[DE: IV: Und sie hören nicht auf für etwa zwei Stunden. Hahaha.]

[DE: LK: Ich wollte nicht... Ich meinte...]

[DE: IV: Wir müssen also nur jede halbe Stunde kurz „Stopp” sagen, weil wir die...]

[DE: LK: Die Bänder wechseln müssen. Ja, klar.]

[DE: Ja, denn ich war in der Kirche, um über den Holocaust zu reden, in Kanada.]

[DE: Insgesamt dauert es vielleicht eine halbe Stunde, mehr habe ich nicht zu erzählen.]

[DE: Nach zehn Minuten sagte ich: „Können Sie mir bitte Fragen stellen? Ich weiß nicht, was ich sonst noch erzählen soll.”]

[DE: IV: Ah ja. Machen Sie das oft? In Kanada?]

[DE: LK: Ich habe spät angefangen, wissen Sie? Ich habe es vorher nie getan, nie.]

[DE: Irgendjemand fragte mich: „Warum sprechen Sie nicht in Schulen darüber?”]

[DE: Deshalb habe ich damit angefangen, vor einem Jahr. Ich habe vor kurzem in einer katholischen Schule gesprochen.]

[DE: Es waren echt nette Kinder. 65 waren da, eher Teenager.]

[DE: Etwa 14 bis 15 Jahre alt. Es waren wirklich tolle Kinder. Ich kann nicht sagen...]

[DE: IV: Sie sprechen dann auch über Ihre persönlichen Erfahrungen?]

[DE: LK: Damit fange ich an. Persönliche Erlebnisse. Woher ich komme, erkläre ich ihnen genau. Zum Beispiel, ja.]

[DE: Warum sind Sie Ungar, warum aus Rumänien, verstehen Sie? Was zum Teufel sind Sie eigentlich?]

[DE: Ich erklärte Ihnen, dass dieser bestimmte Teil, Siebenbürgen, zu Österreich-Ungarn gehört hatte. Für einhundert Jahre. ]

[DE: Und dann verloren sie den Krieg, den Ersten Weltkrieg. Die Alliierten übertrugen diese Teile an.. Sie nahmen ein Stück, wie.. Sie haben auch Deutschland ein Stück weggenommen..]

[DE: Wie das Sudetenland, das deutsch gewesen war. Sie haben Stücke weggenommen.]

[DE: Und dasselbe mit Ungarn. Sie nahmen ein Stück weg und gaben es an Rumänien.]

[DE: Und zwei große rumänische Brocken, Moldova und Bukovina, übertrugen sie den Russen.]

[DE: Das hat das gesamte System geändert, die Länder. Als ich also geboren wurde, war es Rumänien, also sage ich, ich bin Rumäne.]

[DE: Aber die Bewohner des Dorfes, die sprachen kein Rumänisch, sie sprachen Ungarisch.]

[DE: Jetzt sprechen sie es wohl, die neue Generation, weil es etwa 60 Jahre her ist, dass es rumänisch wurde, also...]

[DE: Hat es sich wahrscheinlich geändert.]

[DE: Ich habe also mit ihnen darüber gesprochen, habe es ihnen erklärt... man muss es ja erklären, wenn sie dich fragen: „Sind Sie Ungar? Sind Sie Rumäne?” Ha. Jetzt wissen sie es.]

[DE: IV: Gut, dann fangen wir an. Ah, beginnen wir 1944.]

[DE: Sie lebten in einem kleinen Dorf in Rumänien.]

[DE: LK: Und dann gab es...]

[DE: IV: Erzählen Sie uns doch etwas über die Veränderungen 1944.]

[DE: LK: Ja.]

[DE: IV: Und was dann geschah.]

[DE: LK: Ich war, also, wir lebten eigentlich in den Karpaten.]

[DE: Es war sehr schön dort, mit den Bergen am Fluss...]

[DE: Ich ging oft zu den Farkas. Die wurden auch interviewt.]

[DE: Ich ging oft in ihren Garten und ihren schönen Obstgarten.]

[DE: Ich erinnere mich gut, sie hatten dort viele Früchte, wunderschöne frische Früchte.. Sie fuhren da mit dem Fahrrad hin.]

[DE: Aber ich wurde sehr religiös erzogen, das habe ich gehasst.]

[DE: Ich durfte keine kurzen Ärmel tragen, ich durfte keinen Sport machen.]

[DE: Ich durfte nicht draußen spielen, immer nur in der Synagoge, den ganzen Tag.]

[DE: Ich schwor mit damals, als Kind: Sobald ich groß bin, haue ich hier ab. Ich konnte es nicht leiden.]

[DE: Ich erinnere mich an einen Tag, als ich vergaß, ein Gebet zu sprechen, bevor ich eine Kartoffel aß.]

[DE: Mein Vater hat mich geschlagen dafür. Verstehen Sie, ich war erst zwölf.]

[DE: Ich sagte nichts, aber zu mir sagte ich: „Das war's, es reicht.“]

[DE: Und doch, als sie meinen Vater geholt haben, am Sabbat - er war ein Rabbi.]

[DE: Sie haben ihn geholt und auf ein Pferd gesetzt, am Sabbat, und haben seinen Bart abgeschnitten]

[DE: Und wissen Sie, trotz allem habe ich geweint. Ich erinnere mich daran, als ich meinen Vater so gesehen habe.]

[DE: Meine Mutter weinte auch. Wir beide zusammen.]

[DE: Sie sagte: „Ich denke, wir werden dich nie wieder sehen.”]

[DE: Er antwortete: „Macht euch keine Sorgen, Gott wird mit uns sein. Ihr seht mich wieder.” Haben wir nie. Aber wie auch immer...]

[DE: Sie sollten ihn an die Front bringen.]

[DE: Um Gräben für die Armee zu graben. Es wurde „munka tábor” {Arbeitslager} genannt. Auf Ungarisch.]

[DE: Sie sollten ihn dorthin bringen. Aber ich hörte, nach ein paar Tagen ist er gestorben.]

[DE: Sie haben ihn nicht... Er hatte so was nie getan, nie eine Schaufel gehoben, in seinem ganzen Leben.]

[DE: Er hat es nicht ausgehalten, dort. Das sind die Erinnerungen an meinen Vater.]

[DE: Aber dann begannen die Pogrome in Ungarn.]

[DE: Sie sagten den Juden: „Kletter dort den Baum rauf!” Zu einem Juden.]

[DE: Wenn er dort rauf kletterte, haben sie ihn runter geschossen. Seine eigenen Nachbarn!]

[DE: Einfach so, aber es hat niemanden interessiert.]

[DE: Sehen Sie? Bis 1943 war es nicht so schlimm in Ungarn. Es war ganz gut.]

[DE: Ich kann mich nicht erinnern... Aber direkt nachdem sie anfingen... „Die Juden, werdet sie los“, bekamen wir Probleme.]

[DE: Es gab da.. Die Leute, die kein Geld hatten, oder Verbrecher... {unverständlich}]

[DE: {unverständlich} Also, als Hitler anfing mit den Braunhemden, wissen Sie.]

[DE: Und die.. Nicht mal die Deutschen konnten machen, was sie wollten. Niemand. Hitler... Ich meine...]

[DE: Alles, was man sagte, irgendwas, und man war weg. So war es auch in Ungarn.]

[DE: Als die Nazi-Partei übernommen hatte, sie hieß dort „Nyilaskeresztes Párt” {Pfeilkreuzlerpartei}. So erinnere ich mich.]

[DE: Und dann kamen sie eines Tages. Wir mussten etwa sieben oder acht Kilometer laufen, zur nächsten Stadt.]

[DE: Es war eine kleine Stadt, Satu Mare auf Rumänisch. Auf Ungarisch Szatmárnémeti.]

[DE: Sie haben uns dort in ein Ghetto gesteckt, dort mussten wir eine Weile warten.]

[DE: Wir wussten nicht, was los war. Also ich wusste es nicht. Ich war noch nicht mal 13 Jahre alt, wissen Sie?]

[DE: Für mich war es... {unverständlich} Für mich hieß es einfach, weg zu sein von der Synagoge. Hahaha. Verstehen Sie, das war sehr interessant.]

[DE: Aber na ja. Dann haben sie angefangen, auszusuchen und die Dinge nahmen ihren Lauf.]

[DE: Die ungarische Polizei war fürchterlich. Auf einmal hassten sie uns.]

[DE: Sie gingen, und ich mache keine Späße, sie gingen in die Häuser, um die Eltern zu foltern.]

[DE: Nicht die Eltern, die Kinder, vor den Augen der Eltern, um deren Schmuck zu bekommen. So was machten sie.]

[DE: Zum Glück waren wir arm. Sie kamen also nicht zu uns. Ha, verstehen Sie?]

[DE: Wir hatten gar nichts, da konnten sie tun was sie wollten, und wir hätten ihnen auch gegeben, aber wir hatten nichts.]

[DE: Aber die reicheren Menschen, die Anwälte, Zahnnärzte... die mussten. Niemanden hat das gekümmert.]

[DE: Also.. Wir mussten dann.. Ich hasse die Ungarn nicht. Ich meine, damals war das so, wissen Sie?]

[DE: Sie hatten freie Hand, das ist alles. Also, egal. Wir blieben dort für ein paar Monate.]

[DE: Nicht länger, ich glaube nicht, vielleicht drei bis vier Wochen im Ghetto. Ich glaube, nicht länger.]

[DE: Dann sagten sie uns, wir sollen in diese Züge steigen.]

[DE: Also, wenn man zu den Zügen kam, es waren eher Viehwaggons, wissen Sie? ]

[DE: Sie haben uns dort hinein gesteckt, etwa 90 Personen in einen Waggon.]

[DE: Wir wurden zusammen gepfercht, standen so, auch die Kinder.]

[DE: Ich war mit drei Brüdern und vier Schwestern da drin. Und meine Mutter.]

[DE: OK, es war noch meine Tante dabei, ihr Mann wurde schon abgeholt nach.. Munka tábor, zur Front, Gräben ausheben.]

[DE: Sie war also auch dabei, mit drei kleinen Kindern. Ich sollte auf sie aufpassen.]

[DE: Aber die Kinder kamen in das.. Sie schlossen uns ein, draußen ein Schloß, und dann...]

[DE: Es gab nur eine Schüssel, wissen Sie, für das Geschäft, ich meine, Sie können sich das vorstellen.]

[DE: Wir brauchten 3 - 4 Tage nach Wien. Dort hielt der Zug zum ersten Mal an.]

