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File "AGFl_AV.22.0785.mp4"

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Sources KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
Signatur: AGFl AV.22.0785
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Subtitles for "AGFl_AV.22.0785.mp4"

00:00:00 JK:.. war schon wieder Zeit zum Erholen. Das ist klar.
00:00:04 Dann, dann, nimm ich Zeit zum bisschen hinter mir lassen.
00:00:12 Sonst dass.. und nicht immer dran, drandenken.
00:00:17 Das gab dann noch Leben.
00:00:19 Weil, was vergangen ist, das ist schon vergangen.
00:00:22 Ich kann doch nicht für Vergangenheit leben.
00:00:24 Weil die Zukunft.. muss ja vorausdenken.
00:00:28 Zukunft, was, was bringt.
00:00:31 Was vergangen, das bringt ja nicht mehr her.
00:00:34 Zukunft bringt was, oder?
00:00:36 IV: Wie ging's für dich denn dann los?
00:00:38 Also, wenn man sich jetzt vorstellt, du kommst aus dem Schonungsblock.
00:00:42 Du weißt, die SS ist weg.
00:00:45 Du hast noch deine Häftlingskleidung an.
00:00:47 Hast wahrscheinlich Hunger.
00:00:48 JK: Die haben wir ja da..
00:00:49 IV: Wie ging's dann für dich weiter?
00:00:51 JK: Ja.
00:00:52 Und der, der Nürnberger, der hat auch nicht ankleiden lassen SS-Leute.
00:00:59 Der war, der war im Lager 12 Jahre.
00:01:04 Der war schon {lacht} ausgekocht.
00:01:09 Der ist ja schon vom, vom, vom Auschwitz nach Flossenbürg ver, versetzt worden.
00:01:15 Weil da in Auschwitz viel Zivilpersonen gingen.
00:01:21 Und mit denen hat er viel äh geschachert.
00:01:26 Und da hat er.. strafversetzt worden ist nach, nach Flossenbürg verlegt worden.
00:01:32 Und da hat er bestraft worden.
00:01:35 Drum hat er ausgepeitscht.
00:01:39 Und der ist auch.. wir sind dann mit, mit.. zu zweit dann in die Schonungsblock.
00:01:44 Der hat.. das war seine Idee zum verstecken.
00:01:49 Und das haben wir gemacht.
00:01:51 Dann wie die SS herausgekommen ist, dann hat er herausgekrochen, das ist klar.
00:01:55 Ja.
00:01:58 Da, dann ist er, da ein bisschen.. die schon ein bisschen diese Lager kennen wie wir, sofort bisschen in die Hand genommen, dass die Küche nicht überfallen worden ist, dass ein bisschen Ordnung herrscht.
00:02:13 Ja. Und da, dazwischen haben wir äh die Zivilkammer außen Lager, wo die äh, die Kleider, Zivilkleider da von, von Häftlinge damals gesammelt wurden, da haben wir frisch angekleidet,ja.
00:02:32 SSler Uniform weg und dann Zivilkleidung ange, angekleidet.
00:02:39 Schon waren wir wieder Zivilisten.
00:02:42 IV: Und deine alte Kleidung hast du dann gerne weggeworfen, oder?
00:02:46 JK: Du, da hast du nicht gefunden, da war schon vor uns äh alles ausgelünd.. also geplündert bis dorthinaus.
00:02:56 Wenn sind hinkommen, da war schon eine Chaos.
00:03:00 Da war schon drum Chaos da drüben.
00:03:02 Aber wer, wissen wir nicht.
00:03:05 Wahrscheinlich die Zivilpersonen da.
00:03:08 IV: Nein, ich meine, deine Häftlingskleidung, du hattest doch eine gestreifte Kleidung?
00:03:11 JK: Ja.
00:03:12 IV: Was hast du mit der gemacht?
00:03:13 JK: Äh weggeschmissen {lacht}.
