Mediensammlung "Interview Rózsa Szilágyi 2008 - vor der Spinnerei in Venusberg"

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Inhalt

Urheber Medienwerkstatt Franken
Quellenangaben KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Medienwerkstatt Franken
Nutzung Nur mit Einverständnis und Nennung von Archiv bzw. Urheber
Darstellungsform Interview, Rohmaterial
Interviewer Michael Aue
Kamera Günter Wittmann

Untertitel von Datei "AGFl_AV.22.0746.mp4"

00:00:01 IV: Gut. Rózsa. Ich würde Sie jetzt gern nach Ihrer Geschichte in Deutschland.. so, der Reihe nach.. kontinuierlich befragen.
00:00:12 Erzählen Sie mir doch bitte zuerst, wie sind Sie denn von Ungarn.. Sie haben in Budapest gelebt..
00:00:18 Wie sind Sie überhaupt nach Deutschland gekommen?
00:00:20 RS: Ja.
00:00:21 IV: Wie kam das zustande? Was ist passiert?
00:00:23 RS: Ja. Also Buda.. Ich wohnte, wohnte in Budapest und seit neunund.. 1944 nach Oktober müssen wir von unserem Familienhaus weggehen.
00:00:44 Und müssen wir einrücken Oktober 15. und zu Fuß bis zur ungarischen Grenze gehen.. bis Österreich.
00:00:59 Ich weiß nicht, wie viele Tage war das, aber zu Fuß mach.., machten wir.. meine Mutter, meine Schwester und ich und äh..
00:01:09 In Budapest sind wir in Wagons gegangen. Dort waren wir sehr viele Leute, beinahe achtzehn.. 80 äh Leute.
00:01:24 Und wir haben nicht gewusst, wohin werden, werden wir fahren.
00:01:31 Wir waren im Wagon.. voll mit Frauen und Mädchen und nach ein paar Tagen sind wir an Grenze gegangen.
00:01:46 Dort sind wir ausgest.. ausgekommen aus Wagon und am Erde waren wir ein paar Stunden lang.
00:01:59 Dann sind wir.. Deutsche Bahn bekommen. Unsere Wagons waren diese Tierwagons.
00:02:09 Die Deutschen haben äh Pers.., Person.., Personenwagon gegeben.. Do.., so sind wir nach.. weitergefahren.
00:02:23 Wir haben Essen bekommen oder nicht. Wir haben etwas mit. Und ich weiß nicht, wie viele Tage lang reisten wir.
00:02:34 Ich weiß Dresden, Berlin und noch weiter sind wir gefahren, bis Ravensbrück.
00:02:46 Ich wei.., weiß nicht, wie viele Tage lang dauerte diese Reise. Dann sind wir herausgekommen und zu Fuß sind wir von Bahn bis Lager gegangen.
00:03:04 Wir haben nur, nur drei, drei. Mein Vater hat vor einem Jahr gestorben. Gott sei Dank, sage ich.
00:03:16 Meine Mutter war 48 Jahre alt. Sie musste nicht mit uns kommen, die Frauen aus Ungarn mussten bis 40 Jahre alt gehen.
00:03:28 Aber meine Mutter hat gesagt, wir werden ganz bestimmt nicht durchleben diese neue äh, neue.. ich weiß nicht, wie soll ich sagen.
00:03:43 Wo.., wohin wir werden fahren, sie kommt auch mit uns. Ich war damals 22 Jahre alt. Meine Schwester war 20.
00:03:55 Sie war eine Cell.., eine Cellistin und wunderbare Stimme hat sie gehabt. Ich war dann schon Optikerin und Fotofachmann.
00:04:07 So sind wir nach La.. nach Deutschland gefahren.
00:04:13 Dann an der Grenze sind.. haben wir un.. neue Wagons bekommen und so fuhren wir.. ich weiß nicht, wie viele Tage lang.. bis Ravensbrück.
00:04:30 Ich weiß nicht, wie viele Tage dauerte das. Dann sind wir ausgestiegen.
00:04:36 Viele, viele Reihen müssen wir dort stehen bleiben. Und von dort in der.. das war in der Nacht.. weitergehen.
00:04:48 Wir haben gesagt.. gesehen, das "Arbeit macht frei".
00:04:55 So, so sind wir ins Tor hineingegangen. Und wir waren sehr froh, dass wir arbeiten werden.
00:05:05 Ja, dann sind wir in die Baracke ge.., gegangen.
00:05:10 Dort waren so dreistöckige Betten und wir.. alle drei.. Füße, Kopf, Füße.. so in diesem Bett äh gelegen.
00:05:26 IV: Sie waren zu dritt in einem Bett dann?
00:05:28 RS: Einem Bett, ja. Aber wir waren so traurig und so erschrocken, was wir gesehen. Aber wir haben gelesen: "Arbeit macht frei".
00:05:39 Und wir haben immer sehr viel gearbeitet und kein, kein Fehler.. ke.. ich.. Es wird nicht schlecht sein.
00:05:51 Ja, wir waren immer.. Ich bin heute auch Optimistin und, und wir glauben, was ausgeschrieben war.
00:06:01 IV: Äh ich frage Sie einfach mal zwischendurch. Sie haben ja gerade gesagt, Sie waren erschreckt, was Sie da gesehen haben. Was haben Sie denn gesehen?
00:06:09 RS: Ich weiß nicht, vielleicht nicht?
00:06:10 IV: Und, und was, was hat Sie erschreckt?
00:06:12 RS: Wir.. Alle drei waren Optimisten. Und es war so schön ausgeschrieben.
00:06:19 Und, und wir sind gegangen. Na dort sind wir in der Nacht.. sind wir aus.. sind wir ausgestiegen.
00:06:30 Und vier waren in einer Reihe. Viele, viele Freu.. Frauen und Kinder waren auch.
00:06:40 Und so sind wir zu Fuß gegangen, ich weiß nicht, wie lange dauerte das. Auf einmal waren wir vor der Baracke.
00:06:51 Und ich weiß nicht, wie war dann. Dann mussten wir in die Baracke hineingehen.
00:06:59 Kleine Tasche haben wir. Wir haben gar nicht gewusst, was wir besehen.
00:07:05 Gar nicht haben wir gehört, was ist geschehen oder was war in die.. bis in dieser Zeit. Wir haben gar nichts gewusst.
00:07:17 "Arbeit macht frei", da.., das kann nicht schlecht sein. Wenn man arbeiten kann, dann es wird gehen.
00:07:25 Und anderer Tag.. ich meine.. anderer Tag.. an.. nächstes, nächstes, nächster Tag sind wir in Reihe gegangen.
00:07:39 Später haben wir gehört, das ist Arbeitsplatz. Gut sage ich, nicht wahr? Arbeitsplatz.
00:07:46 Ja und man hat dann gesagt, dass wir werden mit Sand arbeiten. Gut, es wird gehen.
