[DE: IV: Also heute ist der 15. Dezember 2005, und wir freuen uns sehr, bei Frau Dohnalova in der Ceske-Druziny-Straße 20 in Prag 6 zu Besuch zu sein,]

[DE: um ein Interview über ihr Lebensschicksal aufzunehmen.]

[DE: Dieses Interview soll sich hauptsächlich mit Überlebenden des Konzentrationslagers Flossenbürg oder dessen Außenlager befassen.]

[DE: Also nochmals vielen Dank, Frau Dohnalova, dass Sie uns hier empfangen haben...]

[DE: MD: Danke. Gerne.]

[DE: IV: Und wenn wir wirklich bei null anfangen, könnten Sie mir etwas über Ihre Familie erzählen?]

[DE: MD: Also Vater... Ich hatte eine sehr nette Familie. Sehr gütige... gütige, leutselige und gute Eltern.]

[DE: Mutter war freudig, entspannt und fröhlich und Vater war streng, es passte gut zusammen.]

[DE: Wir waren zwei Kinder. Meine Schwester war fünf Jahre älter, sie hieß Lida.]

[DE: Und mein Vater war, Vater war... Journalist. Er schrieb Gerichtsberichte und Mutter war zu Hause.]

[DE: Ich bin aus einer gemischten Ehe, meine Mutter ist... also war Jüdin.]

[DE: Aber eigentlich hätten wir, hätten wir dem Gesetz nach nirgendwo hin fahren sollen...]

[DE: Wir sollten, wir sollten nicht... wir sollten gesetzlich geschützt sein.]

[DE: Aber Vater starb im ersten Kriegsjahr... Entschuldigung im Jahr 1940...]

[DE: Und wir wohnten in einem Haus, das sich eine deutsche Familie aussuchte, also das war wohl der Grund warum...]

[DE: Wahrscheinlich war es so. Wir wissen es nicht sicher aber wahrscheinlich war es so.]

[DE: Zu Hause war es schön. Ich und meine Schwester, wir hatten es immer eilig nach der Schule, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen.]

[DE: Damit wir Mutter erzählen konnten, was es gab, weil sie für alles ein so schönes Verständnis hatte.]

[DE: Nun, ansonsten sang und spielte man viel zu Hause. Mutter spielte am Klavier, Vater an der Laute.]

[DE: Beide sangen gut, sie rezitierten gern. Mutter mochte Vrchlicky, Vater hingegen Sramek.]

[DE: Ich kann mich noch erinnern, einige Gedichte von Sramek konnte ich auswendig. Aber sie waren damals noch nicht einmal was für mich.]

[DE: Und Schwester, sie mochte Nezval und Seifert. Es war also eine schöne Umgebung.]

[DE: Ich komme aus einer Generation, die immer noch ein „dunkles Stündchen“ hielt, um nicht... nicht zu viel Strom {lächelt} zu verbrauchen.]

[DE: Also am Abend saß man im Dunkeln am Tisch und man unterhielt sich. Es war schön, es brachte uns näher...]

[DE: Es war in jeder Hinsicht bereichernd und es war gleichzeitig eine ungezwungene ethische Ausbildung, weil über alles gesprochen und alles bewertet wurde.]

[DE: Auch über die Verwandten und die Nachbarschaft... Alles wurde besprochen und man wusste: Das ist gut, dies ist nicht gut...]

[DE: Aber ohne es zu sagen: Nimm dir das zum Vorbild! So das Vorbild war schon, schon... war schon da... war schon da.]

[DE: Das war die Familie. Ich ging... Nun, mein Vater, das habe ich gesagt, er starb im Jahr 1941.]

[DE: Dann war die Situation für Mutter schon sehr schwer. Aber man schaffte es.]

[DE: Die Juden bekamen natürlich viele Verbote. Sie wissen also, dass sie nach acht nicht mehr raus durften...]

[DE: Ich habe, ich habe Ihnen auch das Sternchen mitgebracht, um zu zeigen, wie es aussah.]

[DE: Wir mussten den Stern tragen, hier auf... Jude.]

[DE: Ich durfte nicht zur Schule gehen. Lida auch nicht. Kinder durften nicht zur Schule gehen.]

[DE: Sie durften nicht einmal zu irgendwelchen Freizeitzirkeln gehen, also wurden die Freizeitzirkel heimlich gemacht.]

[DE: Man durfte nirgendwohin fahren. Um acht Uhr war Ausgangssperre. Man... man durfte nicht mehr raus.]

[DE: Einkäufe konnten am Nachmittag erledigt werden. Ich denke, es war von zwei bis drei oder vier.]

[DE: Und zum Theater, zu den Konzerten, zum Schwimmbad, es war einfach alles verboten. Dann wurden auch die Radiogeräte und die Hunde weggenommen.]

[DE: IV: Äh, Haustiere.]

[DE: MD: Einfach die Haustiere, woran man noch so Freude haben konnte.]

[DE: IV: Und spürten Sie... Sie eigentlich so noch im Kindesalter die Verschärfung der politischen Situation?]

[DE: MD: Nein. Die Verschärfung der politischen Situation beobachtete ich gerade dadurch, denn es war schon doch... {räuspert sich} doch sehr eingeschränkt.]

[DE: Ich war zunächst begeistert, als ich die erste Woche nicht zur Schule musste {lacht}. Aber... aber dann...]

[DE: IV: Natürlich...]

[DE: MD: Aber nach dieser Woche verstand ich, was für ein Verlust das war. Also lernte ich alleine.]

[DE: Denn Mutter gab das Geld, das sie aus... ausgeben konnte... {hustet} so gab sie es dafür aus, dass Lida zu einem Freizeitzirkel gehen konnte.]

[DE: Denn man dachte, es wäre eine kurzzeitige Sache, das mit den Deutschen, nicht...]

[DE: Lida stand vor dem Abitur, also dass sie zumindest damit fertig werden konnte.]

[DE: Nun, ich laß. Die Mädchen brachten mir zuerst die Bücher aus der Schule, dann ließ es nach.]

[DE: Aber Vater hatte eine wunderschöne Bibliothek, die er immer abgeschlossen hatte.]

[DE: Nun, sein Tod öffnete mir sie und es gab dort wahre Schätze.]

[DE: Alles mögliche... Es gab wunderschöne Bücher dort. Und... was könnte ich Ihnen sonst noch sagen...]

[DE: IV: Sie sagten eigentlich, Sie wären eine gemischte Familie gewesen.]

[DE: Praktizierten Sie die jüdische Religion? Bekannten Sie sich dazu?]

[DE: MD: Wir prakti... , also ja. Ich war sehr religiös, die religiöseste aus unserer Familie...]

[DE: Lida ganz schwach, glaube ich und Mutti, das kann ich kaum beurteilen.]

[DE: Eher später nach dem Krieg, da kam sie dazu zurück.]

[DE: Und ich war so kindisch primitiv religiös.]

[DE: Als der Herrgott starb... als mein Vater starb, konnte ich dem Herrn nicht vergeben.]

[DE: Weil ich für ihn doch betete, dass er nicht stirbt, nicht... Also es war so eine erste...]

[DE: Dann hatte ich noch zwei weitere große religiöse Krisen, bis...]

[DE: Bis ich da wieder rauskam und zu allem wieder einen anderen Weg fand.]

[DE: Also wir gingen zu allen, allen jüdischen Feiertagen in die Synagoge, also zu den wichtigsten... Es gibt die drei wichtigsten.]

[DE: Und... zu Hause hatten wir Chanukka, das ist das Lichterfest, an dem Kinder Geschenke bekommen.]

[DE: Wir hatten auch den Weihnachtsbaum, weil meine Großmutter, die ich nicht mehr erlebte, die Großmutter väterlicherseits...]

[DE: Da war Lida... Lida war noch ein Baby und sie sagte: Wir lassen doch das Mädchen nicht ohne Weihnachtsbaum.]

[DE: Seitdem gab es... gab es einen Weihnachtsbaum, aber es kam kein Christkind zu uns, sondern der Herrgott.]

[DE: Ich habe immer noch einen schönen Brief von Lida versteckt, als sie etwa in der zweiten Klasse war...]

[DE: Und an das Christkind... Entschuldigung an den Herrgott schreibt, was er ihr mitbringen solle.]

[DE: Und für mich sollte er eine große Puppe und Spielgeschirr mitbringen...]

[DE: Und die Eltern sollen sich überraschen lassen und sie sollte er elegant ankleiden. Also {lächelt} so... so...]

[DE: Nun... also... also keinen... wir lebten in einer so anständigen und schönen Umgebung, daher fühlte ich keinen Antisemitismus.]

[DE: Die Leute brachten uns eher Sympathie entgegen.]

[DE: IV: Hmm...]

[DE: MD: Aber wir gingen bevor es noch mehr werden konnte, sonst aber eher Sympathie...]

[DE: Der Händler hat für die Mutter immer etwas unter dem Tresen versteckt, also eine ausgesprochene Sympathie.]

[DE: Allerdings war Mutter eine außerordentlich nette Person und wir waren Alteingesessene, also so...]

[DE: Noch als ich ins Lager ging, brachte die Mutter einer meiner Freundinnen etwas...]

[DE: Etwas zum Essen, etwas verdichtetes, dass zum Mitnehmen gut passte.]

[DE: Aber nebenan... nebenan wohnte eine deutsche Familie, beziehungsweise ich weiß nur von der Mutter und dem Sohn.]

[DE: Und... der Sohn trug einen deutschen Anzug, also eine deutsche Uniform. Er grüßte uns immer schüchtern mit einem Lächeln.]

[DE: Und seine Mutter ging auf den Balkon, als wir irgendwohin gingen und sie rief uns zu, dass wir jüdische Schweine seien.]

[DE: Und wir machten uns darüber lustig, dass sie einfach einen Knall hat {lacht}. Wir nahmen es nicht ernst...]

[DE: Erst später, nach dem Krieg, da hatte ich den... ausgesprochenen Antisemit... und das, die, die...]

[DE: Dass wir irgendwo nicht dürften, also das... das... das verstand ich, oder verstanden wir es so, dass es seitens der Faschisten kommt.]

[DE: Dass es nicht die Tschechen sind.]

[DE: Aber nach dem Krieg nahm ich den Antisemitismus ziemlich stark wahr, besonders als es die Prozesse mit Slansky und ähnliches gab.]

[DE: Schließlich fragte mich eine Nachbarin auch, ob ich irgendwie mit Slansky verwandt sei... {lacht}]

[DE: So nun... als Mensch, so also das, ich empfand es und ich empfinde es auch heute noch so, wenn...]

[DE: Denn den Antisemitismus gibt es immer noch unter den Menschen. Unvergleichbar milder als sonst anderswo.]

[DE: Im Vergleich zu Polen ist es gar nicht zu vergleichen. Hier ist es irgendwie kultivierter...]

[DE: IV: Ich wollte noch fragen... Wir sind ziemlich schnell zu den antijüdischen Maßnahmen gekommen.]

[DE: Woran denken Sie, wenn ich Ihnen das Jahr 1938 nenne, die Besetzung der Grenzgebiete und die Entstehung des Protektorats?]

[DE: MD: Also...]

[DE: IV: Wurde darüber gesprochen?]

[DE: MD: Also... also darüber wurde zu Hause viel gesprochen. Es wurde viel darüber geredet.]