00:03:15 IV: Gerne.
00:03:16 JK: Na freilich, die haben wir gleich da.., wir haben gleich da angekleidet in, in Baracken.
00:03:23 Aber da war schon rumgelaufen, dann haben wir herausgesucht und angekleidet. So.
00:03:32 Dann wieder ins Lager zurück.
00:03:35 Dann haben wir ein paar Stunden aufgehalten.
00:03:37 Jetzt hat er, also hat gesagt, also:
00:03:41 "Jetzt laufen wir nach Nürnberg.
00:03:44 Jetzt gehen wir heim", hat er gesagt.
00:03:47 Und dann sind wir von, von Flossenbürg zu Fuß aufgebrochen nach Nürnberg.
00:03:57 Na da haben wir drei Wochen gebraucht.
00:03:59 Von Flossenbürg nach Nürnberg.
00:04:02 Da haben wir uns schon in Etzenricht aufgehalten.
00:04:07 Dann, dann wieder in Sulzbach-Rosenberg aufgehalten.
00:04:14 In Sulzbach-Rosenberg, da hat die Ami-Trucks da der Transport war.
00:04:22 Und die haben uns auch mitgenommen bis nach Nürnberg.
00:04:26 Und dann haben wir gelandet in Nürnberg, ja.
00:04:29 Seitdem, seitdem kennt man mich in Nürnberg.
00:04:32 IV: Da warst du aber eigentlich schon noch eher ein Russe als ein Nürnberger, oder?
00:04:40 JK: Da war schon in Nürnberg, ja, da.
00:04:42 Weil...
00:04:46 Volksdeutsche Abstammung (???) und da war da gleich, bloß, bloß äh also Registrierscheine gekommen.
00:04:57 Und sonst gar nix.
00:04:59 So kleine Stückchen Papier, Registrierscheine haben sie machen müssen.
00:05:05 Welche Lebensmittelkarten.
00:05:09 Da hast du da arbeiten müssen, dass du Lebensmittelkarten kriegen kannst.
00:05:16 Da war's '45 eine, das war ein Chaos durcheinander in.. bei Zivilbevölkerung überall.
00:05:27 Und ist überall dasselbe, hast kämpfen müssen bis.. Aber...
00:05:35 IV: Hast du da schon deutsch sprechen können?
00:05:37 {Schnitt}
00:05:37 IV: Hast du dich eigentlich gefragt, äh, ob Nürnberg, du bist deinem Freund gefolgt.
00:05:44 Hast du nicht überlegt, ob du vielleicht heim Richtung Kiew gehen sollst oder?
00:05:49 JK: Ja.
00:05:50 IV: Oder wie hast du dich entschieden?
00:05:52 JK: Ja, da hab' ich mich entschieden, ja. So.
00:05:56 Also, das Leben geht immer weiter.
00:06:01 Jetzt sind {lacht} Leut, da ist da wieder Befehl von oben gekommen, vom russischen Kommandanten:
00:06:11 Alle äh alle russische Fremdarbeiter müssen alle heim.
00:06:20 Da haben die schon rumgeschaut.
00:06:24 Die waren so, sogar im, im Schloss die Russen eingemietet da im Steiner Schloss, wissen Sie das?
00:06:34 Da war damals also '45, da war schon russische Kommando da drin einge, ein, eingenistet.
00:06:42 Und hat die.. alle Fremdarbeiter rumgefragt,..
00:06:50 Da hab' ich gesagt: Nein, nicht mit mir.
00:06:53 Hitlerlager über, überlebt, da war schon Hölle.
00:07:00 Aber wenn ich nach Russland komme, da komm ich in Stalinhölle, in haben geschlagen, in Schlagenlager, Stalinlager.
00:07:08 Da war's noch schlimmer wie, wie in Hitlerlager.
00:07:12 Und so war's.
00:07:13 Die Leute schon nach, nach.. heimgegangen, die sind alle ins Lager gekommen.
