkeit, ja.![]() |
00:24:37 | HK: In der Befehlsform, in, in der Trostlosigkeit, Stacheldraht und Scheinwerfer.![]() |
00:24:43 | Und wir sind nie v.., ha.., wir hatten auch nicht so eine engen Kontan.., Kontakt zu der SS, wie dort mit Stab.., Stäbchen hin und her zeigt.![]() |
00:24:53 | Wir mussten schon unseren Namen und Geburtsdatum sagen.![]() |
00:24:59 | Ich bin angetreten mit meiner Betreuerin.![]() |
00:25:06 | Die war in einem der ersten Transporte von Prag nach Theresienstadt.![]() |
00:25:11 | Und man ist angetreten, so wie man nach Theresienstadt kam.![]() |
00:25:16 | Ob ich hinten angetreten wär mit meiner Transport weiß ich nicht, ob ich heute da sitzen würde.![]() |
00:25:23 | Wann die Zü.., wann die 200 Frauen ausgesucht waren, kann ich nicht sagen.![]() |
00:25:37 | Und dann wurden wir schnell, schnell gejagt zu einem Gebäude.![]() |
00:25:42 | Wo man uns alles abgenommen hat.![]() |
00:25:45 | Alle Haare an uns geschert, das war ja ein wahnsinniger Schock.![]() |
00:25:49 | Meine Freundin, die neben mir stand, hat einen richtigen hysterischen Anfall bekommen, man hat sich plötzlich nicht erkannt.![]() |
00:25:58 | Und mir hat irgendwelche Kleidung dann zugeworfen bekommen, die einem nicht passte, also einen riesigen Haufen.![]() |
00:26:07 | Und wurde gejagt zu einer Baracke.![]() |
00:26:10 | IV: Die Habseligkeiten waren nicht da, sie waren sozusagen {unverständlich}?![]() |
00:26:17 | HK: Es war nichts da.![]() |
00:26:18 | IV: Nackt, enthaart und dann...![]() |
00:26:19 | HK: Nackt, dann wurde einem zugeschmissen irgendeine Kleidung.![]() |
00:26:22 | IV: {unverständlich}, ja.![]() |
00:26:24 | HK: Holzpantoffeln und den nächsten Morgen wurden wir gejagt zwischen Stacheldraht.![]() |
00:26:32 | Da haben wir es gesehen, was für Gestalten aus diesen Baracken herauskommen, es war sehr früh, alles war grau in grau.![]() |
00:26:41 | Und sind dann zu irgendeiner Baracke gejagt worden, ich weiß heute nicht, welche.![]() |
00:26:51 | Und mussten schnell hinein.![]() |
00:26:55 | Und uns auf die Pritschen, auch wieder dreistöckige rechtsl.., legen.![]() |
00:27:01 | Wo eine für 4 war haben wir, sind wir 8 gelegen.![]() |
00:27:06 | Wie die Sardinen, aber wir hatten keine Matratze, keine Decke, nichts.![]() |
00:27:10 | Und dort mussten wir verweilen und es war stockdunkel.![]() |
00:27:14 | Weil diese, waren ja solche Pferdebaracken, nur mit Schlitzen oben.![]() |
00:27:19 | Und ab und zu wurden wir zu Appelle rausgejagt.![]() |
00:27:24 | Da haben wir irgendein Eichelkaffee wieder bekommen, sind s.., stundenlang in der Kälte gestanden.![]() |
00:27:30 | Durften auf die zugigen Latrinen gehen, so eine Mehrheitslatrine.![]() |
00:27:37 | Wo es überall gezogen hat.![]() |
00:27:39 | Und dann wurden wir wieder zurückgejagt.![]() |
00:27:42 | Aber Essen hatten wir keines.![]() |
00:27:44 | Und wir wissen alle miteinander nicht, wie lang wir dort waren.![]() |
00:27:48 | Natürlich kann man das recherchieren.![]() |
00:27:51 | Wann wir hingekommen sind.![]() |
00:27:53 | Und wann wir nach Oederan fuhren, aber das Gefühl ist, einer sagt 4 Tage, einer 8, der nächste 10, weil wir alle so unter Schock standen.![]() |
00:28:03 | IV: Also, dass man gar nicht mehr wahrgenommen hat {unverständlich}, man musste nicht arbeiten, gar nichts, es war.![]() |
00:28:05 | HK: Nein, nicht Tag und Nacht, es war ja immer dunkel.![]() |
00:28:08 | Kein Essen, es war immer dunkel, es war kalt.![]() |
00:28:12 | Ja, und dann ein.., eines Tages, ich nehme an, es waren 5 Tage, sind wir wieder mit schnellen Schritt in Fünferreihen wohin geführt worden, wurden wieder geduscht und gebadet.![]() |
00:28:28 | Aber das war viel kleiner.![]() |
00:28:30 | Und die, äh, auch wieder wurden die Kleider weggenommen.![]() |
00:28:34 | Aber da haben wir ein bisschen bessere Kleidung bekommen.![]() |
00:28:38 | Und Schuhe, die mir zu groß waren, und Kniestrümpfe, die nicht gehalten haben, und runtergerutscht sind.![]() |
00:28:45 | Aber ich hatte eine Weste, aber keine Unterwäsche.![]() |
00:28:48 | Niemand hatte Unterwäsche.![]() |
00:28:50 | Und da standen wieder den ganzen Tag in der Kälte, aber es war Sonne.![]() |
00:28:55 | Und abends wurden wir gejagt zu diesen Viehwaggons im Dunkeln schon.![]() |
00:29:01 | Und man hatte Angst seine Gruppe zu verlieren.![]() |
00:29:06 | Weil da waren verschiedenste Züge.![]() |