[DE: Ich verstand es nicht alles so gut, aber man sprach viel darüber.]

[DE: IV: Und trafen Sie vielleicht die... die jüdischen Flüchtlinge, beispielsweise aus Deutschland?]

[DE: MD: Nun, es war, als... nun, es... es... Wir trafen Flüchtlinge, weil die Gemeinde es so organisierte, so... so... so um den Menschen zu...]

[DE: Einfach um zu helfen. Also gingen sie zu verschiedenen Leuten zum Mittagessen... Zu uns gingen zwei zum Mittagessen.]

[DE: Der einer unterrichtete noch Lida in Englisch, um sich etwas Geld dazu zu verdienen.]

[DE: Und der andere freundete sich mit uns so an, dass er die ganze Zeit zu uns kam... Dass er fast täglich bei uns war...]

[DE: Und er ersetzte mir den Vater ein wenig. Er war... er war wunderbar. Dann starb er, bevor er irgendwohin angeworben werden konnte.]

[DE: Sie trugen... sie wurden zur Arbeit in Prag eingesetzt und trugen eine sehr schwere Schiene.]

[DE: Und einer ließ sie los und der andere konnte sie nicht halten.]

[DE: Er hielt sie also alleine, weil er befürchtete, dass sie einem anderen auf die Füße fallen würde...]

[DE: Und irgendwie riß es ihn runter und er starb nach zwei Tagen. Das war ein schwerer Schlag damals.]

[DE: Aber mit ihm war... war sein Neffe oft unterwegs und er war ein Junge, der...]

[DE: Er hieß Pavel und er war ein Junge, der zwei Jahre älter als ich war.]

[DE: Ich war 13, er war 15. Wir freundeten uns sehr schnell an.]

[DE: Und er war außerordentlich intelligent und belesen. Und so ein netter, hübscher Junge.]

[DE: Dann hat mir Pavel einmal gesagt, dass wir uns nicht nur sehen müssen wenn der Onkel kommt...]

[DE: Dass wir uns auch alleine treffen können.]

[DE: Also trafen wir uns im Stromovka-Park, wohin wir sowieso nicht durften.]

[DE: Aber man hat es so gemacht, dass man den Stern nur mit einer Stecknadel befestigte...]

[DE: Man trug davor ein Buch und dann nahm man ihn einfach ab.]

[DE: So wurde also getrickst, solange es ging...]

[DE: Nun und wir trafen uns... Ich erzählte es zu Hause Lida und Mutti, dass ich mein erstes Date habe {lächelt}.]

[DE: Und sie lachten sehr und fanden es amüsant.]

[DE: Schwester sagte zu mir: Also ich leihe dir meine Seidenstrümpfe, jetzt bist du ein Mensch {lacht}.]

[DE: Nun und gerade an dem Tag, an dem wir uns treffen sollten, trafen wir uns dann auch aber hier bei der Gestapo. Ich glaube hier, in der Delostrelecka-Straße.]

[DE: Paul bekam gleich ein paar Ohrfeigen als Willkommensgruß und in drei Tagen mussten wir in den... zum Messepalast kommen...]

[DE: Nicht zu dem Palast, aber es gab solche engen, langen Häuser dort... also dort. Dort war ein Rangierbahnhof.]

[DE: Wir waren für drei Tage dort, vom 28. Oktober bis zum 1. November und wir fuhren dann weg. Es war unangenehm dort.]

[DE: Ich fand es sehr interessant, weil ich wahrscheinlich noch sehr kindisch war.]

[DE: Einerseits glaubte ich den Verwandten meines Vaters, als wir uns von ihnen verabschiedeten...]

[DE: Sie versicherten mir, dass es nicht länger als drei Monate dauern würde.]

[DE: Ich verstand es nicht, also glaubte ich ihnen natürlich, nicht...]

[DE: Also sagte ich mir: Für mich wird es bis zu einem gewissen Grad eine willkommene Veränderung sein, nicht....]

[DE: Sie sagten, wir würden irgendwohin nach Polen fahren. Also dachte ich: Es gibt dort sogar Bären vielleicht... {lacht}]

[DE: So kindisch stellte ich mir das vor.]

[DE: Nun, ich sah, dass die Mutter sich... Mutter sich etwas Sorgen machte aber sie war so bewundernswert... {lächelt}]

[DE: Sie, sie war so furchtlos und... Sie war es einfach nicht... und sie tat alles, was zum Beispiel...]

[DE: Als es schon... als es schon in den drei Tagen, an denen wir alles vorbereiten sollten, ließ sie aus einem Raum die ganzen Möbel, alle Möbel zu den Freunden bringen, ja...]

[DE: Das war etwas, was niemand wagte... Aber sie wagte es und es passierte überhaupt nichts.]

[DE: So wie sie bei den Deutschen viel wagte und es überhaupt nichts... Sie rettete sich dadurch ihr Leben.]

[DE: Nun aber... also dort einfach zusammen auf dem Boden, auf diesen... dass...]

[DE: Für mich war es bemerkenswert, dass ich den ganzen Tag im Trainingsanzug verbringen konnte... was damals unpassend war.]

[DE: Und... ich und Pavel, wir gingen immer hin und her und... Wir wunderten uns und dachten darüber nach, von dort bis...]

[DE: Dann gingen wir also... Und es gab, es gab schon auch mal Ohrfeigen.]

[DE: So sah man, dass es kein schöner Spaziergang sein würde.]

[DE: Und dann setzten sie uns in einen Wagon. Also fuhren wir früh am Morgen, irgendwann um halb... zwischen vier und fünf.]

[DE: Ich erinnere mich, wie wir trugen... Wir durften ungefähr 50 Kilogramm Gepäck mitnehmen.]

[DE: Also das hatten wir natürlich nicht. Wir hatten viel weniger.]

[DE: Und als wir es fuhren... Also schleppten wir es auf den... zum Zug und die Leute, die wir trafen, sahen uns mit Mitgefühl und nett an.]

[DE: Es gab keine Schreie wie anderswo in den Ländern, also bejahend oder so.]

[DE: Also die Leute hier wirklich... Die Leute waren sehr nett und höflich.]

[DE: Und dort kamen wir noch... da fuhren wir noch ein letztes Mal mit den Personenzügen.]

[DE: Und... danach waren es noch... ich weiß nicht wie viele Tage... Ich glaube es waren drei oder vier Tage.]

[DE: Ich erinnere mich nicht daran und ich weiß nicht, wann man es merkte, dass es nach Polen geht, es dauerte auch eine Weile.]

[DE: Während der Fahrt kam schon mehrmals der ein oder andere SS-Mann, aber ob es sich um SS-Männer handelte?]

[DE: Nun, hier und da beschimpfte er jemanden... jemanden. Oder es wurde jemand geohrfeigt, also waren schon alle so verängstigt und in sich gekehrt.]

[DE: Nun, wir kamen nach Lodz. Und... Bevor ich mit Lodz beginne, soll ich noch etwas dazu sagen?]

[DE: IV: Vielleicht nur... Konnten Sie beeinflussen, was Sie zum Transport mitnehmen?]

[DE: MD: Also nur im gewissen Maße... Ich nahm Bücher mit, ich war ein begeisterter Leser. Also ich nahm Machas Mai mit.]

[DE: Jetzt wurde mir klar, dass {lächelt} ich ein guter Leser war.]

[DE: Als mein Enkel es jetzt in der Schule hatte und ich seine Aversion dazu sah {lächelt}...]

[DE: Und das totale Missverstehen. Ich konnte den Mai fast auswendig.]

[DE: Ich glaube, ich habe auch Cyrano de Bergerac mitgenommen. Das habe ich auch geliebt.]

[DE: Denn als ich mit meinem Vater allein zu Hause war, zeigte er mir immer, wie Vojan ihn spielte. Und Cyrano konnte ich auswendig.]

[DE: Und dann nahm ich Lieder aus dem alten China mit, weil ich sie auch sehr geliebt habe.]

[DE: Und ich denke die Nerudas... Neruda nahm ich auch mit, die Balladen und Romanzen etwa...]

[DE: Und ich nahm Svatopluk Čech mit, Lieder eines Sklaven.]

[DE: Da stieß ich aber auf Widerstand. Meine Schwester sagte mir, dass es eine Provokation sei und dass ich das nicht wagen dürfe.]

[DE: Sie schenkte mir ein anderes Buch, das ich nicht mochte und es dann nie mochte, Beneschs Don Pedro und Don Pablo und Vera Lukasova.]

[DE: Also zu Lodz... zu Lodz also. Lodz entwickelte sich zu einer großen Stadt, die zweitgrößte...]

[DE: Innerhalb ein paar Jahrzehnten die zweitgrößte nach Warschau... aus einem kleinen... aus einem kleinen Dorf.]

[DE: Es war eine Stadt, in der es hauptsächlich... hauptsächlich Textilfabriken gab. Die Stadt war schmutzig, hässlich, vernachlässigt.]

[DE: Ich war nicht in seinem besten Stadtteil und ich sah viele Stadtteile, um es zu vergleichen.]

[DE: Und... der älteste Stadtteil, der teilweise noch aus Holz... aus Holz bestand, der wurde zum Ghetto.]

[DE: Viele Leute... Es gab einfach dort, wo sie dort lebten, also für die, für die eingesessenen Bewohner...]

[DE: IV: Also die Alteingesessenen...]

[DE: MD: Es waren die Alteingesessenen. Es gab dort überhaupt keine Kanalisation. Also wir waren erstaunt...]

[DE: Es gab dort keine Kanalisation. Ich weiß nicht, ob sie in einigen Häusern Toiletten hatten, aber... wohl kaum, kaum.]

[DE: Irgendwo vielleicht... Ansonsten ging man zur Toilette im Hof, zu einer Holzlatrine, die erschreckend dreckig war...]

[DE: Alles, alles dreckig: der Boden, der, der, das alles, das war schrecklich widerlich.]

[DE: Und die ganze Zeit gab es dort Warteschlangen, ohne Unterschied: Männer, Frauen, Kinder... es war einfach ziemlich ekelhaft.]

[DE: Das Wasser gab es dort auch, so eine Pumpe. Das Wasser war meistens schlecht, deshalb musste es abgekocht werden.]

[DE: Das waren die Bedingungen im Ghetto.]

[DE: Aber durch das Ghetto führte eine... Da war eine große Straße und da ist gefahren... auf der Straße befand sich eine Straßenbahn.]

[DE: Sie haben es durch einen Holzzaun getrennt und wir durften dorthin gehen, wenn...]

[DE: Wenn der dort stehende Soldat uns es erlaubte. Und wir mussten sehr schnell gehen.]

[DE: Und manchmal schaute man in eine andere Welt hinein, wenn in einem Fenster Licht leuchtete oder so.]

[DE: Nun... Zuerst lebten wir in einer Schule. Die alle...]

[DE: Wissen Sie, es gab insgesamt fünf Transporte nach Lodz, jeweils mit tausend Personen. Insgesamt fünf Tausend... fünf oder... vielleicht sieben oder acht, etwas mehr.]

[DE: Und wir kamen 230 zurück, denke ich... oder so.]

[DE: Und jetzt gibt es uns „Lodzer“ in Prag, also die noch gehen können {lacht}, es gibt von uns sechs. Sechs? Und... letztes Jahr waren wir noch 12 und jetzt, jetzt nicht mehr...]