[DE: Das einzige, was ich hörte, waren die Männer, als der Zug anhielt. Sie baten um Wasser, aber sie gaben uns keins.]

[DE: Sie sagten: „Gebt uns euren Schmuck!” Es ging immer um den Schmuck. Sie schrien.]

[DE: Meine Mutter hatte nur einen Ring. Und ein paar Sachen. Sie gab ihn ihnen.]

[DE: Ich hätte dasselbe getan. Wie auch immer, wir kamen nach Wien, aber in einen Vorort.]

[DE: Sie fuhren nie hinein, in die Innenstadt. Sie wollten nicht, dass die Bewohner etwas merkten.]

[DE: Alles war sehr heimlichtuerisch. Wir dachten, wir müssten nach Deutschland, um zu arbeiten.]

[DE: Es war Ostern, jüdisches Ostern. Wir dachten an die Geschichte der Juden, als sie Sklaven waren in Ägypten.]

[DE: Ich sagte.. ich sagte mir, ist doch nichts dabei, sind wir eben wieder Sklaven.]

[DE: Weil wir Juden sind, deswegen müssen wir leiden. Also sind wir wieder Sklaven, so ist es eben.]

[DE: Irgendwann haben wir vielleicht unser eigenes Land, dann werden wir keine Sklaven mehr sein müssen.]

[DE: So sah ich das Ganze.]

[DE: Es waren ungefähr 1600 Menschen in diesem Zug. Zusammen genommen. 1650 vielleicht, in dem Zug.]

[DE: Wir kamen nach Wien, wenn ich mich recht erinnere, nach etwa vier oder fünf Tagen auf diesem Zug.]

[DE: Kaum etwas zu essen. Ich meine, Geschrei, die Kinder haben geschrien. Und alles andere.]

[DE: Es war schrecklich, glauben Sie mir. Man konnte nicht schlafen. Man war wie gestapelt.]

[DE: Als wir dann ankamen, also.. Der Zug fuhr direkt nach Birkenau. Direkt hinein.]

[DE: {unverständlich} Wir kamen an und sofort wurde gebrüllt. Los, los, schnell schnell.]

[DE: Alles musste immer schnell sein. Und dann die Hunde, verstehen Sie? Rennen.]

[DE: Als ich zu diesem.. Ich kenne seinen Namen nicht, er war von der SS.]

[DE: Er sah mich an und fragte: „Wie alt bist du?” Ich sprach ein bisschen Deutsch.]

[DE: Denn in unserem Dorf lebten ein paar Schwaben.]

[DE: Schwaben sind Deutsche, ein deutsches Volk, sie wurden Schwaben genannt.]

[DE: Ich habe es von ihnen gelernt. Ein bisschen. Deswegen verstand ich.]

[DE: Einer von denen sagte also zu mir: „Sag ihnen nicht, wie alt du bist. Sag ihnen, du wärst 16.]

[DE: Dann überlebst du. Die anderen werden nicht überleben.” Das flüsterte er mir zu.]

[DE: Ich glaubte ihm nicht. Ich dachte, niemand könnte... In einem zivilisiertes Land passiert sowas nicht. Nein, das ist unmöglich.]

[DE: Die Frauen und Männer wurden also aufgereiht, um ihre Nummer zu bekommen. Die Nummer für Auschwitz.]

[DE: Als wir die Nummer bekommen hatten, schickten sie uns.. Sie nahmen uns unsere Kleidung weg, unsere Schuhe, alles.]

[DE: Sie haben uns andere Sachen gegeben, gestreifte Kleidung. Und dann, dieselbe Nummer haben sie dann auf die Klamotten gemacht.]

[DE: Ich schaute mich um und sah eine Reihe von Frauen auf der anderen Seite. Sie waren alle nackt, ihre Haare wurden geschoren, alles ab, um duschen zu gehen.]

[DE: Verstehen Sie. Sie dachten, sie würden duschen gehen.]

[DE: Ich fragte mich.. Ich war noch ein Kind und ich fragte mich, warum sie nicht mehr aus der Dusche herauskamen.]

[DE: Ich fragte jemanden, und er sagte mir: „Weil sie vergast werden, sie sind tot, wie sollen sie wieder heraus kommen?” Ich wusste es nicht. Und ich wollte es nicht glauben.]

[DE: Verstehen Sie, dass irgendjemand solche Dinge macht.]

[DE: Ich meine.. Und dann hörte ich.. Ich war nicht dabei, das Sonderkommando hat das alles gemacht.]

[DE: Sie wieder herauszuholen. Angeblich waren sie dort so eng eingepfercht.. Sie haben so viele hineingesteckt, wie sie nur konnten.]

[DE: Mir wurde gesagt, ungefähr 12 bis 20 Tausend jeden Tag, wären vergast worden, jeden Tag. 24 Stunden lang. Ich habe es nicht bemerkt. Sie waren so eng zusammen.]

[DE: Sie haben Kinder genommen und noch obendrauf gesteckt, damit sie noch hineinpassen..]

[DE: Ich habe meine Eltern nie wieder gesehen. Das war's, ich habe sie nie wieder gesehen.]

[DE: IV: Und ihre Schwestern?]

[DE: LK: Sie waren alle weg. Tatsächlich hat eine meiner Schwestern überlebt. Aber sie hat nicht... Sie wurde von den Russen befreit.]

[DE: Das habe ich gehört. Ich habe sie nicht gesehen. Sie befreiten.. Also, ich habe sie gesucht nach dem Krieg.]

[DE: Dieser Junge, der Junge der Farkas', er war in sie verliebt, deswegen hat er nie geheiratet.]

[DE: Verstehen Sie, der Ältere, Zoltán. Er hat nie geheiratet. Weil er sie immer geliebt hat.]

[DE: Mein Vater hat ihm meine Schwester versprochen. So, also.. Sie starb, wissen Sie?]

[DE: Einige Leute haben gesagt, sie sei an einem Herzanfall gestorben. Sie war erst 17.]

[DE: Einige sagten, sie sei an Durchfall gestorben. Wegen des schlechten Essens, das man ihr gegeben hat. Ich habe mir die Augen ausgeweint.]

[DE: Weil ich nach Prag gegangen war, um sie zu finden. Sie war die Einzige, die mir geblieben war. Ich habe mich sehr gefreut, sie wiederzusehen, die einzige Schwester.]

[DE: Aber ich hatte kein Glück. Also ging ich zurück nach Indersdorf. Ich stieg auf einen amerikanischen LKW.]

[DE: Einer dieser LKWs, verstehen Sie, ich habe gefragt, ob sie mich mitnehmen. Und so kam ich nach Indersdorf zurück, ins Kloster.]

[DE: So kam ich zurück. Aber sie war die einzige Überlebende. Dann haben sie mich zum Arbeiten geschickt.]

[DE: IV: Ah ja.]

[DE: LK: So.]

[DE: IV: In Auschwitz?]

[DE: LK: Es war in Birkenau, aber sie haben mich geschickt nach.. Zoltán hat mir erzählt, er war etwas älter als ich, er sagt, er war nicht in Auschwitz. Es war in der Gegend, aber es war tatsächlich Buna.]

[DE: Das hat er mir heute erzählt. Also wahrscheinlich hat er recht.]

[DE: Denn das war der Ort, an dem die ganzen Arbeiter waren.]

[DE: Es war der kälteste Winter, 1944, und wir hatten nur dünne Kleider an.]

[DE: Übrigens, was ich noch erzählen wollte: Als wir in Auschwitz ankamen, mit dem Zug, da waren bereits 66 Menschen gestorben, glaube ich.]

[DE: Schon auf dem Weg dorthin. Vor allem anderen, was noch kam. Hauptsächlich die Älteren.]

[DE: IV: Allein in ihrem Waggon?]

[DE: LK: Nein, nein, im gesamten Zug.]

[DE: IV: Im gesamten Zug.]

[DE: LK: Ja. 66 Menschen sind gestorben, im gesamten Zug.]

[DE: Aber es waren nur 1650 insgesamt, verstehen Sie? Das hatte ich vergessen zu erzählen.]

[DE: Ich springe zwischen den Geschichten. Wie auch immer.]

[DE: IV: Kein Problem.]

[DE: LK: Ja, sie schickten mich also zur Arbeit. Wir mussten um 5 Uhr morgens aufstehen.]

[DE: Appell stehen. Aufrecht stehen, für ungefähr zwei Stunden, ich weiß nicht, warum.]

[DE: Manchmal nahmen sie ein paar Leute und hängten sie. Wir mussten zusehen. ]

[DE: Ohne Grund. Ein bisschen Spaß für sie, denke ich. Ah, und dann musste ich zur Arbeit.]

[DE: Ich arbeitete beim Friedhof und verlegte Gleise. Für die Züge.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Ich musste diese Holz.. diese Holzschwellen tragen, wir waren ungefähr zwanzig.]

[DE: Es ging: „Hau...rrrruck”, daran erinnere ich mich. Ja, so sagten wir immer. Ich kann mich noch heute an diese Worte erinnern.]

[DE: Ich ging also zur Arbeit. Es war jeden Tag dasselbe, früh morgens aufstehen. In der Baracke, wenn ich mich recht erinnere,]

[DE: Gab es nur einen Eimer, wenn man Pipi musste. Und wenn der voll war...]

[DE: Es lag Schnee draußen, es war bitter kalt. Man musste ihn dann draußen ausleeren.]

[DE: Ich passte immer auf, um sicher zu gehen, dass ich nicht der Letzte bin. Denn dann musste man ihn ausleeren.]

[DE: Wir schliefen, wenn ich mich recht entsinne, ich glaube, es waren dreifache Stockbetten, jeweils drei oder vier in einem Bett. Diese Stockbetten.]

[DE: Es war, ich dachte, es wäre Auschwitz gewesen, aber Zoltán sagte mir: „Wenn du arbeiten gegangen bist, dann warst du in Buna, oder Kattowitz, eins von beiden.”]

[DE: IV: Ah ja.]

[DE: LK: Ah, um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Ich weiß, dass ich täglich zur Arbeit ging, deswegen habe ich überlebt.]

[DE: Wenn irgendjemand deine Schuhe weggenommen hat, während man schlief, ging man in die Gaskammern.]

[DE: Ich erinnere mich an einen Mann, er war Musiker.]

[DE: So, er spielte jedes Mal Musik, wenn wir zur Arbeit gingen oder zurück kamen.]

[DE: Und als er dort sitzt, sieht er auf einmal seinen Bruder und seine Familie, wie sie ankommen.]

[DE: Er sagte mir: „Ich kenne die SS-Leute sehr gut, weil ich ihnen immer Musik vorspiele.]