00:07:18 Und so war's.
00:07:19 Der eine kommt sogar, der war 10 Jahre eingesperrt.
00:07:23 10 Jahre.
00:07:25 Als Vaterland, Vaterlandverräter.
00:07:31 Also mit 16 einhalb Jahren soll ein Vaterlandverräter sein.
00:07:37 Also, das kann man nicht vorstellen.
00:07:40 Ha?
00:07:42 Und so war's.
00:07:44 Hab' ich gesagt: Nein. Mit mir machen sie nicht.
00:07:48 Und so war's.
00:07:50 Ja da wieder.. Arbeit gesucht und bin ja zum Amerikaner in Küche gekommen.
00:08:03 Als Küchenhilfe.
00:08:06 Naja, hab' ich angeschaut, wie die kochen, und bei zweiter Einheit habe ich als Koch gemeldet.
00:08:12 Und so war's.
00:08:13 Da war ich auf einmal vom Schuster war ich ein Koch. {Lacht}
00:08:20 Und das ist so drei Jahre gegangen.
00:08:24 Ja hab' ich heute noch Ausweis, dass ich Koch war.
00:08:27 Vom amerikanische Einheit. Ja.
00:08:31 Da hab ich Englisch gelernt dazu, ja.
00:08:36 Weil da ist ja alles englisch, ja.
00:08:39 Tja, Büchsen, Büchsen kann ich doch auch machen, oder, ne.
00:08:43 Da hab' ich's gedacht.
00:08:45 Zuerst ich hab' geschaut, und das kann ich doch auch.
00:08:49 Und so war's.
00:08:52 Zuerst war ich in, in Dutzendteich war ich.
00:08:57 Aber nach und nach, die kleinen Einheiten, die war alle da vor äh verschwunden, in, in größere Einheit.
00:09:08 Da wird immer mit äh Posten immer weniger. {Räuspert sich}
00:09:13 Nach, nach Erl.., nach Erlenstegen kommen.
00:09:18 Da war bloß Offiziere.
00:09:20 Und die wird privat gelebt.
00:09:22 Die sind dann bloß in die Küche kommen.
00:09:25 Da war ich auch Koch.
00:09:27 Das war herrliches Leben.
00:09:31 14.. äh 24 Stunden Arbeit, 24 Stunden frei.
00:09:37 Und alle Verpflegung.
00:09:40 Ja. So war's.
00:09:43 IV: Und wie ging's dann weiter?
00:09:45 JK: Ja. Das ist so weiter so gegangen bis, bis 1946.
00:09:54 Und '46 da ist es so, dann.. die Prozesse begonnen.
00:10:05 Da bin ich Justizgebäude reingekommen, in, da ist ja bloß.. als Küchenhilfe.
00:10:11 Da ist ja kein.. da war bloß.. andere Koch drin.
00:10:15 Bloß Amerikaner drin.
00:10:18 War's Küchenhilfe. Ja.
00:10:21 IV: Hast du dann von dem Prozess was mitbekommen mehr, oder hast du nur gekocht?
00:10:26 JK: Bloß in die Küche. Nein, gar nichts mitbekommen, nein.
00:10:29 Da war doch, die Fürther Straße war mit Panzer abgestellt, da ist ist nichts zu wollen.
00:10:37 Aber dafür, der.. bei Amerikaner, die, die, die Ausschlag gegeben, die haben eingesperrt da.
00:10:47 Für den hab' ich Essen jeden Tag andere Abteilung trans.. hab' ich tragen müssen.
00:10:56 Ja. Als Gehilfe.
00:11:01 Aber mit, mit amerikanische Begleitung.
00:11:06 So. Und dann zum Schluss bin ich dann..
00:11:13 Und dann '46, Ende '46 war.. die Einheiten ist auch aufgelöst.
00:11:19 Prozess war schon vergangen.
00:11:22 Da ist dann kein Personal mehr gebraucht da.
