[DE: IV: Ihre Geschichte in Verona...]

[DE: CM: {unverständlich}.]

[DE: IV: Hm, die Re.., die Resistenza, an der Sie in Vero.., in Verona beteiligt gewesen sind, wenn Sie uns vielleicht kurz was dazu sagen könnten...]

[DE: VB: Ganz kurz, kurz {lacht}, hat es schon angefangen? ]

[DE: IV: Ja. ]

[DE: VB: Ähm, meine Beteiligung an der Resistenza in Verona fing schon weit vor, äh, der eigentlichen Resistenza an.]

[DE: Weil, hm, ich habe, ich war ein junger Mann, so wie alle anderen auch. ]

[DE: Aber 1941 kam es zu einem Zwischenfall in einer Bar in Verona.]

[DE: Ich bin von einem Faschisten geohrfeigt worden. ]

[DE: Und, {hüstelt} und von da an setzte eine richtiggehende Verfolgungsjagd ein, eben weil ich eine Ohrfeige bekommen hatte. ]

[DE: Der Faschismus war also, hm, schon so weit vorangeschritten, dass er sich schon in die Köpfe, vor allem in die der jungen Leute eingenistet hatte, und so weiter. ]

[DE: Und alles kontrolliert hat, alles, was auch nur den kleinsten Verdacht hat aufkommen lassen.]

[DE: In meinem Fall, hm, war es so, dass sich in meinem Leben ein paar komische Dinge zugetragen hatten. ]

[DE: Weil ich nie erfahren habe, warum.]

[DE: An dem Tag als ich einberufen worden bin, bin ich aufgegriffen worden.]

[DE: Ich bin rasiert worden, ich bin in eine, ein Gefängnis gesteckt worden. ]

[DE: Man hat mich nach Schlanders in eine Strafkompanie verlegt. ]

[DE: Man hat mich untertags fünfzehn, zwanzig Kilometer marschieren lassen. ]

[DE: Ich war neunzehn Jahre alt und nachts musste ich im Gefängnis schlafen. ]

[DE: Nach dreißig harten Tagen im Gefängnis...]

[DE: Bis heute weiß ich nicht, 1941 f.., hm, im Sommer 1941, bis heute weiß ich nicht, weshalb man mich einer solchen, solchen Behandlung unterzogen hat. ]

[DE: Es ist mir gelungen mich dem zu entziehen, wegen dieser typisch italienischen Geschichte, man hat einen bestimmten Freund, Beziehungen. ]

[DE: Dank einer Verordnung ist es mir gelungen...]

[DE: Die besagte, dass ich als einziger Sohn einer verwitweten Mutter wieder nach Hause gehen könnte. ]

[DE: Ich kann mir das immer noch nicht erklären.]

[DE: Hm, ich werde wohl wieder in die Gegenwart zurückkehren müssen, nach diesem ganzen {betonend} Krieg und all dem. ]

[DE: Ich habe noch mal meinen Matrikelschein durchgelesen.]

[DE: Ich meine, das, das soldatische Dienstzeugnis, da steht nirgendwo was dazu drin {betonend}.]

[DE: Da ist nirgendwo was dazu vermerkt, das zeigt also, wie weit der Faschismus in Italien schon vorgedrungen war. ]

[DE: Aber in meinem Fall war es möglich, weil ich einen Onkel hatte, der Freimaurer war. ]

[DE: Ein Onkel, den ich nie gekannt habe.]

[DE: Was aber offiziell zur Verfolgung geführt hat, ist im November '41 passiert. ]

[DE: Also ein paar Monate nach dieser, diesem militärischen Abenteuer in einer Bar in Verona, die Bar Cavour, hm, in Italien hat man damals... ]

[DE: Dort gab es fast schon so was wie ein religiöses Ritual, nennen wir es mal so, dass man um ein Uhr nachmittags.., wa...]

[DE: Im Radio wurde der Kriegsbericht gesendet. ]

[DE: Man musste an öffentlichen Orten aufstehen. ]

[DE: Dieser Bericht da wurde abends um acht wiederholt. ]

[DE: Man musste aber nicht aufstehen, weil es ja eine Wiederholung war. ]

[DE: So, das also in einer Bar in Verona um acht Uhr abends. ]

[DE: Hm, im Radio in der Bar la.., las er den Bericht nochmal, ein paar Faschisten sind reingekommen. ]

[DE: Sie haben gesehen, dass wir saßen, haben geschrien: "Aufstehen!"]

[DE: Und ich bin aufgestanden. ]

[DE: Als sie aber zu mir gekommen sind, habe ich zu ihm gesagt: "Hören Sie, es ist acht, es ist nicht eins."]

[DE: Hm, da hat er mir eine derartig heftige Ohrfeige, einen Schlag, verpasst, er hat meine Brille kaputtgemacht. ]

[DE: Ich bin angegriffen worden und ohne jetzt in die Details gehen zu wollen, ich bin der Überwachung des Faschismus beigetreten {Organisation zur Überwachung und Bekämpfung des Antifaschismus, OVRA?}. ]

[DE: Ich bin einfach so verurteilt worden, ohne irgendwas getan zu haben, ich bin zu sechs Monaten Polizeiaufsicht verurteilt worden.]

[DE: Und natürlich bin ich dadurch Faschist geworden, so wie alle anderen jungen Leute in meinem... ]

[DE: Ich war Italiener, ich musste bei der Balilla eingeschrieben sein, und so weiter. ]

[DE: Und {hüstelt} deswegen hing ich da mit drin. ]

[DE: Und, und die antifaschistische Front, die es schon gab, die alte antifaschistische Front ist auf mich aufmerksam geworden. ]

[DE: Ich konnte mitmachen, deshalb habe ich mich an der Resistenza beteiligt.]

[DE: Und deswegen war mein, meine, sagen wir mal, Rekrutierung an der antifaschistischen Front rein zufälliger Natur. ]

[DE: Es steckte keine bestimmte Gesinnung bzw. kein bestimmtes Prinzip dahinter.]

[DE: Diese Ungerechtigkeit {betonend}, diese zwei {betonend} Ungerechtigkeiten haben mir, haben mir aber die Augen geöffnet. ]

[DE: Sie haben mir nicht nur die Augen geöffnet, ich war sogar einer der Aktivsten unter all den jungen Menschen.]

[DE: '42 war ich bereits Professor, auch wenn ich noch keinen Hochschulabschluss hatte. ]

[DE: Deswegen hatte ich Kontakt zu jungen Menschen, so haben wir angefangen so Zirkel zu veranstalten.]

[DE: Nicht, nicht aktiv im Sinne von aggressivem bzw. abwehrendem, hm, Antifaschismus, sondern einfach nur Kritik, Satire, äh, Überlegungen... ich lehrte Philosophie. ]

[DE: Das war also sehr wichtig, weil ich hatte viele Studenten, die alle schon älter waren als ich. ]

[DE: Hm, Studenten, achtzehn Jahre, sechzehn Jahre alt, deswegen hat es sich rumgesprochen. ]

[DE: Natürlich haben mich die alten Antifaschisten aufgenommen, die schon länger verborgen im Untergrund agierten, ich hab' bei ihnen mitgemacht.]

[DE: Und, und mit dem Sturz am 25. Juli und dem 8. September bin ich einer der, der jungen Anführer der, der antifaschistischen Bewegung, der Resistenza geworden, und zwar von Anfang an.]

[DE: Ich versuche mich kurz zu fassen. ]

[DE: Ich bin dann nochmal festgenommen worden, da wurde ich ziemlich übel zugerichtet {hüstelt}, Ende Oktober '43. ]

[DE: Und ich bin im Gefängnis, äh, in schrecklichen Gefängnissen eingesessen, in den Scalzi in Verona bis März '44. ]

[DE: März '44 bin ich rausgekommen und bin Tei.., Mitglied des Komitees der nationalen Befreiung in Verona geworden. ]

[DE: Im Juli '44 bin ich nochmal festgenommen worden. ]

[DE: Ich bin gelandet, ich bin gefoltert, ausgepeitscht worden. ]

[DE: Ich bin bel.., gelandet... man hat mich den Deutschen ausgeliefert und mich ins Lager Flossenbürg gebracht. ]

[DE: Das heißt zuerst das Lager Bozen und dann das Lager Flo...]

[DE: Das sind sozusagen ein paar einleitende Worte zu meiner Beteiligung an der Resistenza. ]

[DE: Eine extrem kurze Fassung, ohne auf die Details einzugehen, sagen wir es mal so.]

[DE: IV: {unverständlich}.]

[DE: CM: Wir müssen es auch net ausschöpfen, also vielleicht wenn {unverständlich} fertig bist.]

[DE: IV: Ja, OK.]

[DE: CM: Und Kamera läuft.]

[DE: IV: Gut, also, ähm, wenn Sie uns vielleicht klo.., wenn Sie uns vielleicht noch kurz was zu Bozen sagen, sagen könnten. ]

[DE: Und dann zu Ihrer Abfahrt in Richtung Deutschland.]

[DE: Was haben Sie gedacht, was haben Sie, was haben Sie erwartet und dann noch was über Ihre Ankunft in Flossenbürg. ]

[DE: VB: So, das ist sozusagen der politische Werdegang eines Antifaschisten bis heute.]

[DE: Eines Rebellen, eines Banditen, so wurden wir genannt, eines Patrioten, so sahen wir uns. ]

[DE: Was das Lager Bozen angeht, das ist eine andere, eine andere Seite, eine andere Geschichte, eine andere, eine andere Welt.]

[DE: Aber nichts im Vergleich zu Flossenbürg.]

[DE: Bozen ist eigentlich, hm, sagen wir es mal so, so eine Art von Vorhölle.]

[DE: Um in die, bevor wir uns in die große Hölle Flossenbürg und Hersbruck begeben, also in die Lager, KZ, ähm, in das Konzentrationslager. ]

[DE: Ich bin mit der Gruppe des CLN {Komitee der nationalen Befreiung} festgenommen worden, wir waren elf politische {unverständlich}.]

[DE: Wir sind ins Lager Bozen gebracht worden, eingesperrt in ein, in ein {lacht} Konzentrationslager.]

[DE: Eingesperrt in eine Spezialbaracke, die der sogenannten Gefährlichen. ]

[DE: Und dort sind wir mit weiteren sechs jungen Männern aus der {unverständlich} zusammengelegt worden.]

[DE: Die von unseren Armeen mit dem Fallschirm abgeworfen worden waren, die mit den Allierten koaliert hatten.]

[DE: Die natürlich Spione waren, nicht. ]

[DE: Spione, nicht, sie waren Soldaten, denn sie hatten Uniformen an.]

[DE: Die drei, vier Tage lang mit mir zusammen waren, dann sind sie erschossen worden. ]

[DE: Und das ist was ziemlich Aufsehenerregendes gewesen, es ist, daran gedo.., gedenkt man jedes Jahr in Bozen. ]

[DE: Äh, großartige junge Männer, die aufgegriffen worden sind und, und nicht so wie die anderen erschossen worden sind. ]

[DE: Jedem Einzelnen hat man im Keller eine Kugel in den Kopf gejagt. ]

[DE: Daran kann ich mich noch ziemlich gut erinnern. ]

[DE: Weil ich es wahrscheinlich zum ersten Mal, äh, mit sechs jungen Männer zu tun hatte, die so eigentlich nur in Romanen existieren. ]

[DE: Oder in den Geschichtsbüchern über Paladine, mit Geschichten über Ehrenritter, und so weiter.]