[DE: Ich fragte sie, ob sie vielleicht meinem Bruder helfen könnten, irgendetwas tun könnten?”]

[DE: Sie antworteten: „Weißt du was? Ich kann dir helfen, du kannst mit ihm gehen. Zum selben Ort.”]

[DE: Die Menschen kämpften natürlich um ihr Leben, also ging er nicht mit seinem Bruder.]

[DE: Aber er sagte ihm: „Du gehst jetzt in die Gaskammer.]

[DE: Und, ich kann dir einen Rat geben: Versuch, in der Mitte zu bleiben, denn dann stirbst du in fünf Minuten.]

[DE: Wenn du am Rand bleibst, dauert es 20 oder 24 Minuten, bis du stirbst.”]

[DE: Ich dachte mir, das ist fürchterlich, so etwas seinem eigenen Bruder sagen zu müssen...]

[DE: Verstehen Sie, du musst gehen, und du wirst sterben. ]

[DE: Ich kann mir nicht vorstellen, so etwas zu sagen. Ich komme darüber nicht hinweg.]

[DE: Wissen Sie, er hat die Wahrheit gesagt. Warum sollte er mich belügen über seinen Bruder?]

[DE: Warum sollte er Geschichten erzählen? An bestimmte andere Dinge kann ich mich auch erinnern.]

[DE: Zum Beispiel kam mal eine Dame an. Der Zug kam aus Holland.]

[DE: Juden aus Holland. Und diese Frau, gebildet, gut gekleidet, verstehen Sie.]

[DE: Ich sollte... Ich hob eine Tasche auf, um ihr zu helfen. Sie gab mir ein Trinkgeld.]

[DE: Ich wollte ihr nicht sagen, dass sie auf dem Weg in die Gaskammern war. Sie wusste es nicht.]

[DE: Seltsam ist, dass man sich an manche Dinge erinnert, an andere nicht. Manchmal macht es Klick.]

[DE: Eine andere Sache aus Auschwitz war... Zoltáns Großvater, er war in der.. Ich weiß nicht, ob ich es erzählt habe, aber er diente im Ersten Weltkrieg.]

[DE: Also, sicher bin ich mir, dass.. Also, ich kannte ihn, ich habe ihn oft gesehen.]

[DE: Ich habe ihn auf dem LKW gesehen.]

[DE: Mit diesen LKWs {unverständlich}, weil man nicht mehr laufen kann, aber er hatte keine Beine mehr.]

[DE: Ich weiß, er hatte keine... er hatte deutsche Orden, Auszeichnungen aus dem Krieg.]

[DE: Ich sehe ihn also oben auf dem LKW, und ich sagte: „Was zum Teufel machst du dort oben?”]

[DE: Ich habe ihm zugewunken.]

[DE: Plötzlich hält der LKW neben einem großen Loch, kippt seine Ladefläche. Sie schütteten Benzin darüber und verbrannten sie bei lebendigem Leib..]

[DE: Das war der Dank für seine.. für seine Auszeichnungen.]

[DE: Das hat mich nie losgelassen. Viele Male hat es mich überfallen, verstehen Sie?]

[DE: Ab da, ich weiß nicht, ob Sie Bescheid wissen... Als wir Auschwitz verlassen haben, ist nicht mehr viel... Glauben Sie mir, ich erinnere mich an fast nichts mehr.]

[DE: IV: Aber erinnern Sie sich, wie Sie behandelt wurden? An die Arbeit, das Essen, wie Sie sich körperlich gefühlt haben, Sie und die Personen, die mit Ihnen in den Baracken waren?]

[DE: LK: Nun, die Bedingungen waren sehr schlecht. Ich kann Ihnen sagen, warum: Selbst beim Appellstehen sind Menschen erfroren, so kalt war es.]

[DE: Also musste ich mich ständig bewegen. Das hat man mir gesagt. Sonst wäre ich erfroren.]

[DE: Die Arbeitsbedingungen waren.. Morgens, nach dem Aufstehen, bekamen wir schwarzen Kaffee, ein kleines Stück Margarine und eine Scheibe Brot.]

[DE: Das war das Frühstück. Zum Mittagessen gab es, ich erinnere mich daran, wir bekamen eine Suppe aus Fischgräten.]

[DE: Einen Teller Suppe, einen Becher Suppe.]

[DE: Und abends, wenn wir zurückkamen, wieder dieselbe Suppe, aber etwas eingedickt.]

[DE: Mit unterschiedlichem... Gemüse hauptsächlich, ich weiß nicht, was es war. Aber egal was es war, es war gut, verstehen Sie?]

[DE: Es war jeden Tag das Gleiche.]

[DE: Außer an Weihnachten, zu Weihnachten bekamen wir ein bisschen besseres Essen.]

[DE: Und für jeden ein paar Zigaretten, die habe ich aber nicht geraucht.]

[DE: Aber sonst hatten wir das gleiche Essen jeden Tag.]

[DE: Seltsamerweise habe ich kein Gewicht verloren, ich wog die ganze Zeit dasselbe.]

[DE: Irgendwie war es wohl genug, um mich aufrecht zu halten. Trotz Arbeit.]

[DE: Man hat mich einmal mit 30 Schlägen bestraft.]

[DE: Weil ich an diesem Tag krank war, sehr krank. Ich konnte ihnen aber nicht sagen, dass ich krank war.]

[DE: Ich hatte Angst, dass sie mich erschießen, wenn ich es ihnen sage.]

[DE: Deswegen bin ich zur Toilette gegangen und dort ein bisschen geblieben.]

[DE: Ich ging zurück zur Arbeit und dann wieder zur Toilette. Ich wurde aber von einer Wache beobachtet.]

[DE: Ich wusste nicht, dass er mich beobachtet.]

[DE: Er zog mich heran und sagte: „Weißt du was, du warst jetzt schon fünf Mal auf der Toilette, das darfst du nicht.“]

[DE: Er sagte: „Ich werde dich nicht erschießen, aber du bekommst 30 Hiebe, damit du deine Lektion lernst.“]

[DE: Ich musste also die Hose herunterziehen, bekam 30 Schläge und meine {unverständlich}]

[DE: Das war das einzige Mal, dass mir tatsächlich etwas passierte. Ich konnte es nicht glauben.]

[DE: Aber ich hatte mehrfach Glück. Ich hatte, aus irgendeinem Grund...]

[DE: Ich weiß nicht, woher es kam. Ein großer, gelber... Abszess, der wuchs hier, auf meinem.. Man kann immer noch die Narbe sehen, heute noch, genau hier.]

[DE: Er wuchs und wuchs. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, ob ich mit jemandem reden konnte.]

[DE: Er war riesig und tat schrecklich weh. Ich klappte irgendwann einfach zusammen und lag auf dem Boden.]

[DE: Da kommt ein Kerl, ein Kapo, einer von denen, und stellt direkt seinen Stiefel darauf. Können Sie das glauben?]

[DE: Er platzt und danach war es dann in Ordnung. Er hat ihn einfach mit seinem Stiefel zertreten. Einfach so - zack - und drauf.]

[DE: Verstehen Sie, dann wurde ich woanders eingeteilt, das war hart. Ich musste dann Zement schleppen.]

[DE: Ich habe so viele Fehler gemacht. Er fragte mich: „Wieviele Menschen sind in diesem Zug?“]

[DE: Ich sagte: „Einhunderttausend.“ Weil ich ein Kind war. Ich dachte.. Ich sah kein Ende des Zuges.]

[DE: IV: Ja, ja, ja.]

[DE: LK: Ich habe das später erzählt, und er sagte: „Mach dir keine Gedanken, so was passiert.“]

[DE: Ein anderer Fehler war, dass mir einige Fragen gestellt wurden, ich aber die falsche Antwort gab.]

[DE: Ha, sehen Sie? Zum Beispiel: „Wieviele Menschen wurden zu den Gaskammern geschickt?]

[DE: Das wusste ich nicht: Wenn ich dort gewesen wäre, wäre ich nicht hier. Ha, verstehen Sie?]

[DE: Denn ich wusste, das Sonderkommando, die mussten das machen, aber sie wurden alle drei Monate selbst in die Gaskammern geschickt.]

[DE: Damit sie nicht reden. Verstehen Sie, dieselben Leute.]

[DE: Deswegen bin ich nie zum Sonderkommando. Und wissen Sie, was noch?]

[DE: Es gab... Oh, Sie filmen, ja?]

[DE: IV: Ja, ja.]

[DE: LK: Oh, Entschuldigung, ha.]

[DE: IV: Nein, nein.]

[DE: LK: Ah ja, denn als sie fragten: „Alle, die gebildet sind, Professoren und so weiter, wir haben eine schöne Arbeit für euch.]

[DE: Also, bitte tretet vor.“ Viele Menschen, auch ungebildete, gingen nach vorne, weil sie dachten, sie würden es einfacher haben..]

[DE: Aber.. Ich ging nicht nach vorne. Ich habe später herausgefunden, dass sie alle in die Gaskammern geschickt wurden.]

[DE: Es war nur ein Trick. Sie wollten keine gebildeten Juden.]

[DE: Sie wollten nicht, dass irgenein Jude gebildet ist. Also weg mit ihnen.]

[DE: Ich hatte also Glück, dass ich mich nicht gemeldet habe. Nun, ich war auch nicht gebildet, haha.]

[DE: Ich hätte aber nach vorne gehen können, wissen Sie? Ich machte also einige Fehler, aber wie auch immer...]

[DE: Ich sprach außerdem viel Jiddisch, nicht Englisch, deswegen haben mich viele nicht verstanden.]

[DE: Zum Beispiel, als sie mich fragten, was mein Vater von Beruf war.]

[DE: Ich erzählte, dass er nicht nur Rabbi gewesen war, sondern auch.. Wegen des Dorfes.]

[DE: Er war auch... Wissen Sie, in der jüdischen Religion darf man seine eigenen Tiere nicht schlachten.]

[DE: Das darf nur der Arzt. Verstehen Sie, der alles darüber weiß.]

[DE: Und es muss, das Tier muss, verstehen Sie, ähm..]

[DE: Man muss das Fleisch prüfen, bevor man es an jemand anderen weitergibt.]

[DE: Um zu sehen, ob es krank war, oder irgendetwas nicht in Ordnung ist.]

[DE: Mein Vater musste also lange in eine Schule gehen und alles darüber lernen.]

[DE: Und dann wurde er Schächter, es heißt „Shoychet“ auf Hebräisch.]

[DE: Das ist lustig, alle in meiner Familie waren Shoychetim.]