00:07:56 Sportlich und wir werden gut, stark sein. Wenn wir arbeiten werden. Ich habe.. ich denke nach, das war sehr lange vor..
00:08:11 Äh schwarzen Kaffee haben wir bekommen.. anderes nicht. Aber wir warten, was werden, werden wir machen.
00:08:23 Und später sind wir in Reihe in den Sandberg gegangen, in Ravensbrück. Wir haben dies.. ich weiß nicht, wie sagt man deutsch.. diese mit..
00:08:37 IV: Schaufeln?
00:08:38 RS: Ja, Schaffeln?
00:08:40 IV: Schaufeln.
00:08:41 RS: Schaufeln bekommen und man hat gesagt, dass diese, diese Gruppe.. müssen wir dorthin arbeiten und weiter..
00:08:52 Das haben wir gemacht. Ich habe immer Sport.. meine Mutter und meine Schwester auch. Das haben wir gemacht.
00:09:00 Es war gar, gar keine Tragödie, war.. davon und wir haben gedacht..
00:09:08 Wir haben schon keine Uhr. Wir haben nicht gewusst, wie viel Uhr. Wir ha.., haben diese Arbeit gemacht, wie lang wir mussten.
00:09:19 Dann sind wir zurück in die Baracke und wir waren sehr glücklich, dass wir zusammen sind.
00:09:29 Und so sind die Sachen weitergegangen. Täglich zwölf Stunden lang arbeiten. Das war nicht schwer. Das haben wir mit Kraft gemacht.
00:09:44 Essen haben wir bei Mittag bekommen. Das haben wir gegessen. Zu Hause war besser.
00:09:53 Dieses war auch gessen.. können, konnten wir essen. Und wir warten.. mach.. ha.., haben weiter gemacht.
00:10:05 Ich meine.. Datum war äh vier.. 1944 Dezember, so Mitte. Ich ka.. ich weiß nicht, welcher Tag war. Das Datum habe ich..
00:10:20 Und später, da haben wir gar nicht gewusst Datum. Weil es war nicht wichtig, dass wir wissen das.
00:10:29 Täglich haben wir gemacht. Und wir haben gesagt, meine Schwester und ich, wir können als anderthalb Menschen arbeiten.
00:10:41 Mutter soll im Lager bleiben können. Das haben wir wirklich ganz korrekt gemacht.
00:10:51 Was werd.. wird unsere A.., Arbeit sein? Das haben wir gemacht. Meine Schwester auch. Anderthalb Leistung und ich auch.
00:11:02 IV: Und die Mutter blieb in der Baracke?
00:11:03 RS: Blieb in der Baracke, ja.
00:11:05 IV: Sie musste auch nicht arbeiten? Sie wurde nicht gezwungen zu arbeiten?
00:11:08 RS: Sie..

Untertitel von Datei "AGFl_AV.22.0747.mp4"

00:00:00 IV: Wo man aufhört.
00:00:00 RS: Schöne Arbeit.
00:00:01 IV: Und dass man dann.
00:00:02 RS: Schöne Arbeit.
00:00:03 IV: Ja? Ist für mich auch schön. Sie haben gerade jetzt erzählt, in Ravensbrück.
00:00:08 RS: Ja.
00:00:09 IV: Sie und Ihre Schwester, Sie haben gearbeitet und die Mutter durfte in der Baracke bleiben, die musste auch nicht arbeiten.
00:00:15 RS: Nein, nein, deswegen, weil wir gesagt haben, das machen wir, was sie müsste. Und sie ist in der Baracke geblieben.
00:00:26 Und wir zwei.. haben wir die Arbeit gemacht.
00:00:30 IV: Und Sie haben immer dieselbe Arbeit gemacht? Also immer mit dem Sand gearbeitet? Oder haben Sie auch andere Arbeiten gemacht?
00:00:35 RS: Nein, nur diese Arbeit haben wir.
00:00:38 IV: Und jetzt erzählen Sie doch vielleicht noch mal ein bisschen, wie.. ob Sie sich erinnern äh.. Da waren ja viele andere Frauen auch.
00:00:44 Wie ging's denen? Wie war auch die Behandlung? Sie haben ja auch gesehen, wie es den anderen geht.
00:00:49 Sie waren noch jung und kräftig, aber was passierte um Sie herum? Wie ging es den anderen gefangenen Frauen?
00:00:55 Wie war Ihre Behandlung? Wie sind die Menschen mit Ihnen umgegangen? Die Aufseher, die Bewacherinnen?
00:01:01 RS: Für Aufseher.. mit Aufseherin, ja. Wir haben immer, was mussten wir machen.. Betten und so, wo wir wohnten..
00:01:15 Wir haben gar keine, keine.. ich wei.. schlechter sagen. Ich kann nicht schlecht sagen. Wir haben gemacht, was wir müssen.
00:01:26 Was sie gesagt haben, das machen wir. Gar kein, keine Pourparlers.. war, war nicht.
00:01:35 Wir haben die Arbeit gemacht, was sie verlangt haben.. gar nicht waren.. In der Früh müssen wir aufstehen, Appell stehen.
00:01:46 Und nachher sind wir ähm, ähm na.. äh Arbeit gehen. Wir arbeiten über zwölf Stunden lang. Wir haben so aufgenommen: "Jetzt machen wir Sport."
00:02:06 Und wir waren gar nicht traurig dafür. Ich arbeite wie immer. Oder Sport haben wir gemacht und Kraft haben wir bekommen aus dieser Arbeit.
00:02:20 IV: Und aus dem, was ich weiß.. Das war ja..
00:02:22 RS: Ja.
00:02:23 IV: Im letzten Jahr des Krieges 1944, im letzten Kriegswinter.. Äh sind so meine Informationen, dass natürlich viele Menschen auch..
00:02:31 Dass die Konzentrationslager zum Teil überfüllt waren, dass viele Menschen da waren.
00:02:36 Dass auch viele Leute schon unterernährt waren und krank waren. Sie waren noch gesund. Aber was haben Sie auch um sich herum gesehen?
00:02:41 RS: Absolut gesund. Wir sind aus Budapest gefahren und wir haben sehr viel Sport gemacht.. getrieben.
00:02:51 Und wir, wir haben nicht tragisch aufgenommen. Es wird einmal zu Ende sein und wir werden aushalten und am Leben bleiben.
00:03:03 Leider, mein Mutter ist sehr schwach geworden und '45 Januar 13. hat man Appell.. auch Appell gemacht.
00:03:21 Und äh ähm einige Mädchen und Frauen hat man herausgezogen von dort.
00:03:29 Später haben wir gehört, dass wir werden auf Arbeit gehen und deswegen sind wir ausgewählt.. wir. Dann mussten wir auf's Revier gehen.
00:03:43 Man hat überprüft.. Arzt oder Ärztin oder.. ich weiß nicht.. Fachmann oder nicht. Und meine Mutter haben nicht gelassen, dass mit uns kommen.