[DE: Das waren wunderbare junge Männer, sie beherrschten alle mehrere Sprachen, äh, sehr gebildet, M.., Marineoffiziere. ]

[DE: Das war ein, ein harter Schlag, aber das war noch nicht mal das Brutalste. ]

[DE: Die eigentliche Brutalität zeigt sich in Flossenbürg. ]

[DE: Man holt uns eines schönen Tages aus, aus dieser Baracke ab, man legt uns mit den anderen zusammen.]

[DE: Und packt uns in diese Züge, in diese berühmt-berüchtigten Züge. ]

[DE: Ungefähr vierhundertfünfzig, fünfhundert Leute, da war alles Mögliche mit dabei. ]

[DE: Da waren Politiker, da waren Diebe, da waren, n.., da waren viele Juden, die meisten dieser Juden waren eigentlich überall mit dabei. ]

[DE: Aber alle waren rotes Dreieck und gelbes Dreieck. ]

[DE: Ich habe auch erst ein paar Jahre später herausgefunden, warum das alles so war. ]

[DE: Eine der, vielleicht sogar schon eine moralische Beleidigung, die man uns zufügte, war, dass man uns nicht voneinander getrennt hat. ]

[DE: Wir sind lediglich von den Gelben getrennt gewesen, also von den Juden. ]

[DE: Mit einem Dreieck, einem roten Dreieck, das war der Politische und das gelbe Dreieck, das waren die Juden. ]

[DE: Das rote Dreieck, das für die Poltiker war, den Antifaschisten haben sie aber g.., es gab da diese Verachtung von Seiten der Deutschen.]

[DE: Für die waren wir alle gleich, alles, alles Politische. ]

[DE: Das ist erst sehr viel später rausgekommen. ]

[DE: Jedenfalls hat man uns in diesen Zug, in diesen da Zug gepackt, hm. ]

[DE: Ich zusammen mit einem Freund, mit einem der, der, der kühnen unter meinen Kameraden, äh, wir haben einen, ein Brett aus dem Boden des Zuges rausgerissen. ]

[DE: Wir konnten fliehen, es waren aber die Brüder...]

[DE: Die Gefangenen selbst, die uns daran gehindert haben. ]

[DE: Sie haben gebrüllt, dass sie den Alarm auslösen würden, und so weiter, man fängt also allmählich an, sich vom solidarischen Grundprinzip loszulösen.]

[DE: Und es gibt immer noch keine Waffen gegen die Antisolidarität {betonend}.]

[DE: Es gibt also noch keinen Hunger, es gibt noch keine Folter, es gibt noch immer kein Vernichtungslager.]

[DE: Diese, diese Bitterkeit hat uns, sagen wir mal, auf unserer Reise stets begleitet. ]

[DE: Ich weiß nicht mehr, ob das jetzt zwei Tage waren, ein Tag... wir sind in Flossenbürg angekommen. ]

[DE: In Flossenbürg sind wir aus dem Zug gestiegen, sind diese, diese Straße da langgelaufen. ]

[DE: Man trennt uns von den Frauen und den Kindern, die dort waren. ]

[DE: An Kinder kann ich mich nicht erinnern, aber man sagt, dass es dort auch jüdische Kinder gegeben haben soll. ]

[DE: Aber ich weiß noch, dass man uns von den Frauen getrennt hat, wir haben sie nicht mehr gesehen. ]

[DE: Dann sind wir, die Männer, losgelaufen und sind gelangt zu diesem... ]

[DE: Wo dieser große, äh, Be.., Bau der, der SS-Wache direkt am Eingang war. ]

[DE: Auf einer anderen Seite war der Eingang zum Lager Flossenbürg, auf einer Säule stand 'Arbeit macht frei '. ]

[DE: Ich konnte ein bisschen {betonend} Deutsch, äh, ich habe es übersetzt d.., 'die Arbeit macht frei'. ]

[DE: Wir haben also nichts geahnt von unserem zukünftigen Schicksal. ]

[DE: Deswegen sind wir einfach reingegangen und ich hab' denen, die kein Deutsch konnten, erklärt, dass wir arbeiten gehen würden. ]

[DE: Aber so wie wir durchs Tor gegangen sind, sind wir sofort neben einem Treppchen aus Zement z.., zusammengetrieben worden, das führte in ein, in ein ziemlich trostloses Gebäude.]

[DE: Man hat uns nackt ausgezogen. ]

[DE: Bis jetzt sind wir also noch Menschen. ]

[DE: Wir sind menschliche Wesen, wir erfüllen im Leben eine ganz bestimmte Rolle. ]

[DE: Es gibt den Professor, es gibt den Priester, es gibt den Mönch, es gibt den Arbeiter, es gibt den bescheidenen Mann, es gibt den intellektuellen Mann. ]

[DE: Wir haben die Maske eines Menschen, für alle anderen sind wir Menschen. ]

[DE: Dieses uns Ausziehen, uns überall zu mustern, wegen des... das macht uns alle gleich. ]

[DE: Das ist der erste Schritt. ]

[DE: Wir sind nackt, wir unterscheiden uns nicht mehr voneinander, das was uns voneinander unterscheidet, verschwindet allmählich. ]

[DE: Der zweite Schlag kommt als man uns das auch noch wegnimmt. ]

[DE: Als sie uns die Nummer geben... jedenfalls, lassen Sie uns doch nochmal über diese Erniedrigung sprechen, ich habe später erfahren, dass man mit dieser Methode Pferde zähmt.]

[DE: Dieses uns unter eine Dusche stellen, diese be.., berühmt berüchtigte Dusche. ]

[DE: Das Wasser aufdrehen und dann kamen diese Tobsüchtigen, diese Kapos mit so, mit Gummiknüppeln und zuschlagen, zuschlagen, zuschlagen. ]

[DE: Aber ohne den, irgendeinen Unterschied zu machen zwischen all diesen nackten Körpern da unter dem Wasser. ]

[DE: Das, was... das ist an sich eigentlich keine Folter im eigentlichen Sinne, eher eine seelische Folter. ]

[DE: Weil wir ganz allmählich den, den, den Widerstand aufgeben. ]

[DE: Wir sind bereits ein Nichts {betonend}, wir sind bereits, und, und aufeinander geworfen und wi...]

[DE: Und beim Aufeinandergeworfen werden geht es schon los mit dem gegenseitigen sich Abwehren.]

[DE: Er versucht abzuhauen und, den Schlägen... Das ist eine, ist, ist, ist schon ein Zeichen dafür, dass das Ganze psychologisch durchkalkuliert ist. ]

[DE: Also, den, den ersten Schrecken ein.., einjagen. ]

[DE: Dieses: "Du bist ein Nichts, ich kann dich schlagen, ich kann dich zerstören."]

[DE: Aber wir wissen noch, was vor zehn Minuten passiert ist.]

[DE: Deswegen machen sie die Duschen aus und ko.., wir kommen in einen anderen Raum und man gibt uns Kleider, diese Kleider, und man gibt uns eine Nummer. ]

[DE: Sie nehmen uns also den Namen weg und diese Nummer müssen wir auswendig können. ]

[DE: Wir haben keinen Namen mehr, wir sind keine Men.., keine Menschen mehr. ]

[DE: Wir können auch nicht mehr unterscheiden zwischen eins, zwei und drei, also zwischen dem, was den jeweiligen Unterschied ausmacht. ]

[DE: Es gibt keine Unterschiede mehr, es gibt eine Nummer. ]

[DE: Und nicht {betonend} in unserer Sprache, wir müssen sie in einer fremden Sprache, die man sich nicht so leicht merken kann, auswendig lernen. ]

[DE: Und dort hat man uns loslaufen lassen, man hat uns zur, zur ersten Abartigkeit gebracht. ]

[DE: Zu dem, was, was einer verqueren Logik zufolge... Quarantäne genannt wurde. ]

[DE: Hi.., von da an wird alles anders.]

[DE: Die erste Suppe, weil wir w.., waren ausgehungert, weil wir schon seit ein paar Tagen nichts mehr gegessen hatten. ]

[DE: Als ich es in meinen Mund geschoben habe, schmeckt es nach nichts mehr. ]

[DE: Weil ein, eine, eine {unverständlich} wie den Tieren.]

[DE: Und, und, und in diese Baracke zu kommen, wo ein Gefreiter war, ich weiß nicht, ob der von der SS war oder...]

[DE: Er war, er hatte das, die deutsche Uniform an, er hatte einen Stock. ]

[DE: Er war krank im Hirn, denn es war kalt. ]

[DE: Es lag Schnee... denn er ließ uns in die Baracke reingehen.]

[DE: Und, und, und man gab uns einen Platz auf diesen Liegeplätzen da, drei, vier, fünf auf einem Platz. ]

[DE: Zehn Minuten sind wir da gewesen, dann: {schreit} "Raus!"]

[DE: Raus, raus, vor die Baracke. ]

[DE: Dann rein in die Baracke, das den ganzen Tag und die ganze Nacht lang. ]

[DE: Bis einer der Letzten rausgegangen ist, es hat angefangen zu schneien. ]

[DE: Und ein Schneesturm mit Wind und, und die ersten sterben schon.]

[DE: Wir müssen jetzt nicht auf die Details eingehen, so was kann man nicht beschreiben. ]

[DE: Aber sofort danach werden wir, äh, sehen wir etwas, das man nicht beschreiben kann. ]

[DE: Was ist ein menschliches Wesen, wenn es die Menschlichkeit verloren hat? ]

[DE: Und sie kam.., sie kamen in die Nähe unserer Baracke, es gab einen, einen langen Graben mit einem Dach drauf. ]

[DE: Man nannte es Latrine, es war schrecklich. ]

[DE: Sie kamen von der anderen Seite vom Lager Flossenbürg rein. ]

[DE: Gruppen von jeweils drei, vier Skeletten {betonend} kamen rein, so Gespenster. ]

[DE: Nackt, die Augen vollkommen leer, ohne, Pers.., Lebenslicht, leer. ]

[DE: Total abgemagert {betonend}.]

[DE: Es waren Skelette, aber mit Beinen und die Füß.., mit geschwollenen Füßen und Fußknöcheln. ]

[DE: Es waren Monster, lebendige Skelette. ]

[DE: Denn sie waren n.., weder lebendig noch tot. ]

[DE: Die wurden in diese Latrine da reingeschoben und auf den Boden geworfen, sie fielen hin und, und diese da, die wir Leichenträger nannten...]

[DE: Die noch nicht mal besonders bestialisch waren, die, die mit ihnen mitgelaufen sind, waren nicht gewalttätig. ]

[DE: Sie haben sie stundenlang sich selbst überlassen, damit sie endlich sterben. ]

[DE: Und dann waren sie schon halb tot. ]

[DE: Als wir dann also unsere Bedürfnisse erledigen mussten d... ]

[DE: Mussten wir über diese Toten, diese Toten oder Halbtoten oder im Sterben liegenden drübertreten.]

[DE: Und um, um nicht in diesen Graben zu fallen, haben wir uns manchmal an einem Bein oder an einem Arm festgehalten. ]

[DE: Das ist etwas, das ist etwas gewesen, irgendwann wurde das dann normal.]

[DE: Aber das ist der erste {betonend} Eindruck gewesen, der, dann gab es noch was, was viel Schrecklicheres...]