[DE: Mein Großvater war einer und der Bruder meines Vaters auch.]

[DE: Er lebte übrigens in Rumänien, nicht in Ungarn. Deswegen kam er nicht nach Auschwitz.]

[DE: Er lebte in einem Ort namens Moinești. Nein, Ploiești.]

[DE: Mein Onkel lebte.. mein Großvater lebte in Moinești, er war auch Schächter.]

[DE: Mein Onkel lebte in Moinești als Schächter, Ploiești meine ich, und mein anderer Onkel lebte in Bukarest. Er war auch Schächter.]

[DE: Einer von ihnen... ich erinnere mich nicht, welcher. Der in Bukarest, weiß ich nicht mehr, er ging nach New York, aber ich habe ihn irgendwie aus den Augen verloren.]

[DE: Mein anderer Onkel, der sah aus wie mein Vater, er ging nach Israel. Er hat drei Söhne.]

[DE: Und alle drei Söhne sind auch Schächter, sie machen es auch.]

[DE: Das ist doch seltsam, wie die Familie.. Einer von ihnen ist in Portugal, nein, nicht Portugal, Brasilien.]

[DE: Er, er schickt Fleisch von dort nach Israel.]

[DE: Weil sie dort keine Kühe haben, schickt er Fleisch, koscheres Fleisch, nach Israel.]

[DE: IV: OK.]

[DE: LK: Mein anderer Cousin ist in Australien.]

[DE: Er macht dort auch dasselbe. Der Dritte lebt in Argentinien.]

[DE: Also schicken alle drei Fleisch nach Israel.]

[DE: Die israelische Regierung bezahlt dafür. Aber sie kommen nach Hause für die jüdischen Feste.]

[DE: Wissen Sie, die großen Feste. Es ist alles gefroren.]

[DE: Ich habe aber nicht viel mit ihnen zu tun, sie sind zu religiös.]

[DE: Wissen Sie, wenn man da hin geht, muss man aufpassen, was man sagt.]

[DE: Man muss immer einen Hut tragen. Man darf nicht ohne Hut.]

[DE: Man muss diese Zizes tragen, wissen Sie, die vier Ecken.. sie stehen für die vier Ecken der Welt.]

[DE: Einer von ihnen hat mich in London besucht, als ich mein Geschäft in London hatte. Er hat mich besucht und ich fragte ihn: „Warum trägst du diese blöden Dinger hier in London?“]

[DE: Diese blöden Dinger hängen dort, vier von ihnen. Er sagt zu mir: „Was, es sind die vier Ecken der Erde.“]

[DE: Ich sagte: „Hast du die neuesten Nachrichten gehört: Die Erde ist rund!“]

[DE: Er sagt zu mir, er sagt: „Das ist die Religion.“]

[DE: Also gut. Ich will sagen: Sie leben hauptsächlich nach der Tradition.]

[DE: Es interessiert sie nicht. Für sie ist es richtig. Es ist alles Tradition, verstehen Sie?]

[DE: IV: Nun, kehren wir nach Auschwitz zurück.]

[DE: LK: Ja, zurück nach Auschwitz. Was wollen Sie noch wissen? Wie ich dort raus kam?]

[DE: IV: Ja... Erinnern Sie sich, wie lang Sie dort waren? In Auschwitz?]

[DE: LK: Ja, ich kam dorthin, seltsamerweise, Anfang Mai 1944.]

[DE: Und wir haben Auschwitz verlassen im Januar, weil die Russen nur noch 30 Meilen entfernt waren.]

[DE: Sie wollten uns nach Dachau bringen. So wie ich es verstanden habe. Und uns dort alle umbringen.]

[DE: Aber die Dinge laufen nie so, wie man sie plant, so wie sie geplant wurden. Tatsächlich brachten sie uns nach Oranienburg.]

[DE: IV: Ah ja. Wie sind Sie dorthin gekommen?]

[DE: LK: Mit dem Zug.]

[DE: IV: Per Zug.]

[DE: LK: Nach Oranienburg. Da waren wir nur ein paar Tage. Die Tochter meines Cousins, sie ist meine Cousine zweiten Grades.]

[DE: Sie hat mich schließlich dorthin.. Sehen Sie, meine Frau und ihre Mutter waren Cousinen ersten Grades. Sie ist die Einzige, die es noch in Deutschland gibt, von meiner Familie.]

[DE: Sie spricht nur Deutsch und Russisch, sie spricht kein Wort Englisch.]

[DE: Deswegen kann sie nicht nach England kommen. Meine Töchter können mit ihr nicht auf Deutsch sprechen.]

[DE: Aber ich kann mit ihr sprechen. Also, sie brachte mich nach Oranienburg, das ist nicht weit von Berlin entfernt.]

[DE: Sie zeigte es mir. Aber, der Vandalismus dort, unglaublich. Es ist alles kaputt.]

[DE: Nicht wie hier. Sie haben alle Baracken und alles andere herausgerissen.]

[DE: Es gibt dort nun ein Museum. Man kann sehen, wieviele Juden aus welchem Land dort waren.]

[DE: Es ist dort aufgeschrieben, auf.. aus jedem Land. Es waren tatsächlich eine ganze Menge Menschen.]

[DE: Wissen Sie, aber das ist alles, was übrig ist. Ein kleines Museum, ein Raum, sonst nichts.]

[DE: IV: Können Sie sich an Ihre Zeit in Oranienburg erinnern?]

[DE: LK: Ja.]

[DE: IV: Was ist dort passiert?]

[DE: LK: Ich konnte mich nicht erinnern. Als Spielberg mich gefragt hat, wusste ich nicht, wo ich gewesen war.]

[DE: Mein Cousin fragte mich, ob er mich mitnehmen kann nach Oranienburg. Ich erinnere mich nicht {unverständlich}. Als wir dorthn kamen... Mein Gott, ich war hier.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Ich habe mich sofort wieder erinnert. Aber ich habe Oranienburg nicht erwähnt, ich wusste gar nicht mehr, dass ich dort gewesen war.]

[DE: Ich wusste es nicht mehr. Egal. Also, ja, jetzt erinnere ich mich.]

[DE: Sie hat mir auch schöne Synagogen in Berlin gezeigt.]

[DE: Es war ziemlich schwierig, überall war Polizei.]

[DE: Ich habe dort niemanden getroffen. In den Synagogen.]

[DE: Wie auch immer, sie hatten dort auch geschrieben, wieviele Juden heute in Berlin leben.]

[DE: Ah, meine Frau erzählte mir, als sie in Berlin lebte,]

[DE: gingen sie dort in jüdische Cafés. Es gab dort den besten Kaffee, nachmittags {unverständliche} Kuchen.]

[DE: Dort gingen sie am liebsten hin.]

[DE: IV: Aber nun zurück, zurück zu den harten Zeiten.]

[DE: LK: Ja, zurück zu den harten Zeiten, ja, Entschuldigung.]

[DE: IV: Auch wenn es nicht schön ist. Ja, Sie kamen also mit dem Zug nach Oranienburg. Wissen Sie noch, wie lang der Transport dauerte, und etwas über die Bedingungen?]

[DE: LK: Ich erinnere mich nicht, ehrlich. Ich erinnere mich einfach nicht.]

[DE: Zuerst dachte ich, vielleicht vertue ich mich, ich weiß nicht, zuerst dachte ich, wir wären zuerst losmarschiert.]

[DE: Und hätten dann den Zug nach Oranienburg genommen.]

[DE: Denn es gibt eine große Lücke von hier bis wir dann nach Flossenbürg kamen.]

[DE: Denn in Flossenbürg, das weiß ich, es war die erste Aprilwoche.]

[DE: IV: Ah.]

[DE: LK: Als wir nach Flossenbürg kamen, das weiß ich.]

[DE: Aber ich kann mich nicht erinnern, was zwischen Januar und April geschehen ist.]

[DE: Also, was ich mit Sicherheit weiß. Wo war es?]

[DE: War es von Flossenbürg hierher? Wissen Sie, von wo liefen wir? Verstehen Sie?]

[DE: Von Flossenbürg nach Indersdorf. Schwandorf? War es dort? Oder nein, das konnte nicht sein.]

[DE: Weil, was.. Was passierte von Januar bis April? Also, ich glaube.. Wir kamen sicher in einen Wald.]

[DE: Weil ich mich erinnere, dass wir losmarschierten, wir haben nicht sofort den Zug genommen..]

[DE: Aber es sind so viele Menschen gestorben. Jede Minute hörte ich einen Schuss.]

[DE: Irgendjemand war schwach und wurde erschossen. Und ich erinnere mich, dass ich eine Decke mit mir trug.]

[DE: Nach einer Woche habe ich aufgehört, die Decke mitzuschleppen.]

[DE: Warum eine Decke? Es sind so viele Menschen gestorben, heb dir einfach eine auf.]

[DE: Manche Leute {unverständlich} eine Decke. Und der... der Farkas-Junge, der ist mit mir marschiert. Ich hätte ihn fragen sollen.]

[DE: Er war der Älteste, er wusste mehr, er wusste viel mehr über die Vorgänge.]

[DE: Sehen Sie, ich habe nie viel über den Krieg gesprochen, weil meine Frau Deutsche ist.]

[DE: Ich wollte nicht, wissen Sie, dass sie denkt, ihre Leute haben mir so übel mitgespielt. Sie sollte das nicht unbedingt so genau wissen.]

[DE: Verstehen Sie? Wie auch immer, ich wollte es nicht.]

[DE: Aber ich weiß, dass wir irgendwie.. Bevor wir nach Oranienburg kamen, ehrlich, irgendwie musste es ja einen Weg geben.]

[DE: Was wir taten ab Januar. Mehr oder weniger, wir verließen es im Januar.]

[DE: Bis wir nach Flossenbürg kamen. Also, wo war ich? Verstehen Sie?]

[DE: Ich glaube, wir waren also auf diesem Todesmarsch.]

[DE: Und weil ich mich erinnere, dass alle starben, die meisten starben auf dem Weg.]

[DE: Und ich erinnere mich, dass wir nichts zu essen hatten. Da habe ich angefangen, Gewicht zu verlieren.]

[DE: Ich war nur noch Haut und Knochen, ein Skelett. Ich kann mich erinnern, dass ich Gras gegessen habe, weil es sonst nichts anderes gab.]

[DE: Es gab kein Essen, nichts. Es gab gar nichts. Nichts zu trinken, nichts.]

[DE: Wir waren.. Ich riss das Gras aus, wo immer ich konnte. Im Wald. Daran erinnere ich mich.]