00:11:26 Da bin ich äh von da aus, in Ver.. in Verpflegungslager kommen.
00:11:33 Äh dann ist eigentlich für die äh Schulspeisung heute bekannt ist.
00:11:40 Schulspeisung für eingeführte..
00:11:42 Da ist da der Marshall-Plan kommen.
00:11:48 Dass deutsche Kinder so nach Marshall-Plan so ein bisschen geholfen worden.
00:11:54 Auch vom amerikanische, vom Amerikaner unterstützt worden.
00:11:59 Da ist amerikanische Sache für, für Schul, Schule wird da verteilt.
00:12:06 Und da bin ich reingekommen.
00:12:09 Da war ich wieder im Schulwesen also.
00:12:14 Bei Verteilung.
00:12:17 Und dann ist, da ist das da so gegangen bis zur Währung.
00:12:23 Und dann 1948 ist ja da Währung gekommen.
00:12:29 Aber Verpflegung dann ist, die Schul, Schulspeisung ist weggefallen.
00:12:37 Aber die Lager ist weiter entstanden mit äh Lebensmittel.
00:12:41 Weiter entstanden.
00:12:44 Und dann ist nicht, nicht vom Amerikaner geleitet, aber vom dann die deutsche Staat übernommen.
00:12:53 Die.. da bin ich praktisch, ist er bei der Staat belandet.
00:13:01 Und dann ist das gegangen bis 1951.
00:13:04 Da hab' ich da dort gearbeitet.
00:13:06 Da war ich bei der Staat. Naja.
00:13:11 IV: Und immer sehr nah beim Essen war das.
00:13:13 JK: Immer war Essen.
00:13:14 IV: Das war Absicht, oder?
00:13:15 JK: Naja, freilich.
00:13:16 Da hab' ich, da hab' ich nicht so viel Auswahl gegeben.
00:13:22 Da musst ich schon da bleiben.
00:13:23 Da ist nichts mehr drin.
00:13:26 Aber die Währung war schon da, weil wenn deutsche Mark gekommen, da war alles da.
00:13:36 Die Metzgerladen war so offen, alles war da.
00:13:40 Die Lebensmittelmarken ver, verschwunden.
00:13:42 War alles voll. Mit einem Schlag.
00:13:45 Na, dafür haben wir bloß 40 Mark gekriegt.
00:13:49 Ja. Ist nicht viel.
00:13:52 Da ist da eine halbe Bier, da äh.. das war Dünnbier hat das geheißen, Dünnbier.
00:13:59 Hat glaub ich 20 Pfennig gekostet.
00:14:02 Können Sie sich es vorstellen heute?
00:14:04 Das kann man nicht vorstellen, ne?
00:14:06 20 Pfennig.
00:14:10 Ja, wir haben ja 40 Mark im Monat gehabt bloß. Ah.
00:14:16 Und von da aus, ja hab' einen Bekannten gehabt da, wo ich gewohnt.
00:14:25 Und die war im Schlachthof.
00:14:28 Und die haben einen Schlachthof und die, die haben mich dann gebeten, ich soll bei denen, bei denen einsteigen.
00:14:38 Da bin vom, vom Verpflegungslager weggangen und bin rein in Schlachthof gekommen.
00:14:42 Drum.. Von Küche, Koch, bin ich zum Viehhändler geworden.
00:14:50 Und da bin ich ja 40 Jahre schon gearbeitet bis ah bis in Pension gegangen.
00:14:58 Jetzt bin ich da.
00:15:01 IV: Hast du dann nach '45 irgendwie Flossenbürg nochmal besuchen wollen?
00:15:07 Wann warst du denn das erste Mal wieder da?
00:15:08 JK: Ach ja. Ah ja. Das ist dazwischen ja. Ja. Da hab' ich besucht.
00:15:15 IV: Wann denn?