[DE: Jetzt werden wir, jetzt, die... Von denjenigen die noch laufen können, gibt es sieben oder acht. Also kurz gesagt, es geht schnell vorbei.]

[DE: Und ich bin... Der jüngste in unserem Transport, der jüngste war mein kleiner Cousin, der sieben Monate alt war, oder wie viel... oder neun Monate.]

[DE: Und der Jüngste, der zurückkam, war... Nein, aus unserem Transport war die jüngste... Ich denke, ich war die jüngste...]

[DE: Aber ansonsten war ich die drittjüngste.]

[DE: Alle anderen wurden erschlagen und... erschlagen und niedergemetzelt.]

[DE: Im Laufe der ersten Jahreshälfte schrumpfte das Ghetto auf die Hälfte zusammen. Es war furchtbar schwer für uns.]

[DE: Nun und jetzt kamen wir dorthin... Es gab viele Probleme dort. Also wir bewohnten... also wir bewohnen die Räume.]

[DE: Wir, wir waren... wir waren zu 35 in dem... in dem einen Klassenraum.]

[DE: Und wir schliefen auf Etagenbetten. Ich glaube nicht, dass wir dort Strohsäcke hatten, ganz sicher nicht...]

[DE: Aber unsere Mutter nahm... sie nahm einige Säcke und eine Bettdecke {lacht} in die Koffer, also...]

[DE: Und sie na... sie nahm Kochtöpfe mit. Wir lachten zu Hause, warum sie die Kochtöpfe mitnimmt und es stellte sich heraus, dass es vollkommen...]

[DE: IV: Genial...]

[DE: MD: Genial... also genial. Nun, es stellte sich heraus, dass die... Pavel und seine Familie, er hatte einen Bruder, Vater, Mutter... Sie wohnten also neben uns.]

[DE: Wir bewohnten die obere Koje, eine breitere... alle drei. Und dann gab es engere Kojen. Die Jungs oben und die Eltern unten.]

[DE: Nun, wir waren so erschöpft und müde nach der Fahrt, also stiegen wir hinein... Ich ging dort hinüber, über den Gang zu ihm... in den, in die Koje.]

[DE: Wir nahmen... Wir beide liebten Machas Mai {räuspert sich}. Also nahmen wir Machas Mai und laßen.]

[DE: Und wir schliefen beide dabei ein... Und sein Bruder Leos merkte es und fing an zu schreien: "Maja und Pavel schlafen zusammen! Schaut euch die an!"]

[DE: Nun... Die Leute kicherten, wir schämten uns.]

[DE: Pavel sprang herunter, fing an ihn zu ohrfeigen, fi... fing an zu... Sie schlugen sich zusammen. Es war so eine...]

[DE: Ansonsten ging ich dort... Am Anfang wurde nicht gearbeitet.]

[DE: Wir bekamen Lebensmittelrationen, die wir nicht essen konnten, weil sie so ekelig waren. Und meistens gießen wir es weg.]

[DE: Die Polen waren ungefähr anderthalb Jahre länger da. Sie waren schrecklich verelendet und abgemagert... und aus... Verarmt waren sie irgendwie schon von früher...]

[DE: Weil viele Frauen trugen... sie hatten keine Mantel und trugen eine Decke anstelle des Mantels.]

[DE: Sie waren... Der Grossteil von ihnen war verlaust. Wir ekelten uns am Anfang.]

[DE: Und sie mussten uns am Anfang hassen, denn sie... Als wir ankamen, machten die Deutschen einen größeren Transport von den Alteingesessenen...]

[DE: Also sie nahmen an, dass es wegen uns war, nicht...]

[DE: IV: Dass sie für Sie Platz machten.]

[DE: MD: Ja, dass sie für uns Platz machten. Und... es war einfach eine andere Zivilisation, eine etwas andere Zivilisationsstufe.]

[DE: Also dann... dann gaben wir, dann gaben wir ihnen die Suppe.]

[DE: Oder als wir etwas ausgossen, stürzten sie sich darauf und hoben es vom Boden auf. Das hatte uns alles so...]

[DE: Nun und...]

[DE: Ich und Pavel Kuba gingen die Straßen ent... entlang und sahen uns alles an. Wir versuchten es zu verstehen.]

[DE: Ich nahm am Anfang einen Kinderwagen mit, denn mein kleiner Cousin sollte nach draußen, also in einem Kinderwagen, nicht...]

[DE: Und natürlich war ich das jüngste Mädchen, also war es passend für mich...]

[DE: Aber ich erkältete mich dabei, weil mein Onkel immer... Die Kräfte waren auch schon schwächer...]

[DE: Also mein Onkel wartete immer darauf, dass ich schon unten bin, dass er... dass er nicht früher kam und nicht auf mich warten musste.]

[DE: Denn der Kinderwagen konnte dort nicht abgestellt werden, es war auch nicht möglich anzurufen...]

[DE: Also war ich... kam ich immer furchtbar erfroren.]

[DE: Also dann wollte es Mutter nicht mehr als es wieder fror.]

[DE: Es gibt dort eine größere Kälte in Polen. Es gibt dort einen hässlichen Wind, so einen kalten...]

[DE: Und weil es so ein Flachland ist, deswegen ist es auch so... auch... kühler.]

[DE: Und Pavel... Also einmal waren wir mit dem Kinderwagen unterwegs und...]

[DE: Einige Leute sahen uns an und sagten: Es ist so schlimm, es ist so schlimm... so ein junges Ehepaar.]

[DE: Und Pavel begann sich {lacht} zu schämen, deshalb wollte er nicht mehr mit mir gehen.]

[DE: Also ich hörte auch auf hinzugehen, nicht.]

[DE: Aber Pavel bekam Läuse früher als ich... das gefiel mir nicht.]

[DE: Aber dann versöhnten wir uns wieder und unsere Freundschaft bestand bis zu seinem Tod.]

[DE: Als erster begann zu arbeiten, freiwillig also... Ach ja, also noch etwas...]

[DE: Dann fingen wir natürlich an, die Suppe zu essen, je nach dem was man so besaß.]

[DE: Es wurde dort auch viel verkauft. Im Winter, als es am schlimmsten war...]

[DE: Man konnte dort ein Kilo Kartoffelschalen, hässliche Kartoffelschalen für einen Herren-Wollanzug kaufen. Ja, also so etwa...]

[DE: IV: Also sowas wie einen Schwarzmarkt gab es dort...]

[DE: MD: Der Schwarzmarkt, den gab es dort, ja... Es gab dort auch einen normalen Markt.]

[DE: Dann zeige ich Ihnen das Geld, welches es im Ghetto gab... Ghettogeld, richtig... Gehe ich nicht zu viel ins Detail? Nein... Ghettogeld...]

[DE: Nun und wir hatten... wir hatten noch diese eine Suppe am Tag, aber...]

[DE: Wir hatten es... man fing langsam an es zu essen. Nun ich gab mir die größte Mühe und hatte auch einen ziemlich grossen Hunger, um es zu essen {lacht}...]

[DE: Es störte mich dann wiederum, dass der polnische Junge, der es herausgab, dass ihm das Wasser rein tropfte...]

[DE: Und ich konnte es damals noch nicht verkraften. Aber man hat dann noch schlimmere Dinge verkraftet.]

[DE: Nun... und als erster begann Walter Weil zu arbeiten. Er war ein wunderbarer Mensch, auch aus unserem Raum...]

[DE: Er war ein ausgezeichneter Elektriker. Ich weiß nicht, wie sie zu ihm kamen...]

[DE: Und er ging nach... nach... nach Lodz, in die normale Stadt.]

[DE: Die Deutschen haben... sich ihn... Die Deutschen haben ihn beschäftigt. Einige Zeit arbeitete er in... in einem Krankenhaus.]

[DE: Und er war so wundervoll, dass er dort einfach die Medikamente gestohlen und sie ins Ghetto gebracht hat, damit... damit unsere Ärzte heilen konnten.]

[DE: Auch mir hat er das Leben gerettet, als es... als es ganz großen Hunger gab...]

[DE: Ich war entweder krank oder nach einer Krankheit und es war einfach nur schlimm...]

[DE: Also ging meine Mutti mit mir zum Arzt. Es gab dort natürlich ausgezeichnete Ärzte.]

[DE: Weil Ärzte und Rechtsanwälte, es waren alles jüdische... es waren die zwei jüdischen Berufe.]

[DE: Nun und er sagte direkt: Also es kann sie nur Essen retten, richtig... Sonst nichts.]

[DE: Nun und meine Mutter ging und weinte und sie traf diesen Walter Weil.]

[DE: Und er fragte sie, warum sie weinte, und sie sagte es ihm.]

[DE: Und er sagte: „Also gut, bis die Kleine wieder auf die Beine kommt, wird sie meine Suppe bekommen.“]

[DE: Und er brachte mir einfach die Suppe, die er dort kriegte, weil sie dort...]

[DE: Nun, er gab sie mir, bis ich wieder auf die Beine kam und ich wieder in der Lage war zu gehen.]

[DE: Es war aber schon in der Zeit, als gearbeitet wurde. Also so wundervoll war dieser Mann.]

[DE: Nun... und so... Er fing an als erster zu arbeiten, dann begann meine Mutti als zweite Person und als erste Frau zu arbeiten.]

[DE: Sie begann... in... in einer Küche zu arbeiten, denn sie hoffte, dort etwas zu essen zu bekommen.]

[DE: Nun, sie hat dort zumindest eine Suppe bekommen. Und sie hat dort eine furchtbar harte Arbeit.]

[DE: Es störte mich sehr, dass meine Mutti so... so hart arbeitet und dass sie so erschöpft nach Hause geht.]

[DE: Also ging ich mit ihr dorthin... Also mir gaben sie nichts, aber zumindest half ich ihr.]

[DE: Und dann fingen wir allmählich an zu arbeiten.]

[DE: Es gab eine solche Theorie, dass die Energie, die der Mensch bei der Arbeit verbraucht, dass es nicht profitabel ist. Einfach... Wer arb...]

[DE: IV: Dass es sich nicht lohnt.]

[DE: MD: Dass es sich nicht lohnt. Wer gearbeitet hat, bekam eine größere Essensration. Also es...]

[DE: Nun, ich habe auch angefangen zu arbeiten ... sozusagen auf Privatbasis...]

[DE: Dass ich so einer reicheren oder... für jemanden aus der Elite, eine Familie, die dort gut gelebt hat, dass ich ihnen Trinkwasser gebracht habe oder Wasser vom...]

[DE: Weil alles geschleppt werden musste.]

[DE: Und... dadurch bekam ich einen Leistenbruch, oder dadurch habe ich mir mmm... ich habe dann einen Leistenbruch durch das Schleppen bekommen.]

[DE: Nun, und das natürlich... Es war eine Angewohnheit, es operieren zu lassen, aber es kam einfach... Ich habe es bis zum Ende des Krieges ausgehalten {räuspert sich}.]

[DE: Also haben wir, ich und Lida, gearbeitet... es gab Fuhrwerke dort.]

[DE: Früher, bevor wir dort ankamen, gab es angeblich einige Pferde dort, aber dann nicht mehr...]

[DE: Also die Fuhrwerke... die Fuhrwerke wurden natürlich von Menschen gezogen. Also zogen wir die Fuhre gemeinsam auch und...]