00:29:09 | Die zur selben Zeit also gefüllt wurden, um als Arbeitstransporte wegzugehen.![]() |
00:29:17 | Äh, wir haben da uns schnell nehmen dürfen auf der Seite ein Brot.![]() |
00:29:24 | Und irgendeine Mettwurst.![]() |
00:29:26 | Und ich habe darüber nachgedacht, ob ich mich trauen kann das zu nehmen und die, meine Leute in der Dunkelheit nicht verliere.![]() |
00:29:34 | Und ich hab's {lachend} geschafft, ja.![]() |
00:29:36 | IV: Und das war praktisch das erste Mal seit dieser Tage, dass Sie wieder überhaupt...![]() |
00:29:41 | HK: Ja, {unverständlich}.![]() |
00:29:41 | IV: Richtige Nahrung bekommen haben.![]() |
00:29:43 | HK: Das, ob's mir bekommen ist, weiß ich nicht, aber ich war sehr jung und hab noch sehr viel vertragen.![]() |
00:29:48 | Ja, dann wurden wir eingeschlossen in einen Viehwaggon.![]() |
00:29:52 | Und mit uns ein Soldat als Wachmann.![]() |
00:29:56 | Neben ihnen war ein Kübel.![]() |
00:29:58 | Für unsere Bedürftigkeiten.![]() |
00:30:01 | Und so fuhren wir nach Oederan.![]() |
00:30:04 | IV: Äh, können Sie mir ungefähr sagen, wann das war, so, äh, welcher Monat oder...![]() |
00:30:12 | HK: Ende Oktober, ungefähr, wir sind ungefähr angekommen so 28. Oktober, 27. Oktober.![]() |
00:30:20 | IV: Und als Sie in diesem Viehwaggon saßen, wussten Sie aber auch wieder wahrscheinlich nicht, wohin es geht.![]() |
00:30:27 | HK: Nein... ja.![]() |
00:30:27 | IV: Also nur schnell, schnell, los, los, irgendwie und...![]() |
00:30:30 | HK: Aber auch wenn manchmal Ältere sich trauten, äh, Kontakt zu knüpfen, zu diesen Soldaten.![]() |
00:30:39 | Ich als Kind, äh, war ein wi.., unwichtiger Bestandteil {lachend} der Gruppe, ich hätte mich weder getraut noch hätte jemand Notiz von mir genommen.![]() |
00:30:50 | Uns wurde nur gesagt wir waren mehrere Jugendliche, wir wurden aufgenommen in der Baracke von einer Schreiberin der SS.![]() |
00:31:02 | Und als wir unser Alter sagten, hat sie gesagt: "Ihr dürft keiner {betonend} jünger sein als geboren '26."![]() |
00:31:12 | Und das hab' ich auch auf der Liste von Flossenbürg gesehen und diesen Fehler hab' ich heute wieder gesehen, aber ein ganzer Haufen war jünger, aber das hätte uns nicht ermöglicht in einen Arbeitstransport zu kommen.![]() |
00:31:27 | Also drum steht überall in Flossenbürg 1926 {lachend} geboren.![]() |
00:31:33 | Aber da sind '31 drunter, und ich wie '30, aber da waren mehrere Ju.., Jugendliche.![]() |
00:31:41 | IV: Und dann fuhr der Zug irgendwann...![]() |
00:31:45 | HK: Der fuhr dann in der Nacht los, ich weiß nur, dass wir in der Früh ungefähr um 8 Uhr angekommen sind.![]() |
00:31:53 | Am Bahnhof in Oederan wieder in Fünferreihen marschiert sind zu dem Lager.![]() |
00:32:00 | Das war ein.. Rückwärts von der Fabrik.![]() |
00:32:05 | Äh, das war ursprünglich eine Zwirnfabrik.![]() |
00:32:08 | Jetzt war es die Agricola.![]() |
00:32:11 | AGH oder wie sie hieß.![]() |
00:32:14 | Rückwärts war ein großes Lager.![]() |
00:32:17 | Und das hatten sie hergerichtet für die, für die Arbeiter.![]() |
00:32:23 | IV: Als Unterkünfte praktisch?![]() |
00:32:24 | HK: Ja, und da waren, ähm, auch wieder dreistöckige, äh, Stockbetten.![]() |
00:32:31 | Und die Matratzen waren aus Krepppapier.![]() |
00:32:34 | Aber sie waren wenigstens neu.![]() |
00:32:36 | Und ganz dünne Decken.![]() |
00:32:39 | Und wir mussten zu zweit eine Pritsche teilen.![]() |
00:32:44 | Äh, aber wir hatten Glück, dass es dort warm war, weil da gingen irgendwelche große Röhren durch, die glaub ich, die Heizung zu den Italienern brachten.![]() |
00:32:57 | Die im Nebenhaus untergebracht waren, ja.![]() |
00:33:03 | IV: Und dann mussten Sie arbeiten wahrscheinlich?![]() |
00:33:08 | HK: Ja, in einen...![]() |
00:33:10 | IV: {unverständlich} trinken Sie ruhig mal ein Schluck, eben {unverständlich}...![]() |
00:33:11 | HK: In einer Munitionsfabrik.![]() |
00:33:17 | IV: Gleich am nächsten Tag oder sofort oder {unverständlich}?![]() |
00:33:21 | HK: Nein, nein, es waren praktisch noch die Maschinen, {unverständlich}.![]() |
00:33:26 | Wir hatten wahnsinnige Angst, also die Erwachsenen, ich wieder nicht, ich war zu dumm.![]() |
00:33:30 | Äh, dass wir wieder wieder zurückges.., geschickt werden nach Auschwitz.![]() |
00:33:35 | Weil die Maschinen nicht da waren.![]() |
00:33:37 | Sie kamen dann doch und dann haben wir in der Fabrik gearbeitet.![]() |
00:33:45 | Es war Munitionsfabrik.![]() |