[DE: Aber ob das nun danach war, oder.. als wir marschierten.]

[DE: Oder waren wir nur eine Woche in Oranienburg, oder ein paar Tage, und sind dann von Oranienburg losmarschiert? Das könnte auch gewesen sein.]

[DE: Ähm, also. Der Todesmarsch war schrecklich, das kann ich Ihnen sagen.]

[DE: Wenn diese zwei Jungs nicht gewesen wären, wäre ich heute nicht mehr am Leben. Sie haben mir viele Male geholfen.]

[DE: Es gab einen Fall, als.. Als wir bereits auf den Zügen waren.]

[DE: Es gab einen, einen Luftangriff. Die Wachen haben sich alle versteckt, und er konnte kurz raus und zu einem Feld rennen und ein paar Kartoffeln stehlen.]

[DE: Er hat mir eine abgegeben. Das weiß ich noch. Es hat mich ein Stück weit zurückgeholt.]

[DE: Es war Zoltán, der das für mich getan hat.]

[DE: Wenn er erwischt worden wäre... Ich wollte nicht, dass er geht, weil sie ihn sofort erschossen hätten.]

[DE: Es wäre ein großes Vergehen gewesen, einfach wegzugehen. Wir sollten im Zug bleiben.]

[DE: Er hat es einfach versucht. Und seine Zeit war noch nicht gekommen.]

[DE: Er ist ein großartiger Kerl. Sie kennen ihn, ein wirklich toller Kerl.]

[DE: Ja, aber, das ist alles. Ich erinnere mich nicht mehr, und jetzt fragen Sie mich. Aber ich kann mich ehrlich nicht erinnern.]

[DE: IV: Und jetzt sind wir hier. Ja.]

[DE: IV: Mussten später marschieren, nur Flossenbürg, können Sie...]

[DE: LK: Das einzige, woran ich mich recht genau erinnern kann in Flossenbürg: Ich war im Block 19, glaube ich. Daran erinnere ich mich.]

[DE: Ich kam dorthin und sie haben mir tatsächlich ein sauberes Hemd gegeben, als ich ankam.]

[DE: Sobald ich es angezogen hatte, war ich voller Läuse. So erinnere ich mich.]

[DE: Die Läuse haben mich aufgefressen. Ich konnte nicht schlafen, es waren so viele, dass ich nicht schlafen konnte.]

[DE: Wir haben hier nicht gearbeitet, sie haben uns nicht zum Arbeiten geschickt, sie haben uns nur zum {unverständlich} geschickt.]

[DE: Aber ich glaube nicht, dass wir hier länger als drei Wochen waren.]

[DE: Weil wir ja auf dem Weg nach Dachau waren, von hier nach Dachau.]

[DE: Aber wir haben nie die Hauptstraßen benutzt, deswegen erinnere ich mich nicht. Wir waren immer im Wald.]

[DE: Sie wollten nicht, dass uns die Deutschen sehen, so wie wir aussahen. Wir sahen aus wie halbtot.]

[DE: Aber das ist das einzige, woran ich mich erinnere. Ich arbeitete nicht in Flossenbürg, ich habe nichts gemacht.]

[DE: IV: Haben Sie mitbekommen, was um Sie herum im Lager geschah?]

[DE: Erinnern Sie sich an die Umgebung, die Menschen, die Atmosphäre?]

[DE: LK: Nein leider...]

[DE: IV: Ah.]

[DE: LK: Ah, haha, ich erinnere mich einfach nicht. Ehrlich, leider.]

[DE: Ich weiß, dass ich hier war. Und ich erinnere mich an die Baracke. Jetzt, wo ich es gesehen habe, erinnere ich mich.]

[DE: Verstehen Sie, wo ich war. Und ich weiß.. Wir waren zu fünft. Und schliefen in einem dieser Betten.]

[DE: Denn es kamen so viele an, so viele von uns. So erinnere ich mich.]

[DE: Ich kann mich nur an nichts mehr in Flossenbürg erinnern. Ich erinnere mich an die Läuse. Haha.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Also...]

[DE: IV: Wissen Sie noch, wie Sie von hier wegkamen?]

[DE: LK: Ja, sie sagten uns, wir {unverständlich} und wir liefen weiter. Sie haben soundso viele Menschen mitgenommen.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Und wir sind von hier losmarschiert. Ich habe später herausgefunden, dass Hecht mit mir gelaufen ist.]

[DE: Wissen Sie? Ich glaube, ich bin mir nicht so sicher. Ich bin mir letztlich nicht mehr so sicher.]

[DE: Ich weiß {unverständlich} Ich weiß nicht, ob Sie ihn auch interviewt haben. Steven, aus New York.]

[DE: Er war derjenige.. Ich wusste es nicht, er sagte es mir. Sie sagten, wir wären nicht mit ihm gewesen.]

[DE: Wir waren.. Als ich ihn fragte, sagte er mir, wann er gegangen ist. Ich hab's gesehen, und dann...]

[DE: Also... er sagte mir, ich sei auf dem Todesmarsch mit ihm gewesen.]

[DE: Es war.. So viele Menschen sind gestorben, dann haben sie uns in die Züge gesteckt. Ich war {unverständlich}.]

[DE: Dann kamen die Amerikaner und fingen an zu schießen... Sie glaubten, auf die Truppen. Denn wir hatten deutsche Flaggen auf dem Zug.]

[DE: Er wurde also auch bombardiert, mehrfach. Das Letzte, woran ich mich erinnere, das werde ich nie vergessen, es war am 22. April 1945.]

[DE: Zum ersten Mal kamen wir in ein Dorf, wir waren nie in irgendeinem Dorf gewesen. Immer im Wald.]

[DE: Zum ersten Mal also in einem Dorf. Es gab dort einen großen Trog.]

[DE: Wo die Schweine fressen, die Bauern hatten dort.. Und ich erinnere mich, dass ich mit den Schweinen fraß. Es war gutes Essen, wissen Sie?]

[DE: Hah, es war verrückt, ich weiß. Ich erinnere mich an noch etwas. Es regnete an diesem Tag.]

[DE: Es war April, ein regnerischer Monat. Wir wurden nass bis auf die Knochen. Am Morgen sagten sie uns, wir sollen antreten zum Appell.]

[DE: Dann haben sie uns wieder in den Wald geführt. Mit den Hunden und was sie noch so hatten.]

[DE: Wir liefen in den Wald, es war.. Mir wurde damals gesagt, es sei 11 Uhr.]

[DE: Als wir losgingen, war es glaube ich, 9 Uhr. Und zwei Stunden marschieren.]

[DE: Wir kamen in den Wald. Auf einmal Schüsse, Panzer kommen, sie schießen. Ich wurde getroffen {unverständlich} von einer Kugel ins Bein.]

[DE: Ich habe gerade.. Ich habe eine Narbe davon. Ein bißchen Blut, es blutete. Also sprang ich in eins der Fuchslöcher.]

[DE: Wissen Sie, wo der, der.. Ich sprang dort hinein. Und plötzlich, 10 Minuten später, stand ein Typ über mir, mit einer Tommy Gun.]

[DE: Er sagt, auf Jiddisch sagt er: „Bist a Yid?“ Verstehen Sie, ich, hahaha, ich zögerte.]

[DE: Ich wusste ja nicht... Ich sagte: „Ich bin ein Yid, ja.“ Und er: „Shalom.“]

[DE: Er sagte: „Ich bin auch Jude.“ Ich sagte: „Nein, du machst Witze. Du kannst nicht in der SS sein und gleichzeitig Jude.“]

[DE: Für mich sahen alle Uniformen gleich aus, ich wusste es nicht besser.]

[DE: Er sah mich an und dann fing er an, ich konnte Tränen sehen. Und ich weinte mit ihm. Ich konnte es nicht glauben.]

[DE: Das wir befreit worden waren. Ich war mir sicher, ich würde dort sterben, wissen Sie?]

[DE: Er nahm mich also mit, so wie ich mich erinnere. Er nahm mich mit und brachte mich ins Krankenhaus. Ein amerikanisches Armee-Krankenhaus.]

[DE: Dort war ich ungefähr, ich glaube, etwa zwei oder drei Wochen.]

[DE: Es ist eine Schande, dass ich nie nach seinem Namen gefragt habe. Ich habe keinen nach Namen gefragt. Das ist eine Schande.]

[DE: Ich würde mich liebend gern bedanken. Dafür, was er getan hat. Er kam aus New York, glaube ich.]

[DE: Wie auch immer. Von dort steckten mch die Amerikaner in ein Kloster. So kam ich zum Kloster in Indersdorf.]

[DE: Ja. So kam ich dahin. Ich weiss nicht mehr, wo das Krankenhaus war.]

[DE: War es in Neustadt oder in einem der Dörfer? Ich weiß es nicht.]

[DE: IV: In der Nähe.]

[DE: LK: In der Nähe, ja. Da war ich. Aber ich weiß es wirklich nicht mehr.]

[DE: Wissen Sie was? Oh, ich weiß, ich springe von einer Geschichte zur nächsten.]

[DE: Aber als meine Frau hierher kam, vor fünf Jahren, da träumte ich, dass die Nazis zurückgekommen wären, im Traum.]

[DE: Und meine Frau, sie... Ich sagte: „Mein Gott, ich sehe die Menschen so klar vor mir.“]

[DE: Mit den kleinen Taschen auf ihrer Schulter, mit ihren Familien, und die Wachen.]

[DE: Es waren ungarische Wachen, keine Deutschen. Es waren alles Ungarn.]

[DE: Und ah... Ich dachte mir, schau, alle gehen. Also, also..]

[DE: Meine Frau sagte mir, im Traum sagte sie: „Du musst nirgendwo hin, weil ich Deutsche bin, ich rette dich.“]

[DE: Wissen Sie, als sie das sagte.. Aus irgendeinem Grund...]

[DE: Und dann... Nein, bevor ich aufwachte, sagte ich ihr: „Weißt du was, ich bin jetzt ein alter Mann.“]

[DE: Ich sagte: „Ich gehe mit ihnen. Es sind immer noch meine Leute, trotz allem, verstehst du?]

[DE: Deswegen gehe ich mit ihnen.“ Und als ich das sagte, wachte ich auf.]

[DE: Es war vor nur fünf Jahren, ich träume immer noch davon. Ich habe es so deutlich vor mir gesehen, wie wir gingen.]

[DE: Wir hatten nur ein paar Sachen bei uns. Wir durften ja nichts mitnehmen.]

[DE: Man durfte nur eine kleine Tasche oder einen Koffer mitnehmen. Was man tragen konnte.]