[DE: Es kam uns seltsam vor, dass... wir es so schwer haben. Also stimmten wir uns ab und in einem Moment haben wir es losgelassen...]

[DE: Und die Fuhre ist {lacht} fast stehen geblieben, also... Das waren also die Arbeitsbedingungen dort.]

[DE: Und dann bekamen wir eine andere Arbeit und es war... Die Mutti war auch dabei mit uns...]

[DE: Und... es war, dass wir mit dem Spaten eine Vorstadt... eine Vorstadtwiese umgraben.]

[DE: Wahrscheinlich für Blumenbeete oder so ähnlich.]

[DE: Und dass wir es am Tag gemacht haben und... Es wurde noch 12 Stunden gearbeitet und es war auch eine sehr, sehr harte Arbeit...]

[DE: Aber dann wurden wir da raus... abgeholt, weil wir es ehrlich gemacht hatten...]

[DE: Und wir kamen zum jüdischen Friedhof. Dort gibt es einen fantastischen jüdischen Friedhof, der vielleicht der größte in Mitteleuropa ist.]

[DE: Es ist erstaunlich groß. Und... es war so... Mit den anderen Mädchen, wir erinnern uns oft daran.]

[DE: Da war eine... Einerseits war er mysteriöser, schon durch die Tatsache, dass dort nachts hingerichtet wurde, nicht...]

[DE: Andererseits war er lebenspendend, weil man dort einiges... einiges mitnehmen konnte.]

[DE: Hier und dort gab es... die... Melde... Melde. Oder wir hatten dort Bee...Beete...]

[DE: Also die Melde und andere... andere gute Pflanzen {lächelt}.]

[DE: Wir haben sie versteckt und dann haben wir sie nach Hause geschmuggelt und zu Hause gegessen. Noch dazu, dass wir es gegessen haben...]

[DE: Im... Im Ghetto gab es eine... eine... es gab zwei Küchen.]

[DE: Ich kenne nur die zwei, ich weiß nicht, wie viele dort waren. Ich denke nicht, dass es mehrere gab...]

[DE: Und das war... Gas-Küche hieß es, also Gas-Küche für Gas.]

[DE: Und so herum waren... Um die Wand herum waren kleine zwei... zweiteilige... zweiteilige Kocher.]

[DE: Und für einen bestimmten Betrag... durfte man dort eine Stunde kochen.]

[DE: Also, ich habe dort... wir haben dort gekocht, als wir Rationen nach Hause bekamen.]

[DE: Wir haben dort gekocht und es war... ziemlich unangenehm. Ich bin nur sehr ungerne dort hingegangen.]

[DE: Es war unangenehm, weil wenn man den Kopf einmal wegdrehte, war da schon jemand anderes neben dem Löffel... {lacht} und stahl etwas.]

[DE: Oder er hat ihn weggestoßen und hat auf die Schnelle... etwas... etwas so... es war nicht, es war nicht... so schön.]

[DE: Das Essen war, das Essen war für, für... Brot war für sieben bis acht Tage.]

[DE: Es war ein normaler Laib und das Essen war... Die Essensrationen waren unterschiedlich, je nachdem wie es war, wie es war, die Jahreszeit...]

[DE: Aber völlig unzureichend. Ich habe es irgendwo aufgeschrieben. Wenn Sie wünschen, kann ich es Ihnen leihen, zeigen...]

[DE: Schätzungsweise, was weiß ich 30 Gramm Zucker für 14 Tage und... Also einfach völlig, völlig minimal... völlig minimal.]

[DE: Und es musste, die... für diese 14 Tage ungefähr... Und es mussten... das Essen sofort genommen werden, die Rationen...]

[DE: Weil es sonst auch nichts demnächst geben konnte oder...]

[DE: Es könnte ihnen... wie man gelegentlich auf Polnisch sagte: "Ausgegangen", dass es alle ist. Also musste man es so schnell wie möglich nehmen.]

[DE: Man musste es in eigene Behälter nehmen, also kamen die Kochtöpfe meiner Mutter... {lacht} zu... zum Gebrauch.]

[DE: Und man stand dafür in diesen höllischen Warteschlangen ein, ein paar... Mehrstündig und wartete natürlich auf das Brot.]

[DE: Und nun hat man wie... Man wartete so fünf Stunden und dann sagten sie, dass es gerade „zabraklo“ {ausgegangen ist}. Nein, also morgen wieder.]

[DE: Und in diesen Warteschlangen, wenn der Mensch erschöpft war, war es sehr unangenehm.]

[DE: Aber ich habe mich dort mit Pavel getroffen, aber da haben wir uns normalerweise... Wenn es ging, saßen wir irgendwo auf der Treppe und...]

[DE: Wir unterhielten uns ein wenig und ansonsten hielten wir uns an den Händen und schwiegen meistens nur, weil es nicht einmal dafür genug Energie gab.]

[DE: Also... aus dem... aus der Warteschlange waren welche extrem ärgerlich, weil sich die Polen gut kannten und nicht viel Rücksicht auf uns nahmen...]

[DE: Zumindest am Anfang, bevor wir verelendet waren. Also immer: Ja, sie stand hier!]

[DE: Man kam also ungefähr 50 Leute später als... als man kommen sollte, nicht.]

[DE: Oder man hat sich kurz vergessen, und man hatte schon jemanden vor sich.]

[DE: Es war aber auch möglich, wie ich gesagt habe, dass wir uns irgendwo auf eine Stufe gesetzt haben...]

[DE: Und dass jemand dort für... uns... für uns die Stelle gehalten hat...]

[DE: So war es, so war es mit dem Essen {räuspert sich}. Dann {räuspert sich}, als wir...]

[DE: CM: Bitte, trinken Sie etwas, ich werde die Batterien auswechseln. Es ist auf Ihrer Stimme zu hören. Etwas...]

[DE: MD: Aha...]

[DE: CM: Oder wenn Sie wollen...]

[DE: MD: Gerne...]

[DE: CM: Insbesondere, wenn Sie die ganze Zeit sitzen...]

[DE: IV: Nun, Sie haben uns erzählt, dass am Anfang die Arbeit im Ghetto in Lodz freiwillig war, dann wurde das Ghetto aber zum Arbeitslager umgewandelt...]

[DE: MD: Es wurde dann... es… zum Arbeitslager umgewandelt...]

[DE: Aus... ka... Es kam ein Befehl... Ich weiß nicht, wie groß genau aber, dass eine große Anzahl von Menschen freigegeben werden muss...]

[DE: Also müssen den Deutschen... Dass sie in den Transport gehen müssen, das sagt man so.]

[DE: Und... ich nur noch, noch... Gut, also... Soll ich über diese Leute etwas sagen oder?]

[DE: IV: Also dann dazu...]

[DE: MD: Kann ich es jetzt oder später?]

[DE: IV: Es spielt keine Rolle, so wie es ist...]

[DE: MD: Nein, also ich komme auf den jüdischen Friedhof zurück.]

[DE: Neben dem jüdischen Friedhof oder in einem Teil des Friedhofs befand sich eine Umzäunung.]

[DE: Und es gab dort Kinder und es hat sich herausgestellt, dass die Kinder tschechisch sprechen. Es wurde sehr streng bewacht.]

[DE: Diese Kinder waren nur eine Weile dort... Und es waren Kinder von Lidice... na...]

[DE: Und... noch zu dem Friedhof. Also wir haben dort Melde und Brennnesseln gesammelt, und wir waren sehr froh darüber.]

[DE: Allerdings war es verboten, nicht... Das war nicht erlaubt.]

[DE: Nun und einmal habe ich mir… {lacht} Einmal gab es so eine Situation, dass derjenige, der uns bewachen sollte, für eine Weile weg ging.]

[DE: Und ich hatte gerade, gerade Radieschen gejätet. Also habe ich es ausgenutzt.]

[DE: Und was ich geschafft habe, habe ich von den Radieschen gegessen. Und dann war mir so übel.]

[DE: Denn... es wurde mir dann klar, was ich getan habe, denn es wurde mit menschlichem Mist gedüngt.]

[DE: Und es gab... es gab Typhus dort und all diese Krankheiten... Ruhr... all diese Krankheiten gab es dort.]

[DE: Also war ich froh, mit einer gesunden Haut und nur mit Bauchschmerzen da wieder herauszukommen.]

[DE: Nun, als wir einmal gejätet haben, ist wieder einer… jemand vom Dienst gekommen und hat gefragt, ob es dort eine Lida Doh… Lida Randová gäbe.]

[DE: Also meldete sich Lida und er sagte: „Kommen Sie mit mir!“ Oder: „Komm mit mir!“]

[DE: So ging Lida. Wir wussten nicht wer... wir waren neugierig, wer es war, warum kommt sie nicht.]

[DE: Und sie nicht... ist nicht einmal bis zum Ende der Arbeitszeit zurück gekommen.]

[DE: Also fragten wir nach ihr und erfuhren, dass... sie... zu einem deutschen Auto gebracht wurde.]

[DE: Der Deutsche, der deutsche Offizier fragte sie: "Sind Sie Ludmila Dohna... Randová?"]

[DE: Sie sagt ja. Und er fragte sie: „Wollen Sie nach Prag fahren?“]

[DE: Und sie sagte ja. Und er sagte... so war er... Er zeigte ihr galant, wo sie sitzen solle.]

[DE: Sie setzte sich ins Auto und sie fuhren weg.]

[DE: Nun, es war so eine Farce, er hat so einen dummen Spaß gemacht, dass... einfach...]

[DE: Nach sechs Wochen haben wir von Lida eine Karte bekommen, dass... dass sie in Lodz, im Lodzer Gefängnis ist und dass es ihr natürlich sehr gut geht, nicht.]

[DE: Aber als sich die N… als sich sofort im Ghetto herumgesprochen hat, dass Lida irgenw... , dass ein Offizier Lida nach Prag brachte.]

[DE: Und man überlegte warum, weil wir Mischlinge waren und dort nichts zu suchen hatten, nicht.]

[DE: Und wer hat ihr geholfen? Und jetzt kamen viele Leute jeden Tag nach der Arbeit zu mir.]

[DE: Und sie baten mich, sich den Namen zu merken, dorthin zu gehen, das zu erledigen, dies auszurichten...]

[DE: Nun, ich habe geweint {lacht} und ich sagte, dass ich nirgendwo hin möchte... dass ich meine Mutter nicht verlassen kann.]

[DE: Und dann haben wir also diese Postkarte von Lida bekommen.]

[DE: Und dann, ungefähr zwei Wochen später, kam Lida plötzlich zurück, aber sie war... sie war zerstört.]

[DE: Die Sache war, dass ihr Freund in einer kommunistischen Jugendgruppe war, illegal... Und eine Cousine und ihr Ehemann auch.]

[DE: Und als wir... am Abend vor unserer Abreise... kamen alle drei zu uns, um sich zu verabschieden...]

[DE: Sie, sie haben sich nicht abgesprochen aber es hat sich so ergeben, dass sie sich verabschieden kamen.]

[DE: Und als sie sie dann verhafteten, sie wurden gerade verhaftet... also... Oder sie wurden bereits damals beobachtet...]

[DE: Also sie dachten einfach, dass Lida ebenso drin sei und... Sie war es aber nicht. Also sie wollten sie verhören und...]

[DE: Und sie erholte sich nie wieder davon, denn danach...]