00:15:19 JK: Äh. Das erste Mal nach der Währung gleich.
00:15:24 1956. 1956.
00:15:30 Da hab' ich Auto gehabt, da hab' ich keine Schwierigkeiten mehr gehabt, weil ich war schon motorisiert.
00:15:38 Ich bin nach Flossenbürg 1956.
00:15:42 Die Denkmäler, die was so da auf den.., da war alles, alles verwachsen.
00:15:50 Da war Chaos bis dorthinaus.
00:15:54 Kein Mensch hat gekümmert.
00:15:56 Da ist so vergammelt war das, das hast du noch nicht gesehen.
00:16:02 Aber alles ver... Und da hab' ich gehört gewisse, wie heißt der, Igel, oder wie heißt der.
00:16:09 Wie heißt der?
00:16:11 AK: Igel.
00:16:13 JK: Na, der, da weißt doch.
00:16:17 AK: Ich hab' es aufgeschrieben.
00:16:19 JK: Wie heißt...?
00:16:20 Der, der hat da äh kleine Aufsicht gekomm.. äh gekriegt, (???) der hat da gekümmert.
00:16:29 Na..
00:16:34 Bieber oder so ähnlich.
00:16:35 IV: Bieber, ja. Willi Bieber.
00:16:37 JK: Fieber ja, der war's ja.
00:16:40 Na mit dem hat ein bisschen gesprochen auch.
00:16:46 Also sagt er: Da ist auch kein Mensch da.
00:16:49 Also.
00:16:52 Er schaut bloß ein bisschen rum und sonst nichts.
00:16:55 IV: Was hast du da empfunden, wie du diesen Ort so gesehen hast '56 verwahrlost?
00:16:59 JK: Das, das war schon, da ist direkt aufstoßen gewesen da.
00:17:05 Weil da ist alles, alles verwüstet.
00:17:08 Sowas, da war erst eine Ordnung, und jetzt ist es so eine Wüste.
00:17:13 Vor dem Appellplatz.
00:17:16 Das kann man nicht beschreiben wie das ist so schnell gegangen.
00:17:20 Aber der hat mir erzählt der Bieber da, da war so, so Industrie angesiedelt da im, im Gebäuden, in die Küche und im Waschhaus, in Waschräume.
00:17:34 Und die haben ganz schön abgewirtschaftet.
00:17:38 Ja.
00:17:41 Erst neunzehnhundert.., neunzehnhundert.. um '80 herum, da ist, ist es ein bisschen angegangen.
00:17:56 Und ich weiß nicht, dann ist diese.. gekommen.
00:18:07 Auf einmal ist es schon in Flossenbürg so wieder ein Leben bekommen.
00:18:14 Ein Lagerleiter einge, eingestellt worden und eingerichtet, oder soll dann.. soll auch besuchen.
00:18:28 Und seitdem da bin dann auch das erste Mal eingeladen worden.
00:18:34 IV: Du bist also '56 hingefahren.
00:18:36 JK: Ja.
00:18:37 IV: Und wie du wieder weggefahren bist, hast du gedacht..
00:18:39 JK: Jetzt ist Schluss. Da war für mich für.. Sache erledigt.
00:18:45 Erst neunzehnhundert.. als das beleben lassen.
00:18:49 Na, und seitdem..
00:18:51 IV: Hast du eigentlich dann gesprochen über diese Zeit?
00:18:55 Und später mit deiner Frau oder deinen Kindern?
00:18:58 Oder wann fing das für dich an?
00:19:00 JK: Ach, das ist eine Sache.
00:19:04 Wenn ich vom Lager rausgekommen, ah, da, da, da war die ganz andere Atmosphäre, war Leute und Umgebung wie..
00:19:14 Da hab' ich keinen Menschen erzählt, dass ich im Lager war.
00:19:17 Da, da ist nichts zu wollen.
00:19:19 Da kein Mensch hat gewusst, dass ich im Lager war.