00:03:57 So, wir haben sehr, sehr, sehr geweint. Meine Mutter ist dort geblieben und anderer Tag sind wir mit meiner Schwester weit.. in den Wagon.
00:04:12 Wir wissen.. wir nicht, wohin.. einwagoniert. Nach Venusberg sind wir gefahren.
00:04:21 IV: Können Sie sich an die Fahrt noch erinnern.. wie die Fahrt war? Wie die, der Zustand der Frauen war?
00:04:27 Wie die Ernährung, die Verpflegung war? Wie lang es gedauert hat?
00:04:31 RS: Ein paar Tage lang, vielleicht zwei oder drei Tage.
00:04:37 Und diese Tierwagons haben wir bekommen und sehr selten können wir hineingehen oder aufgemachte Türe bekommen.
00:04:51 Dann war dort hässlicher Schmutz. Das war hässlich. Das kann man nicht, nicht erzählen können wie, wie hässlich Luft und Schmutz, was dort waren. Und auf..
00:05:09 IV: Es gab kei.., es gab keine Toiletten oder so.
00:05:12 RS: Nein.
00:05:12 IV: Alle mussten drin..
00:05:13 RS: Nein, drun.. da drin. Ich weiß nicht, so dauerte das anderthalb oder zwei Tage. Das war etwas häss.. Unglaublich war das.
00:05:26 Aber auf einmal macht man auf die Türe. Wir sind sehr schwach geworden. Etwas Suppe habe, haben wir bekommen.
00:05:38 Aber wir haben gesagt, es wird besser sein. Ich wei.., ich meine, dass so lange war, zwei Tage oder dr.. Nach drei Tagen sind wir dann hinausge..
00:05:55 Türe aufgemacht und das war sehr hoch. Wir haben sehr schwer hinuntergefallen. Wir haben diese Bretter vielleicht.. dort halten wir.. und sich.. uns..
00:06:13 Und so sind wir hinausgekommen. Die Österreicher.. Schwarz.. äh Rotkreuz waren dort.
00:06:27 Und dann haben wir Suppe bekommen vom österreichischen Roten Kreuz.
00:06:35 Dann waren wirklich schwach geworden, aber das war wirklich wunderbar. Und dann wieder in den Wagon gegangen.
00:06:47 Ich weiß nicht, ob Schmutz blieb oder wie wir machen Ordnung, das weiß ich nicht. Vielleicht war, war ich nicht ganz bei sich.. meine.
00:07:01 Das kann ich nicht sagen und ich wa.. sage immer, was es war. Fantasie sage ich nicht.. nur..
00:07:10 Deswegen ich weiß dieses Datum.. was ich weiß, das ich sage. Ja.
00:07:16 Dann sind wir weitergefahren. Ich meine, zwei, drei, oder vier Tage im Wagon. Dann konnten wir hinaus.
00:07:31 Dann war später das Rote Kreuz schon nicht mehr. Dann haben wir.. Wie sagt man? Reise.. das..
00:07:42 IV: Gras.
00:07:42 RS: Gras, Gras gerissen. Das haben wir uns, uns.. wir..
00:07:48 IV: Gegessen. Das Gras gegessen.
00:07:50 RS: Wir, wir waren noch immer.. ich war immer Optimistin und: "Ich werde aushalten", habe ich immer gesagt.
00:07:58 Und für meine Mutter und meine Schwester auch sagen: "Wir werden das machen. Und durchleben."
00:08:07 Bis dieser Zeit haben wir nicht gewusst, dass Lager waren. Nicht.. In Ungarn hat man gar nicht geschrieben.
00:08:17 Wi.., wir haben nicht gewusst, wo.., wohin. Arbeit, ja, dann werden wir arbeiten. Wir sind so aus Budapest gefahren.
00:08:27 Ja. Dann wieder ein paar Tage haben wir nicht ausge..steigen können. Dann wieder haben solche Suppe bekommen.
00:08:43 Aber auch war es gut, etwas war drin. War Schmutz drin, was wir konnten ausgeputzt haben.
00:08:53 Und ich weiß nicht, wie, wie viele Tage si.. waren wir so im Zug, in dem Zug. Ja. Dann auf einmal stehen geblieben und hat man gesagt:
00:09:07 "Ja, jetzt sind wir schon, wohin wir fahren." Dann haben wir ausgeschrieben gesehen äh "Ravensbrück".
00:09:19 Wieder: "Arbeit macht frei". Na dann ist gar nicht schlecht. Wenn wir arbeiten können, das wird es gehen.
00:09:29 IV: Meinen Sie jetzt Ravensbrück oder Venusberg?
00:09:31 RS: Ra..
00:09:32 IV: Wir waren ja jetzt eigentlich auf der Fahrt..
00:09:33 RS: Nein, nein, aus.. aus Budapest sind wir..
00:09:36 IV: Nach Ravensbrück.
00:09:36 RS: Nach Ravensbrück. Dort waren wir ab '24.. ja. 1924.. ab.. Die Tage waren.. ich.. 13 oder 15 bis.. ja.. fünfund.. 1945 äh Jan.., Jan.. der dei..
00:10:10 IV: 13.
00:10:11 RS: 13. Januar. Bis dort waren im Sand und mit Sand arbeiteten wir. Wir sind ein bisschen schlanker geworden.
00:10:24 Aber wir waren noch immer Optimisten. Und dann am 13, 13. Januar sind wir in Venusberg angekommen.
00:10:42 13. Dezember habe ich gesagt, von Ravensbrück wieder in einen Wagon. Aber Personalwagon haben wir schon dann bekommen.
00:10:55 Nicht diese Tierwagons, sondern ganz richtig und, und ganz reine Personenwagons haben wir bekommen.
00:11:06 Um am 13.. 1913 sind wir in Venusberg angekommen.
00:11:17 IV: Lassen Sie uns noch mal überlegen. Wann war das? Wissen Sie noch genau: Wann sind Sie abgefahren? Das Datum, wann sind Sie abgefahren?
00:11:24 RS: Aus Ravensbrück?
00:11:25 IV: Ja.
00:11:27 RS: Ähm..
00:11:28 IV: Im Dezember oder im Januar?
00:11:29 RS: Nach, nach Weihnachten.
00:11:32 IV: Im Januar.
00:11:33 RS: Ja. Im Jan.. ja. Ja, das weiß ich nicht. Dann haben wir keine Notiz oder etwas.. Aber..
00:11:42 IV: Nach Weihnachten.
00:11:43 RS: Weihnachten waren wir noch in Ravensbrück. Nach Weihnachten sind wir äh gefahren nach Venusberg.
00:11:53 IV: Und Ihre Mutter ist zurückgeblieben in Ravensbrück.
00:11:55 RS: Ja, sie musste.. wir waren.. haben sehr geweint. Das ist mir jetzt auch so schwer. Und wir haben gebeten:
00:12:05 "Sie kann arbeiten, soll sie.. können.. lassen sie, dass unsere Mutter mitkommt." Nein, hat man nicht gelassen.