[DE: Sie kam nie wieder in Ordnung. Sie war dann so... traurig, niedergeschlagen. Es untergrub sie vollständig.]

[DE: Sie bekam... sie hatte andauernd Durchfall. Den andauernden Durchfall gab es dort und es war etwas Grausames...]

[DE: Es war nicht auszuhalten. Also das hier... nun...]

[DE: Dann also... sollte, war... gab es eine Forderung, dass so und so viele Leute zur Arbeit mussten.]

[DE: Es gab sofort also eine schreckliche Angst davor, was kommt.]

[DE: Und... wir sind in... Bei der Arbeit, wo wir gearbeitet haben, wurden wir angewiesen, sofort nach Hause zu rennen. Dass es schlecht aussieht.]

[DE: Also r.. fuhr... rannten wir nach Hause und auf dem Weg erfuhr ich, dass die Faschisten zuvor vor dem Kinderheim angehalten hätten... Es gab dort ein Kinder... Kinderheim.]

[DE: Und mit den Babys, die dort waren warfen sie wie mit Ziegelsteinen... Hin und wieder nahmen sie ein Baby am Fuß und knallten es mit dem Köpfchen gegen die Wand.]

[DE: Und... sie haben sie auf das Auto geladen und fuhren... fuhren hint... zum Altersheim... und zum, zum, zum Altersheim.]

[DE: Und es war klar, dass sie ins Krankenhaus fahren würden. Also rannten die Leute, die jemanden im Krankenhaus hatten, um ihn da herauszuholen.]

[DE: Was sehr schwierig war, aber manche haben es geschafft. Meine Freundin hat es geschafft.]

[DE: Nun und ich rann... Also rannte ich nach Hause und ging vorbei... Inmitten des Ghettos gab es die sogenannte Kripo.]

[DE: Ein großes rotes Gebäude mit einem Garten und einem großen Balkon.]

[DE: Und dort habe ich das erste Mal gesehen, wie Menschen ungeachtet der Gefahr wütend wurden.]

[DE: Da standen Juden die mit der Faust drohten, denn... sie drohten zu... auf... die Deutschen, ja.]

[DE: Sie drohten ihnen mit der Faust und die konnten sich totlachen, was für ein großer Spaß es ist.]

[DE: Und ich rannte schnell weiter. Und kaum war ich um die Ecke, haben sie angefangen in die Menge zu schießen.]

[DE: Und hinter dieser Ecke traf ich Mutter, die mir entgegenlief und sich Sorgen machte, ob sie vielleicht... mich irgendwo erwischt hatten.]

[DE: Die Arme weinte, also nahmen wir unsere Hände und rannten zurück in dieses Haus.]

[DE: Nun und danach ging es los mit dem... Man nannte es „Sperra“, von sperren.]

[DE: Das schlimmste... der schlimmste Abschnitt... die schlimmste Zeit in Lodz, im Lodzer Ghetto.]

[DE: Acht Tage durfte man nicht die Häuser verlassen, und an diesen acht Tagen hielten die Autos von SS-Männern an und nun... alle Bewohner...]

[DE: Sie hielten immer vor einem Haus an und alle Leute mussten raus aus dem Haus.]

[DE: Sie mussten sich in einer Reihe hinstellen. Nun, es ging nach links, nach rechts.]

[DE: Diejenigen, die abschreiben waren... wir wussten es nicht, waren sich nicht... aber dann war es klar.]

[DE: Sie landeten in Kulmhof. Und... Kulm war... da wurde nur vergast.]

[DE: Also dann kamen sie auf die Idee, die Auspuffgase ins Auto zu leiten.]

[DE: Also bevor sie in Kulmhof ankamen, waren die Leute schon tot und dann wurde es noch irgendwie mit Gas kombiniert.]

[DE: Nun, der Grundsatz war: Alle Kinder, alle Alten, alle Kranken und...]

[DE: Manchmal, vielleicht nicht um so hart zu sein, wenn sie sahen, dass sich Leute an Händen hielten, also nahmen sie den einen und ließen den anderen dort.]

[DE: Diese Mütter, das war... das war grausam...]

[DE: Diese Mütter wussten nicht, ob sie in die... ins Auto mit dem Kleinsten gehen oder mit dem Größeren zurückbleiben sollen, nicht.]

[DE: Sie wurden geteilt. Es waren, es waren schreckliche Tragödien.]

[DE: Als es klar war, worum es geht, begannen die Leute die Kinder zu verstecken.]

[DE: Also beispielsweise... Wer einen Schrank im Zimmer hatte, versteckte das Kind im Schrank und den Schlüssel hat er bei sich getragen.]

[DE: Es gab ein paar Fälle, dass... dass es, dass das Kind irgendwo eingemauert und dann nach Wochen dort die Leiche gefunden wurde...]

[DE: Ein in einem Koffer ersticktes Kind, es wurde früher gefunden.]

[DE: Wir hatten damals schreckliche Angst, weil es aussah... Mutter sah sehr, sehr schlecht aus.]

[DE: Also hatten wir Angst, dass sie auch auf das Auto genommen würde und...]

[DE: Aber als wir gingen, so... in der nächsten, im nächsten Haus, gerade als die Mutter an der Reihe war...]

[DE: So im nächsten Haus... es wurde Typhusquarantäne verhängt.]

[DE: Und der Offizier schaute wegen der Quarantäne weg und die Mutter ging vorbei. Das war also das erste Mal aber es passierte auch...]

[DE: Ja, und während der „Sperra“ gab es natürlich kein Essen.]

[DE: Wir haben nichts bekommen, es gab nur... was zu Hause war und es war viel zu wenig...]

[DE: Viele Menschen starben während... während dieser Zeit an Hunger. Und dann zeigte sich, dass es noch viel zu wenige Menschen sind.]

[DE: Oder manchmal aus Spaß, oder warum auch immer war eine Straße zweimal dran.]

[DE: So passierte es auch uns und da... Wir lebten dort in der Müllerstr. 2...]

[DE: Also passierte es auch uns, dass unsere Straße zweimal dran war und nun...]

[DE: Wir haben am Morgen festgestellt, dass wir in diesem ganzen Haus, in dem wir zwei jüdische, zwei tschechische Familien wohnten...]

[DE: Sieben Menschen insgesamt, also... dass wir als Einzige dort geblieben sind. Dass sie es erfahren hatten und dass sie geflohen waren.]

[DE: Nun, was ist zu tun, nicht? Wenn man nicht herunter kam... Und sie es herausgefunden hätten...]

[DE: Sie rannten manchmal nach oben ob alle... sie kontrollierten ob alle Leute kamen.]

[DE: Das kam den anderen teuer zu stehen. Das heißt, man wurde verprügelt und dann getötet, ja.]

[DE: Und wenn es zusammenkam... also aus einem Haus sieben Leute zusammenkamen, so habe sie gebüßt für die anderen...]

[DE: Wir wussten nicht, was wir machen sollen und sind schließlich nicht heruntergegangen und... Als der Offizier sagte, also das Haus da {hustet}, also...]

[DE: Es gab dort auch eine jüdische Polizei, die half. Und der Polizist sagte, es gehöre zu der nebenstehenden Fabrik.]

[DE: Also nickten sie es ab... abgehakt und fuhren einfach weiter.]

[DE: Nun, einmal in der Nacht {Grinsen} hörten wir ein großes Klingeln und Klopfen...]

[DE: Und ich ging aufmachen, ich hatte wahnsinnige Angst...]

[DE: Und an der Tür waren zwei junge Menschen und sie gaben mir einen Laib Brot und gingen wieder.]

[DE: Es war die Jugend, die nicht einfach zusehen konnte. Nachts stahlen sie in den Lagern und brachten es den Leuten.]

[DE: Also haben sie uns damit auch gerettet. Es fühlte sich an, als wären sie geradezu die Engel.]

[DE: Nun und... also es war die "Sperra", es war das Schlimmste... Dann, als es vorbei war, gab es so viel Weinen und...]

[DE: Einige Kinder blieben zurück, aber es wurde ma... mask... ma... ma... ich weiß nicht, wie ich das sagen soll... na ja, einfach...]

[DE: Es wurde getarnt, indem man zwei... zwei kleine Kinderfabriken eröffnete. Man nannte es Resort.]

[DE: Eine war glaube ich für Schuhe gemacht, oder... und die andere fürs Nähen. Und... ich war beim Nähen, wo genäht wurde.]

[DE: Und dort wurden die kleinsten Kinder versteckt, einfach dass sie das Essen bekommen und dort... also... es wurde dort abgerechnet.]

[DE: Nun... wir hatten kürzere Arbeitszeiten, was ein großer Vorteil war.]

[DE: Wir mussten nicht diese 12 Stunden arbeiten. Und... ich habe auch schöne Erinnerungen daran, denn es waren so große Hallen dort und...]

[DE: Die Mädchen nähten normalerweise etwas an, Knöpfe und so weiter... und die Jungs nähten an der Maschine.]

[DE: Und da gab es einen Jungen mit rot... , rotes Haar hatte er und er war so ein Schlingel. Aber als er anfing zu singen, also...]

[DE: Dafür verzieh ich ihm alles und das, das... das war einfach eine fantastische Stimme. Und er sang auch gern, also war es eine schöne Erinnerung.]

[DE: Dann gab es dort auch eine geheime Schule {lächelt}, so einen geheimen Kurs.]

[DE: Das war auch schön, aber leider dauerte es nicht lange.]

[DE: Nun, als sich die Rote Armee näherte, fing man an darüber nachzudenken...]

[DE: Also das Ghetto sollte mehrmals aufgelöst werden, aber es brachte enormes Geld dem... der es verwaltete.]

[DE: Dort wurde alles Mögliche gemacht. Dort wurden zum Beispiel auch Teppiche aus den alten Lumpen gemacht.]

[DE: Schöne Teppiche. Ich habe auch in der Teppichproduktion gearbeitet.]

[DE: Das war schön, ja... also natürlich relativ schön. Man konnte dort einfach ein Gefühl von Kreativität haben, dass etwas und...]

[DE: Also es wurde immer, immer mit... immer hat es sich von selbst gerettet, dass es einfach eine Menge Geld einbrachte.]

[DE: Na und dann musste das Ghetto aber aus... {hustet} evakuiert werden.]

[DE: Und der große Herr Biebow, der über dem ganzen Ghetto stand, sprach rührend zu uns...]

[DE: Dass wir zu einer sehr guten Arbeit fahren würden, denn sie waren daran interessiert, dass es nicht... dass es...]

[DE: IV: Dass die Leute keinen Widerstand leisten.]

[DE: MD: Dass es läuft, dass die Leute keinen Widerstand leisten. Dass... dass die Arbeit sehr gut wird und wir sehr zufrieden sind.]

[DE: Nun... und es ging dem, dem Alphabet nach. Und ich hatte dort zwei Freundinnen, Schwestern...]

[DE: Und sie arbeiteten auch in dem Näh-Resort, aber... Nähen-Resort, aber sie arbeiteten in einer anderen Schicht.]

[DE: Aber wir haben uns doch ein bisschen gesehen und uns gemocht. Und... {hustet} sie haben es überlebt... Und wir mögen uns immer noch.]

[DE: Und... zum Abschied brachten sie mir einen kleinen Kohl. Es war so ein, so ein riesiges Geschenk von ihnen.]