[DE: Wir haben uns alle irgendwann mal nicht mehr gekannt. ]

[DE: Wir waren plötzlich miteinander verfeindet. ]

[DE: Ich verkürze das Ganze jetzt ein bisschen, ich geh' jetzt nicht auf jedes einzelne Detail ein. ]

[DE: Das ist dann die, die komplette Verwandlung dessen, was man gemeinhin als einen Mensch bezeichnen würde.]

[DE: Der Mensch wird eine Num.., Nummer. ]

[DE: Als Nummer wird man zum Feind des eigenen Freundes. ]

[DE: Und dann wäre da noch das Problem mit der Sprache. ]

[DE: Solange noch jemand am Leben ist, der die eigene Sprache spricht, gibt es noch so etwas wie Kommunikation. ]

[DE: Dann sterben die, weil, die eigenen Kameraden als allererstes sterben.]

[DE: Sie ster.., und man wird sprachlos, man verstummt. ]

[DE: Man muss eigentlich nur die Befehle auf Deutsch auswendig lernen, die noch nicht mal von den Deutschen selbst ausgerufen werden. ]

[DE: Weil Deutsche gibt es nicht, es sind fast alles Gefangene, die heißen Kapo, Schreiber oder Lagerältester. ]

[DE: Und all.., diese {betonend} Gefangenen... wir lernen eine, eine, eine neue Farbe bei den Dreiecken kennen, das grüne Dreieck. ]

[DE: Das grüne Dreieck, was anderes... von einer derartigen psychologischen Raffinesse, von einer Kapillarität, hm, gewissermaßen bewundernswert, der, aber im negativen Sinne.]

[DE: So konzipiert, um Schrecken unter uns {betonend} zu verbreiten.]

[DE: Und auch das Fehlen von so was wie Zukunft und Zeit.]

[DE: Wir werden zu Zombies.]

[DE: Und der Hunger. ]

[DE: Diese grünen Dreiecke waren die, die das Kommando im Lager inne hatten.]

[DE: Das waren ehemalige Häftlinge aus deutschen Gefängnissen, sie sind aus den Gefängnissen entlassen worden, um diese Arbeit da zu machen.]

[DE: Also Leute mit, mi.., mit sehr schlimmen Verbrechen. ]

[DE: Wir werden sehen, es wird noch schlimmer werden in, vor.., vorne im Lager Hersbruck, wo das alles noch sehr viel schlimmer wird. ]

[DE: Also, das, solange wir in Flossenbürg sind, die erste {hüstelt}, hm, sagen wir mal, körperliche Schwäche ist das Unvermögen den Hunger auszuhalten. ]

[DE: Der Hunger ist nicht mehr... wie auf die Toilette gehen, wie was trinken, und so weiter. ]

[DE: Hm, das wird zu einer Krankheit, all unsere Empfindungen, all unsere Wahrnehmungen sind darauf gerichtet, Essen zu bekommen. ]

[DE: Suppe zu bekommen, ein Stück Brot zu haben. ]

[DE: Es gibt keine Gegenwart mehr, es gibt keine Vergangenheit mehr, es gibt nur noch den einen Augenblick.]

[DE: Man glaubt nicht, dass man den nächsten Tag noch erleben wird.]

[DE: Das ist der Zustand des Verurteilten, der nach Hersbruck kommt. ]

[DE: Hersbruck, wir sprechen nicht darüber, wie endlich... ungefähr vierhundert von uns werden nach Hersbruck gebracht. ]

[DE: Was ist Hersbruck?]

[DE: Das ist ein Lager, das ungefähr im August 1944 enstanden ist. ]

[DE: Ah, ein Lager, das auf Schlamm gebaut war, es war ein Sumpf. ]

[DE: Der Schlamm, w.., wo man bis zu den Knien einsank.]

[DE: Vor bestimmten Baracken waren so kleine Brückchen aus Holz. ]

[DE: Unsere Baracke, das war die Baracke 14, sie war ganz hinten im Lager Hersbruck, sie stand noch im Schlamm. ]

[DE: Man ging durch den Schlamm, dann war da noch ein Platz, der Appellplatz...]

[DE: Und der war mit spitzen Steinen gepflastert. ]

[DE: Wir haben diese Holzlatschen da, die uns keinen richtigen Halt geben {unverständlich}, weil wir die auch verlieren können. ]

[DE: Wir können nicht im Schlamm laufen, weil der Schlamm uns aufsaugt. ]

[DE: Somit steht das für den Beginn eines, {lacht}, sagen wir Mal eines, eines surrealen Lebens, das aber eigentlich schon gar kein Leben mehr ist.]

[DE: Und da geht dann die richtige Folter erst los, es gibt, hm, die Suppe ist immer knapp, zwischen uns herrscht Hass. ]

[DE: Jeder, äh, versucht mit, mit dem anderen zu reden, aber nicht, um des Redens willens, sondern um was zu kriegen. ]

[DE: Es gibt kein Geben mehr, das gibt es nicht mehr, es gibt das Nehmen. ]

[DE: Dann die Arbeit, die Arbeit... man bringt mich, uns, man lässt uns ungefähr sechs Kilometer laufen zum Städtchen, wunderschönen Städtchen Hersbruck. ]

[DE: Und, und die Bevölkerung sieht uns vorbeilaufen. ]

[DE: Mit den Hunden, die s.., dahingehend trainiert werden, uns in die Beine zu beißen. ]

[DE: Wir sind voller Wunden, Läuse. ]

[DE: Wir sind Lumpen, mit diesen Holzlatschen. ]

[DE: Dort müssen wir dann nochmal in einen Zug steigen. ]

[DE: So dermaßen zusammengedrängt {betonend}, einer auf dem anderen, man konnte nicht schlafen, ohne ständig runterzufallen. ]

[DE: Und das dann noch mal vier, fünf Kilometer weit.]

[DE: Dann ist man ausgestiegen, man lief langsam in Richtung Happurg, diesen steilen Wald da hoch.]

[DE: Und graben, diese, die Arbeit in diesen, den Minen verrichten, wo die meisten von denen gestorben sind. ]

[DE: Noch mal ganz kurz zum Aufbau des Lagers, August '44. ]

[DE: Das Lager ist Ende März evakuiert worden. ]

[DE: Und es waren nie mehr als fünftausend Gefangene. ]

[DE: Es hat neuntausend {betonend} Tote im {betonend} Lager gegeben. ]

[DE: Und ebenso viele sind todkrank mit dem Zug ins Krematorium Flossenbürg mit einem {unverständlich} gebracht worden. ]

[DE: Im Lager Flossenbürg selbst gab es kein Krematorium, das war in der Stadt. ]

[DE: Wir waren natürlich dieses Krematoriums nicht würdig. ]

[DE: Es hat noch mal ein Lager gegeben mit deutschen Deserteuren, ein kleines Lager, wo es auch ein Krematorium gegeben hat. ]

[DE: Bei uns in Hersbruck herrschte mittlerweile ein unglaublich rauher Winter. ]

[DE: Es gab nur eine einzige Baracke, dort wurden die Toten aufgeschichtet, wie so Kartoffelsäcke.]

[DE: Sie sind im Winter eingefroren worden. ]

[DE: So war das, eigentlich könnten wir jetzt Schluss machen.]

[DE: Weil achtzehn-, neunzehntausend Tote innerhalb von acht Monaten in einem Lager mit viertausend, das sagt eigentlich schon alles.]

[DE: So war das, was ich aber eigentlich sagen möchte, etwas, das sehr wichtig ist, ist, sagen wir mal, das ist diese Parabel, dazu möchte ich noch was sagen.]

[DE: Äh, was sind wir für die Leute, die außerhalb des Lagers leben?]

[DE: Wir sind, wir sind keine menschlichen Wesen, was ist ein menschliches Wesen?]

[DE: Möglicherweise sind wir gar keine menschlichen Wesen, dann sind wir Sklaven. ]

[DE: Dann sind wir Pferde, Arbeitstiere. ]

[DE: Aber die Arbeitstiere, den Pferden, den Eseln, den Ochsen muss man was zu fressen geben, damit sie arbeiten. ]

[DE: Man muss sich um sie kümmern, hier nicht, dieses Konzept gibt es hier nicht. ]

[DE: Warum das alles? ]

[DE: Hm, wir Sklaven, Sklaven wie... man muss Sklaven was zu essen geben, damit sie arbeiten.]

[DE: Diese Logik greift hier nicht. ]

[DE: Hm, eine Logik gibt es, es ist aber eine richtiggehend perfide Logik. ]

[DE: Ich habe mir dann eines Tages also vorgestellt, dass ich mir irgendeinen x-beliebigen Mann rauspicke.]

[DE: Einen Mann, der einen Beruf ausübt, ein Mann, der jeden Tag acht Stunden lang arbeitet. ]

[DE: Der mittags nach Hause kommt, um mit den Kindern was zu essen. ]

[DE: Der zu Abend isst, der jeden Sonntag zur Messe geht. ]

[DE: Der ein bescheidener Mann ist, ein Mann, der den anderen gegenüber seine Staatsbürgerpflicht erfüllt.]

[DE: Und der einen Beruf hat, einen sehr ehrlichen Beruf. ]

[DE: Einen wichtigen Beruf, er ist Metzger. ]

[DE: Er muss jeden Tag zwei, dreihundert, vierhundert, tausend Stück Vieh töten. ]

[DE: Darum geht es, was ist das für ein Wesen, das da in einem Konzentrationslag.., ist. ]

[DE: Es ist ein Tier, aber man müsste die Schafe oder Ochsen gar nicht töten, damit die anderen was zu essen bekommen. ]

[DE: Wozu?]

[DE: Es ist der Hass, es ist der Ei.., wir sind Feinde. ]

[DE: Der Jude auch, aber vor allem ist der Politische der Feind. ]

[DE: Ein Feind, den man zerstören muss. ]

[DE: Aber Deutschland ist an den Tod gewöhnt. ]

[DE: In jeder Familie gibt es einen Toten. ]

[DE: Deutschland selbst mit seinen ganzen Toten ist das Unrecht.]

[DE: Deswegen reicht der Tod nicht aus. ]

[DE: Ich denke, dass hierin die große Schuld liegt. ]

[DE: Die Erforschung dieser, die Erforschung Himmlers {betonend}, die Erforschung all dieser großen Meister, äh, dieser großartigen Psychologen, das ist die...]

[DE: Sterben allein reicht nicht aus, sie wollen dein Leben haben, sie wollen, dass man wenig, richtig leidet, bevor sie einen sterben lassen.]

[DE: Somit... der Tod ist eine Belohnung, und wir hatten keine, es gab keine Angst mehr vom dem Tod.]

[DE: Die gab es nur in Bezug auf den Zeitpunkt. ]

[DE: Und das da, hm, ist das Ergebnis einer, wenn man so will, unnachgiebigen Analyse. ]

[DE: Aber das ist die Naheliegendste, um zu er.., um sich diese an sich unverständliche Folter erklären zu können.]

[DE: Das da ist, diese Zeit, die, die einmalig ist innerhalb der Geschichte. ]

[DE: Denn die Menschheitsgeschichte ist voller Blutbäder, Toten, Blut. ]

[DE: Aber dieser {betonend} Fall da ist ein vollkommen, voillkommen, vollkommen anders gelagerter Fall. ]

[DE: Und deswegen hat diese Parabel von mir kein, kein Ergebnis.]

[DE: Weil ja, sie, das ist gemacht, gemacht worden, und...]

[DE: CM: {unverständlich}.]

[DE: VB: Äh...]

[DE: IV: Sie müssen die Kassette wechseln.]

[DE: CM: OK, Kamera läuft.]