00:19:22 Da ist drüber.. bei mir ist Gras gewachsen.
00:19:27 Nicht mehr erzählt.
00:19:31 Die wissen heute noch viele Bekannten von mir, die wissen nicht, dass ich im Lager war.
00:19:37 Da hab' ich nicht erzählt.
00:19:39 Ja.
00:19:40 Und hat auch kein Mensch gefragt.
00:19:42 Ja.
00:19:44 Dann hab' ich verlaufen lassen.
00:19:48 Erst ab '80, da ist ein bisschen eine Belebung gekommen.
00:19:52 Aber sonst war auf deutsch gesagt Pause.
00:20:00 IV: Hat dir das gut getan, oder nicht gut, dass du nicht drüber gesprochen hast?
00:20:06 JK: Ja ich hab' für so lange.. Vergangenheit zu vergessen.
00:20:12 Auf deutsch gesagt.
00:20:15 Und, und da hab' ich's, da hab'..
00:20:17 IV: Hast du das geschafft?
00:20:19 JK: Naja, da hab' ich jetzt geschafft.
00:20:22 Bis jetzt, bis 85. {Lacht}
00:20:29 IV: Man hat ja in der Nachkriegszeit immer von KZ'lern gesprochen. Das stand ja auch in der Zeitung.
00:20:34 JK: Ja. KZ'ler, jawohl.
00:20:36 IV: Was empfindest du, wenn du dieses Wort hörst?
00:20:38 Ist das guter Klang, schlechter Klang?
00:20:42 JK: War.. Damals war kein schöner Klang.
00:20:45 Da, da hab' ich auch nicht gerührt.
00:20:48 Da, da äh lieber, lieber Schweigen, bevor was da aufmucksen.
00:21:00 IV: Wie hast du denn das Thema Entschädigung erlebt?
00:21:03 Ich mein', du warst jetzt lange im Lager.
00:21:05 JK: Ja.
00:21:06 IV: Äh, hast du irgendwie da gemacht, was bekommen?
00:21:09 JK: Ich, ja. Gar nichts hab' ich bekommen.
00:21:13 Alles eingereicht, alles Unterlage gegeben, alles.
00:21:19 Nichts.
00:21:20 Weil ich, ich war keine jüdische Abstammung, nichts, nicht jüdisch verfolgt auf deutsch gesagt.
00:21:32 Und da war es.. ist abgelehnt worden.
00:21:35 Gewisse.. der Leiter von äh Wiedergutmachung, gewisse Auerbach, wenn du hast gehört davon, der war in München.
00:21:46 Der hat abgelehnt.
00:21:53 Erst, erst nach 60 Jahre, da haben auch welche gerührt, da, dass die, die Ostarbeiter auch entschädigt worden.
00:22:08 Da hab' ich wieder eingereicht, und da was gekriegt.
00:22:14 IV: Und fandest du das dann, war das für dich ein Erfolg, so, oder hast du gedacht, ja was soll's? Also..
00:22:21 JK: Jetzt kann ich brauchen. Jetzt kann ich gebrauchen. {Lacht} Und das war richtige Zeit.
00:22:27 AK: Als du damals in Rente gegangen bist, (???).
00:22:32 JK: Bitte?
00:22:32 AK: Wie du in Rente gegangen bist mit 60.
00:22:35 Weil dir ja die drei Jahre gefehlt haben.
00:22:38 JK: Ah. Ja, das war nicht eingerechnet. Nicht eingerechnet. Trotzdem nicht zu wollen.
00:22:46 IV: Die Zeit im KZ wurde nicht auf die Rente angerechnet.
00:22:48 JK: Nicht, nicht angerechnet, nein.
00:22:50 Da ist ja bloß eine Wehrmachtzeit eingerechnet worden.
00:22:54 Für äh KZ'ler nicht.
00:22:58 AK: Da ist ihm zur Antwort gegeben worden, er soll froh sein, dass er überlebt hat. (???)