[DE: Nun und als wir ankamen, waren also die Wagons...]

[DE: Gefahren wurde in den Viehwagons, aber natürlich gab es viel zu wenig Platz. Jemand musste immer stehen.]

[DE: Wenig... wenig, wenig... Wasser. So war es also...]

[DE: Ich weiß auch nicht, wie lange es dauerte, wie lange wir... fuhren. Aber es war ziemlich, ziemlich hart. Hart und grausam.]

[DE: Und... wir wechselten uns ab. Wir hatten ein offenes Fenster, also wechselten wir uns ab, damit man etwas Luft holen konnte.]

[DE: Und ich war gerade am Fenster, als wir auf einmal in Auschwitz reinfuhren {lächelt}.]

[DE: Und ich rief: "Mutti, Mutti... das ist Auschwitz!"]

[DE: Dann hielt der Zug an. Es war ein grausamer Empfang, denn es wurde gebrüllt und geschlagen.]

[DE: Alle schnell raus, rausspringen, alles dort lassen.]

[DE: Es wurde gleich selektiert nach Männern, Frauen, diejenigen, die ins Gas gehen.]

[DE: Das ahnten wir nicht oder... Lida wusste das alles.]

[DE: Ich bin... ich konnte nicht... nicht, nichts davon glauben, bis ich das alles gesehen habe.]

[DE: Also... nun, es gab dort ziemliche Verwirrung und ein Tscheche hörte, dass wir tschechisch sprachen...]

[DE: Es gab dort... es gab einen regulären Dienst dort, es hieß "Kan... Kanada."]

[DE: Einfach all die Sachen im Wagen nahmen sie raus und sortierten sie und so weiter.]

[DE: Und er sagte... er beugte sich zu Mutter und sagte:"Sag, dass du 35 bist!"]

[DE: Denn Mutters Haar war schon ziemlich... ziemlich grau.]

[DE: Also sind wir vor Mengele getreten und er hat die Mutter so angesehen...]

[DE: Und meine Mutter, obwohl man die Deutschen nicht ansprechen durfte... Mutter sprach bezauberndes Wiener Tsch... Deutsch.]

[DE: Also sagte Mutter zu ihm: "Sehen Sie mich nicht an, dass ich so dünn bin. Ich bin...]

[DE: Wir haben es in unserer Familie. Ich bin gesund und ich möchte, ich freue mich auf die Arbeit."]

[DE: Und er ließ sie in Ruhe. So hat sie sich zum ersten Mal gerettet. Und dann haben sie uns...]

[DE: Wissen Sie, ich denke mir, so als nun die... dass... Entschuldigung die Idioten, die jetzt erzählen, dass es keinen Holocaust gab...]

[DE: Ich wünschte mir sehr, er könnte einen einzigen Tag in Auschwitz, also Birkenau...]

[DE: Auschwitz war... Auschwitz war ein großes Lager und es war in drei Teile geteilt:]

[DE: Das klassische Auschwitz, „Brezinky“ also Birkenau und Buna - das war eine unterirdische Fabrik. Dort war ich nie.]

[DE: Das klassische Auschwitz war die Basis, eine Kaserne aus der Zei... Maria Theresia... ihrer Zeit, ein Steinbau.]

[DE: Und... es gab dort, es gab dort einen Schornstein, beziehungsweise ein Krematorium. Und dann „Brezinky“ - Birkenau, wo ich war...]

[DE: Das klassische Auschwitz durften sich noch die internationalen Kommissionen ansehen.]

[DE: Aber wir waren zwei Kilometer weiter. Wir waren... die Basis unserer Unterkunft waren Ställe.]

[DE: Es war also... ein Fenster in... so oben auf dem Dach und ein großes Tor zum Schließen von außen.]

[DE: Und... dort gab es also weitere drei, vier... jetzt weiß ich nicht, ob drei oder vier... vier... fünf waren es insgesamt... Schornsteine und die rauchten andauernd und es roch so...]

[DE: Nun, und zur Begrüßung sagte man uns, dass es nach draußen nur dadurch geht. So und nicht anders.]

[DE: Also... führten sie uns... wir gingen lange in ein Lager.]

[DE: Denn dort war es... es war in verschiedene Lager aufgeteilt. Durch die Straßen... Gassen, Straßen aufgeteilt.]

[DE: Und in einer Baracke lebten so um die tausend Menschen.]

[DE: Als wir dort ankamen, zuerst... Zuerst waren wir sieben...]

[DE: Wir waren, wir wurden auf eine Pritsche gepfercht. Das war nicht so gut, wir mussten zusammen rutschen...]

[DE: Dann waren wir ungefähr 12 und schließlich 17 und da fühlte man sich wie Kaninchen.]

[DE: Nun, dann nahmen sie uns mit ins Bad, also mussten wir alles ausziehen und nackt...]

[DE: Wir durften die Schuhe anhaben und nackt in die Dusche gehen...]

[DE: Und als wir herauskamen, mussten wir so machen, dass wir nichts dabeihaben.]

[DE: Ich schmuggelte eine Uhr durch, die ich bekam, weil ich operiert wurde und man dachte, dass...]

[DE: Ich hatte als Kind eine Bauchfellentzündung.]

[DE: Und damals gab es keine Antibiotika, also dachte mann, dass ich es nicht überleben kann. Nun, ich überlebte es.]

[DE: Also... habe ich eine Uhr dafür bekommen. Und die Uhr schmuggelte ich in meinem Mund durch.]

[DE: Und kaum dass ich sie durchschmuggelte, habe ich verstanden, dass es zu teuer ist...]

[DE: Und ich gab sie einer Blockfrau, die dort war. Und ich bekam zwei Mal stärkere Suppe dafür.]

[DE: Also war ich sie... vorteilhafterweise, vorteilhafterweise war ich sie los, na ja...]

[DE: Na ja und als wir aus diesen... Duschen herauskamen, also so, nicht…]

[DE: Nun, es waren dort solche jungen Bengels, pubert... postpubertär oder pubertär, die uns ansahen, die nackten Frauen.]

[DE: Sie kicherten, zeigten auf uns und ich machte so, da ich mich so schrecklich schämte.]

[DE: Also kriegte ich auch gleich ein paar Ohrfeigen dafür.]

[DE: Nun, dann gingen wir zu einem solchen Haufen, wo... wo es Kleider gab und so wie man kam, so bekam man welche.]

[DE: Also... wir aus... sahen... wir schauten {lacht} furchtbar aus. Und bevor... wir gingen zuvor zum Friseur...]

[DE: Also wieder warten auf... für den Friseur. Und die, die Frau hat allen den Kopf kahl rasiert, aber weil wir waren... Sie war anscheinend eine Tschechin.]

[DE: Und weil wir tschechisch sprachen, sie ließ es so etwa kurz... Uns wurde kein Kahlkopf rasiert.]

[DE: Nun, Lida hatte ein ziemlich normales Kleid an, Mutter ein ganz kurzes und ich... ich dann wiederum ein sehr langes mit einer Falbel.]

[DE: Also die... die Falbel hat man... und Wäsche natürlich keine... Als Schuhe meistens Holzschuhe...]

[DE: Aber weil alles so zerrissen war... dachten sie, dass es schade um die Holzschuhe ist und nicht... Ich konnte die also behalten.]

[DE: Nun, der Vorteil meines Kleids war, dass es eine Falbel hatte, die... ich habe sie abgetrennt.]

[DE: Und Lida hatte immer noch Probleme mit ihrem Bauch, also konnten wir es ihr geben, damit sie sich ihren Bauch bedeckte.]

[DE: Und dann brachten sie uns zum Block. Bevor sie uns zum Block brachten, ließen sie uns für ein paar Stunden stehen.]

[DE: Und wir durften uns für eine Weile hinsetzen. Danach führten sie uns zum Block und... Dort wurden wir einquartiert...]

[DE: Nun, es gab folgendes Regime dort: Am Morgen stand man um halb drei auf...]

[DE: Und man ging gemeinsam, alles zu fünft, man ging gemeinsam auf die Toilette.]

[DE: Die Toiletten waren so... es war so ein langer Block, ein Loch neben dem anderen.]

[DE: Und dann an der Wand gab es ein Waschbecken, also war es gleichzeitig auch ein Waschraum.]

[DE: Und es wurde durch {lächelt} solchen, solchen, solchen Stoff geteilt und...]

[DE: Es gab... Ich war nicht dabei, aber ich mag es so sehr {lacht}, dass es schade wäre es nicht zu erzählen.]

[DE: Dort... Eine Frau hat es mir erzählt, der es passierte.]

[DE: Die Frau saß dort also, neben diesem Vorhang und plötzlich streckte jemand den Kopf durch nach oben und sagte:]

[DE: "Jesus Maria, gnädige Frau, sind Sie auch hier?" Und er verschwand wieder {lacht}...]

[DE: Also es war so... so ein... ein Moment, na ja. Als wir aus der Toilette kamen, gingen wir zum...]

[DE: Da war so ein großer offener Raum neben der Baracke, ein Platz, Appellplatz...]

[DE: Dort standen wir so bis sieben, acht Uhr, bis der Oberst kam um uns zu zählen.]

[DE: Es dauerte ziemlich lange, denn es gab viele Baracken dort.]

[DE: Und... wenn es ihm nicht gelang, haben wir es zu büßen... Mindestens indem wir weitere Stunden warten mussten, bis er uns neu zählte.]

[DE: Und... manchmal, manchmal musste man knien oder so, das war wirklich so hässlich.]

[DE: Und sonst musste man die ganze Zeit zu fünft stehen und...]

[DE: Als es dann schien, dass er lange nicht kommt, brachten sie uns Kaffee, das heißt Kaffeeersatz... in einem Pott.]

[DE: Und dann kämpften die Menschen um den... um den Kaffeesatz, um etwas in den Magen zu kriegen. So...]

[DE: IV: Mussten Sie dort arbeiten?]

[DE: MD: Nein, wir nicht. Wir waren fürs Gas bestimmt, aber sie waren überfüllt, hatten Stau dort.]

[DE: IV: Hmm... und wann sind Sie eigentlich dorthin gekommen?]

[DE: MD: 10. August. Gerade zu Mutters Geburtstag.]

[DE: IV: Jahr?]

[DE: MD: '44. Nun... dann also... als... als... als... als... als er es... ab... ab... ab... als er es abzählte...]

[DE: Also dann konnten wir uns, also nicht frei bewegen, aber wir mussten nicht mehr so streng stehen.]

[DE: Sonst solange man dort stand, kam nicht in die Frage auf die Toilette zu gehen.]

[DE: Wir hatten nur flüssiges Essen und es gab viel Durchfall. Es gab auch schreckliche Geschichten dazu.]

[DE: Wenn jemand in die Hose machte, vergrub man es sofort oder er musste es ablecken oder er bekam ein paar Ohrfeigen oder er wurde zusammengetreten.]

[DE: Also es gab solche... Nun, dann standen wir da.]

[DE: Und dann mittags oder nachmittags bekamen wir Mittagessen {hustet}.]

[DE: Das bedeutete, sie brachten... sie brachten Geschirr und vielleicht fünf Leute zusammen bekamen einen großen Pott.]

[DE: Wir waren drei, also wir hatten Glück, dass wir es für uns alleine hatten, so...]

[DE: Und ohne Besteck, ja... Also man zählte ...]