00:33:47 | Ich glaube, es waren Hülsen für Maschinengewehre, aber so sicher bin ich mir nicht, was das war.![]() |
00:33:53 | IV: Wie war denn im Vergleich zu diesen paar Tagen in Auschwitz so das Ambiente, also von de.., von der Bewachung auch vom Essen, von den sanitären Verhältnissen?![]() |
00:34:03 | HK: Es war ein Aufatmen natürlich, ähm, es waren schon dort 300 andere Frauen.![]() |
00:34:12 | Am Anfang war das Essen besser als in Theresienstadt, aber das waren nur paar Tage.![]() |
00:34:19 | Bis die SS aus Auschwitz kam, wir hatten am Anfang nur eine lokale SS.![]() |
00:34:26 | Also junge Mädeln, die eigentlich Krankenschwestern werden wollen, aber dann SS-Frauen werden mussten Ende des Krieges.![]() |
00:34:35 | Die waren aber noch in keinem KZ vorher.![]() |
00:34:38 | Und die Köchin war eine Zivilköchin.![]() |
00:34:42 | Aber das hat sich schlagartig geändert wie das SS-Personal aus Auschwitz kam.![]() |
00:34:48 | Aber, ja, wir haben dort auch gefroren, wir haben dort auch sehr viel Hunger gehabt.![]() |
00:34:57 | Aber im Vergleich zu Auschwitz war es trotzdem was Anderes.![]() |
00:35:03 | Es gab einem das Gefühl, dass wenn wir dort bleiben, können wir überleben.![]() |
00:35:09 | IV: Also, damals war auch im Bewusstsein schon so die Tatsache, klar, dass es um's Überleben auch geht, ne, bei dem was man {unverständlich}?![]() |
00:35:15 | HK: Ja, ja, natürlich, das war uns auch schon in Auschwitz bewusst, dass wir überleben nur durch diesen Arbeitstransport, wenn wir hineinkommen.![]() |
00:35:28 | IV: Äh, wie hat sich das dann entwickelt in Oederan, Ihre Zeit?![]() |
00:35:33 | HK: Ja, man hat gearbeitet Nachtschicht, Tagschicht, äh, sonst lagen wir in den Betten.![]() |
00:35:47 | Oder sprachen miteinander, wohin gehen konnten wir ja nirgends.![]() |
00:35:51 | Manchmal musste man Appell stehen.![]() |
00:35:54 | Auch in der Kälte, aber es war nicht so arg wie in Auschwitz.![]() |
00:35:59 | Äh, wir hatten auch nur die eine selbe Kleidung 6 Monate, ich kann mich jetzt nicht erinnern, wie ich sie gewaschen hab.![]() |
00:36:08 | Unterwäsche gab's keine.![]() |
00:36:11 | Äh, man hat auch abgenommen stark, aber man hat sich dran gehalten, dass wenn man, äh, dass der Krieg nicht mehr lange dauern kann.![]() |
00:36:21 | Über uns flogen ja schon die Flugzeuge, die Dresden bombardierten.![]() |
00:36:25 | Was uns nichts machte, eher freute.![]() |
00:36:29 | Auch wenn eine Bombe auf uns fliegen würde, aber...![]() |
00:36:33 | IV: Aber es kam so ne Vorstellung, äh, es könnte zu Ende gehen bald der Krieg.![]() |
00:36:38 | Und man könnte deswegen auch gerettet werden {unverständlich}?![]() |
00:36:41 | HK: Man könnte gerettet werden, aber auch wenn wir draufgehen, solange die {lachend} Deutschen draufgehen, hätten wir auch das {lachend} akzeptiert.![]() |
00:36:49 | IV: Und wie lange, Sie haben erzählt, also es war schon sozusagen die Flugzeuge, die Dresden bombardiert haben, das war ja schon kurz vor Kriegsende.![]() |
00:36:59 | HK: Ja, ja.![]() |
00:37:00 | IV: Wie ging das dann...?![]() |
00:37:01 | HK: Na ja.![]() |
00:37:02 | IV: Hat sich die Stimmung verändert, auch die, der Kontakt zur SS oder konnte man überhaupt noch arbeiten, gab's noch, {unverständlich}?![]() |
00:37:07 | HK: Wir haben, wir haben lange gearbeitet, ähm, ich glaube, praktisch bis zum Ende, aber da müsste man doch jemand anderen fragen.![]() |
00:37:17 | Aber ich glaube, wir haben gearbeitet bis zum Ende.![]() |
00:37:21 | Es wurde natürlich immer Essen weniger und weniger.![]() |
00:37:23 | Bis es nurmehr eine klare Suppe war.![]() |
00:37:27 | Ja, und dann... wir wussten schon, dass es nähern sich die Armee, dass es zu Ende geht und dann mussten wir leider auf Transport.![]() |
00:37:40 | Wieder in, wie immer in den Fünferreihen und diesmal waren wir ungefähr 70 in einem offenen Viehwaggon.![]() |
00:37:51 | Wir konnten nicht sitzen, nichts, wir konnten nur stehen.![]() |
00:37:55 | Nichts essen, nichts.![]() |
00:37:58 | Und mit uns war auch wieder eingesperrt ein alter Mann als Wachpersonal in Militäruniform.![]() |
00:38:07 | Der hat genauso geschimpft {lachend} auf die SS.![]() |
00:38:09 | Äh, der hatte keine Nachricht von seiner Familie.![]() |
00:38:14 | Die wussten, wusste nicht, wo sie ist.![]() |
00:38:16 | Und er hat auch nur altes Brot bekommen.![]() |
00:38:20 | Irgendeine Marmelade.![]() |