[DE: Es war nur ein Traum, nur ein Traum. Haha. Sehen Sie?]

[DE: Also, ich weiß nicht, was ich sonst noch erzählen soll. Aber, Beispiele, verstehen Sie?]

[DE: Es passierten einige Sachen, aber ich erinnere mich gerade nicht.]

[DE: IV: Von hier wurden Sie also nach Indersdorf gebracht. Und was wissen Sie noch von den Farkas-Brüdern?]

[DE: Waren sie mit ihnen im selben Krankenhaus, oder haben Sie sie getroffen...]

[DE: LK: Ich habe sie nicht gesehen, im Krankenhaus. Auch nicht in Indersdorf.]

[DE: IV: Ah ja.]

[DE: LK: Weder noch.]

[DE: IV: Haben Sie nicht.]

[DE: LK: Nein, nein, denn Zoltán ging zurück nach Ungarn, nach Hause.]

[DE: Ich wollte nirgendwohin. Also habe ich ihn verlassen.]

[DE: Er wurde tatsächlich.. Er muss einen Tag vor mir befreit worden sein, deswegen weiß ich nicht, was ihnen danach passiert ist.]

[DE: Er ging zurück, zurück nach Ungarn. Ich bin nie zurück.]

[DE: Ich war schon weg. Es gibt Bilder von den Jungs, die dort waren. Ich bin nicht darauf.]

[DE: Der Grund dafür ist, weil ich bereits Ende Oktober nach England aufgebrochen war.]

[DE: Eine Dame vom UNRRA kam zu mir und fragte, ob irgendjemand unter 16 sei, der könnte nach England.]

[DE: Also meldete ich mich freiwillig. Ich wusste damals nicht, dass ich noch Familie in New York hatte. Sonst wäre ich dort hingegangen.]

[DE: IV: Ah.]

[DE: LK: So kam ich also nach England. In England fand mich meine Familie dann.]

[DE: Wissen Sie, in England, von New York aus. Sie sagten: „Weißt du was, wir bezahlen alles und dann kommst du nach Amerika.“]

[DE: Aber dann... Ich wartete zwei Jahre, nach zwei Jahren sagten sie mir.. Weil ich eine Ausbildung zum Kürschner machen sollte.]

[DE: Pelze. Es war damals ein gefragter Beruf in den Staaten. Ich lernte das, vor allem.. Ich habe sehr wenig Geld verdient.]

[DE: Ja. Und als ich dann zur amerikanischen Botschaft ging, sagten sie: „Du bist Rumäne, also ein Kommunist, du kannst nirgendwohin, nicht in unser Land.“]

[DE: Es war damals sehr streng. Also konnte ich nicht gehen und blieb in England.]

[DE: Also, es sollte so sein, ich sollte in England bleiben. Ich hätte meine Frau sonst nicht getroffen. Hahaha, verstehen Sie? Haha. So war es dann.]

[DE: Ah, mein Rabbi, wissen Sie, wo ich dann wohnte, er sagte mir: „Du kommst aus einer so reichen Familie.“]

[DE: Das sagte er. „Ich meine reich an Glauben. Wie kommt es dann, dass du an nichts glaubst? Du bist eher ein Christ als ein Jude.“]

[DE: Ich sagte zu ihm: „Weißt du, warum? Ich war in Auschwitz, und beim letzten...“]

[DE: Eigentlich war es nach, es war direkt nach... Ah, wie heißt es? Es ist in Berlin, das Lager in Berlin?]

[DE: IV: Oranienburg.]

[DE: LK: Oranienburg. Es war dort. Ich war damals sehr, sehr schwach.]

[DE: Es schüttete und regnete, das erinnere ich noch. Wir saßen, kamen gerade aus dem Zug.]

[DE: Es regnete, und ich stand dort und sagte: „Weißt du was, Gott...“ Ich betete zur Abwechslung.]

[DE: Ich sagte: „Weißt du was, Gott? Ich.. ich kann nicht mehr. Das alles ist schrecklich. Wir sollten doch das auserwählte Volk sein.“]

[DE: Ich sagte: „Such jemand anderen aus. Weißt du was, wir wollen das alles nicht.]

[DE: Ich sag dir was, Gott. Ich schließe einen Pakt mit dir. Du holst mich hier heraus.]

[DE: Und dann werde ich dir dienen, ein Jahr als Soldat.“]

[DE: Verstehen Sie, in einem, wie in einem Kloster. Einem jüdischen.]

[DE: Und als ich das sagte, man kann es kaum glauben, kam eine der Wachen, ich weiß nicht mehr, vielleicht war er Ungar.]

[DE: Es waren nicht nur deutsche Wachen, es gab auch ukrainische Wachen und polnische, nicht nur deutsche.]

[DE: Ich habe in Wirklichkeit gebetet, eine deutsche Wache zu haben, die haben sich menschlicher verhalten, wissen Sie...]

[DE: Diese ungarische Wache kommt näher und bringt uns etwas Kaffee. Direkt nach meinem Gebet... Ich heulte mir die Augen aus.]

[DE: Dann brachte er etwas Brot und warf es mir hin, aber ich war so schwach, ich konnte es nicht aufheben.]

[DE: Also kam er zurück und gab es einem kräftigen Jungen und sagte: „Gib dem Kind auch eine Chance, um zu leben.“]

[DE: Er nahm also ein Stück von dem Brot und gab es mir. Danach fühlte ich mich besser.]

[DE: Als ich nach England kam, sagten sie mir, weil ich nie zur Schule gegangen war, sagten sie: „Also, wir schicken dich jetzt zur Schule, um zu lernen.“]

[DE: Ich sagte: „Ich wünschte, ich könnte gehen. Aber ich habe es Gott versprochen. Wisst ihr, er hat sein Wort gehalten, jetzt halte ich meins.]

[DE: Ich weiß nicht, ob er existiert oder nicht, aber er hat Wort gehalten, ich bin noch da. Ich kann mir nicht leisten, nicht zu gehen. Ich muss gehen.]

[DE: Ich gehe zur Talmudschule.“ Verstehen Sie, um den alten Talmud zu studieren. Also: „OK, du kannst machen, was du willst.]

[DE: Du bist frei.“ Ich erzählte diese Geschichte dem Rabbi dort.]

[DE: Er sagte zu mir: „Weißt du was? Du kommst mit Sicherheit in den Himmel, eher als ich.]

[DE: Du warst, du kommst aus einem Konzentrationslager, du hast nur gelitten, und dann gehst du noch und lobst den Herrn... Du hast den Ort immer gehasst!]

[DE: Du hast überlebt, und trotzdem hast du dein Wort gehalten. Weißt du, für Gott, glaube mir,]

[DE: Bist du ein besserer Mensch, als ich jemals sein kann.“ Danach hat er mich nie wieder gefragt.]

[DE: Hahahaha, verstehen Sie, ich bin nicht gegen Religion. Ich denke, jeder soll glauben, was er will. Sie wissen, was ich meine.]

[DE: Ich weiß zum Beispiel, weil ich mir viele Religionen angesehen habe, 95 Prozent davon ist von Menschen gemacht. Bei jeder Religion.]

[DE: Es gibt immer eine gewisse Wahrheit. In jeder Geschichte findet man ein bisschen Wahrheit. Es sind nicht alles Lügen.]

[DE: Es liegt etwas Wahrheit in diesen Geschichten, aber in jeder Religion geht es zum Beispiel um Wiedergeburt. Das gibt es in jeder Religion.]

[DE: Und auch, in jeder Religion gibt es die Möglichkeit, in den Himmel zu kommen, wenn man stirbt.]

[DE: Die Katholiken sagen, wenn man nicht in die Kirche geht und nicht glaubt, kommt man nicht in den Himmel. Nun ja, das ist okay.]

[DE: Sie glauben daran. Es ist ähnlich wie bei den orthodoxen Juden. Was man eben glaubt, so ist es dann.]

[DE: Aber deshalb war ich, ich war nie religiös.]

[DE: Ah, weil ich nie religiös war, als Kind hat mein Vater Zoltán adoptiert, als Sohn, weil er so gut war. Er war ein guter Junge.]

[DE: Er erzählte mir das, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte. Ich erinnere mich jetzt, weil Sie mich gefragt haben.]

[DE: Verstehen Sie? Manche Dinge. Aber andere weiß ich nicht mehr. Wie ich sagte, wenn ich darüber spreche, rede ich vielleicht 15 oder 20 Minuten.]

[DE: Ungefähr. Dann sage ich ihnen: „Stellt mir Fragen.“ Eine Frau, eine Schülerin stand auf und sagte: „Sie müssen die Deutschen hassen.“]

[DE: Ich sagte: „Ich hasse die Deutschen nicht. Um genau zu sein mag ich die Deutschen, ich habe eine von ihnen geheiratet.“ Darauf sagte sie: „Wie meinen Sie das?“]

[DE: Ich antwortete: „Wisst ihr was, ihr macht euch nicht klar, dass... Ungarn, wo ich herkomme,]

[DE: Sie nahmen uns alles weg, sie schlugen uns. Das hatte nichts mit den Deutschen zu tun.]

[DE: Aber sie bezahlen uns nicht einen Penny, als Wiedergutmachung. Deutschland ist das einzige Land, das uns bezahlt, eine Rente gibt, wenn man nichts hat.“]

[DE: Es kommt darauf an, wieviel man verdient. Aber ich habe kaum etwas, kaum Geld verdient.]

[DE: Die Rente aus Deutschland ist also eine große Hilfe für mich. Sonst könnte ich kaum überleben. Ich kann doch meine Kinder nicht bitten, für mich zu bezahlen.]

[DE: Sehen Sie, ich war selbstständig. Wenn man selbstständig ist, bekommt man kaum Rente.]

[DE: Wenn man für jemanden arbeitet, bekommt man mehr. Weil dann zwei einzahlen.]

[DE: Wenn man für sich selbst arbeitet, in England, bekommt man nicht viel, weil man nur allein einzahlt.]

[DE: Die deutsche Rente, die hilft mir also. Und deswegen habe ich es ihnen so gesagt.]

[DE: Ich sagte: „Das sind... es sind die einzigen, die etwas bezahlen.“ Ungarn hat vor drei Jahren angefangen, 100 Euro zu bezahlen für jedes Kind, das gestorben ist.]

[DE: IV: Ah.]

[DE: LK: Ich wusste das nicht. Denn, als ich Evelyn heiratete, sie hieß damals noch Hildegard.]

[DE: Holtz. Ha. Als ich sie heiratete, haben mich meine jüdischen Freunde verlassen. Ich habe sie jahrelang nicht wiedergesehen.]