[DE: Die Suppe wurde getrunken und man zählte, wie viele Schlucke man machte um es... [lächelt]]

[DE: Um... nicht zu betrügen. Weil alle schrecklich hungerten.]

[DE: Und der Hunger ist etwas Schreckliches, Schreckliches... ausgehungerte... Also... so...]

[DE: Am Abend ging man noch auf die Toilette. Ich weiß nicht, ob auch vielleicht nach dem Mittagessen.]

[DE: Daran kann ich mich jetzt nicht erinnern. Aber mehr als dreimal war es sicherlich nicht.]

[DE: Nun... dann einmal, auf der Toilette traf ich diese Mädchen, diese Freundinnen aus... aus Lodz.]

[DE: Da, da... Da war es schrecklich, weil es da nichts gab, woran man sich erfreuen konnte.]

[DE: Blümchen, Vogel... Vögel gab es da keine, nichts. Es gab nur diesen Schrecken da.]

[DE: Aber man konnte sich... zumindest etwas freuen, wenn man einen Bekannten traf.]

[DE: Aber es war so eine seltsame Freude. Wir trafen uns jedoch...]

[DE: Und nämlich als wir uns in... Lodz verabschiedeten, versprachen wir uns, dass wir uns in Prag treffen...]

[DE: Jeden ersten Sonntag... jeden Sonntag um drei Uhr am Loreto.]

[DE: Wir hatten keine Ahnung, dass Hašek sich {lacht} auch so verabschiedete, aber... wir hatten uns... am Loreto.]

[DE: Also verabschiedeten wir uns so... wir trafen uns und sagten: "Also Mädels, nicht vergessen, um drei Uhr am Loreto."]

[DE: Hier überspringe ich etwas. Wir trafen uns noch, noch in Belsen.]

[DE: Wir verabschieden, wir verabschiedeten uns wieder, dass wir uns um drei Uhr am Loreto treffen.]

[DE: Und... wir trafen uns dann in der Prager Straßenbahn und sagten: "Wir müssen noch zum Loreto!"]

[DE: Vor zwei Jahren sagte ich: "Mädels, so geht es nicht weiter. Es, es bleibt nicht mehr viel Zeit."]

[DE: Also sind wir... Věrka hatte ein Auto, wir stiegen ins Auto und fuhren zum Loreto.]

[DE: Und wir hatten dort einen Apfelstrudel mit einem Kaffee, und freuten uns sehr {lacht}, dass wir es geschafft haben.]

[DE: Nun... einmal... waren wir an der Reihe, die leeren Kannen weg zu nehmen...]

[DE: Und wir baten die Blockfrau um... dass wir es zu zweit tragen, damit Lida nicht muss.]

[DE: Denn Lida war so schwach, dass es notwendig gewesen wäre sie auch zu tragen und...]

[DE: Nun, sie erlaubte es uns, also brachten wir die Kannen weg.]

[DE: Und auf dem Rückweg versetzten sie uns einfach zu einem, zu einer... Gruppe, wo... Mengele stand und selektierte wieder, na ja ...]

[DE: Und mich hat er zur Arbeit selektiert... und... die Mutter, die Mutter ins Gas.]

[DE: Nun ich... als wir sahen, dass die Lida, dass wir sie nie wiedersehen werden, weinte ich so sehr.]

[DE: Aber als sie mir meine Mutter wegnahmen, konnte ich überhaupt nicht mehr, überhaupt nicht. Das war schon, das war wirklich grausam.]

[DE: Und... sie sagte, als sie meine Augen sah, konzentrierte sie sich nur darauf, wie sie zu mir kommen würde.]

[DE: Denn es war nicht weit, die zwei Reihen.]

[DE: Und sie merkte, dass sie eine Frau... sie hatte etwas Besonderes an sich... und er sah sie etwas länger an.]

[DE: Und in diesem Moment, als er sie länger ansah, rannte sie zu mir.]

[DE: Und als wir da zu fünft standen, öffnete sich die Reihe und alle ließen sie weiter nach oben.]

[DE: Also konnte man sie nicht sehen. Sie...]

[DE: IV: Sie war nicht am Rande...]

[DE: MD: Sie war nicht am Rande und sie waren sich nicht sicher, ob etwas da war oder nicht... Also, also ging es einfach vorbei.]

[DE: Ich habe mich gerade an etwas erinnert... Das gehört nicht hierher, aber ich sage es.]

[DE: Ich telefoniere mit einer alten Dame, die bereits sehr krank und sehr alt ist.]

[DE: Aber sie ist immer noch ziemlich fit im Kopf. Und... sie fängt plötzlich inmitten des Telefonats an zu weinen, dass ihre Mutter ins Gas ging.]

[DE: Wie ist es, wie ist es, wie es drin ist...]

[DE: IV: Es ist immer noch drin...]

[DE: MD: Wie es die ganze Zeit drin ist, na ja... und... Also stiegen wir in die Wagons, wieder ein Eimer...]

[DE: Ja, noch als wir dort standen, weil sie... Es war keine Eile mit uns.]

[DE: Als wir dort standen, erschien plötzlich mit einer Blockfrau, die Jugoslawin war, also erschien plötzlich Lida.]

[DE: Sie hatte ein anderes Kleid an, sah ganz anders aus und brachte uns zum Abschied eine Kartoffel in der Suppe.]

[DE: Und die Blockfrau... Mutter hat die Blockfrau um Gottes willen gebeten, dass sie sich um sie... dass sie ihr hilft.]

[DE: Und sie sagte, sie könne sich auf ihre Hilfe verlassen.]

[DE: Dann erfuhren wir, dass Lida... Es war dann schlimm, sie kam ins Krankenhaus.]

[DE: Dort war es sehr riskant, weil man aus dem Krankenhaus sehr oft fürs Gas selektierte.]

[DE: Aber es gab eine slowakische Ärztin, die sich um sie sehr kümmerte.]

[DE: Und sie stellte sie auf die Beine und Lida kam mit einem Transport nach draußen. Und weiter wussten wir nichts mehr...]

[DE: Erst am Ende, als... als es vorbei war... also noch kein Kriegende, aber als wir schon normal lebt... waren...]

[DE: Einfach... mmm... die Amerikaner uns... befreiten uns und uns in ein solches, solches kleines Sommerhaus einquartierten.]

[DE: Und... die Mädels dort begannen Geister zu beschwören. Und ich wollte nicht mitmachen, da ich daran nicht glaubte.]

[DE: Ich sagte, es ist dummes Zeug, und sie sagten einmal zu mir: "Na probiere es mal, es kostet doch nichts."]

[DE: Also sagte ich: "Also gut." Sie haben Geister so beschworen... man erwärmte ein Glas und so etwa...]

[DE: Nun, ich stellte eine Frage: "Wo ist meine Schwester?"]

[DE: Und das Glas antwortete auf Jiddisch: "Da wo dein Vater ist."]

[DE: Ich kapierte es überhaupt nicht, weil mein Vater unter der Erde war, nicht.]

[DE: Ich kapierte es überhaupt nicht, ich sagte: "Schaut mal, wie dumm das Glas ist."]

[DE: Der Vater starb doch vor einer langen Zeit. So... ja. Erst dann nachträglich habe ich es kapiert.]

[DE: Nun, also das war die letzte Nachricht über sie.]

[DE: Nun, wir fuhren... wir fuhren nach, nach Belsen. Wir fuhren woanders hin...]

[DE: Ursprünglich fuhren wir irgendwo nach Hannover, oder... ich weiß es nicht, woanders. Ich glaube nach Hannover, um zu arbeiten.]

[DE: Und... es wurde immer überall bombardiert, bevor wir ankamen. Also brachten sie uns nach Belsen.]

[DE: Und... mit... einmal, als wir noch gefahren wurden, fing ein Wagon an, unter uns zu brennen.]

[DE: Aber jemand hat es rechtzeitig erwischt, also sind wir da... mit ... mit... wieder wurden wir dadurch gerettet.]

[DE: Und dann setzten sie uns in andere Wagons und setzten zwei Soldaten in jeden Wagon, um ihn zu bewachen.]

[DE: Das war großartig, da diese Soldaten anständige Leute waren... Sie, sie ließ das Leiden nicht kalt.]

[DE: Und dann blieb die Tür für sie etwas offen, nicht. Sie saßen dort in der halboffenen Tür...]

[DE: Man konnte besser atmen, denn sonst noch in dem...]

[DE: Wir sind... wir sind noch auf, auf... auf dem Weg von Belsen... Entschuldigung aus, aus Auschwitz, aus Birkenau bekamen wir ein Brot mit Käse...]

[DE: Mit so einem scharfen, der noch durstig machte, na ja...]

[DE: Nun und diese beiden Jungs waren großartig, denn jedes Mal...]

[DE: Wir standen of... oft, weil es eine schwierige Fahrt war.]

[DE: Die Soldaten hatten immer Vorfahrt, nicht. Wer auch immer an die Front ging, Militärtransporte...]

[DE: Also jedes Mal, solange wie möglich nahmen sie, nahmen sie Eimer und brachten Wasser.]

[DE: Und den dreckigen Eimer nahmen sie... es wurde weggekippt, nicht und es ging einfach.]

[DE: Und... einmal sogar klauten sie für uns welche, ich weiß nicht ob es Pflaumen waren oder sonst was...]

[DE: Sie klauten für uns einfach etwas.]

[DE: Nun und Mutter sprach einmal mit ihnen und sie sagten, dass...]

[DE: Dass sie deshalb dabei sind, weil sie sehen, dass sie diesen Menschen einfach helfen wollen... dass sie deshalb immer zusammen fahren, weil sie sich vertrauen können.]

[DE: Und dass sie immer Mäntel dabeihaben, weil die Leute frieren und sie können sie damit bedecken und dass... dass sie es nicht brauchen.]

[DE: Und einem Mädchen gaben sie zum Abschied Brot, ihr eigenes... Kommissbrot.]

[DE: Nun... nun als wir nach Belsen kamen, war es etwas völlig anderes.]

[DE: Wir gingen durch einen Wald, ich liebte den Wald immer und ich litt noch von Herzen unter dem Fehlen der Einsamkeit {Husten}... und der Natur.]

[DE: Also zogen wir durch, gingen wir durch den Wald, kamen ins Lager.]

[DE: Es gab große Militärzelte dort. Draußen gab es Wasser, also so ein Waschbecken... und darin...]

[DE: Das Wasser lief darin. Wir waren absolut... dass wir uns ordentlich waschen konnten... absolut sprachlos.]

[DE: Nun, die Zelte... wir waren... Ich weiß nicht, wie viele wir insgesamt waren.]

[DE: Zuerst gab es uns nur wenige. Sie brachten uns... Und sie waren über unser Aussehen ziemlich erstaunt.]

[DE: Und sie brachten uns Essen. Es gab aber ein Problem, sie hatten für uns kein Geschirr.]

[DE: Und jemand bemerkte... oder wir bemerkten, dass sie... dass dort ein paar leere alte Dosen lagen.]

[DE: Also nahm jeder eine Dose. Wir fühlten uns großartig, dass jeder eine eigene hatte {lacht} ...]

[DE: Unser Lebensstandard wurde somit erhöht {lacht} ...]

[DE: IV: Geschirr...]