00:23:06 JK: Ja, das war, das war schon ein Kampf, war nichts zu wollen.
00:23:14 IV: Ja ich möcht' nur zwei Sachen dich noch bitten, dass du sie erzählst.
00:23:18 JK: Ja.
00:23:19 IV: Und zwar, einmal hast du erzählt, dass die Zeit im Lager, '42 am Anfang, ganz anders war als später.
00:23:29 JK: Ja. das..
00:23:29 IV: Appell oder, oder auch Konzerte.
00:23:33 Erzähl' mal, was da anders war.
00:23:33 JK: Das stimmt. Ja, ja.
00:23:36 Ja weil damals waren ja nicht so viele Leute. Wie gesagt, da war vielleicht so 1200.
00:23:43 Das ist was anderes.
00:23:45 Da ist dann Sommer gekommen, Mai, Monat Mai.
00:23:49 Wunderbares Wetter war überall.
00:23:53 Und da, die haben ein Orchester gehabt aus 80 Mann.
00:24:02 Und da haben wir Sonntag Nachmittag, Sonntag nach dem Essen, da müssen wir unsere Stühle also..
00:24:13 Schon an, antreten wie, wie immer.
00:24:18 Und jede Block muss auf Appellplatz gehen zum Konzert.
00:24:24 Aber das hat nicht gedauert.
00:24:26 Der Kapellmeister war ein, ein Wiener, ein Österreicher.
00:24:32 Der hat eine schöne Orchester gehabt.
00:24:34 Ja, 80 Mann Orchester haben wir gehabt.
00:24:38 Und haben gesp.. paar Stunden gespielt ja.
00:24:41 Aber das hat nicht gedauert.
00:24:44 Mai, Juni, Juli und da war, da war Herrlichkeit aus.
00:24:50 Für Sonntag, war aus.
00:24:55 Das war äh die kurze Zeit praktisch.
00:25:01 IV: Angeblich wurde damals auch von den Häftlingen noch gesungen irgendwie die bestimmten Lieder, die man..
00:25:07 JK: Ach ja.
00:25:08 Das, da .. nach Appell ist man dann zur Arbeit nach.. Da müssen wir singen.
00:25:18 Also unsere Gruppe also im Lager, die haben nicht singen brauchen.
00:25:23 Aber die schon nach Steinbruch marschiert haben durch die Tor, die haben singen müssen.
00:25:29 Und auch wieder zurückgekommen, wieder singen müssen.
00:25:32 Das Liedchen, immer das gleiche.
00:25:37 Äh.
00:25:43 Das Lied "Lasst die Gläser klingen, frohes Lied wir singen.
00:25:48 Mädel schenke ein, es lebe Lied und Wein.
00:25:52 Lebwohl auf Wiedersehen" oder so ähnlich.
00:25:55 Das ist unsere Lied gewesen.
00:25:57 Ich weiß.. So weiß ich.. aber das Lied weiß ich ja.
00:26:03 Das haben wir nicht vergessen, das Lied.
00:26:09 IV: Ja, wenn du jetzt so zurückschaust.
00:26:11 Äh, du hast viel Glück gehabt, bist sehr alt geworden.
00:26:16 JK: Ja.
00:26:17 IV: Wie, wie denkst du, dass du das geschafft hast?
00:26:19 Also, du hast ja Vieles überstanden, überlebt, was andere nicht geschafft haben. Wie?
00:26:25 JK: Ja. Wie sagt man da?
00:26:29 Muss man beweglich sein. Ja.
00:26:34 Bin beweglich.
00:26:36 Also natürlich nicht auf eine Sturheit, in Gedanken muss man beweglich sein.
00:26:41 Nicht sagen, jetzt muss ich machen.
00:26:43 Müssen sie nicht machen.
00:26:45 Wenn nicht geht, dann muss anders gehen.
00:26:49 Oder? Also.