00:12:15 Und wir, wir waren sehr, sehr traurig, aber wir waren doch zusammen mit meiner Schwester. Meine Mutter ist dort ge.., gestorben.
00:12:26 Ich wei.., weiß nicht, wann und wie. Und..
00:12:33 Das, das war, das war wirklich schwer.
00:12:37 Ich habe nicht deswegen geweint, dass ich dort bin.. dass meine Mutter dortgeblieben und meine Schwester ist dort. Ich lebe.
00:12:48 Ich habe guss.. gewusst, dass ich werde durchleben. Ich habe so gespürt. Und das war so stark drin. Ja.
00:13:01 IV: Und dann sind Sie mit dem Zug, Sie und Ihre Schwester..
00:13:04 RS: Ja.
00:13:05 IV: Richtung Venusberg.
00:13:06 RS: Venusberg. Und dort haben..
00:13:08 IV: Können Sie sich, können Sie sich erinnern, wie Sie hier angekommen sind?
00:13:12 RS: Vorher haben wir vom Roten Kreuz dort etwas zum Essen. Ja. Sind wir von diesem Personalzug.. zug gefahren.., ausge.., ausgekommen waren..
00:13:29 IV: Ausgestiegen.
00:13:29 RS: Ausgestiegen haben, haben wir. Und dann waren wir sehr schwach. Wir haben immer sitzen und dann waren schwach.
00:13:42 Dann sind wir, ja, in Ven.., Venusberg angekommen und zu Fuß sind wir von äh, von äh Eisenbahn hochgegangen, wo wir später waren. In.. ja.
00:14:03 Ja, in Ven.., Venusberg. Zu Fuß sind wir gefahren.
00:14:07 Ja, das haben.. dann haben wir wieder Luft bekommen und wir sind dort und solche Baracken haben wir.
00:14:19 Es war warm, es war.. reine Betten, so zweistöckige. Aber wir haben äh äh Wäsche bekommen. Manche haben ohne Ka.., ohne Ha.., ohne Harbe..
00:14:39 Meine Schwester und ich.. habe ich mein Haar halten können. Von uns... Ich habe Läuse, Läuse nicht gehabt.
00:14:49 Wir haben sehr achtgegeben, dass soll es nicht sein. Die anderen haben vielleicht nicht so achtgegeben.. gemacht.
00:14:58 Wir haben immer gewaschen.. kaltes Wasser. Und Läuse später haben wir bekommen. Aber damals nicht.
00:15:09 Dann.. ja. Zu Fuß sind wir ins Lager gegangen. Wie ich gesagt habe, schöne Baracke, äh Heizung ha.., haben wir bekommen. War alles sehr steril. Und..
00:15:27 IV: Also auch noch neu, die waren auch noch relativ neu.
00:15:29 RS: Ganz neu, ganz rein, Komfortmäßig war das.
00:15:35 IV: Also für Sie besser als in Ravensbrück.. auch vom Gefühl.
00:15:39 RS: Das kann man nicht gleichen, gleichen, was in Venusberg war. Waschen haben wir weiter können. Dort war so.. solche Spring äh..
00:15:56 Wie sagt man das? So haben wir Wasser bekommen, so konnten wir äh waschen.. uns waschen.
00:16:04 Wer wir haben immer Wasser bekommen, wir konnten uns waschen. Wir haben..
00:16:11 IV: Wäsche waschen, selber sich sauber halten.
00:16:13 RS: Auch. Ja, auch. Und wir leben dort und..
00:16:20 IV: Ich möchte Sie noch fragen: Wissen Sie noch ungefähr, wie viele Frauen auf dem Transport angekommen sind.
00:16:26 Mit wie vielen Sie auch in das Lager kamen?
00:16:28 RS: Ich meine acht.., 80 Frauen waren. Aus.. ich meine so. Ich habe eine Liste, vielleicht können wir sehen.
00:16:38 Vielleicht alle Frauen sind hier in meiner Straße. Dann werden wir rechnen, wie viele waren. Aus Ungarn waren auch viele Frauen.
00:16:51 Wir werden anschauen, was ist da geschrieben.. wie viele waren. Aus Ungarn waren mehrere und wir.. das..
00:17:05 Dann war sehr kalt. Unsere äh, unsere.. na..
00:17:14 IV: Kleidung.
00:17:14 RS: Kleidung mussten wir aufgeben. Sehr, sehr wenig Kleidung haben wir ge.. bekommen. Ja.
00:17:25 IV: War das..
00:17:26 RS: Aber wir arbeiteten und..
00:17:27 IV: War das Häftlingskleidung? Wie sah die aus?
00:17:29 RS: Ja.
00:17:30 IV: Alle dasselbe? Vielleicht erzählen Sie ein bisschen.
00:17:31 RS: Und Frauenkleider haben wir, aber.. Diese, diese Streifen, das haben wir nicht bekommen. Nur..
00:17:42 Ich weiß nicht, war das vielleicht äh Reinung.. Reinen gemacht? Das haben.. Unsere mussten wir abgeben. Das war voll mit Läusen, Läusen, ja.
00:17:57 IV: Von dem.. durch den Transport, durch die Enge.
00:17:59 RS: Ja, ja.
00:18:00 RS: Äh, können Sie noch ein bisschen erzählen? Das war ja, glaube ich, ein relativ kleines Lager hier.
00:18:05 Wie viele Baracken? Vielleicht erzählen Sie ein bisschen, wie groß das Lager war?
00:18:08 RS: Das war.. Ja. Wir sind noch in Ravensbrück, nicht wahr?
00:18:15 IV: Nein wir sind in.. wir sind jetzt schon..
00:18:16 RS: Nein, wir sind schon..
00:18:17 IV: Wo wir hier sind..
00:18:18 RS: Ja, ja, das.. Erstens haben wir Zeltlager bekommen. Dort waren viele, viele Leute.
00:18:26 Und später haben wir kleiner, kleinere Baracke bekommen. Dort war es besser. Diese Zeltlager, was.. das war hässlich.
00:18:41 IV: Kalt und schlecht.
00:18:42 RS: Ja.
00:18:44 IV: Äh, als Sie hier in Venusberg angekommen sind..
00:18:47 RS: Ja.
00:18:47 IV: Haben Sie gesagt, Sie sind zu Fuß zum Lager gegangen.
00:18:49 RS: Zu Fuß, ja.
00:18:51 IV: Mussten Sie denn dann sofort am nächsten Tag arbeiten? Sie haben auch gesagt, viele waren erstmal vom Transport ganz schwach. Mussten Sie sofort..
00:18:58 RS: Viele waren schwach. Und äh ich meine, sie sind zu Hause, wie ich sagte, geblieben.
00:19:10 Und wer arbeiten konnte, dann haben wir gemacht und täglich sind wir dorthin.
00:19:20 Ja, jetzt, jetzt sind wir schon in Venusberg, nicht wahr? Ja?