[DE: Ich war nicht traurig, es hat mich nicht gekümmert. Und ich habe immer, immer versucht, etwas aus meinem Leben zu machen.]

[DE: Es war schwer, denn ich hatte nichts gelernt. Das einzige, was ich machen konnte, waren Kleinigkeiten. Ich stellte Handtaschen her, ]

[DE: ich arbeitete bei einem Bäcker, egal was. Es war mir egal. Ich habe den Staat nie um Geld gebeten.]

[DE: Ich war zu stolz, um die Regierung wegen Arbeitslosenunterstützung zu fragen, habe ich nie gemacht. Und ich hatte immer Arbeit.]

[DE: Aber ich habe nie sehr viel verdient. Wir konnten davon leben. Und ich musste nicht hungern.]

[DE: Und ich war Gott dankbar, dass es so ist. So war das mit dem Geld.]

[DE: Ich habe zwei Kinder, bin sehr glücklich darüber. Meine Frau konnte nicht noch mehr bekommen, sonst wäre sie gestorben. So, ja.]

[DE: IV: Zwei sind besser als keine, haha.]

[DE: LK: Mein Sohn lebt in Frankreich, in den Pyrenäen. Meine Tochter lebt in England und hat einen sehr guten Job.]

[DE: Sie macht das, wie ich Ihnen erzählt habe, das, was auch Schenker tut, dasselbe.]

[DE: Also... ich wollte etwas sagen, aber plötzlich ist es mir entfallen.]

[DE: IV: Haha.]

[DE: LK: Ha. Ich weiß nicht mehr.]

[DE: IV: Ich wollte Ihnen noch eine letzte Frage stellen.]

[DE: LK: Ja.]

[DE: IV: Also, Sie waren ungefähr 14, als Sie...]

[DE: LK: Ja.]

[DE: IV: Als Sie gegangen sind aus...]

[DE: LK: Ja, ja.]

[DE: IV: Sie waren noch ein Kind, sie haben Ihre Mu.. den größten Teil Ihrer Familie verloren, ihre Verwandten. Sie wurden schlimm behandelt.]

[DE: Sie haben eben so überlebt. Wie war das, war das nicht.. Ich glaube, bis zur Befreiung waren Sie ein Jahr gefangen. Sie sind da durch gegangen...]

[DE: LK: Das stimmt, ja, etwa ein Jahr, ja.]

[DE: IV: Also, was glauben Sie, was war das Schlimmste, was Sie erleben mussten? Als Kind, in diesem Jahr.]

[DE: LK: Sie meinen, im Lager, oder...]

[DE: IV: Ja, in den Lagern. In diesem Jahr.]

[DE: LK: Oh, in diesem einen Jahr, ja.]

[DE: IV: In diesem Jahr, ja.]

[DE: LK: Ich sage Ihnen, das Essen. Darüber wollte ich sprechen, jetzt hab ich's wieder..]

[DE: Es gab französische Juden im Lager. Sie sprachen über französisches Essen, verschiedenes Essen, die unterschiedlichen Küchen. Davon hatte ich nie gehört, von diesem Fleisch. Ganz Einfaches.]

[DE: Hehe. Wir waren arm, deswegen gab es bei uns immer eine große Zwiebel zu Mittag. Und ein Stück Brot, trockenes Brot. Mehr hatten wir nicht.]

[DE: Und nur am Sabbat hatten wir richtiges Essen. Etwas Ordentliches.]

[DE: Deshalb war es für mich nicht so.. Ich war daran gewöhnt. Ich hatte keine Probleme in Auschwitz, ich bin durchgekommen.]

[DE: Wie ich schon sagte, das größte Problem war, und das war wirklich fürchterlich - als wir in diesem Wald waren.]

[DE: Es gab kein Essen, keinen Kaffee, nichts zu trinken, es gab gar nichts.]

[DE: Das hat mich wirklich fertig gemacht. Und ich habe abgenommen.]

[DE: Und heute... Heute würde ich mir wünschen, dass ich ein paar Pfund verlieren würde. Hahaha.]

[DE: Aber im Ernst, ich habe damals geschworen, dass ich, wenn ich befreit werde, dass ich so viel essen werde, wie ich will.]

[DE: Ich werde nie wieder hungern. Das Problem ist aber, weil ich diese schlechte Erfahrung gemacht habe, also...]

[DE: Meine Frau sagt immer: „Ich brauche keinen Müllschlucker, er macht das.“]

[DE: Wenn also irgendjemand sein Essen nicht aufgegessen hat, habe ich das gegessen, anstatt es wegzuwerfen.]

[DE: Das hätte ich nicht tun sollen. Deshalb habe ich so zugenommen. Aber jetzt versuche ich...]

[DE: Mein Sohn sagt mir immer, und meine Frau sagte mir auch immer: „Lass es doch liegen, wenn du nicht mehr willst. Kümmer' dich nicht darum.“]

[DE: Ich antworte dann: „Es gibt immer noch Millionen Menschen, die Hunger leiden.“ Und ich weiß, wie sie leiden. Wissen Sie, in der Welt.]

[DE: Also bin ich dankbar, dass ich zu essen habe, warum sollte ich es wegwerfen?]

[DE: Ich bin mal in die Staaten gefahren, um meine Familie nach langer Zeit wiederzusehen. Sie feierten eine große Party, mit Steaks und allem Drum und Dran.]

[DE: Sie hätten es... Die Steaks wurden einfach weggeworfen. Weil es zu viele waren. Sie sagten, das ist egal.]

[DE: Es war 1968, als ich dort war. Ich konnte es nicht glauben, das Essen wurde einfach weggeschmissen. Wissen Sie, das brach mir das Herz.]

[DE: Wenn man sieht, was wir erlebt haben... Und es gibt immer noch Menschen in dieser Welt, die nichts zu essen haben.]

[DE: Na ja. Also, in diesem speziellen Jahr haben Sie gefragt. Ich habe vorher nie darüber nachgedacht, bevor Sie mich gefragt haben.]

[DE: Sehen Sie, obwohl ich nicht religiös bin, glaube ich doch irgendwie an Gott. Was immer auch passiert.]

[DE: Ich dachte mir... Sehen Sie, wir feiern Pessach, in Erinnerung daran, als wir Sklaven waren in Ägypten, richtig?]

[DE: Und ich denke mir, einen Tag, nein, kurz vor Pessach haben sie uns mitgenommen.]

[DE: Es ist also wieder an der Zeit zu leiden, verstehen Sie? Das war meine Einstellung damals. So wurde ich erzogen.]

[DE: Ich sagte: „So muss es sein.“ Verstehen Sie, wir waren geboren, um zu leiden. Sie verstehen, was ich meine.]

[DE: Ich habe, darüber hatten wir gesprochen, ich hasste die Deutschen nicht, auch während des Krieges nicht. Nie. Die Nazis habe ich nie gehasst.]

[DE: Ich hasse die Ungarischen mehr. Verstehen Sie, wegen dem, was sie getan haben.]

[DE: Wir waren Freunde. Wir waren Nachbarn. Und plötzlich sind wir keine Nachbarn mehr?]

[DE: Deswegen bin ich nie zurück nach Ungarn.]

[DE: Ich habe von den Entschädigungen erzählt. Ich habe meinen Namen angegeben, weil ich sieben Brüder und Schwestern verloren habe, und meine Eltern.]

[DE: Das macht neun. Für jeden 100 Euro. Ich habe nichts bekommen. Schon vor zwei Jahren habe ich das gemacht.]

[DE: Jeder hat etwas bekommen. Ich weiß nicht. Ich habe nichts bekommen. Vielleicht hätten sie mir zuviel zahlen müssen..]

[DE: Egal. Sehen Sie, Deutschland hat gezahlt. Sie haben nicht für einzelne Personen bezahlt, wenn man jemanden verloren hat.]

[DE: Sie haben Entschädigungen bezahlt, für alles, was man durchmachen musste. Sie nennen es „Gutmachen“.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Es ist ein...Ich finde, es ist ein... Wahrscheinlich wird es jetzt weniger und weniger, weil weniger von uns übrig sind.]

[DE: Wir werden also alle sterben. Und dann, hah, dann müssen sie nichts mehr bezahlen. Hahaha, verstehen Sie?]

[DE: Aber es ist gut, dass Sie mich gefragt haben. Ich hatte nie darüber nachgedacht. Es war eine gute Frage.]

[DE: IV: Und glauben Sie, dass das letzte Jahr etwas in ihrem Leben verändert hat?]

[DE: LK: Oh ja, es hat viel verändert. Denn es war das erste Jahr, in dem ich über den Holocaust gesprochen habe.]

[DE: Ich habe nie darüber geprochen, all die Jahre nicht. Und jetzt auch nur, weil in meiner Stadt diese Frau lebt. Ich kannte sie vorher nicht.]

[DE: Sie hat bereits sechs Bücher geschrieben, wie ich herausfand. Über den Holocaust. Und ihre Lebensgeschichte.]

[DE: Sie ist älter als ich, 84 momentan. Und sie fährt immer noch herum und geht in Schulen.]

[DE: Geht herum, fährt selbst. Sie hat eine Filmcrew, sie bezahlt sie dafür. Sie filmen sie, wo immer sie spricht.]

[DE: Und ich dachte mir, wenn sie das tut, warum mache ich das nicht auch? Ich wurde auch vorher schon gefragt. Habe es aber nie gemacht.]

[DE: Ich war zu schüchtern, um darüber zu sprechen. Ich kann mit Ihnen sprechen, aber nicht in der Öffentlichkeit. Seltsam, obwohl mein Vater ein Prediger war, hahaha.]

[DE: IV: Haha.]

[DE: LK: Ich hätte also etwas lernen können, habe ich aber nicht. Ja, erst seit diesem Jahr.]

[DE: Es hat mein Leben enorm verändert. Ich war zum Beispiel im kanadischen Fernsehen. Zum ersten Mal.]

[DE: Sie verstehen, was ich meine. Es waren nur 3 Minuten, aber trotzdem, ich wurde gezeigt.]

[DE: Und ein Freund von mir möchte eine Dokumentation über mein ganzes Leben drehen.]

[DE: Und über den jüdischen Glauben, denn sie weiß, dass ich sehr viel über das Judentum weiß.]

[DE: Sie will alles über den jüdischen Glauben erfahren. Ich sagte ihr... Wissen Sie, sie ist ein junges Mädchen, sie ist ungefähr... Sie hat zwei Kinder.]