[DE: IV: OK, ja.]

[DE: VB: Moment, hm, warte, ich muss mich noch...]

[DE: IV: {unverständlich}.]

[DE: CM: Ja, ja, kein Problem, {unverständlich}.]

[DE: VB: Weil, weil ich habe jetzt den Faden verloren, ich muss mich erst mal sortieren, also, hm, ich hab' den Faden verloren. ]

[DE: IV: Mmmhh.]

[DE: VB: Ich denke, dass wir Schluss machen können {lacht}.]

[DE: IV: Nein, aber, wir können nicht, ähm...]

[DE: VB: Stell' mir, stell' mir eine andere Frage. ]

[DE: IV: Ja, ja, ja, ja, ähm, wie, ich meine, der, das Leben, wenn man es überhaupt als solches bezeichnen kann...]

[DE: Das tägliche Leben, wie war das denn Ha.., in Hersbruck und wie haben Sie überhaupt den Winter '44/'45 überlebt, wie haben Sie das hingekriegt?]

[DE: VB: Gut, diese Frage ist eigentlich ziemlich wichtig, hm, sie ist schon fast essentiell, notwendig. ]

[DE: Hm, die Anzahl der Kalorien. ]

[DE: Das ist Statistik, es ist nicht, ah, achthundertdreißig Kalorien pro Tag. ]

[DE: Achtz.., hundertdreiundachzig {betonend} Kalorien pro Tag. ]

[DE: Und das ist einmalig in der Geschichte, das weiß man. ]

[DE: Hundertdreiundachtzig Kalorien pro Tag, man kann, ohne zu arbeiten, neunzig Tage lang überleben. ]

[DE: Das ist das Kalkül, das diabolische Kalkül, das dem Ganzen zugrunde liegt. ]

[DE: Hm, und deswegen sind das drei Monate Folter, wenn man nicht arbeitet. ]

[DE: Es hat auch niemand die drei Monate übe.., geschafft. ]

[DE: Dieses Aufeinanderfolgen, diese Berechnungen von, der, der achtzehntausend Toten, das ist ein Ergebnis, das mehr oder weniger hinkommt mit den Berechnungen. ]

[DE: So, was ist mir passiert?]

[DE: Ich habe wahnsinnig viel Glück gehabt, dabei habe ich es noch nicht mal drauf angelegt.]

[DE: Hm, erstmal hatte ich das Glück einen ersten, äh, italienischen Schreiber zu kennen, zu haben, das war Olivelli. ]

[DE: Der den Polen ersetzt hat, der uns gefoltert hat und so weiter. ]

[DE: Er ist Blockältester geworden und konnte seinen Kameraden eine zeitlang behilflich sein. ]

[DE: Weil einen Monat später ist er ausgesondert worden und getötet worden. ]

[DE: Aber in der kurzen Ze.., Zeit, äh, sind wir zwar keine Freunde geworden... ]

[DE: Aber wir haben uns gut verstanden, weil wir beide Universitätsprofessoren waren, intellektuelle Le.., Leute, nicht. ]

[DE: Und deswegen hat es diese Art von Einverständnis gegeben. ]

[DE: Eines Tages hat Olivelli, in seiner, sagen wir mal, glücklichen Zeit, in seine Baracke... ]

[DE: In dieser Zeit, wo die Angst nicht so stark war, hat er einen, den Arzt vom Revier herkommen lassen, das war ein buckliger Ukrainer. ]

[DE: Hm, der sprach Französisch, dass er hergekommen ist, alle untersucht hat, das hat rein gar nichts gebracht. ]

[DE: Weil er ni.., nichts an der Kost und so weiter ändern konnte. ]

[DE: Als er dann aber zu mir gekommen ist, hat Olivelli gesagt: ]

[DE: "Das ist ein Mathem.., Philosophieprofessor."]

[DE: Und da bleibt der, dieser Bucklige vor mir stehen, wahrscheinlich, um, um seine Bildung zur Schau zu stellen. ]

[DE: Er sagt zu mir: "Dann sprichst du also Französisch?" "Oui, certement je parle francais."]

[DE: Hm, dann hat er mich auf Französisch gefragt, ob ich Mol.., gelesen hätte, äh, ob mir im Bereich Philosophie der Philosoph Voltaire {betonend} bekannt sei. ]

[DE: Sicher kenne ich Voltaire. ]

[DE: "Hast du den Candide von Voltaire gelesen, le Candide?" "Ah, das erste Buch, das er geschrieben hat."]

[DE: "Sehr gut. Danke, sehr schön."]

[DE: So, das ist alles, so kommt das Buch in mein, in mein weiteres Leben {lacht}.]

[DE: Mit der Zeit tritt der Gelehrtentypus in mein Leben.]

[DE: Weil genau darum geht es ja letztendlich.]

[DE: Ein paar Tage später werden meine Holzlatschen geklaut. ]

[DE: Weil die andere große Tragödie im Lager war, dass alles Diebesgut war l.., man beklaute sich gegenseitig. ]

[DE: Das war die, die mangelnde Solidarität.]

[DE: Und der Letzte, der, der die Baracke ste.., verließ, um arbeiten zu gehen, konnte womöglich seine Holzlatschen ni.., nicht finden, denn sie war, denn sie waren draußen.]

[DE: Und ich war einer von den.., der Letzte, der rausgegangen ist, weil m.., weil mein Kamerad gestorben war, ich bin, ich habe mich verspätet, de Ambrogi. ]

[DE: Ich bin, ich habe keine Holzlatschen und bin barfuß. ]

[DE: Und es liegt Schnee, Schnee und Schlamm. ]

[DE: Ich habe immerzu meine eigenen Entscheidungen im Leben getroffen. ]

[DE: Deswegen, ich werde wohl hundert Schritte gegangen sein. ]

[DE: Ich habe gesagt: "Nein, ich... nein, das ist unmöglich, barfuß komme ich auf keinen Fall nach Happurg." ]

[DE: Da habe ich gesagt: "Na ja, wenn ich sterben muss, dann sterbe ich."]

[DE: Ich bin in die Hocke gegangen und der Kapo, die Truppe ist gekommen, und er sagt: ]

[DE: "Was ist los?", da habe ich zu ihm gesagt: "Ich bin krank."]

[DE: "Geh' zum Revier, da ist die Revier."]

[DE: Das Revier war ganz in der Nähe. ]

[DE: Er hat mir einen Tritt versetzt, einen Tritt, der mir nicht weh getan hat. ]

[DE: Das sind also diese, diese Sachen, man kann sich nicht erklären, warum sie passieren, dann ist es passiert. ]

[DE: Ich bin barfuß zum Revier gelaufen. ]

[DE: Und im Revier war, am Eingang vom Revier war eine, eine lange Schlange mit Kranken, mit denen, die krank sein wollten. ]

[DE: So, die Regel lautete, man musste mindestens achtunddreißig Grad Fieber haben, dann ist, durfte man reinkommen.]

[DE: Im Revier gab es keine Medizin, es gab nur, man hat nicht gearbeitet. ]

[DE: Man war draußen, nicht im Warmen, sondern draußen im Kalten bei zwanzig Grad unter Null. ]

[DE: Ich bin in der Schlange, auf der anderen Seite vom Revier sehe ich aber, dass eine andere Schlange rauskommt.]

[DE: Und diese Schlange geht nach vorne, zu, zu, zu so, so Spezialhockern. ]

[DE: Sie werden mit fünfundzwanzig oder fünfzig Peitschenhieben ausgepeitscht, direkt auf den, auf die Gesäßbacken. ]

[DE: Weil ihm, in der Regel führte das direkt zum Tod, weil das schrecklich war. ]

[DE: Es gab also die, die sich krank gestellt, stellen wollten und nicht anerkannt worden sind. ]

[DE: Und die dafür bestraft worden sind, weil sie es versucht haben. ]

[DE: Das war ziemlich logisch in s.., einem Lager, damit die Ordnung eingehalten wurde. ]

[DE: Aber ich weiß, dass ich nicht krank bin. ]

[DE: Ich weiß aber nicht, was ich tun soll.]

[DE: Entweder ich sterbe hier oder ich sterbe da, ich geh' rein. ]

[DE: Und wer steht da vor mir, als ich drankomme, dieser Bucklige da, den ich ein paar Tage zuvor {lacht} kennen gelernt hatte. ]

[DE: Der mir durch Augenzwinkern zu verstehen gegeben hat, dass p.., dass er mich wiedererkannt hat, er gibt mir einen Thermometer. ]

[DE: Thermometer, der normalerweise anal verwendet wurde, er gibt ihn mir in, er legt ihn mir unter den Arm.]

[DE: Er lässt ihn ein paar Sekunden dort, dann nimmt er den Thermometer weg {betonend}.]

[DE: Das ist, das habe ich in meinem Buch geschrieben... ohne draufzuschauen, drückt er ihn mir, ihn mir in die Hand. ]

[DE: Und sagt zu mir: "Tu malade, {betonend} dort."]

[DE: Du bist krank, geh' ins Bett. ]

[DE: Und ich bin, ich gehe ins Bett, in diese Schlafsäle da, wo man einzeln oder zu zweit in jeweils einem Bett lag. ]

[DE: Und dieser Thermometer da, mir ist klar geworden, warum er mir den Thermometer gegeben hat. ]

[DE: Weil die Krankenpfleger zweimal, einmal oder zweimal pro Woche herkamen, um das Fieber zu messen. ]

[DE: Dann habe ich den Thermometer vorbereitet, ich habe ihn bis auf achtunddreißig hochgebracht. ]

[DE: Wenn der Krankenpfleger kam hat er einen Thermometer hingelegt, ich habe ihn dann weggen.., weggenommen und den anderen hingetan.]

[DE: So konnte ich sie zwei Monate lang täuschen. ]

[DE: Die härtesten Monate im Winter. ]

[DE: So, das ist, das ist keine große Heldentat gewesen.]

[DE: Im Revier gab es nicht mehr, äh, Essen als im anderen, aber es gab die Toten. ]

[DE: Und, und die meisten kamen her, um zu sterben. ]

[DE: Deswegen ist die Suppe der Toten für den Nebenmann oder jemand anderen von dem gegessen worden, der noch nicht tot war. ]

[DE: Die Krankenpfleger wussten das aber, nicht. ]

[DE: Man hat also entweder den Toten bewegt und, und das war eine, eine große Hilfe. ]

[DE: Dann hat man mich wegen dieser mangelnden Solidarität erwischt. ]

[DE: Ein Pole, der mich gesehen hat, hat mich angezeigt. ]

[DE: Ich habe fünfundzwanzig Schläge auf den Hintern bekommen, aber der Winter neigte sich schon fast dem Ende zu, wir sind also schon im Februar. ]

[DE: Und, und man br.., man schickt mich in ein Strafkommando, das auch Scheißekommando hieß {betonend}.]

[DE: Was wirklich richtig schrecklich war. ]

[DE: Man musste mit, mit so einem Würfelbecher, die Senkgrube leeren...]

[DE: Den Kot von den Kranken, ah, im Lager und eine Tonne mit Rädern damit auffüllen. ]

[DE: Weil er an die Bauern verkauft wurde, als Düngemittel. ]

[DE: Also Sachen {lacht}, Sachen, unglaubliche Sachen. ]

[DE: Eine zeitlang habe ich diese Arbeit gemacht. ]

[DE: Es gab dort viel Folter, weil es gab dort einen Verrückten, noch einen verrückten Gefr.., Gefreiten, und so weiter.]