00:38:22 | Während irgendein SS-Männerwaggon hat sich uns angekuppelt {lachend} und die SS-Frauen und die SS-Männer haben gefeiert zusammen, mit Sekt.![]() |
00:38:38 | Und Jive.![]() |
00:38:40 | Und das, ich wusste nicht, was Jive ist.![]() |
00:38:43 | Und als ich nach England kam im 46er Jahr, das erste, was ich wollte, wol.., wie ich einkaufen ging mit meiner Mutter wollte ich Jive.![]() |
00:38:52 | Weil ich ja keine Ahnung hatte, was das ist.![]() ![]() |
00:38:54 | IV: Also sozusagen wurde praktisch das Lager und die Fabriken wurden geräumt, also auch die...![]() |
00:39:00 | HK: Ja.![]() |
00:39:01 | IV: SS hatten sich alle {unverständlich}...![]() |
00:39:02 | HK: Alle, ja.![]() |
00:39:03 | IV: Zurückgezogen.![]() |
00:39:04 | HK: Ja, sie wussten nicht wohin.![]() |
00:39:06 | Mit uns, weil ja nichts mehr auf den Schienen ging.![]() |
00:39:09 | Sie wollten ja ursprünglich, glaub ich, nach Ravensbrück oder es ging ja nichts mehr.![]() |
00:39:13 | Und wir sind einfach entweder gestanden oder hin und her geschoben worden.![]() |
00:39:20 | Ungefähr 8 Tage.![]() |
00:39:21 | Und dann waren wir in, glaub ich, im Sudetenland und manche dieser Erwachsenen kamen aus dem Sudetenland.![]() |
00:39:33 | Und die haben das erkannt, und haben gesagt, der Lagerälteste, das war unsere Vertretung, sie soll der SS sagen, äh, dass doch Theresienstadt in der Nähe ist.![]() |
00:39:47 | Sie kann uns loswerden.![]() |
00:39:48 | Und auf das, das ist sie eingegangen.![]() |
00:39:51 | Und in Leitmeritz sind wir ausgestiegen, und zu Fuß nach Theresienstadt und...![]() |
00:39:58 | IV: Ohne Bewachung praktisch also, also...![]() |
00:40:01 | HK: Ja, eine ist verrückt geworden, genau wie wir durch Leitmeritz gingen.![]() |
00:40:06 | Da haben wir einen großen Kreis um sie gemacht, weil wir doch noch irgendeinen Stolz hatten.![]() |
00:40:13 | Und haben tschechische Nationallieder angefangen zu singen.![]() |
00:40:17 | Aber auf der Gehsteigen gingen noch immer Frauen mit den Hakenkreuzabzeichen.![]() |
00:40:22 | Na ja, und dann kamen wir zu dem Balken, in Theresienstadt.![]() |
00:40:28 | Und dahinter standen schon Leute.![]() |
00:40:32 | Die schauten, wer da her kommt.![]() |
00:40:34 | Und die SS durfte nicht hinein.![]() |
00:40:37 | Und aus irgendwelchem komischen Grund hat sich die Sturmbannführerin {lachend} von mir verabschiedet.![]() |
00:40:46 | Und mir alles Gute gewünscht.![]() |
00:40:49 | Und ich soll nicht in sch.., sie in schlechter Erinnerung behalten.![]() |
00:40:53 | Ja, und hineingekommen war die Ella.![]() |
00:40:57 | Die Ella sah mich als Erste.![]() |
00:41:00 | Die, die Hauptrolle in Brundibar war, immer die Katze gesungen hat.![]() |
00:41:04 | Und sie hat sich umgedreht und ist zu meinem Vater gelaufen.![]() |
00:41:09 | "Die Helga, die Helga ist da."![]() |
00:41:11 | Ja, aber ich konnte nicht zu meinem Vater.![]() |
00:41:14 | Weil in der Zwischenzeit waren so viele Todestransporte angekommen, dass Flecktyphus gebracht wurde nach Theresienstadt.![]() |
00:41:23 | Und wir mussten in die Quarantäne.![]() |
00:41:25 | Aber irgendwie im Hinterkopf erinner ich mich, dass ich einmal f.., bei meinem Vater war, und dass er die Kleidung verbrannt hat.![]() |
00:41:35 | Weil die ja total verschmutzt war, weil wir waren in offenen Viehwaggon.![]() |
00:41:42 | Und der Rauch ging und ich hab's vorher ja auch nie gewaschen.![]() |
00:41:46 | Und hinten war ein großes KL gemalt, Konzentrationslager.![]() |
00:41:53 | Mit meiner Nummer.![]() |
00:41:55 | Ja, da war ich in der Quarantäne.![]() |
00:41:59 | Und dann war, hat das Rote Kreuz Theresienstadt übernommen.![]() |
00:42:05 | Da war aber noch teilweise auch die SS da.![]() |
00:42:08 | Dann ist die SS abgezogen, bald zog sich aber auch das Rote Kreuz zurück.![]() |
00:42:14 | Weil die Russen sich näherten und die ja nicht das Internationale Rote Kreuz anerkannten.![]() |
00:42:21 | Und die Befreiung kam eigentlich mit den Russen.![]() |
00:42:26 | Aber es war schon die ganze Zeit so eine Stimmung, äh, es war ein Chaos dort eigentlich, weil ja...![]() |
00:42:36 | IV: Auflösung, auch irgend...![]() |
00:42:36 | HK: Auflösungen, auch weil so viele Transporte ja hingekommen sind.![]() |
00:42:41 | Äh, da plötzlich Franzosen und ein Sprachengewirr, das es ja vorher nicht in dem Sinne gegeben hat.![]() |
00:42:49 | Ja, und den Tag beschreibe ich nur... ich nicht, ich glaub, mein Vater schreibt einen Brief an meine Mutter, dass wir den zusammen verbracht haben.![]() |