[DE: Ich sagte ihr: „Hör zu, ich sage dir was. Du kannst nicht einfach einen Film oder irgendwas Ähnliches machen und nur über den Holocaust sprechen.]

[DE: Weil die Leute nicht zuhören werden. Sie haben diese Geschichten alle schon gehört.]

[DE: Du musst, wenn du einen Dokumentarfilm drehen willst, meine ich. Du musst irgendeine Liebesgeschichte erzählen, oder eine Geschichte, mit der man mitgehen kann,]

[DE: Verstehst du?“ Ich sagte: „Ich will dir gern helfen.“ Sie ist eine sehr nette Person.]

[DE: Also, ich sagte zu ihr: „Ich sag dir was. Ich fahre jetzt weg. Und wenn ich wiederkomme, dann treffen wir uns.“]

[DE: Es gibt da einen Mann, er ist Professor. Ein Freund, den ich in Kanada kennengelernt habe.]

[DE: Er ist sehr gut bei solchen Sachen. Er kann mich einige Dinge fragen.]

[DE: Und dann, sagte ich, helfe ich dir. Ich habe ihr etwas unterschrieben, dass ich nichts von ihr haben möchte.]

[DE: Wenn sie irgendetwas verkaufen kann, verstehen Sie? Um etwas zu verdienen. Und ich werde nicht anfangen, ]

[DE: Irgendetwas von ihr haben zu wolllen, weil sie etwas verkauft hat und vielleicht ein paar Dollar verdient.]

[DE: Also unterschrieb ich einen Zettel, dass ich nichts haben möchte. Und ich wünsche ihr alles Gute.]

[DE: Sie hat dann tatsächlich meine Bar Mitzvah gefilmt. Wissen Sie, was eine Bar Mitzvah ist? Also,]

[DE: Wenn man 13 wird, wird man im Judentum zum Mann.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Ja? Aber ich habe es irgendwie verpasst.]

[DE: IV: Ah ja.]

[DE: LK: In dieser Synagoge, der ich beigetreten bin - es ist eine moderne Synagoge, auf Englisch, keine Hebräische. Also, ich bin dort beigetreten.]

[DE: Und sie sagten: „Wir müssen dir eine Bar Mitzvah machen. Weil du sie verpasst hast.“]

[DE: IV: Ah.]

[DE: LK: Deswegen kam der regionale Fernsehsender. Und sie...]

[DE: IV: Sie sind wahrscheinlich der Älteste, der je eine Bar Mitzvah hatte.]

[DE: LK: Nein, das ist nicht, nein.. Sie sagte im Fernsehen...]

[DE: Sie sagte: „Normalerweise richtet der Vater die Bar Mitzvah für die Kinder aus.“]

[DE: IV: Ah.]

[DE: LK: „Diesmal ist es umgekehrt.“ ]

[DE: „Und er ist noch zu jung für seine Bar Mitzvah. Seine zweite Bar Mitzvah.“]

[DE: Man hat sich eine zweite Bar Mitzvah verdient, wenn man 83 ist. Sie sagten: „Er ist erst 79, also noch zu jung für eine Bar Mitzvah auf diesem Weg.]

[DE: Aber er ist zu alt für die Bar Mitzvah, als er jung war. Also ist er {unverständlich} im Fernsehen.“]

[DE: Sie filmte mich, wie ich für die Bar Mitzvah lernte. Während des Lernens filmte sie mich.]

[DE: Das wars. Aber sie ging zu nah ran. Ich sah aus wie 90.]

[DE: IV: Hahaha.]

[DE: LK: Sie hat dann auch eins der Holocaust-Gespräche gefilmt.]

[DE: IV: Vor der Gruppe, oder...]

[DE: IV: Ja, vor einer Gruppe. Sie stand hinten und filmte die ganze Sache.]

[DE: Sie kam zurück und ich sagte ihr: „Nimm, was immer du brauchst, aber zeig es niemandem, es ist, naja...]

[DE: Weißt du, normale Menschen wollen nichts darüber wissen.]

[DE: Es braucht eine Geschichte, wie bei Schindlers Liste, da gab es eine Geschichte. Oder andere Geschichten, die es gibt.“]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK. Das macht es den Menschen interessant. Ich würde ihr gerne helfen.]

[DE: Sie, sie scheinen mir.. Es ist ein junges Paar, zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Sie erinnern mich an mich, als ich in dem Alter war.]

[DE: Und ich würde ihr gerne helfen, wenn ich kann.]

[DE: Aber ich bin kein Regisseur, ich habe keine Ahnung. Ich meine, ich kann nicht..]

[DE: Ich kann ihr das sagen.. Ich sagte, sie solle irgeneine Geschichte finden. Irgendeine.]

[DE: IV: Das muss sie entscheiden. Sie ist dafür verantwortlich.]

[DE: LK: Sie ist verantwortlich. Ich will dabei nichts verdienen. Ich will nichts von ihr.]

[DE: IV: Und vielleicht helfen Sie, wenn Sie einfach mit ihr reden.]

[DE: LK: Das kann ich, ja. Ich sagte ihr: „Wenn ich zurückkomme,]

[DE: Dann nehme ich dich mit nach Toronto, in das jüdische Viertel, und zeige dir, was Juden essen.]

[DE: Welches Essen wir haben, und alles andere. Das könnte Teil der Geschichte werden.“]

[DE: Damit.. Also, damit sie etwas darüber weiß. Das ist nur ein Teil, aber es muss auch noch andere geben.]

[DE: Und man muss es schneiden. Das weiß sie. Sie arbeitet bereits für's Fernsehen.]

[DE: IV: Ah.]

[DE: LK: Sie arbeitet für eine Fernsehfirma. Sie ist eine, sie macht, was er macht.]

[DE: Das macht sie für eine große Fernsehproduktionsfirma.]

[DE: IV: Ich denke, sie weiß, was sie tut...]

[DE: LK: Ich habe mein Buch nicht mitgebracht, aber ich habe.. Sie haben nach Spenden gefragt für die Bar Mitzvah. Also für die Synagoge.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Denn wir haben nicht viele Mitglieder. Wir waren überrascht, ich habe ein ganzes Buch bekommen und jeder wurde gesegnet.]

[DE: Jeder, der eine Spende gab. Es war eine wunderschöne Karte mit ihren Namen darauf.]

[DE: Ich habe daraus ein Album gemacht und alle Karten in das Album gesteckt.]

[DE: Und auch, was ich gesprochen habe und all das.]

[DE: Sehen Sie, ich wollte es ihnen erklären, denn sie verstehen es nicht. Vieles davon.]

[DE: Sehen Sie, ich erkläre es einfach. Es ist so, die Torah ist eine Rolle.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Wenn man ein Buch liest, zum Beispiel, hat es einen Anfang und ein Ende.]

[DE: Bei einer Tora gibt es keinen Anfang und kein Ende. Denn an einem Tag leben wir, am nächsten sind wir tot.]

[DE: Es ist ein ewiger Kreislauf. Und so ist auch die Tora.]

[DE: Wenn man zum Ende der Rolle kommt, fängt sie von vorne wieder an.]

[DE: IV: Am Anfang.]

[DE: LK: Wie ein {unverständlich} Und dann dreht man sie um. Man teilt die Tora also in 52 Wochen.]

[DE: Und jede Woche wird „Analiah“ genannt, auf Hebräisch. ]

[DE: Jeder hat die Möglichkeit.. Ein Mann liest den Teil dieser einen Woche.]

[DE: Und diese wird wiederum in 7 Teile aufgeteilt.]

[DE: Es werden sieben Menschen zur Tora gerufen, die, die vorlesen, also nicht lesen, sie dürfen die Tora nicht lesen, jemand liest es für sie.]

[DE: Ich habe also versucht, ihnen zu erklären, worum es genau geht.]

[DE: Und dann versuchte ich zu erklären, worum es in dieser Woche geht.]

[DE: Wie in einer Predigt. Mein Vater hat das getan... Deswegen wusste ich etwas über das Predigen.]

[DE: Ich erzählte ihnen also etwas über die Predigt dieser Woche. Was wir gelesen hatten.]

[DE: In dieser Woche hatte Moses angefangen, die Menschen zählen zu lassen.]

[DE: Sie gingen und trugen die... Ich habe vergessen, wie es heisst. Aber sie trugen die... Wie auch immer.]

[DE: Und sie fingen an zu zählen. Ich hatte es nicht ganz verstanden und schlug es noch einmal nach.]

[DE: Es waren drei Millionen Juden damals, unter Mose. Alle zusammen.]

[DE: Aber hauptsächlich... Er fing an, die Cohens und die Levis zu zählen. Obwohl sie ein Stamm waren.]

[DE: Der Stamm Levi. Cohen heißt im Hoch-Hebräischen Priester, Hohepriester.]

[DE: Es gab also nur sehr wenige Cohen und Levis. Die meisten waren ganz normale Menschen.]

[DE: Ich bin ein ganz normaler Mensch. Kein Cohen oder Levi. Aber sie gehen zurück bis auf Mose.]

[DE: Generationen über Generationen. Sie haben ihre Namen geändert. Aber aus religiöser Sicht bleibt man ein Cohen, wenn man ein Cohen war.]

[DE: Wenn man von diesem Stamm abstammt. Es gab früher 12 Stämme Israels. Hetue sind es nur noch neuneinhalb.]

[DE: Ah, nein, zweieinhalb. Neuneinhalb sind komplett verschwunden. Manche Leute behaupten nach China, andere behaupten anderes.]

[DE: Niemand kennt die Wahrheit. Was mit ihnen geschehen ist. Manche sagen, sie sind auf's Meer hinaus und wurden nie wieder gesehen.]

[DE: Wissen Sie? Haha. Ich weiß es auch nicht. Die einzigen Stämme, die noch existieren, sind Benjamin, der Stamm Benjamin, und Levi, aber nicht mehr alle von ihnen.]

[DE: Aber ein Teil. Und der ganze Stamm Jehuda, das war der vierte Sohn Jakobs. Deswegen nennt man uns Juden.]

[DE: Yehudim. Von ihnen hat der ganze Stamm überlebt. So. Sehen Sie?]

[DE: Über den Talmud kann ich inzwischen einiges erzählen. Das ist aber auch alles.]

[DE: IV: Hahaha.]

[DE: LK: Aber, ah, selbst wenn ich nicht daran glaube, aber ich bin sehr interessiert an der Geschichte.]

[DE: IV: Ja.]

[DE: LK: Als ich zum Beispiel nach Israel ging. Ich ging in Kirchen und habe viel über die dortige Geschichte gelernt.]