[DE: Aber das hat ein bisschen gedauert. ]

[DE: Daraufhin haben Flugzeuge die Nachrichten abgeworfen, wir wussten ja nichts. ]

[DE: Aber die Lage wurde insgesamt schon etwas entspannter.]

[DE: Eines Tages... das war, weil es mir sehr schle... ging, es ging mir sehr schlecht. ]

[DE: Eines Tages hat man mich rein zufällig zur Tri.., zum Putzen bestimmt.]

[DE: Putzen in der Kaserne der SS, innen drin. ]

[DE: Und wir haben, ich und zwei oder drei andere, wir haben die Latrinen geputzt und all so was. ]

[DE: Wir laufen gerade zurück in Richtung Baracke als einer, einer von den SS-Leuten mich aufhält.]

[DE: Ich war der Letzte: "Komm her", ich musste den Hof der Küche putzen, alleine. ]

[DE: Ich mache gerade sauber, weil ich muss... Neben der Küchentür war dann, wahrscheinlich war das der Eimer für die Hunde {betonend}.]

[DE: Da war ein Eimer, der so hoch war, sagen wir mal, ungefähr fünfundzwanzig Liter, voller Gulaschknochen.]

[DE: Die sind ein Vermögen wert gewesen {betonend}.]

[DE: Ich habe mich damit vollgestopft. ]

[DE: Das war wirklich komisch, das ist alles sehr komisch, aber es ist passiert. ]

[DE: So wie meine Flucht {betonend} sehr komisch ist, aber sie hat stattgefunden. ]

[DE: Und ich tu.., ich mu.., ich habe sie versuchen können.]

[DE: Ich habe mir hier überall Knochen reingesteckt, ich habe mir die Hosen damit vollgestopft.]

[DE: Ich bin so eine Art Michelinmännchen geworden. ]

[DE: Und man hat mich nicht durchsucht, normalerweise durchsuchen sie einen, weil wir waren im Lager drin.]

[DE: Mit diesen Knochen, noch einen Monat, mal abgesehen davon, dass ich viel davon gegessen habe, ich habe sie verkauft.]

[DE: Ich habe ge.., ich habe mir Schuhe gekauft, naja, weil es dafür einen Markt {betonend} im, im Lager gab. ]

[DE: So, das ist vielleicht die größte Gnade gewesen. ]

[DE: Diese Knochen, die ich nie vergessen werde.]

[DE: Dann kam der Tag der... weitere Unfälle, ja, ich habe... im Lager war es mittlerweile nicht mehr...]

[DE: Die Grausamkeit ist weniger geworden.]

[DE: Die Kapos haben allmählich mitbekommen... Dann ist der Tag gekommen, an dem die erste Evakuierung stattgefunden hat.. ]

[DE: Sechshundert sind losgefahren, dann der zweit..., dann stand noch eine, mmhh, letzte Evakuierungsetappe an, da waren wir vierhundertfünfzig. ]

[DE: Und da endet meine Geschichte. ]

[DE: Weil auf dem Todesmarsch, auf der dritten Etappe in, ich kann mich nicht mehr erinnern, wie das Dorf, wo ich war, hieß, ich bin zusammen mit einem Franzosen geflohen. ]

[DE: Äh, so, wir sind wegen diesem, einem gewissen Marcel Morin hier, hier.]

[DE: Ich hatte mittlerweile die Hoffnung aufgegeben, Italienisch sprechen zu können. ]

[DE: Es gab keine, die Italiener sind alle gestorben. ]

[DE: Aber es gab noch eine, eine, eine Gruppe Franzosen, vier oder fünf, die kamen aus Buchenwald. ]

[DE: Weil zu dem Zeitpunkt die anderen Lager evakuiert wurden. ]

[DE: Gerade eben... es gab ein paar junge Männer, französische Marquis aus Marseille, stark und gerade eben aufgegriffen.]

[DE: Ich kann mich mit diesen Franzosen, äh, mich endlich in einer Sprache verständigen, die ich beherrsche. ]

[DE: Es ist, es ist wie bei den ganzen anderen Gefangenen, die auch erst vor kurzem aufgegriffen worden sind, man fängt an, man spricht weiterhin über die Flucht. ]

[DE: So was ist einfach unvermeidlich.]

[DE: Sie sprachen mit mir weiter über Fl.., ich war mittlerweile der Älteste im Lager. ]

[DE: Ich hatte mittlerweile große Erfahrung mit diesem Lager Hersbruck.]

[DE: Und ich wusste, dass es unmöglich ist zu fliehen.]

[DE: Aber als das mit dem Todesmarsch losging, da habe ich gesagt: ]

[DE: "Vielleicht können wir es uns doch überlegen, weil wenn wir nachts laufen müssen, dann vielleicht, aber nicht so, einfach so aus dem Nichts heraus."]

[DE: Wir sind losgelaufen und, und, und während der Etappen, mu...]

[DE: Bei der ersten Etappe haben wir in einem Lager geschlafen. ]

[DE: Bei der ersten Etappe haben wir uns untereinander abgesprochen. ]

[DE: Ich habe gesagt, ich führe euch, mir ging, mir ging es gesundheitlich schon sehr schlecht, weil ich nicht gut laufen konnte. ]

[DE: Ich war sehr mager und sage: ]

[DE: "Hier müsste es gehen, hier können wir fliehen, ich sage euch Bescheid wann, lasst mich vorgehen."]

[DE: Unter uns war ein General, der wird vielleicht so um die fünfundvierzig gewesen sein. ]

[DE: Der schon, naja, zu alt war fürs Lager. ]

[DE: Der ein französischer General war von der Küste, ah, bei Marseille, also, jedenfalls ein Idiot. ]

[DE: Er wurde von den Jungen da respektiert, und so weiter. ]

[DE: Er war so einer, der immer das letzte Wort haben musste.]

[DE: Dann habe ich zu ihm gesagt: "Also, wenn, ähm, wir in der Nacht laufen, wenn man uns nicht sehen kann...]

[DE: Wenn wir ein bisschen, wenn wir es hinkriegen, dass die anderen uns nicht sehen, wir warten den richtigen Mome...]

[DE: Wir werden sehen, was so passiert."]

[DE: Der richtige Moment ist gekommen, es war ein wundervoller Moment {betonend}.]

[DE: Wir sind, wir haben die Hauptstraße von einem kleinen Dorf, das f.., fast komplett zerstört war, üb.., ü.., überquert. ]

[DE: Und es war n.., leer, es war verlassen.]

[DE: In, in unserer Truppe, äh, äh, eine, ich weiß noch, dass das Ungarn waren. ]

[DE: Es gab ein, eine, so eine Art Wagenkolonne mit Pferden, di.., mit ungarischen Soldaten. ]

[DE: Die Alliierte von Deutschland waren. ]

[DE: Sie sind, sie sind genau durch den, durch den Teil der Truppe gefahren, wo wir waren. ]

[DE: Da habe ich gesagt: "Das ist der richtige Zeitpunkt, lasst uns abhauen."]

[DE: Und dieser General da, der sich an uns drangehängt hat: "Noch nicht, noch nicht."]

[DE: Die Panik und die, die, wir waren nicht in der Nähe der Posten, wir waren, perfekt, wir konnten in einen Hauseingang schlüpfen. ]

[DE: Und der da, der hat mich daran gehindert, ich bin total sauer geworden, wir sind...]

[DE: Ich habe gesagt: "Lasst mich in Ruhe, ich möchte nicht mehr reden." ]

[DE: Wir sind zusammengekommen, und so weiter. ]

[DE: Bei diesen Franzosen da war der Jüngste mit dabei. ]

[DE: Ein junger Mann, achtzehn Jahre, er hieß Marcel Morin. ]

[DE: Er sprach nicht, er sagte nicht viel. ]

[DE: Dann kommen wir in, in, in... ich versuche mich an den Namen des Dorfes zu erinnern, an...]

[DE: IV: Schmidmühlen, Schmidmühlen.]

[DE: VB: Genau, Schmidt-, Schmidtmüchen, äh.]

[DE: Und, und man bringt uns zu dieser Lichtung, äh, in einem Wald, der auf einer Seite am Hang war. ]

[DE: Und auf der anderen Seite vom Hang war ein Friedhof. ]

[DE: Man bringt uns zwischen, diese beiden Dinger da.]

[DE: Zusammen mit zwei älteren deutschen Posten, die sie wahrscheinlich auf jeder Etappe {unverständlich} genommen haben.]

[DE: Weil das Leute waren, die wir nicht kannten, aber es waren Siebzigjährige, die zudem auch noch in einer ziemlich üblen Verfassung waren.]

[DE: Die waren in Ordnung, so alte Männer halt, sagen wir es mal so. ]

[DE: Und, und, um, um, um Wache zu stehen an den beiden Ausgängen dieser Lichtung, L...]

[DE: Wir konnten also weder in den Wald gehen noch in den Friedhof gehen, dort hätte man uns sehen können. ]

[DE: Und, und, m.., dieser Marcel, der noch nie was gesagt hatte, kommt zu mir. ]

[DE: Und hat zu mir gesagt: "Ich bin kein Feigling", weil ich habe sie Feiglinge genannt. ]

[DE: "Ich möchte mit dir abhauen."]

[DE: Dann sprechen wir uns ab, wir sprechen uns ab, das war nicht so schwer, weil...]

[DE: Ich bin auch heute noch davon überzeugt, dass, äh, die beiden Posten uns geholfen hätten. ]

[DE: Ich habe nä.., nämlich gesagt: "Frag den bei dir mal."]

[DE: Ich zu dem da: "Frag nach Abort", aufs Klo gehen zu dürfen.]

[DE: Weil normalerweise machst du es vorne, nicht, das war kein Problem. ]

[DE: Aber: "Ja, ja."]

[DE: Ich und der andere, wir sind dann schlußendlich im Wald gelandet. ]

[DE: Nicht ganz so weit weg von den anderen. ]

[DE: Da habe ich dann die Führung übernommen. ]

[DE: Ich habe gesagt, jetzt fin.., man kann n.., wir gehen nicht raus, wir müssen uns immer versteckt halten.]

[DE: Wir haben eine große Tanne gefunden. ]

[DE: Mit einem Loch unten, wir haben uns umarmt. ]

[DE: Wir haben uns in diesem, unter diesen Tannenästen versteckt. ]

[DE: Aber keine zwanzig Meter von den anderen entfernt.]

[DE: Wir bleiben da, ein paar Stunden l.., lang. ]

[DE: Weil es ist, ist, ist am Tag, den Marsch haben sie nachts gem.., gemacht. ]

[DE: Somit, so in der Dämme.., gegen Abend geht das Schreien los: "Appell, Appell!"]

[DE: Wi.., der A.., der Appell, um den Todesmarsch weiterzumachen. ]

[DE: Zwei Männer fehlen, es fehlen zwei Männer. ]

[DE: Es gab diese beiden da von der SS, die haben angefangen rumzubrüllen. ]

[DE: Und dann... dann gehen sie mit einem Hund los und kommen ganz nah uns vorbei, nicht mehr als dreißig Meter.]