00:43:03 | Und da bin ich schon von der Quarantäne, wie die Unruhe kam, weggelaufen.![]() |
00:43:07 | Die Quarantäne war nämlich {betonend} außerhalb Theresienstadt in den Baracken.![]() |
00:43:13 | Die ursprünglich für die rekonvaleszenten Soldaten, deutsche, gebaut war.![]() |
00:43:21 | Also, ich bin dann von dort weggelaufen zu meinem Vater.![]() |
00:43:25 | Aber ganz genau, wie sich dieser Chaos abgespielt hat {lachend} kann ich nicht mehr sagen.![]() |
00:43:33 | IV: Also, Ihr Vater und die Edda waren die ganze Zeit in Theresienstadt?![]() |
00:43:36 | HK: Ja.![]() |
00:43:36 | IV: Gewesen, während der Zeit, wo Sie in Auschwitz und in Oederan waren.![]() |
00:43:39 | HK: Ja, ja.![]() |
00:43:41 | IV: Gut, der, die Erinnerung an den Tag, äh, ist durch das Chaos so ein bisschen get.., wie ging es dann weiter?![]() |
00:43:50 | Also, dann war man, es ist ja auch komisch, plötzlich heißt es, man ist frei, hat...![]() |
00:43:55 | HK: Ja, das ging dann nicht so... mein Vater, der nur ein Bein hatte, hat ja nicht diese Bewegungsfreiheit gehabt, die andere.![]() |
00:44:04 | Und er wollte halt warten bis sich das bisschen beruhigt.![]() |
00:44:09 | Bis ein offizieller Transport nach Brünn geht.![]() |
00:44:12 | Ja, und in der Zwischenzeit hat meine Cousine, die uns die Päckchen schickte, den ganzen Weg geschafft von Südmähren nach Theresienstadt.![]() |
00:44:25 | Auf Militärfahrzeugen der Russen, auf, alles Mögliche hat sie in Kauf genommen, nur zu uns zu kommen.![]() |
00:44:33 | Und ich hatte aber schon in der Zwischenzeit uns angemeldet für einen Transport nach Brünn, weil ich auf meinem Polster gesehen hab' einen Käfer.![]() |
00:44:45 | Und ich hab mir eingebildet, {lachend} das ist eine Laus.![]() |
00:44:48 | Und da hab ich gesagt: "Jetzt hab ich es geschafft am Leben zu bleiben, bis hier.![]() |
00:44:53 | Ich will keinen Flecktyphus, ich will weg aus Theresienstadt."![]() |
00:44:57 | Und wir sind, sie war, glaub' ich, nur ein oder zwei Tage in Theresienstadt und wir sind dann zurück nach Kyjov, von wo wir gekommen sind.![]() |
00:45:07 | Und dort haben wir auf Verwandte gewartet.![]() |
00:45:11 | Weil es waren ja auch junge Verwandte.![]() |
00:45:13 | Aber es ist nur ungefähr zwei Monate später noch eine Cousine zurückgekommen.![]() |
00:45:20 | Äh, sonst waren alle tot.![]() |
00:45:23 | 60 Familienmitglieder sind nicht mehr zurückgekommen.![]() |
00:45:29 | Ich hab dann eine Aufnahmsprüfung gemacht ins Gymnasium.![]() |
00:45:37 | Aber meine Mutter hat angesucht, dass ich nach England komm.![]() |
00:45:41 | Und im März '46 bin ich noch mit einem Militärflugzeug, ich weiß jetzt nicht, ob britische Armee oder tschechische Armee nach England geflogen.![]() |
00:45:52 | Hatte nur eine Bewilligung auf 3 Monate.![]() |
00:45:55 | Aber da ich minderjährig war, konnte ich dort bleiben.![]() |
00:45:58 | IV: Und der Vater?![]() |
00:46:00 | HK: Mein Vater blieb bis '48 in Tscheche.., in der Tschechoslowakei.![]() |
00:46:06 | Und ist dann zurück nach Wien.![]() |
00:46:08 | IV: Weil die Eltern auch schon geschieden waren, da gab’s sozusagen auch keine geplante gemeinsame Zukunft?![]() |
00:46:12 | HK: Ja, mein Vater konnte, kannte nicht Sprachen, er wollte nirgendswo anders hin.![]() |
00:46:18 | Aber er hat bestimmt, meinen Verlust s.., war für ihn sehr schmerzlich, aber ich hab an solche Sachen nicht gedacht.![]() |
00:46:29 | Verlust war etwas, was ich gewöhnt war.![]() |
00:46:36 | Und ich wollte immer zu meiner Mutter und innerlich bin ich wahrscheinlich egoistisch geworden.![]() |
00:46:46 | IV: Aber ich glaube, wenn man, wenn es immer ums Überleben geht, also, ich glaube, das kann man auch nicht so egoistisch nennen.![]() |
00:46:54 | Sondern man muss ja auch gucken, wie man dann auch später über die Runden kommt.![]() |
00:46:58 | Ich denke, der Vater hat wahrscheinlich auch gedacht, dass Sie wahrscheinlich besser bei der Mutter aufgehoben sind.![]() |
00:47:02 | HK: Ja, das hat er.![]() |
00:47:03 | IV: Und dass auch für die Zukunft {unverständlich}.![]() |
00:47:05 | HK: Ja, das hat er sicher, weil Wien war ja besetzt und zerbombt und er hat nichts zurückbekommen gehabt noch und ja, wir hatten nichts, gar nichts.![]() |
00:47:18 | In England wurde ich doch mit einem Stipendium aufgenommen in der Schule, natürlich musste ich Englisch lernen.![]() |
00:47:26 | Ja, hab' dann meine Matura abgeschlossen.![]() |