00:19:24 IV: Ja, in Venusberg.
00:19:27 RS: Ja und zwölf la.. zwölf Stunden lang arbeiteten wir. Eine Woche am Ta.. den Tag.
00:19:39 Andere Woche Nach.., Nacht. Zwölf Stunden lang. Wir haben mit Lust gemacht. Ich..
00:19:47 IV: Erzählen Sie doch, was Sie gemacht haben? Was für eine Art von Arbeit war das in Venusberg?
00:19:51 RS: Ah ja. Leider ich habe mein Wörterbuch nicht da. Wir haben äh Flugzeuge fabriziert.
00:20:01 Diese kleinen mit solchen.. {zeigt mit Händen Größe und Form} Ich.. im Wörterbuch werde ich das..
00:20:07 IV: Aber kleine Teile für den Flugzeugmotor.
00:20:09 RS: Kleine.. so..
00:20:10 IV: War's für den Motor?
00:20:11 RS: Räder haben wir fabriziert. Durch zwölf Stunden lang. Das war mir nichts. Ich habe mit Lust, mit Kraft gehabt. Ich..
00:20:24 Wenn es ist nicht gut, was ich hier sage, dann schneiden Sie aus.
00:20:28 IV: Dann sage ich's, keine Sorge.
00:20:30 RS: Mein Mei.., Mei.. mit Meister dürfen nicht sprechen. Aber mein Meister hat mir so gemacht. {klopft sich anerkennend auf die Schulter}
00:20:39 Ich kann nur anständig arbeiten und ich habe das gemacht. Ich kann nicht anders. Manche haben gesagt: "Warum arbeite ich?"
00:20:48 Soll ich nicht arbeiten und.. Ich kann das nicht. Deswegen diese Auszeichnung habe ich ge.., gehabt.
00:20:58 IV: Wissen Sie noch, wie viel Frauen mit Ihnen zusammen gearbeitet haben?
00:21:02 RS: Das war ein großer Raum mit einer großen Maschine. Die Maschine war so groß als diese Wand, was dort hinten ist.
00:21:15 Ich weiß nicht. Ich arbeite diese, diese Maschine allein. Und viele Reihen waren.. Ich habe gezählt, wie standen diese, diese große Maschine.
00:21:32 Ich weiß nicht. Wir, wir haben beide Zimmer dort in, in der Fabrik auch. Ich weiß, ich weiß nicht.
00:21:45 Bei meine, bei meiner Maschine war ich nur allein.
00:21:50 IV: Aber insgesamt, es waren viele.
00:21:52 RS: Aber viel, viele.. großer Raum war das. Und wie viele Frauen, wie viele Maschinen waren dort, das weiß ich nicht.
00:22:00 Dieser Herr, der mit uns war, vielleicht er kann das sagen, weil er war dort. Vielleicht weiß er. Das wei..
00:22:09 Ich bin do ge.. dorthin gestanden und am ganzen Tag habe ich gearbeitet. Nirgendswo schauen. Manchmal bin ich auf die Toilette gegangen.
00:22:23 Und den ganzen Tag habe ich meine Arbeit gemacht.
00:22:26 IV: Sie waren ja an sich schon Optikerin, haben in Ravensbrück im Sand gearbeitet und jetzt ein Flugzeugwerk. Hat man Sie angeleitet?
00:22:34 Hat man Ihnen vorher gezeigt, was Sie machen müssen? Man muss da ja auch lernen. Man kann das ja nicht von einem Tag..
00:22:39 RS: Ich musste das lernen. Solche Arbeit habe ich nie gemacht. Und ich muss und ich möchte das lernen.
00:22:47 Wenn ich dort bin, soll ich das korrekt und schön machen. Ähm.. schlechte Sachen habe ich nie gemacht.
00:22:57 Äh vor.. äh ganz vorne im Januar, als ich angefangen habe, da habe ich sehr langsam gemacht. Aber das habe ich gelernt, wie muss man das machen.
00:23:10 Und schlecht habe ich.. ich weiß nicht, ob ich machte äh schlechte.. diese Arbeitsstücke.. das weiß ich nicht.
00:23:21 IV: Äh.. jetzt.. Sie haben gesagt, Sie mussten zwölf Stunden, zwölf Stunden jeden Tag arbeiten.
00:23:26 Wie war denn die Behandlung? Es gab ja auch Aufseher. Äh.. wie sind die Frauen, wie sind Sie behandelt worden während der Arbeit?
00:23:35 RS: Schau, wir dürfen nicht sprechen. Aber dort waren Männer.. Fachmänner. Und sie haben mir gezeigt, wie muss man das machen.
00:23:48 Ich habe gelernt. Später haben wir gar nicht miteinander gesprochen.
00:23:53 Ich mache.. machte meine Arbeit und das habe ich bekommen, was ich gezeigt habe.
00:24:01 IV: Gut. Und wie ging es den Frauen, die nicht so fleißig und so gut gearbeitet haben wie Sie?
00:24:07 RS: Ich war ganz vorne. Ich habe nie zurückgeschaut, was ist dort. Ich habe meine Arbeit und..
00:24:17 Vielleicht das wäre schön, dorthin anschauen. Aber ich habe das nicht gemacht. Ich habe meine Arbeit gemacht.
00:24:28 IV: Wie ging es Ihrer Schwester in der Zeit?
00:24:30 RS: Meine Schwester.. Das habe ich gesagt, die war eine Cellistin. Und wunderbare Stimme hat sie gehabt. Sie hat gelernt noch.
00:24:41 Und sie hat ebenso gemacht wie ich. Später ist sie schwächer geworden als ich. Sie hat nicht so viel Sport getrieben als ich.
00:24:57 Und sie ist später schwächer geworden. Und diese zwölf Stunden der, der Tag..
00:25:08 Mir war es gar nichts, weil im Geschäft neben Pult habe ich das gemacht. Acht Stunden lang und es geht zwölf Stunden lang auch.
00:25:20 Routine habe ich, deswegen war es mir nicht schwer. Und ich machte. Für sie war es schwer.
00:25:29 Sie ist schwächer geworden und immer, immer weniger. Und ich habe große Angst gehabt ob, ob sie das überleben kann oder nicht.
00:25:42 Das ist.. das war schon.. scho.. Das war die erste Traurigkeit, was ich fühlte.
00:25:51 Sonst: Ich muss dort sein, dann bin ich dort. Aber meine Schwester hat sehr, sehr.. Das habe ich sehr schwer gelebt. Ja.
00:26:04 IV: Das waren ja schon die letzten Monate des Krieges. Diese Fabrik hier ist auch..
00:26:09 RS: Nein.
00:26:10 IV: Bombardiert worden und angegriffen worden.
00:26:12 RS: Das..
00:26:12 IV: Können Sie sich, können Sie sich erinnern? Und erzählen Sie ein bisschen.
00:26:14 RS: Oh ja. Wir haben diese Sirene gehört, dann mussten wir hinunter gehen. Wir waren im Keller.