[DE: Aber sie laufen ganz schnell in Richtung, in Richtung Hang. ]

[DE: Sie denken nicht, dass wir dort sind. ]

[DE: Und zehn, fünfzehn Minuten später, es war nicht lange, hören wir zwei Pistolenschüsse. ]

[DE: Kurz danach kommen sie auf der anderen Sei.., runter, sehr w.., weit weg von uns. ]

[DE: Sie kommen von einer anderen Seite rein, betreten die Lichtung und sagen auf Deutsch, dass sie uns erschossen haben. ]

[DE: Die b.., die beiden Männer, aber, ah, zwei Leute, ich kann mich jetzt nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern. ]

[DE: Aber sie wollten sagen, dass sie ges.., wir haben sie erschossen, wir haben sie aufgegriffen und haben sie erschossen. ]

[DE: Er kommt, sie packen zusammen, weil es schon dunkel war.]

[DE: Die, die Truppe und, und sie setzen den Todesmarsch fort. ]

[DE: Und ich und Marcel, wir warten noch ein bisschen. ]

[DE: Wir gehen raus, wir waren alle, wir waren fast zehn, acht, zehn Stunden lang dort versteckt. ]

[DE: Wir sind runtergegangen, da wo die anderen waren. ]

[DE: Wir haben Jacken gefunden, Decken, zwei haben wir zusammengerollt. ]

[DE: Wahrscheinlich von jemandem, der dort gestorben war. ]

[DE: Und so haben wir dann erfahren, dass es siebenundzwanzig Tote waren, im Nachhinein erfahren. ]

[DE: Jedenfalls sind wir dort marschiert. ]

[DE: Wir haben, wir sind m.., in den Wald reingegangen und sind gelaufen, gelaufen, bis wir da plötzlich von einem, in einer Lichtung überrascht werden. ]

[DE: Von einem, von einem, einem, der eine Uniform von der Wehrmacht anhatte, der hatte einen slawischen Akzent.]

[DE: Der: "Kameraden", und Marcel hat Angst bekommen, ist abgehauen und seitdem habe ich ihn nie wieder gesehen. ]

[DE: Ich habe Marcel verloren, nun war ich ganz allein.]

[DE: Dieser Soldat war ein Deserteur, wahrscheinlich ein Slawe, er suchte Schafe.]

[DE: Weil wir dem Blöken von den Schafen gefolgt sind. ]

[DE: Wir auch, auch, um was zu essen zu suchen.]

[DE: Deswegen fragt er mich, wo die Schafe sind. ]

[DE: Ich habe gesagt: "Da!", das Wenige, das ich wusste. ]

[DE: Er ist weggegangen, ohne... er war auf der Flucht, so wie ich auch. ]

[DE: Ich bin zurückgeblieben... Marcel, Marcel, ich habe eine halbe Stunde lang Marcel gerufen. ]

[DE: Marcel ist nicht mehr da. ]

[DE: Was mache ich dann, ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten. ]

[DE: Da war so eine Straße, ich habe mich an die Straße gestellt.]

[DE: Und, und ich habe gedacht, dass ich sterben würde, weil das war sicher... aber versuchen, was zu essen. ]

[DE: Weil das ist die häufigste Krankheit.]

[DE: Das ist mir auch nicht gelungen.]

[DE: Und be.., und das hier sind ze.., zwei wichtige Faktoren.]

[DE: Dass mir ein Motorrad entgegengekommen ist, das mit einem, einem Soldaten, der...]

[DE: Und hinter diesem Soldaten auf dem Motorrad saß ein Offizier. ]

[DE: Der, als er meine schwarz-.weiß gestreifte Uniform sieht, auf die Schultern klopft und an mir vorbeifährt. ]

[DE: Und der, der Soldat, je mehr der protestierte um so schneller fuhr er, jedenfalls...]

[DE: Danach stehe ich mitten auf der Straße, hm, ich warte, dass irgendwas passiert. ]

[DE: Vier deutsche Soldaten fahren vorbei, mit einer scharzen Panzeruniform.]

[DE: Und, und sie machen sich über mich lustig. ]

[DE: Ich weiß noch, dass der erste Satz lautete: "Keine Pyjama!"]

[DE: Und sie m.., und sie lachten, ich habe nicht verstanden, was sie gesagt haben, sie machten sich über mich lustig. ]

[DE: Dann hat mich einer gefragt: "Bist du krank?"]

[DE: Daran kann ich mich noch erinnern: "Ja." "Deine Lazarett ist da."]

[DE: Diese, das war mehr oder weniger das, was sie gesagt haben.]

[DE: Und er zeigt auf ein, ein Lager, das etwas weiter weg war, einen halben Kilometer, mitten in einer Lichtung, das war das Konzentrationslager von den englischen Gefangenen.]

[DE: So, ich habe mich hingeschleppt, ich lag schon im Sterben. ]

[DE: Ich habe mich in diese Lichtung geschleppt, ich bin zum Drahtverhau von diesem Lager gekommen und bin hingefallen. ]

[DE: Ich bin ohnmächtig geworden und bin im Lager aufgewacht, man hat mich gewaschen, man hat mich in eine... weil ich schmutzig war. ]

[DE: Man hat mich in eine Waschschüssel reingesetzt und dort waren diese eng.., Soldaten, diese englischen Soldaten, die alles Mögliche hatten. ]

[DE: Das Rote Kreuz gab ihnen was zu essen und so weiter. ]

[DE: Das ist das Ende meiner Geschichte. ]

[DE: Weil von dort aus... die Amerikaner sind gekommen und... das ist die Geschichte meiner Freiheit.]

[DE: IV: Ja, ich weiß aber nicht, ob, ob, ob, ob, ob Sie darüber reden möchten. ]

[DE: Um nochmal auf Hersbruck zurückzukommen, Sie haben gesagt, dass man nicht fliehen konnte.]

[DE: Es gab aber Leute, die versucht haben zu fliehen. ]

[DE: VB. Ja. ]

[DE: IV: Und was...?]

[DE: VB: Na ja, vo.., soweit ich weiß {lacht}... die hätten mich aufgehängt. ]

[DE: Ich kann mich noch an zwei Russen erinnern, so, die Russen waren ein ganz spezieller Menschenschlag.]

[DE: Nicht alle, das würde ich jetzt nicht sagen, aber ein paar waren körperlich unheimlich stark.]

[DE: Und dann, hm, dieses nahezu wilde Leben, ich weiß noch, dass die Einzigen, die einen Raben mit einem Stein treffen konnten, ein Russe war, Russen waren. ]

[DE: Oder essen oder Mäuse fangen, weil die konnte man auch essen. ]

[DE: Sie hielten sich ein bisschen abseits, in der Regel Mongolen. ]

[DE: Und diese beiden Russen, die geflohen sind, haben sich in einem Zug versteckt, wo es Wein gegeben hat. ]

[DE: Sie haben sich betrunken. ]

[DE: Und sie sind betrunken aufgegriffen worden... wegen dieses Weines. ]

[DE: Sie sind aufgehängt worden, das ist die erste, die erste Hinrichtung gewesen, die ich gesehen habe und zugleich auch die letzte. ]

[DE: Weil ich glaube nicht, dass sie noch.., soweit, soweit ich weiß, die erste Hinrichtung durch Erhängen im Lager Hersbruck. ]

[DE: Es waren zwei, zwei, die... es ist wie wenn sie unter Drogen sein würden, sie sind gestorben, ohne zu protestieren.]

[DE: Ich weiß auch noch, dass der Lagerälteste, dieser Humm, ein berühmter Verbrecher, wütend war, weil...]

[DE: Diese beiden Verurteilten waren nicht... sie waren gleichgültig. ]

[DE: Das ist, so rein vom Psychologischen her, eine ganz merkwürdige Geschichte, dieser, dieser Deutsche, Humm, der unheimlich grausam war.]

[DE: Er ist dann auch zum Tode verurteilt worden, das wurde dann umgewandelt in Lebenslänglich, dann ist er freigelassen worden.]

[DE: Er hat zehn Jahre im Knast eingesessen. ]

[DE: So, das sind so die Sachen. ]

[DE: Dann aber die, die schrecklichen Dinge, die im Lager so passiert sind, mittlerweile...]

[DE: Zwei Erhängte zu sehen, das war was ganz normales, weil der Tod allgegenwärtig war. ]

[DE: Zerschmetterte Menschen, man konnte noch nicht mal rausfinden, wer gestorben ist und wer nicht. ]

[DE: In... vor allem in Happurg, Happurg ist es ziemlich hart gewesen, richtig schrecklich. ]

[DE: Aber es war vor allem die Ge.., das, was zwischen uns war {betonend}, nicht der Deutsche hat die Befehle erteilt.]

[DE: Wir waren, es waren Verbrechen, die wir uns untereinander zugefügt haben. ]

[DE: Die Kapos, die Kapos, das waren die Schlimmsten.]

[DE: Kapos, die damit angegeben haben, dass sie an einem Tag zehn Menschen umgebracht haben. ]

[DE: Das ist, das war meine Parabel vom Metzger und den... ]

[DE: Ich weiß nicht, ob bei den Tieren... in diesen, dieser Angst steckt dieser Todestrieb. ]

[DE: Wir hatten kei.., noch nicht mal, also... was ist s.., was ist der, {hüstelnd} die Erforschung von denen, die sich außerhalb des Lagers befinden? ]

[DE: Was sind das für Wesen, die in einem Lager eingeschlossen sind, sind das Sklaven, sind das Tiere? ]

[DE: Für sie ist das wahr, von dem man annimmt, dass es wahr ist.]

[DE: Wir waren für sie keine menschlichen Wesen. ]

[DE: Es ging darum, den Feind zu hassen, das war wichtig. ]

[DE: Das ist letztendlich die Essenz des, der Entwicklung der menschlichen Spezies. darum geht es.]

[DE: Es geht um Eliminierung, um das Ungleichgewicht in der Vor.., in der Verteilung.]

[DE: Es geht um Evolution, die.., dass der, der Schwächste stürzen muss, muss, und so weiter, der, der körperlich am schwächsten ist.]

[DE: Aber es gibt keine Regeln.]

[DE: Es gibt nur das Leben und den Tod. ]

[DE: Daran kann ich mich erinnern. ]

[DE: Aber trotz... nachdem ich diese Erfahrung gemacht habe, bin ich wieder zu dem Menschen geworden, der ich davor gewesen bin und das bin ich immer noch. ]

[DE: Was sehr traurig ist, ist hingegen, ist meine Rückkehr gewesen, nicht nur meine eigene, von denen, die wieder nach Italien zurückgegangen sind. ]

[DE: Die noch nicht mal die Erinnerung, so was wie ein Recht auf Erinnerung gehabt haben, uns ist nicht geglaubt worden. ]

[DE: Jeder ist für sich geblieben. ]

[DE: Wir sind zu spät gekommen, es war schon alles eingenommen.]

[DE: Es gab viel Elend, viel, und es gab viele, viel Schmerz, viel Schmerz, weil es gab nicht nur Deutschland. ]

[DE: Es gab die, die jungen Männer in Russland, es gab die Gefangenen in Russland, der Mensch hat Schreckliches {betonend} angerichtet.]

[DE: Und somit ist unsere Geschichte in erster Linie gar nicht geglaubt worden.]

[DE: Was uns vor allem, mich persönlich getroffen hat, war: ]

[DE: "Was erzählst du uns da, die po.., die paar Tage da, die du da in so einem Lager gewesen bist, denk' doch mal an uns, wir haben nichts zu essen."]

[DE: Das ist der Krieg gewesen. ]

[DE: Ich denke, das ist das Schlimmste, weil es zumindestens in Italien so was wie einen Konkurrenzkampf darüber gab, wer am meisten gelitten hat. ]

[DE: Und es gab so was wie ein Monopol um den Schmerz.]