00:47:29 | Und hab' dann ein Jahr in einem College war ich, aber da meine Mutter gar kein Geld hatte, habe ich dann angefangen zu arbeiten.![]() |
00:47:38 | Und hab gedacht ich werd' etwas später das Studium, äh, beenden, äh, teilweise nur arbeiten.![]() |
00:47:46 | Mein Direktor von der Schule hat das auch versprochen.![]() |
00:47:50 | Aber in der Zwischenzeit {lachend} hab' ich geheiratet.![]() |
00:47:53 | Einen deutschen Refugee, aus Ostpreußen.![]() |
00:47:57 | IV: Ja.![]() |
00:47:58 | HK: Der als junger Bursch nach Äthiopien ist und nach Bangkok und in Bangkok war er dann bei 'ner internationalen Firma angestellt.![]() |
00:48:07 | Und ich hab nach Bangkok geheiratet.![]() |
00:48:09 | IV: Das klingt {unverständlich} gut, wenn man nicht alles kennt von der Geschichte, wenn man wenig weiß über die Menschen.![]() |
00:48:16 | Weil das auch {lachend} spannend ist.![]() |
00:48:17 | HK: Ja, ich hab dann...![]() |
00:48:18 | IV: Die Lebensgeschichten...![]() |
00:48:19 | HK: Meine Tochter in Bangkok gehabt.![]() |
00:48:21 | Dann wurde er versetzt nach Sierra Leone, was man genannt hat den {lachend} Tod des weißen Mannes.![]() |
00:48:28 | Er ist hingefahren, aber er wollte mir nicht zumuten dort zu leben mit einem Baby und hat gekündigt.![]() |
00:48:35 | Und wir sind dann nach Äthiopien, wo sein Bruder auch geflüchtet war.![]() |
00:48:40 | Aber erst '39 durch einen Zufall, eine Hilfe, die mein Mann arrangieren konnte durch einen Nazi.., Journalistin.![]() |
00:48:50 | Und seine Eltern konnte er auch dadurch retten.![]() |
00:48:53 | Aber er war in der Zwischenzeit ausgewiesen als Antifaschist von den Italienern.![]() |
00:48:58 | Und so ist er nach {lachend} Bangkok und wir sind zurück nach Äthiopien.![]() |
00:49:04 | Weil er gekündigt hatte und dort war noch seine Mutter und Bruder.![]() |
00:49:08 | Und dort ist mein Sohn geboren.![]() |
00:49:10 | IV: Wie haben Sie denn in dieser Zeit sozusagen Ihre Erfahrungen mit sich getragen?![]() |
00:49:18 | Also, es ist immer auch so ein Teil, was immer auch, da ist wie, es gibt ja die Leute, wo dann hinterher so ein, so ein Schnitt {unverständlich}.![]() |
00:49:27 | HK: Es war ein Schnitt.![]() |
00:49:27 | IV: Also der Zeitzeuge vorher ist in die Amnesie gefallen, der konnte sich nicht, gar nicht mehr erinnern 6 Jahre.![]() |
00:49:32 | Äh, und manche Leute sozusagen über einen gesunden, wie auch immer Verdrängungsprozess, die haben gesagt: "Bloß nicht dran denken", und sozusagen das neue Leben fängt an.![]() |
00:49:41 | Und das andere bleibt da.![]() |
00:49:44 | Sie waren ja relativ jung, also nicht, nicht mehr wirklich ein Kind, aber ne Jugendliche.![]() |
00:49:49 | HK: Hmm.![]() |
00:49:50 | IV: Und ich meine, auch wenn man dann in England sitzt, das hat sich ja sicherlich eingeprägt.![]() |
00:49:55 | Und Ihre Mutter wollte sicher wissen, was passiert ist.![]() |
00:49:57 | HK: Nein, wir haben nie darüber gesprochen.![]() |
00:50:00 | Äh, erst später hab ich angefangen, ich hatte doch Probleme nach Österreich zu kommen.![]() |
00:50:08 | Ähm, aber ich musste irgendwo hin, weil meine Tochter taub geboren war und in Äthiopien ja keine Möglichkeit war ihr die Sprache beizubringen.![]() |
00:50:21 | Wir wollten erst nach England.![]() |
00:50:23 | Aber mein Mann hatte einen deutschen Pass.![]() |
00:50:25 | Und da gab es Probleme trotzdem seine Firma ihm versprochen hatte ihn wieder aufzunehmen.![]() |
00:50:32 | Und dann zum Schluss war nur die Wahl von seiner Firma Deutschland oder Österreich.![]() |
00:50:39 | Und wir haben uns entschieden für Österreich.![]() |
00:50:41 | Weil wir eine gute Lehrerin für Taube gefunden haben.![]() |
00:50:45 | Und weil mein Vater dort war.![]() |
00:50:47 | Aber ich war nicht glücklich darüber.![]() |
00:50:49 | Ich wollte nach Australien.![]() |
00:50:51 | Oder Kanada, nur weit weg von Europa.![]() |
00:50:54 | Und schon gar nicht nach Österreich.![]() |
00:50:57 | Und ich hab lange Zeit nur Englisch mit meinem Mann gesprochen, ich hatte keine Freunde, war abgekapselt ziemlich.![]() |
00:51:04 | Und glücklich wirklich in Österreich wurde ich erst '68.![]() |
00:51:11 | Äh, da haben wir ein kleines Häuschen gekauft, Reihenhäuschen.![]() |
00:51:17 | Und meine Nachbarn waren sehr offen.![]() |
00:51:21 | Und ich befreundete mich mit ihnen.![]() |
00:51:25 | Eine war Halbjüdin, die das zwar verheimlicht hat.![]() |