00:26:23 Dort waren wir, bis wieder Sirene.. äh wieder hör.. hört man. Dann sind wir zurückgegangen. Ein paar Mal war das, ja.
00:26:35 Ja, aber wir haben kein, keine Bombe bekommen. Und später, ja oder nicht, das weiß ich nicht. Wir waren dort 1975 bis 13. April.
00:26:55 Dann mussten wir fortgehen. Wir haben nicht gewusst, wohin. Bis so lang waren wir dort, ein paar Ma.. ein paar wa.. Mal war diese Sirene.
00:27:08 Dann sind wir hinunter und später zurück. Ich mein.. damals war keine Bombe. Wir haben nicht gehört.
00:27:17 IV: Ja. Sie sind ja jetzt praktisch fast die ganze Zeit.. Dieses Lager äh Venusberg gab es ja nur einige Monate im letzten Jahr des Krieges.
00:27:28 In der ganzen Zeit sind Sie an sich hier gewesen. In der Zeit sind viele Frauen krank geworden. Viele sind gestorben.
00:27:36 Es sind so viele gestorben, dass die Gemeinde nicht wusste, wo sie sie begraben soll.
00:27:40 Haben Sie davon etwas mitgekriegt. Haben Sie gesehen, wie schlecht es den anderen geht?
00:27:45 RS: Dann war ich nicht dort. Ich habe mit Partisanen oder mit anderen.. haben wir nicht.. Dreizehn..
00:27:53 IV: Nicht Partisanen. Es sind von den Frauen, die mit Ihnen hier gearbeitet haben.. sind täglich vor Schwäche welche gestorben.
00:28:02 Das haben ja auch die beiden Männer, die uns begleitet haben.. Die Leichen haben hier vor der Fabrik gelegen.
00:28:06 Man wusste nicht mehr, wo man sie bestatten sollte. Haben Sie das gesehen, oder?
00:28:11 RS: Wir haben Revier gehabt. Und ich weiß, dort waren Frauen. Ja, Zsuzsan Moses, das aus Budapest war, sie ist dort gestorben.
00:28:26 Sie war krank. Und deswegen musste sie ins Revier gehen. Das war dort.. Wann ist sie gestorben, das weiß ich nicht.
00:28:39 Und wie viele Frauen waren dort, das weiß ich auch nicht. Wir, wir durften nicht dorthin gehen.
00:28:48 Wir haben gewusst, wo dieses Revier gibt.. ist, aber wir durften nicht hineingehen. Ich weiß nicht, was war dort.
00:29:01 IV: Jetzt haben Sie erzählt, es ging so auf den 13. April zu.. oder 15. April.
00:29:07 RS: Ja.
00:29:07 IV: Erzählen Sie doch mal, wie das dann hier in Venusberg zu Ende ging und wie es.. was dann passierte.
00:29:15 RS: Ja. Dann sind wir wieder im Wagon und von dieser Zeit bis 13. Mai waren wir im Wagon.
00:29:30 Was Schmutz dort war, das kann man nicht.. wissen können. Einmal hat man unseren Wagon aufgemacht und wir waren voll..
00:29:44 Dies.., Diese Wagone waren voll. Was Schmutz dort war.
00:29:50 Jemand hat gesagt, das tschechische Rote Kreuz ist gekommen und sie haben das gesagt.
00:29:58 Diesen Wagon, nur diesen, ich weiß nicht, diesen Zug muss man aufmachen und sie wollen diese, diese Wagons anschauen.
00:30:10 Und so war.. ich weiß nicht.. nach zehn Tagen.. es.. Dieses war die schlechteste Zeit. Und Schmutz.
00:30:20 Einmal haben wir Suppe bekommen und, und wir haben schon keinen Hunger gefühlt.. gar nichts.
00:30:32 Nur diese Rüche, was dort war. Was Schmutz war, das wo.. sollen Menschen nicht leben.. nicht kennenlernen.
00:30:43 Ich weiß nicht, wie soll ich das sagen. Das war die.. das kann man nicht vorstellen, was dort war.
00:30:52 IV: Und Sie waren noch mit Ihrer Schwester zusammen auf diesem letzten Transport? Und sind dann wohin gefahren?
00:30:58 RS: Ja, dann nach Mauthausen. Nein, nein.
00:31:03 IV: Doch, es müsste stimmen..
00:31:04 RS: Nein.. ja.
00:31:05 IV: Von Venusberg.
00:31:06 RS: Von Venusberg nach Mau.., Mauthausen, ja. Dorthin sind wir gefahren. Und dort war schon meine Schwester ganz gelb.
00:31:21 Sie war schon dann ganz, ganz schwach. Und wir mussten von, von dem Zug dorthin oben zu Fuß gehen.
00:31:35 Dann sind zwei, zwei äh Kutschen gekommen mit Pferden. Und wer schwer krank war, konnte hinauf.
00:31:47 Aber meine Schwester wollte nicht.. wollte mich nicht lassen. Und zu Fuß sind wir von.. dort oben gegangen.
00:32:00 Das war, das war sehr schwer. Und meine Schwester war schon ganz.. das.. Ich will etwas zeigen. Gut?
00:32:11 IV: Zeigen Sie später. Jetzt erzählen Sie.
00:32:13 RS: Gut, gut, gut. Ja. Und nach ein paar Tagen war ganz große Ruhe. Wir haben nicht gewusst, was ist gewesen.
00:32:26 Wir haben gesehen äh, die Soldaten hatten den Parole abgerissen. Wir haben nicht gewusst, was ist geschehen. Und war Ruhe.
00:32:44 Und einmal haben wir Soldaten nicht.. deutsche Soldaten nicht gesehen. War ganz.. alles still. Wir haben nicht gewusst, was das ist.
00:33:01 Und auf einmal kam ein Soldat.. Amerikaner waren sie.. Und der, der erste hat mir gesagt:
00:33:15 Sie haben schreckliche Sachen gesehen, aber was dort gibt, solche haben sie nicht gesehen. Und dann sind die wunderbaren Wagen..

Untertitel von Datei "AGFl_AV.22.0748.mp4"

00:00:00 IV: Und das ist dann auch in Ordnung.
00:00:02 CM: Kommt noch eine, oder...
00:00:05 Gut. Sie haben.. wir waren grad an dem Punkt.. ein Amerikaner kam.
00:00:09 RS: Ja.
00:00:09 IV: Sozusagen der erste.
00:00:10 RS: Ja.
00:00:10 IV: Und hat Ihnen auch erzählt..
00:00:11 RS: Ja.
00:00:12 IV: So etwas hat er noch nicht gesehen.
00:00:13 RS: Und ja. Es war sehr interessant. Was ist denn da? Er hat deutsche Sprache sehr gut gesprochen und wir konnten miteinander sprechen.
00:00:29 Und ja. Meine Schwester war schon nicht mehr. Ja, ist.. Das habe ich gesagt.. Nein, das habe ich nicht, nicht gesagt.