[DE: Alle anderen haben mehr erleiden müssen. ]

[DE: Deswegen ist dieser Teil von den Deportierten vielleicht am, am... darüber ist nicht viel geschrieben worden, weil es keine Politik war. ]

[DE: Weil es war hauptsächlich die Kommunistische Partei, die sich hervorgetan hat, gerade wenn es darum ging, über ihre eigenen Märtyrer unter ihren eigenen {betonend} Fahnen zu sprechen.]

[DE: Und... ich habe keine Fahne, ich bin, ich musste gehen.]

[DE: Ich musste die, mein Land verlassen und nach, nach Südamerika gehen, dann in die Vereinigten Staaten. ]

[DE: Wo ich meinen Beruf ausgeübt habe, meine Arbeit. ]

[DE: Wo mir diese Erfahrung sehr geholfen hat, wahrscheinlich sogar sehr. ]

[DE: Wenn ich sage, wenn es etwas gegeben hat, das nützlich gewesen ist... Es gab den, den, den, den, so etwas wie eine Immunität dem Unglück gegenüber.]

[DE: Und das Durchhaltevermögen, weil nach einem Tag Sonne kommt der Regen, aber es kann nochmal einer mit Sonne kommen. ]

[DE: Das ist meine Erkenntnis {lacht}.]

[DE: IV: Das ist so seine Erkenntnis {incomprensibile}.]

[DE: IV: OK, ja, dann lassen Sie uns über Flossenbürg reden. ]

[DE: VB: In Flossenbürg, der, der Quarantänenabschnitt war ein Teil der, des Lagers, er war über dem Krematorium.]

[DE: Beim letzten Überwachungsturm war ein ziemlich steiler Hang. ]

[DE: Wo... unten am Hang war ein Gebäude.]

[DE: Wo ein Krematorium, ein Krematoriumsofen war. ]

[DE: Der Abschnitt, wo wir waren, bes.., war eine Lichtung, eine Hochebene mit vier Baracken. ]

[DE: Und ein Zaun, denn um in diese vier Baracken zu gelangen... Es gab einen Drahtza.., Drahtzaun, ja. ]

[DE: Wo man reingehen musste mit einer, ein Tor, wo ein Wächter war. ]

[DE: Die alle Gefangene waren, so wie wir auch. ]

[DE: Daran kann ich mich noch erinnern. ]

[DE: Und diese, diese L.., Lichtung von den Baracken i.., äh, da war eine {betonend} Baracke.]

[DE: Die anderen waren, ich weiß nicht, was die waren. ]

[DE: Eine Spezialbaracke für di.., Quarantäne. ]

[DE: Das ist eine Baracke, so wie alle anderen auch. ]

[DE: Innen drin waren Etagenbetten mit drei Stockwerken.]

[DE: Und, und, und drei Plätze, die waren ungefähr siebzig Zentimeter breit. ]

[DE: Wo man sich, man sich schlafen legte... es gab ein bisschen Heu, so Strohlager, da.]

[DE: Wo man zu dritt, viert, fünft, sechst schlief.]

[DE: Übereinander gestapelt, weil sie nicht groß war, weil wir Hunderte von, von, von Gefangenen waren. ]

[DE: Das waren die, die gerade eben angekommen waren. ]

[DE: Und diese sogenannte Quarantäne, die eine, die rein von der Logik her absurd ist. ]

[DE: Weil es ein Todeslager ist. ]

[DE: Es ist ein Vernichtungslager, die.., die.., und...]

[DE: Es wird sozusagen Vernichtungslager genannt, nicht.]

[DE: Vernichtungslager für m.., für Juden und für, und für Feinde. ]

[DE: Und in diesem Lager wusste man schon... das Kalkül von den, den Ingenieuren des Lagers war, dass wir nicht mehr rauskämen. ]

[DE: Dass man starb, der Todesmarsch war der Beweis, denn sie wollten keine Lebenden aushändigen.]

[DE: Somit gab es keine... wir sollten auch im Falle eines Sieges vernichtet werden. ]

[DE: Es nannte sich Vernichtungslager. ]

[DE: Deswegen verstehe ich das nicht, Quarantäne, für was denn?]

[DE: Quarantäne ist jener Zeitraum, in dem eine Desinfektion, eine Prophylaxe vorgenommen wird. ]

[DE: Und im Falle einer ansde.., ansteckenden oder, oder, oder endemischen Krankheit oder, oder was auch...]

[DE: Damit sie die anderen nicht ansteckten. ]

[DE: Aber die anderen sollten sterben. ]

[DE: Also verstehe ich immer noch nicht, nicht dieses... der Deutsche hat dieses Pflichtgefühl, diese Befehlsgeflissenheit.]

[DE: Befehle auszuführen und die Befehle nicht zu hinterfragen. ]

[DE: Deswegen verstehe ich nicht, warum wir nicht arbeiten gegangen sind, wir waren dort ohne Arbeit. ]

[DE: Deswegen, dort vierzig Tage verbringen zu müssen, es sind dann letztendlich zwanzig geworden, zum Säubern.]

[DE: Um die anderen nicht zu verunreinigen. ]

[DE: Das ist zum Beispiel in Amerika gemacht worden, auf der, Il.., Il.., Island {Ellis Island?}.]

[DE: Die Emigranten mussten dort eine bestimmte Anzahl von Tagen verbringen, bevor sie reinkommen durften, um, damit sie desinfiziert und kontrolliert werden konnten. ]

[DE: Das ist eine prophylaktische Maßnahme. ]

[DE: Deswegen verstehe ich das, was ich aber nicht verstanden habe, das war diese Quarantäne da. ]

[DE: Denn das Lager Flossenbürg war sehr groß, fünfzehntausend Gefangene. ]

[DE: Deswegen mussten diese fünfhundert dort gesäubert werden. ]

[DE: Und, und hinzu kam der Sadismus von diesem Gefreiten da.]

[DE: Weil das war ein deutscher Gefreiter, der noch nicht mal den Gummi benutzte, er benutzte einen Stock, einen Knüppel. ]

[DE: Der war wirklich geisteskrank. ]

[DE: Der uns {betonend} folterte, indem er uns abwechselnd in diese Baracke raus-, und reingehen ließ, bei dieser Eiseskälte. ]

[DE: Reingehen... als wir gerade ein bisschen, bisschen geschlafen haben, raus, rein, raus. ]

[DE: Am Ende des Tages war er auch unheimlich müde. ]

[DE: Aber sie, sie, sein Sadismus... also die Moral der Geschichte war, es ging um die Macht, die einer hatte, der Macht hatte. ]

[DE: In, äh, es herrschte die totale Willkür.]

[DE: Wir waren, äh, selbst in einem Schlachthaus gibt es eine Methode, um zu verhindern, dass das Tier leidet. ]

[DE: Hier gibt es noch nicht mal das. ]

[DE: Wir sind der Rache ausgeliefert, die ich weiß nicht, gegen was gerichtet ist. ]

[DE: Von seiten dieser {unverständlich} und k.., und das ist ein besonderer Fall, weil es waren nicht die Deutschen, die einen gefoltert haben. ]

[DE: Die grünen Deutschen haben das gemacht. ]

[DE: Es waren aber vor allem die Kapos. ]

[DE: Es waren die Polen, die Ukrainer waren die Grausamsten. ]

[DE: Es gab den da, diesen Gefreiten in Wehrmachtsuniform. ]

[DE: Ich weiß nicht, warum der da war. ]

[DE: Das sind so Sachen, die ich mir nicht erklären kann, die ich nicht verstehe. ]

[DE: Dass er, dass, dass, dass man diese Folter da hatte, durchführte. ]

[DE: Diese Folter drinnen und draußen und drinnen und draußen. ]

[DE: Bis dieser Schnee da gekommen ist und sie allmählich starben. ]

[DE: Dann hat man uns plötzlich auf den Platz da zusammengetrommelt.]

[DE: Sie haben uns, sie haben uns, sie haben uns eine Nummer auf die Brust gegeben, geschickt, gemalt, wir waren nackt. ]

[DE: Sie haben, sie haben die m.., rausgesucht, die arbeiten konnten und dann hat man uns nach Hersbruck gebracht. ]

[DE: Diese Baracke war also eine Baracke wie alle anderen auch.]

[DE: Aber es war die einzige Baracke, die es gab mit, mit, mit Menschen drin. ]

[DE: Auch dort beispielsweise, weil, hm, diese...]

[DE: Sie werden schon ihre Gründe gehabt haben, aber warum sollte man uns mit vierhundert Leuten an einem Ort zusammenpferchen, wo nur hundert hinpassen?]

[DE: Sie konnten die anderen Baracken nicht benutzen.]

[DE: Es gibt keine Antwort. ]

[DE: Wenn man nach einer Logik sucht, dann gibt es nur eine einzige {betonend} Logik.]

[DE: Einen leiden zu lassen, mehr nicht, Schluss, aus, basta. ]

[DE: Bevor du stirbst will ich dir alles nehmen, ich will dich foltern. ]

[DE: So was kommt bei keiner Tierart vor.]

[DE: Die Tiere töten, um zu fressen. ]

[DE: Nur ein Mensch kann so etwas zu tun. ]

[DE: Das Tier kann räuberisch sein, es kann grausamer sein als die anderen, aber es steckt immer ein bestimmtes Ziel dahinter. ]

[DE: Es geht nicht darum den anderen leiden zu lassen.]

[DE: Im Gegenteil {betonend} in der Regel versuchen Tiere, die, die Katzen, hm, ihre, ihr, ihr Opfer so zu treffen, dass es so schnell wie möglich stirbt, in...]

[DE: Das ist der Mensch. ]

[DE: Es gibt keine... aber diese, diese Logik warum in, in, in, in...]

[DE: Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, es sind, hm, Experimente durchgeführt worden, die, hm...]

[DE: Das ist eine andere Geschichte, die ist aber in den Vernichtungslagern in Auschwitz passiert.]

[DE: Hauptsächlich in Ravensbrück bei den Frauen.]

[DE: Das ist alles fürchterlich gewesen.]

[DE: Aber ich kann das entschuldigen, ich kann das entschuldigen, ich erkenne eine gewisse Logik darin. ]

[DE: Da ist ein Ziel dahinter, es geht darum, diese menschlichen Wesen als Versuchskaninchen zu missbrauchen. ]

[DE: Das Ziel ist eine Krankheit zu entdecken, besser töten zu können, und so weiter. ]

[DE: Da ist ein Ziel dahinter, welches auch immer das sein mag.]

[DE: Aber bei diesen Vernichtungslagern geht es einzig und allein {betonend} darum, leiden zu lassen. ]

[DE: Es ist ein Racheakt, so, hm, drei, hm, hm, neunzig Tage mit so und so vielen Kalorien, das ist alles ganz genau durchkalkuliert.]

[DE: Das ist keine, das ist noch nicht mal ein Ausbruch, da steckt ein glasklares Kalkül dahinter. ]

[DE: IV: Es gibt noch einen letzten Punkt, das würde ich gerne noch wissen, Sie tragen eine Brille, ich meine, eine Brille zu haben...]

[DE: VB: Man hat mir die Brille geklaut, das war ganz am Anfang, ja.]

[DE: IV: Wie ist das passiert? ]

[DE: VB: Schrecklich. ]

[DE: IV: Wie ist das passiert? ]

[DE: VB: Es ist passiert, dass man sie mir geklaut hat, weil im Lager war es so, es gab so was wie Diebstahl, die haben einem alles geklaut. ]

[DE: Weil sie so aussehen, wie wenn sie aus Gold wären, dort kam es zu einem Zwischenfalll, ein Kapo hat mir meine Brille geklaut. ]

[DE: Und als man mir sie geklaut hat, sie lagen unter meinem Kopf...]