00:51:28 | Aber es war die Schwester von Johannes Marius Simmel.![]() |
00:51:33 | Und er {lachend} hat es nicht verheimlicht.![]() |
00:51:36 | Und auf der anderen Seite war eine sehr liberale Katholikin.![]() |
00:51:41 | Äh, die gegründet hat dieses "Wir sind Kirche in Österreich".![]() |
00:51:47 | Und mit ihr hab ich sehr viel Aufarbeitung gemacht, aber meine Kinder sagen, sie haben immer {lachend} gewusst.![]() |
00:51:53 | Also, ich weiß es nicht.![]() |
00:51:56 | Sechsund.., na ja, in den Anf.., ja, Ende der 80er Jahre oder Anfang der 90er Jahre hab ich für Amerika als Zeitzeugin im Film gewirkt.![]() |
00:52:10 | Ja, und da hab' ich sehr, sehr viel {lachend} Aufarbeitung in dem Film gemacht.![]() |
00:52:16 | IV: Und vorher in der Familie, auch mit den Kindern war es erstmal auch...![]() |
00:52:20 | HK: Direkt gesprochen.![]() |
00:52:22 | IV: Kein Thema.![]() |
00:52:23 | HK: Nie, aber sie sagen sie haben alles gewusst.![]() |
00:52:25 | Ich weiß es nicht, wie das wirklich geschah.![]() |
00:52:29 | Ob sie wirklich es wussten und nur denken, sie haben es gewusst durch diesen Film.![]() |
00:52:36 | Und sich dann eingebildet haben, sie wussten alles, weil sie Bücher anfingen zu lesen.![]() |
00:52:43 | Kann ich nicht sagen, ob sie sich was einbilden oder ich mir was einbilde.![]() |
00:52:46 | IV: Aber die, sie, die Kinder haben jedenfalls auch nie gefragt mal direkt.![]() |
00:52:50 | Was war denn {unverständlich}?![]() |
00:52:50 | HK: Wenig gefragt, nicht.![]() |
00:52:53 | Aber ich hab, äh, vor 3 Tagen eine Lesung gemacht in Wien bei der EU und da hab ich {lachend} gesehen, dass mein Sohn ein paar Tränen vergossen hatte.![]() |
00:53:03 | Also, und er ist ein Mann, der über 50 ist und Kinderarzt, also ich hätte es nicht gedacht.![]() |
00:53:14 | Dass ihn so berührt und da hab' ich, aus dem Tagebuch wurde gelesen.![]() |
00:53:18 | Ich nicht, sondern ein junges Mädchen.![]() |
00:53:21 | IV: Hat gelesen aus Ihrem...?![]() |
00:53:22 | HK: Hat gelesen und der Leiter der EU-Stelle hat den Vater und Erzähler gemacht und ich wurde dann nur befragt.![]() |
00:53:30 | IV: Hm, haben Sie ne Vorstellung, was Sie bewogen hat irgendwann ja relativ spät sozusagen sich dem noch mal zu stellen.![]() |
00:53:40 | Also damit auch, das ist ja zwischen irgendwie überhaupt nicht drüber reden und plötzlich auch in der Öffentlichkeit gehen mit 'nem Film, ist ja schon ein Schritt irgendwie.![]() |
00:53:49 | HK: Ja, das war der erste Schritt, aber nicht als Zeitzeuge zu gehen.![]() |
00:53:54 | Ich hab dann noch einen zweiten Film gemacht.![]() |
00:53:57 | Der heißt "Voices of the children".![]() |
00:54:00 | Der basiert, das sind nur 3 Kinder, die Tagebuch geführt haben.![]() |
00:54:05 | Der hat dann einen Preis in Amerika bekommen.![]() |
00:54:09 | Und dann hat die Ella irgendwie die Hannelore Brenner-Wonschik nach Prag gebracht, wo wir uns alle getroffen haben.![]() |
00:54:19 | Und da haben wir, die sich schon länger getroffen haben aus dem Zimmer 28, wir wollten ein Buch schreiben über die Mädchen, die nicht überlebt haben.![]() |
00:54:31 | Und die unsere Freundinnen waren, aber wie sollten wir das machen?![]() |
00:54:35 | Und da hat die Ella diese Journalistin gebracht und dann ist das erste Buch entstanden, 2004, und seither bin ich Zeitzeugin.![]() |
00:54:45 | IV: Äh, Sie waren ja auch mal in Oederan, weiß ich, wurden da auch interviewt.![]() |
00:54:54 | Wie war das für Sie an diesem Ort, wahrscheinlich waren Sie auch mal in Auschwitz oder...?![]() |
00:54:58 | HK: Nein, ich fahr' nie nach Auschwitz.![]() |
00:55:01 | Ich wurde heuer gebeten zu fahren im Jänner.![]() |
00:55:04 | Mit Präsidenten Fischer aus Österreich.![]() |
00:55:07 | Es hat mich sogar der Botschafter Österreichs in Polen zweimal angerufen.![]() |
00:55:13 | Ich fahr' nicht.![]() |
00:55:13 | Und jetzt wurde ich gebeten vom dem Herr Either, der das oft geleitet hat, die österreichische Delegation, ich fahr' nicht, mit der Jugend zu fahren.![]() |
00:55:26 | IV: Aber nach Oederan sind Sie gefahren?![]() |
00:55:29 | HK: Ja, nach Oederan...![]() |
00:55:30 | IV: Wie war das für Sie dahin zu kommen?![]() |
00:55:33 | HK: Es war plötzlich ein kleines sächsisches Urlaubsstädtchen, das ich ja nie gesehen hatte.![]() |
00:55:41 | Ich hatte es ja nie gesehen.![]() |
00:55:43 | Wirklich, ich hatte ja nur gesehen, die Fabrik.![]() |