00:26:51 Aber ich war, ich war kein sturer Mensch gewesen.
00:26:54 Ich hab gesagt: Bisschen beweglich sein, be, bevor stur sein. Oder?
00:27:00 Das ist immer.
00:27:03 Und das ist äh ist gut angekommen.
00:27:07 Im Leben.
00:27:10 IV: Du bist ja auch nochmal in deine Heimat gefahren, geflogen.
00:27:14 JK: Einmal. Einmal.
00:27:16 IV: Wie war das?
00:27:17 JK: Das war für mich ein fremdes Land.
00:27:21 Ich hab' keinen Mensch mehr gekannt.
00:27:23 Nach 50, das war genau nach 50 Jahre.
00:27:26 '42 bin ich weggekommen, und '92 bin ich dann geflogen.
00:27:34 Bin her mit der Eisenbahnwaggon, und zurück bin ich mit Flugzeug gekommen. {Lacht}
00:27:44 Also.
00:27:46 Die alte paar Damen haben mich gekannt und alle andere war lauter fremde Leute.
00:27:53 IV: Da hast du dir gedacht, dass die Entscheidung richtig war, oder?
00:27:56 JK: Jawohl. Jawohl.
00:27:58 Die Entscheidung war richtig.
00:28:00 Und war.. für dene war ich fremd.
00:28:05 Ja. Und das hat mich auch ein bisschen dann abgestoßen, weil ich kann von junge Leute nicht verlangen, dass er soll mich.. {lacht}, dass die Hände küssen.
00:28:21 Aber so..
00:28:22 Nein, hab' ich gesagt, das ist nix.
00:28:26 IV: Du hast jetzt ja auch drei Kinder. Oder?
00:28:30 JK: Jetzt haben wir drei. Ist alles schon erwachsen, ja.
00:28:33 IV: Und wie, wie, was hast du denen erzählt?
00:28:36 Oder gar nichts?
00:28:37 Oder wie, wie war das, diese Geschichte?
00:28:39 JK: Ja. Nein, da..
00:28:40 IV: Weil die fragen doch, oder?
00:28:43 JK: Da.. Da hab' ich nicht viel erzählt.
00:28:47 Und die haben auch nicht viel gefragt.
00:28:49 AK: Du hast erzählt, als sie ziemlich schon aus der Schule waren dann.
00:28:55 Vorher hast gesagt, du warst einmal eingesperrt.
00:28:58 Weil die haben gesagt in der Schule zu ihrer Freundin, weil der im Gefängnis war der Papa, na hat's gesagt, macht nix, mein Papa war auch eingesperrt.
00:29:05 Da bin ich dann in die Schule und hab' das richtig gestellt, weil..
00:29:10 JK: Ja. Zuchthäusler. Das ist..ja.
00:29:15 Das war auch.. Ich hab' geahnt, das ist abstoßend, da hab ich scho immer Muckser gegeben.
00:29:25 Nicht viel erzählen, da wissen sie auch nicht viel davon. Aus.
00:29:30 AK: Der Julek hat nix erzählt.
00:29:31 Jetzt erzählt er mehr, weil jetzt..
00:29:35 Wie sie Kinder waren, das hätten die gar nicht verstanden.
00:29:37 Aber jetzt, die löchern dann schon.
00:29:40 Da ist er auch redselig.
00:29:44 IV: Also jetzt nach 60, 70 Jahren..
00:29:47 JK: Praktisch..
00:29:48 IV: .. kannst du drüber reden.
00:29:48 JK: Jetzt kann man..
00:29:49 IV: .. wenn auch nicht gern.
00:29:50 JK: Ja. In der Tat.
00:29:52 AK: Ich habe es ja auch nicht gewusst.
00:29:55 Wir waren ja schon verheiratet..
00:29:57 JK: {Lacht}
00:29:57 AK: Aber er hat Angst gehabt, dass er mich dann wieder verliert.