[DE: Am darauffolgenden Morgen habe ich den, den, den Schreiber gefragt... dass ich im Gegenzug mein Brot hergeben würde, wenn man mir die Brille zurückgeben würde.]

[DE: Niemand hat geantwortet. ]

[DE: Just in dem Moment, auch diese ganzen Zufälle, just in dem Moment ging der Fliegeralarm los und sie haben das Licht ausgemacht. ]

[DE: Im Dunkeln hat jemand versucht mir das Brot zu entreißen.]

[DE: Es ist mir gelungen den Arm zu packen, die Jacke von dem da, der... dann ist das Licht wieder angegangen und es war ein Kapo.]

[DE: Ein, ein Pole, den ich kannte. ]

[DE: Der sich hin und hergewunden hat und mir gesagt hat: "Ich habe dir die Brille geklaut."]

[DE: Er hat, ich habe die Brille genommen, er hat sie auf den Boden gelegt und ist draufgetreten. ]

[DE: Da sind so die Boshaftigkeiten. ]

[DE: So, und zum ersten Mal in meinem ganzen Leben, habe ich nicht widerstehen können, ich habe einem Freund, Zenorini, mein Brot in die Hand gedrückt. ]

[DE: Ich habe mich auf ihn gestürzt und habe ihn verprügelt, ich habe ihn verprügelt bis er zu mir ges.., zu mir gesagt hat: "Genug, genug!", mehr nicht.]

[DE: S.., das war der sichere Tod. ]

[DE: Dieser Kapo hingegen ward nie wieder gesehen, er hat mich nicht angezeigt. ]

[DE: Die hätten mich getötet, man darf einen Kapo nicht angreifen. ]

[DE: Es gab so viele Vorfälle, die eigentlich keinen Sinn ergeben. ]

[DE: Auch zum Beispiel das da in, in Hersbruck, es gab dort einen Aushang, dass man das Wasser nicht trinken kann. ]

[DE: Viele... {betonend}, weil man Durchfall bekommen hat. ]

[DE: Viele, viele haben sich selber vergiftet. ]

[DE: Das ist kein Selbstmord, einer der Fälle, was wirklich großartig war in dieser Hölle, dass wir, dass es sehr wenige {betonend} Selbstmorde gab und die waren alle irgendwie nachvollziehbar.]

[DE: Weil das ist eine sehr interessante Untersuchung. ]

[DE: Aber dieses sterben wollen, das war da, das hatte ich auch. ]

[DE: Wir wollten alle sterben, aber nicht m.., uns umbringen. ]

[DE: Deswegen ist das Sterben an Durchfall durchaus eine Lösung.]

[DE: Wasser zu trinken und viele sind dort gestorben...]

[DE: Auch meine Freunde haben dieses Wasser da in Hersbruck getrunken, das Durchfall auslöste.]

[DE: Sie möchten da jetzt eine Therme hinbauen, jetzt also eine Therme in Hersbruck. ]

[DE: Wenn, es wird ein Thermalbad geben, was auch immer.]

[DE: Ich weiß, dass viele dieses Wasser genom.., getrunken haben und nach ein paar Tagen haben sie dann Durchfall bekommen. ]

[DE: Durchfall war auf jeden Fall tödlich, aber es war kein grausamer Tod. ]

[DE: Weil sie sich aufzehrten, aber innerhalb von drei Tagen. ]

[DE: Ich habe mitangesehen, wie meine besten Freunde so gestorben sind. ]

[DE: Das war, das sind so Sachen, die müsste man untersuchen. ]

[DE: Das ist das, was ich so erlebt habe, es ist das, was ich mitangesehen habe.]

[DE: Auch dieses, diese Sache mit dem Sterben wollen, das ist ein Thema, das unglaublich wichtig ist, es ist noch nicht genügend untersucht worden.]

[DE: Das könnte uns auch, äh, erklären, wie es möglich ist, dass ein Mensch sich umbringt, von Hass getrieben, wie ein Kamikaze. ]

[DE: Es gibt so vieles, was diese Untersuchungen über die Vernichtungslager... Sie könnten, wenn man sie denn durchführen würde, sie könnten uns womöglich Dinge erklären, die man eigentlich gar nicht erklären kann.]

[DE: Weil das mit dem, die Tatsache, dass es inmitten dieses Terrors keinen einzigen Selbstmord gab und da spreche ich auch für mich...]

[DE: Weil: "Bitte, Gott, lass mich sterben."]

[DE: Das ist, das ist das Einzige, was mir noch bleibt, sterb.., zu können, aber du {betonend} bringst dich nicht um. ]

[DE: Weil die Natur es dir verbietet. ]

[DE: Es gibt was, so, das auch, das führt auch, das führt auch zur... der Glaube ist sehr wichtig. ]

[DE: Die Tatsache, dass man sogar an, von einem arabischen Paradies glaubt, träumt. ]

[DE: Ich weiß es nicht, ich möchte mir darüber kein Urteil erlauben. ]

[DE: Das, was ich jedoch erlebt habe, in diesem Jahr, in noch nicht mal einem Jahr, acht Monate in den Vernichtungslagern, das das waren lediglich Vorschläge, keine endgültigen Erklärungsmodelle.]

[DE: Denn ich denke, es gibt Dinge, die nicht ganz so merkwürdig sind. ]

[DE: Das wäre etwas, was man noch untersuchen könnte, nicht. ]

[DE: Diese Sache mit dem Hass, die war sehr wichtig... dieses, diese Organisation, das hat schon fast was von Stolz.]

[DE: Hm, zum Beispiel in den, bei den Experimenten, die im Lager Hersbruck mit den Frauen durchgeführt worden sind. ]

[DE: Hm, da gibt es Geschichten, die sind beeindruckend. ]

[DE: Das ist eine Psychose der ganz besonderen Art.]

[DE: Man könnte fast schon sagen, dass unser Gewissen {betonend} letztendlich, letztendlich, das eng mit unserem Unterbewusstsein verknüpft ist, sehr viel leichter zu durchschauen ist, als wir meinen.]

[DE: Wir sind sehr viel komplizierter {betonend}.]

[DE: Aber, hm, ich habe nicht, mein Leben ist viel zu kurz, als dass ich mich damit befassen könnte. ]

[DE: Außerdem interessiert es mich gar nicht, das herauszufinden. ]

[DE: Die Dinge bleiben so wie sie sind und was ich gesehen habe war das da.]

[DE: IV: Und Sie haben, haben r.., seit wann, äh, seit wann reden Sie so, ich meine...?]

[DE: VB. Schon immer. ]

[DE: IV: Schon im.., nein, ich meine, seit wann erzählen Sie das, was Sie erlebt haben {unverständlich}.]

[DE: VB: Naja, als ich zurückgekommen bin, habe ich es erzählt, es ist mir nicht geglaubt worden. ]

[DE: Nicht nur mir, es gibt auch Perlasca, nicht, das ist Fakt.]

[DE: In der, äh, in der Aussage von Primo Levi hat er... ]

[DE: So, was ic.., was ich vorhin vergessen habe, was sehr Interessantes. ]

[DE: Wie kommt es, dass viele große Persönlichkeiten zup.., nehmen wir zum Beispiel Primo Levi. ]

[DE: Primo Levi war Partisan, aus Co.., aus dem Piemont. ]

[DE: Er ist festgenommen worden, er sollte erschossen werden, weil das war, Partisanen wurden sofort an die Wand gestellt. ]

[DE: Sie haben festgestellt, dass er Jude war und haben ihn nach Deutschland geschickt. ]

[DE: Er ist in Auschwitz gewesen. ]

[DE: Diese Anmerkung von mir sollte man man mitbedenken. ]

[DE: Der Fall eines gewissen Barga, der dann Sereni wurde, ein, eine berühmte Persönlichkeit, ein jüdisch-italienischer Schriftsteller. ]

[DE: Der in dieser m.., der bei dieser Sache mit dabei war, zusammen mit den jungen Männern, die in Bozen umgebracht worden sind. ]

[DE: So, unter ihnen befand sich dieser Major in Uniform der, der... der war Jude. ]

[DE: Und der nannte sich Samuel Barga. ]

[DE: Sein Name war nämlich, hm, ich kann mich an seinen Vornamen nicht erinnern. ]

[DE: Er war Sereni, der Bruder eines berühmten Dichters, Sereni, Jude. ]

[DE: Mit uns sprach der auf Englisch oder auf Lateinisch. ]

[DE: Mit mir und... ich und Viviani, wir konnten Lateinisch, er sprach...]

[DE: Er hat uns auch reingelegt, wir wussten nämlich nicht, dass er Italiener war. ]

[DE: Der auc... als er abtransportiert worden ist, um an jenem berühmt berüchtigten Morgen des 12. Septembers getötet zu werden...]

[DE: Den, wi.., in Bozen gedenkt man seiner jede, jedes Jahr. ]

[DE: Man hat rausgefunden, dass er beschnitten war, war und man hat ihn aus der Truppe rausgeholt und ihn, und er ist in Dachau gestorben. ]

[DE: Darüber sollte man sich Gedanken machen. ]

[DE: Was ist das, das ist ein Indiz..]

[DE: Der Tod ist fast schon so was wie eine Auszeichnung.]

[DE: Die Erschießung aufgrund, hauptsächlich aufgrund eines militaristischen Konzeptes, jedenfalls, dieses "ich erschieße dich" und, aber, und, und auf Wiedersehen.]

[DE: Das, nein, ich..., nein, du verdienst diese Erschießung gar nicht.]

[DE: Das sind so Dinge, auf die gibt es keine Antwort.]

[DE: Es gibt eine Antwort, der Hass ist stärker als alles andere.]

[DE: Und die... ich habe sogar eine eigene Meinung zu Hitler. ]

[DE: Über diese... weil Hitler die, äh, diese, er hat die Juden verfolgt, verfolgt. ]

[DE: Ich stelle mir vor, was Deutschland alles hätte erreichen können, wenn sie Allierte {betonend} der Juden gewesen wären. ]

[DE: Es hätte die Welt erobern können. ]

[DE: Aber der Deutsche hat jemanden gebraucht, den er hassen konnte {betonend}, nicht nur der Deutsche. ]

[DE: Aber der, ich denke, dass das Konzept dieses Mannes, von Hitler, folgendes war:]

[DE: "Ich muss zuerst einen Sündenbock erschaffen, ich muss zuerst das, das Hassobjekt erschaffen." ]

[DE: So, das hat auch Mussolini gemacht, nicht. ]

[DE: Und wenn ich den erstmal habe, dann steht das Volk hinter mir. ]

[DE: Weil das Volk nicht lieben kann, es kann hassen. ]

[DE: Damit mache ich Schluss. ]

[DE: IV: {unverständlich}.]

[DE: VB: Bleibt das Italienisch? ]

[DE: IV: Nein, nein, ich werde es übersetzen. ]

[DE: VB: Ah, das {unverständlich}. ]

[DE: IV: Und dann werden wir die Untertitel machen. ]

[DE: VB: Und ihr lasst mir eine Kopie zukommen. ]

[DE: IV: Ich denk' schon, er wird doch 'ne Kopie bekommen, oder, ja?]

[DE: CM: {unverständlich}.]