00:55:47 | Und durch den Hof zu der Lag.., zum Lager, nicht, und was man halt aus dem Lager, aus dem Fenster sehen konnte, ein paar Häuser.![]() |
00:55:56 | Also, es hat mich recht überrascht.![]() |
00:56:00 | Ich wollte aber nicht alleine fahren.![]() |
00:56:03 | Ich bin nicht so früh gefahren, wie alle anderen Zeitzeugen, sondern ich bin später gekommen.![]() |
00:56:08 | Nur mit der Frau Brenner-Wonschik.![]() |
00:56:12 | Sonst wär ich nicht gefahren, aber ich war dann sehr überrascht über die freundliche Aufnahme der Leute, die sich damit beschäftigen.![]() |
00:56:24 | Und voriges Jahr zum Geburtstag sind viele davon {lachend} mich in Wien besuchen gekommen.![]() |
00:56:30 | Und jetzt war auch eine da und am Sonntag kommen auch welche, also hab ich keine so schlechten Erinnerungen an Oederan.![]() |
00:56:40 | Außerdem waren wir beim Lager, aber das sieht alles so anders aus.![]() |
00:56:45 | Man erkennt es nicht mehr.![]() |
00:56:47 | Der Direktor von der Fabrik, die wieder solche...![]() |
00:56:50 | IV: Zwirn oder so {unverständlich}.![]() |
00:56:51 | HK: Zwirne produziert, hat sogar die Pläne gebracht von den Architekten, die das gebaut haben, aber von denen konnte ich nichts mehr rekonstruieren.![]() |
00:57:02 | Ich wusste genau, wo was war.![]() |
00:57:05 | Aber das sieht man ja heute nicht mehr.![]() |
00:57:08 | Das sind riesige Maschinen und die Stiegen sind abgerissen.![]() |
00:57:11 | Und, und es gibt keinen ersten Stock.![]() |
00:57:15 | Es ist nichts da.![]() |
00:57:17 | Also auch keine unmittelbare Erinnerung, nein.![]() |
00:57:20 | IV: Keine {unverständlich} Erinnerung, also keine...![]() |
00:57:23 | Und warum haben Sie sich entschieden jetzt hier, Sie sind das erste Mal hier, glaub ich.![]() |
00:57:26 | HK: Ja, ich bin das erste...![]() |
00:57:27 | IV: Warum sind Sie jetzt auch gekommen?![]() |
00:57:29 | Und wie ist vielleicht auch jetzt der Eindruck?![]() |
00:57:33 | HK: Na ja, ich hab gedacht, es ist das siebzigjährige Jubiläum, äh, des Ende des Krieges.![]() |
00:57:41 | Und wenn ich nicht jetzt komme werde ich {lachend} schon nie kommen.![]() |
00:57:45 | Und so habe ich mich entschieden und da meine Enkelin gesagt hat, sie begleitet mich, da hab ich ja gesagt.![]() |
00:57:52 | IV: Und Sie treffen auch wieder Menschen hier, die Sie...?![]() |
00:57:54 | HK: Ja, außerdem hat die Handa, die alle Wege mit mir gemacht hat, die ganze Zeit im Kinderheim war, Auschwitz mit mir zusammen und {betonend} Oederan und den Todestransport nach Theresienstadt zurückgemacht hat, hab' ich mich gefreut sie wiederzusehen.![]() |
00:58:12 | Weil vielleicht sehen wir uns in unserem Leben nicht mehr.![]() |
00:58:15 | IV: Und das ist ja jetzt sozusagen 'ne Gedenkstätte, auch ein ehemaliges Lager, was Sie nicht kannten.![]() |
00:58:21 | Wie wirkt das jetzt so auf Sie auch, weil ich meine, es ist ja, äh, wann auch immer, es ist kein Spaziergang.![]() |
00:58:27 | Auch wenn man heute als Nachgeborener ein Konzentrationslager besucht.![]() |
00:58:31 | HK: Nein, Spaziergang ist es nicht, weil ich wusste, wer hier gehängt wurde, der Bonhoeffer und der Canaris und diese ganze Gruppe.![]() |
00:58:40 | Also, es war mir auch eigentlich, äh, eine Hommage für Ban.., Bonhoeffer.![]() |
00:58:48 | Trotzdem ich ein Jude bin {lachend}.![]() |
00:58:49 | Weil ich hab' eine Lesung gemacht in Wuppertal, wo die erste freie Kirche oder wie sich das nannte, die sich abgewendet hat.![]() |
00:59:02 | Von den Evangelen, die, die mit Hitler...![]() |
00:59:07 | IV: Kooperiert haben sozusagen.![]() |
00:59:07 | HK: Kooperiert haben und so war mir das ein Bedürfnis.![]() |
00:59:12 | Und da dieser Universitätsprofessor der Nachbar war, der ist vor 3 Jahren gestorben.![]() |
00:59:19 | Und hat sich gewünscht zu seinem Todestag das berühmte Lied "In dich...", wie hei.., geht das, geborgen, ja.![]() |
00:59:27 | IV: Von guten Mächten {unverständlich}.![]() |
00:59:29 | HK: Und so, irgendwie war es mir ein Bedürfnis.![]() |
00:59:33 | IV: Dann bedanke ich mich jetzt für das Gespräch.![]() |
00:59:35 | HK: Bitte.![]() |
00:59:36 | IV: Ich fand das, wenn man das so sagen, ich ka.., ich fand das sehr schön, das klingt jetzt blöd.![]() |
00:59:41 | Aber es ist als Gespräch schön, die Erfahrungen sind traurig.![]() |
00:59:44 | HK: Ja.![]() |
00:59:46 | IV: Aber, vielen Dank.![]() |
00:59:48 | HK: Bitte.![]() |
00:59:50 | IV: Und, äh, ja, ich hatte das Gefühl so...![]() |