00:00:47 Ja. Ich ha.., habe etwas ausgelassen. Ja. Wir sind.. vielleicht können Sie das richten.
00:00:57 Angekommen waren, dann sind wir unten und auf einmal haben wir eine hohe Treppe gesehen und hat man gesagt, dort müssen wir hinaufgehen.
00:01:11 Die Leute waren ganz schwach schon, aber wir waren zusammen mit meiner Schwester. Und was ich äh hi.. helfen konnte, das habe..
00:01:27 Sehr hoch mussten wir gehen und dann haben wir ins Lager gegangen. Das war sehr schön rein dort oben.
00:01:41 Und dort sind wir niedergelegen und, und dein.. meine Schwester war noch bei sich und wir haben gewartet, was es wird sein.
00:02:01 Das war sehr schwer, diese Treppe hinauf. Und.. ja. Das war..
00:02:12 IV: Wie ging es dann Ihrer Schwester? Wie ging es dann Ihrer Schwester? Sie waren mit Ihrer Schwester.
00:02:16 Und Ihre Schwester war sehr schwach und sehr krank.
00:02:18 RS: Sehr schwach.
00:02:19 IV: Und was passierte dann?
00:02:21 RS: Ja. Sie konnte doch dann nicht weitergehen. Jetzt sage ich nicht so in der Reihe, wie es war. Ich habe auf diese Sachen nicht viel nachgedacht.
00:02:38 Aber ich will das so ze.. erzählen, wie es in der Reihe war. Ja. Jetzt sind wir schon in Ravensbrück.
00:02:51 IV: In Mauthausen. In Mauthausen.
00:02:52 RS: In, in Mauthausen, ja? Sind wir schon dort und ja. Erstens waren wir in einem großen Zelt, Zelt. Viele, viele Leute waren schon.
00:03:08 Es war laut, Schmutz und war es.. alles war.. ja. Als wir angekommen.. viele, viele. Ich.. und mein..
00:03:18 Ich weiß nicht, wie v.., wie, wie viele Hundert Leute waren. Lärm.. alles war dort. Ja. Und ja.
00:03:34 IV: Und Sie waren mit Ihrer Schwester auch in einem Zelt.
00:03:37 RS: Sie.. ja. Das denke ich nach. Das war schon in Ravensbrück, nicht wahr?
00:03:46 IV: Mauthausen. In Mauthausen.
00:03:48 RS: Mauthausen. Mauthausen. Von dort sind wir.. keine Arbeit bekommen, sondern diese dreistöckigen Betten haben wir gema.. gehabt.
00:04:06 Und so sind wir Kopf, Füße, Kopf.. drei sind wir im Bett gelegen.
00:04:16 IV: Und es war in dem, im Zelt?
00:04:17 RS: Ja, ich.. ja.
00:04:17 IV: In dem Zelt?
00:04:18 RS: Ja, ich, ich meine.. ja. Jetzt sind.. Es ist mir deswegen schwer, weil das Ganze war schwer. Aber bis wir arbeiten konnten, war es nicht so schwer.
00:04:34 Aber später, was.. als wir keine Arbeit haben, dann war es sehr schwer. Ich bir.., bitte Entschuldigung, jetzt.. ja.
00:04:47 CM: Wir müssten mal noch kurz unterbrechen.
00:04:49 RS: Dann sind wir jetzt in..
00:04:51 IV: Ok, dann unterbrich.
00:04:52 IV. Moment. In Mauthausen.
00:04:55 RS: Mauthausen, ja.
00:04:56 IV: Kurz, kurz vor der Befreiung. Und Ihre Schwester ist sehr krank. Erzählen Sie..
00:05:00 RS: Sehr krank, sehr schwach.
00:05:02 IV: Erzählen Sie, was ist aus Ihrer Schwester geworden.
00:05:05 RS: Sie ist immer schwächer geworden und äh lange hat sie schon nicht gearbeitet und ja..
00:05:18 Ja, das ist mir jetzt.. Vier Mal habe ich nachgedacht und jetzt ist.. Ich weiß nicht, was it.. ist mit mir. Jetzt sind wir in Mauthausen, ja?
00:05:34 Ja. Die Ame.. ja. Auf einmal war große Stille. Immer war etwas, etwas zu hören können.
00:05:46 Einmal war sehr still alles und das haben wir gesehen, dass die deutschen Soldaten, diese Paroline haben abgerissen.
00:06:00 Und über Fenster und die.. sie sind fortgelaufen. Das haben nicht gewusst, was jetzt ist. Gar nicht gewusst. und es war alles still.
00:06:17 Und jemand.. ich, ich weiß nicht wer. Jemand ist gekommen, dass die Amerikaner dort sind. Ja. Ja.
00:06:32 Dann war schon meine Schwester nicht dort und wirklich das, das, das war sehr sch.., sehr schwer. Warten wir ein bisschen, gut?
00:06:48 IV: Ja, gut.
00:06:49 RS: Ja. Ich meine, dass das war am 5. Mai, das.. nicht wahr, ich sage gut? Ich habe keinen, keinen..
00:07:03 IV: Kalender.
00:07:04 RS: Kalender gehabt. Ich weiß nicht, von wo kann ich das, das erinnern oder, oder sagen können. Ja. Den 5. Mai war das.
00:07:17 Und ich war sehr traurig und froh, aber ich habe mich nicht gern, sondern die Mutter, meine Schwester.. und sie waren schon nicht dort.
00:07:30 Ja, dann sind Amerikaner gekommen und alles nachgeschaut.
00:07:41 Und sie haben die Baracke, wo die Aufsehne.. Aufseherinnen wohnten, gleich Spital gemacht.
00:07:53 Und gleich weiße Wäsche und, und wunderbar, was sie gemacht haben, diese Baracke. Was mit Aufseherinnen war, das weiß ich nicht.
00:08:06 Ich habe gar nicht gesehen, wann sind sie fort. Sie waren zu uns sehr streng. Die, die Arbeit, was wir haben.. wir sowieso gemacht haben.
00:08:20 Und w.., wie.. Ich habe keinen Ko.., Konflikt gehabt. Der war klein, gar nicht. Und, und sie ist auf einmal äh nicht dort.
00:08:33 Die Amerikaner sind gekommen, Ärzte und Ärztinnen waren und Pflegerinnen waren. Sie waren wirklich..
00:08:44 Sie waren auch sehr traurig, was sie gesehen haben.
00:08:51 Sie haben gesagt, sie haben gewusst, dass schreckliche Sachen, Sachen sind dort in diese, in diese.. wo, wo diese Häftlinge sind.
00:09:05 Aber das haben sie gar nicht bemerkt, so was kann es sein, was es war.
00:09:12 Dann haben wir.. ja. Äh gleich wa.. äh, warmes Wasser haben wir bekommen.. diese Spring.. diese, diese..
00:09:22 IV: Duschen.
00:09:23 RS: Spr.. ja. Wo wir waschen.. sind. Wir haben kaltes Wasser ganz gut. Wir haben kein Ru äh Rüche.. Rüche..
00:09:34 IV: Nicht mehr gerochen.
00:09:35 RS: Ge.. nicht gehabt. Dieses kalte Wasser hat sehr gut getan, das war gar nicht schlecht.
00:09:42 Aber sie haben gleich Badezimmer ge.. in solche Baracke gemacht, wo baden konnten wir und Dusche haben wir.
00:09:54 Und es war wirklich ein Wunder.
00:09:58 IV: Die Befreiung.
00:09:59 RS: Wer das überleben konnte. Und dann haben wir Penicillin bekommen. Dann war das ganz neu.
00:10:08 Ich habe so gehört, sie probierten aus, was macht Penicillin. Und es war wunderbar. Je Stunde.. drei Stunden haben wir Spritzung bekommen.
00:10:24 Und dann sind sie gekommen so machen "Rózsa!". Und dann habe ich meinen Arm gegeben und, und habe ich Spritzung bekommen.
00:10:35 Ja und äh.. Ich war damals 28 kg. Das macht ... Muss man nicht Kura machen, Kure machen, dass ich schlank sein..
00:10:49 Ich habe für mich gar nicht tragisch genommen. Was meine Mutter und was meine Schwester war, das ist mehr tragisch. Ich lebe.
00:11:03 IV: Ich möchte Sie einfach noch mal fragen, weil ich habe das nicht wirklich verstanden:
00:11:06 RS: Ja.
00:11:07 IV: Wann ist Ihre Schwester gestorben und wie?
00:11:09 RS: Ich weiß nicht.
00:11:10 IV: Sie wissen es nicht.
00:11:11 RS: Nein.
00:11:11 IV: Sie war nicht mehr..
00:11:13 RS: Nein. Sie war einmal nicht dort. Ich weiß nicht. Nein, nein. Einmal war sie nicht dort.
00:11:22 IV: Aber vor der Be.. das war noch vor der Befreiung, bevor die Amerikaner kamen?
00:11:26 RS: Vor, vorher.. ja, ja.
00:11:29 IV: Haben Sie noch so eine Vorstellung, wie lange Sie in Mauthausen ungefähr waren, bis die Amerikaner kamen?
00:11:35 Wie lange diese Zeit dort war?
00:11:37 RS: Ich bin am 5. Mai frei geworden. Gleich sind sie nicht gekommen. Nur ein.. nach ein paar Tag.. zwei Tagen.
00:11:48 Das weiß ich nicht, aber sie waren nicht gleich dort.
00:11:53 Das habe ich diese äh abgerissene Sache gesehen und habe nicht gewusst, was das ist. Und später, später sind sie gekommen.
00:12:04 IV: Und in dieser Zwischenzeit.. nach Ihrer Ankunft in Mauthausen bis zur Befreiung.. in dieser Zwischenphase ist Ihre Schwester dann gestorben.
00:12:13 RS: Ja, ja. Sie ist.. sie hat das nicht erleben, dass die Amerikaner dort waren. Ja.
00:12:22 IV: Und wie ging es dann weiter? Sie waren sozusagen im Lazarett in Mauthausen.
00:12:27 Haben Ihre Spritzen gekriegt und wurden dort wieder langsam gesund. Wie ging es weiter?
00:12:32 RS: Ja, dort waren Spitale.. Viele, viele Ärzte waren dort und wunderbar, wie sie gearbeitet haben und was sie getan haben.
00:12:46 Und sie hat wirklich gesagt, sie haben gewusst, schreckliche Sa.., Sachen sind dort.
00:12:52 Aber so was haben sie nicht gedacht. So was erleben, so was kann sein, was dort war.
00:13:03 IV: Was wurde dann aus Ihnen? Was ist mit Ihnen dann passiert, nachdem sie dort im Lazarett waren?
00:13:08 RS: Ja, dann habe ich je drei Stunden diese Penicillin gehabt. Sie haben sehr achtgegeben, dass wenig zu essen bekommen.
00:13:19 Ich wollte.. ich nicht habe.. ich habe keinen App.., keinen Appetit gehabt. Aber was sie ge.., gegeben haben, das habe ich gegessen.
00:13:29 Und langsam bin immer stärker geworden. Und im Ju.. äh..
00:13:37 Anfang Juni haben wir Wagon, Wagon bekom.. Personalwagon bekommen und langsam nach Ungarn fahren können. So war es.
00:13:51 IV: Und wann haben sie zum ersten Mal gehört, was aus Ihrer Mutter geworden ist?
00:13:58 RS: Spät. Niemand habe ich gefunden, die auch dort waren, wo ich.. wo meine Mutter war.
00:14:08 Sehr spät. Ich weiß nicht, wie viele Monate lang habe ich nicht gewu.. Ich habe gewartet. Sie war sehr str.. strammer als ich.
00:14:17 Sie war auch eine Sportlerin kann ich, kann ich so sagen. Und ich habe gedacht, ich werde vielleicht nicht durchleben, aber sie ja.
00:14:27 Ich weiß nicht, was ist mit ihr geschehen. Jetzt au.. jetzt noch immer nicht. Ich weiß das nicht.
00:14:36 Eine liebe Frau hat mir gesagt, vielleicht sie werden.. wird suchen, was ist mit meiner Mau.. meiner Mutter geworden.
00:14:48 Sie, sie wird nachschauen. Vielleicht wird, wer.., werd, wird sie das finden können.
00:14:57 IV: Sie haben ja immer heute auch schon oft gesagt, dass Sie ein optimistischer..
00:15:01 RS: Ja.
00:15:01 IV: ...Mensch sind und dass sie auch glücklich sind, dass Sie leben, dass Sie heute noch leben. Und dass Sie das Leben leben.
00:15:08 RS: Ja, ich habe sehr gern Leben, aber diese, diese Tragödie, was mit mir war, das, das ist sehr schwer durchleben.
00:15:22 Und noch i.., noch immer leben. Ja.
00:15:25 IV: Wenn Sie zurückdenken, an diese Zeit, was war denn das Schlimmste oder das Schwierigste für Sie?
00:15:32 RS: Das Erste was.. dass meine Mutter hat man von mir gerissen. Und meine Schwester. Das war. Anderes.. Mit mir, was war.. ich lebe.
00:15:46 Ich habe das durchgelebt. Und ich wollte das, aber nicht ohne meine Mutter und meine Schwester.
00:15:56 Das war Tragödie. Ich bin keine Tragödie, ich lebe.
00:16:03 IV: Dankeschön.
00:16:04 RS: Ich danke. Und ich danke, dass ich da bin. Und wenn ich kann, ich komme, weil ich Einladung.. Jetzt habe ich wieder eine Einladung bekommen.
00:16:16 IV: Wieder eine Einladung?
00:16:17 RS: Ja. Und ich werde fahren. Als ich.. ich werde zäh..