[DE: MD: Kulturelles Niveau – eigenes Geschirr. Einige von uns schmiedeten aus dem Stück... diesem... oberen Teil mit einem Stein sogar einen Löffel...]

[DE: Nun, das war einfach unglaublich. Wir hatten alle ein eigenes Geschirr.]

[DE: Das, das amüsierte sie etwas und sie gaben uns Essen darein.]

[DE: Nun... am Anfang war es ziemlich ruhig, da sie nicht wussten, was sie mit uns machen sollten.]

[DE: Sie hatten keine weiteren Anweisungen also ließen sie uns in Ruhe. Nur einmal täglich haben sie uns gezählt.]

[DE: Sie brachten das Essen und es gab einfach Ruhe. Also bewachten sie uns.]

[DE: Dann verschlechterte es sich langsam. Ja... am Anfang auch... fragte der Kommandant, er fragte...]

[DE: Er war ziemlich anständig und dann tauschten sie ihn auch schnell aus...]

[DE: Er fragte, wer deutsch kann. Mutter hat sich angemeldet, er hat mit ihr einen Test gemacht.]

[DE: Das war aber nur eine kurze Zeit. Dann wurde sie es sehr schnell los.]

[DE: Aber das war gut, weil sie dafür sorgte, dass immer jemand bei der Essensausgabe stand.]

[DE: Dass jeder die gleiche Portion kriegte. Und dass die Jüngeren als 17, wenn Essen übrigblieb, einen Nachschlag bekamen...]

[DE: So um die Hälfte. Also war es gut. Nun... es war gut dort. Ansonsten...]

[DE: CM: Jetzt lege ich noch eine Kassette ein, die Fortsetzung nur...]

[DE: MD: Gut... ich bringe mir noch eine weitere...]

[DE: CM: Also bitte schön...]

[DE: MD: Also... Ja, ich bin gleich wieder da...]

[DE: Nun aber... was noch schön in Belsen war, dass dort Heidekraut blühte.]

[DE: Belsen nämlich ist auf einem... es ist, es ist ein riesiges, sehr bekanntes mm... ein bekanntes Heidefeld.]

[DE: Ich kannte es aber nicht. So auf diesem Heidefeld bauten sie das Lager und...]

[DE: Als wir dort waren, blühte das Heidekraut so wunderschön.]

[DE: Und ich lag stundenlang auf meinem Bauch und sah zu, wie es wunderschön blühte.]

[DE: Und... nachts... weil ich so bezaubert war, dass ich in der Natur war, nicht...]

[DE: Und nachts, als alle schliefen, ging ich heimlich {lacht} aus dem Zelt und...]

[DE: Was gefährlich war, weil sie mit den Scheinwerfern herumkreisten.]

[DE: So ging ich... also krabbelte ich und legte mich hin...]

[DE: Dort, wo das Licht nicht hinreichte und ich beobachtete die Sterne.]

[DE: Und dadurch bekam ich ein zweites Mal eine Nierenentzündung {lacht}, des Beckens...]

[DE: Erstes Mal hatte ich es also in Lodz. Das war damals ziemlich stark...]

[DE: Nun aber... also zurück zu Belsen.]

[DE: Es wurde dort viel gesungen. Es wurde dort viel gesungen...]

[DE: Eine von uns war professionelle Sängerin... und... sie hatte eine schöne Stimme.]

[DE: Aber sie war unglaublich, unglaublich... traurig, weinerlich und wenig kommunikativ.]

[DE: Sie konnte es einfach nicht, sie konnte es nicht ertragen, dass ihr Baby weggenommen wurde.]

[DE: Und... es gab dort ein Mädchen, das nicht ganz normal war...]

[DE: Die Mädchen fesselten sie für die Nacht... mit Bettdecken, mit Bettdecken, damit sie nirgendwo hinrennt.]

[DE: Denn... sie hatten Angst, dass man sie dann erschießt. Tagsüber war sie ziemlich ruhig...]

[DE: Nun, diese Sängerin nahm sich ihrer an, sang für sie und beruhigte sie...]

[DE: Und umarmte und wiegte sie hin und her. Und das Mädchen hat sich einfach wunderbar beruhigt.]

[DE: Ich weiß nicht weiter, was mit ihnen passierte... Wir verließen es dort früher.]

[DE: In der Zwischenzeit kamen weitere Tran... Transporte und es wurde immer schwieriger.]

[DE: Auch das Wetter verschlechterte sich... Man erlebte verschiedene Situationen dort, beispielsweise...]

[DE: Eines Tages wurde ein kleines Baby in der Toilette gefunden... Es gab dort solche Außentoiletten.]

[DE: Oder ob sie es fanden... fanden... eine Abtreibung einfach... fanden es die Deutschen?]

[DE: Also mussten wir es auffangen... sauber machen...]

[DE: Und sie nahmen es mit großer Verspottung mit, sie brachten es weg.]

[DE: Ich weiß nicht wer... wem es passierte. Vielleicht war es besser so, als... als... besser für das arme Wesen.]

[DE: Nun... dann wurde es schlimmer... Und es gab noch ein paar freie Zelte, ich glaube es war insbesondere eins...]

[DE: Und uns war kalt, nicht... Es regnete... Die Appelle dauerten länger, weil... es gab einfach mehr von uns.]

[DE: Die Regen dauerten länger... Wir schafften es nicht uns abzutrocknen.]

[DE: Das hölzerne Stroh, auf dem wir schliefen, war schon kaputt, also war es auch von unten kalt...]

[DE: Nun, in diesem Zelt waren wir schon so viele, dass immer wenn jemand aufstand, fand er nur schwer...]

[DE: Nachts, als er aufstand, fand er nur schwer, sehr schwer den Platz wieder, denn man schlief fest, fest nebeneinander...]

[DE: Und wenn sich jemand auf die Seite drehte, musste {lacht} sich die ganze Reihe auch auf die Seite drehen.]

[DE: Es war also etwas schwierig.]

[DE: Nun... und dann passierte es, dass die Mädels... einige Mädels herausfanden, dass dort ein Zelt aufgerissen war.]

[DE: Also rissen sie da noch mehr ab und wickelten es um sich.]

[DE: Und dann ahmten immer mehr Leute es nach.]

[DE: Und dann fand es der Kommandeur heraus und es gab einen schrecklichen, schrecklichen Zirkus deswegen, eine schreckliche, schreckliche Situation.]

[DE: Weil wir deren… deren Eigentum zerstört hatten, das...]

[DE: Das für den Krieg bestimmt war und also Tod und was weiß ich alles...]

[DE: Und er wollte von der Mutter, dass... dass meine Mutter die Täter benennt.]

[DE: Was natürlich Mutter nicht tat... Also sagte er ihr, er wird sie erschießen und nahm noch ein paar Leute dazu...]

[DE: Und er ließ, er ließ so einen Zaun bauen.]

[DE: Dass sie ein kleines Lager für sich haben.]

[DE: Nun, sie arbeiteten die ganze Zeit... sie gruben etwas aus, dann schütteten sie es wieder zu...]

[DE: Sie gruben es woanders aus und schütteten zu oder sie trugen...]

[DE: Einfach so eine „sinnvolle“ Arbeit, ja, die kaputt macht...]

[DE: Aber da Mutter da war, so schaffte sie... {hustet} so schaffte sie es natürlich.]

[DE: Entweder... entweder sang sie. Sie riss die anderen mit... einfach...]

[DE: Nun und wir, wir drei Mädchen, wir weinten nur, wir sorgten uns um Mama.]

[DE: Und wir gingen immer zu diesem Zaun und die Mütter waren so wie fröhlich um uns... um uns Mut zu machen.]

[DE: Dort war meine Mutter nicht mehr {unverständlich}, richtig.]

[DE: Und der, der war wiederum so gut, {lacht} der... der Kommandeur, dass er daran das Interesse verlor.]

[DE: Ja... er ließ es... es war... ich weiß nicht wie lange es dauerte. Es dauerte eine Weile.]

[DE: Und zu dieser Zeit kamen wir uns mit den Mädchen sehr nahe.]

[DE: Und zwar soweit, dass die Verka, die Fernsehkamerafrau... also sie... Ich weiß nicht, ob sie es jeden Tag oder nur gelegentlich tat.]

[DE: Aber es beeindruckte mich sehr stark, wie sie ein Stückchen Brot versteckte, so klein wie dieser kleine Fingernagel.]

[DE: Zwei so ganz kleine Brotstückchen und als wir einschliefen, legte sie es uns auf die Lippen, damit wir mit dem Brotgeschmack einschliefen.]

[DE: Also sagte ich, k... keiner gab mir in meinem ganzen Leben jemals ein größeres Geschenk.]

[DE: Und dann begann es zu regnen, es wurde schlimmer und schlimmer...]

[DE: Die Holländer kamen noch dazu, Anne Frank war unter ihnen...]

[DE: Ich kannte sie wahrscheinlich, aber ich weiß nicht. Ich wusste nicht, dass sie es war.]

[DE: Und... es kamen die Kaufleute. Es waren Leute, die Fabriken hatten oder die sie verwalteten oder besaßen...]

[DE: Und da bereits die 16-jährigen, 17-jährigen Bur... Jungen in den Krieg eingezogen worden waren, brauchten sie Arbeitskräfte.]

[DE: Also kamen sie unter un... zu uns.]

[DE: Es sah so aus, dass immer eine Reihe auftrat, ein Block oder so... oder einfach die Mehrheit... mehrere Leute.]

[DE: Wir mussten... manchmal mussten wir uns nackt ausziehen, damit die Herren etwas... etwas Spaß dabei hatten.]

[DE: Einer davon, der war ein Perverser. Der wollte, dass man ein Bein sehr hochhebt.]

[DE: Und dann suchten die sich welche aus, und wir kamen Gott sei Dank, Gott sei Dank, wir kamen früh genug mit dem Transport da raus.]

[DE: Denn es war dann wirklich sehr, sehr, sehr schrecklich dort.]

[DE: Selbst als wir dort waren, war es schlimm aber dann war es sehr schlimm.]

[DE: Also kamen wir da raus.]

[DE: Und ich glaube, dass wir auf dem Weg, auf dem Weg sogar Strümpfe bekamen.]

[DE: Und wir fanden es großartig, weil es zum heiligen Nikolaus war.]

[DE: Also nahmen wir es so, als hätten wir ein Geschenk bekommen.]

[DE: Und so ein wichtiges, weil wir vorher bar... barfuß im Schnee liefen, nicht.]

[DE: Und... na ja, wir kamen nach Mehl... nach Mehltheuer. Ich weiß auch nicht, wie lange wir dorthin fuhren.]

[DE: Wir kamen nach Mehltheuer. Und Mehltheuer ist ein kleines Dorf.]

[DE: An diesem Dorf... in diesem Dorf war ein kleiner Bahnhof und an diesem Bahnhof, neben dem Bahnhof, war eine kleine Fabrik.]

[DE: Und diese Fabrik stellte Ersatzteile für Panzer her. Und... {hustet}]

[DE: An der, an der, an der Fabrik gab es so einen Block, einen kleinen Block.]

[DE: Und da war... waren wir, insgesamt zweihundert... davon drei Tschechinnen.]

[DE: Und dort waren wir, dort waren wir einquartiert.]

[DE: Und jeder hatte eine enge Pritsche aber eine für sich selbst, also... und eine Decke. Also fühlten wir uns sehr kultiviert...]

[DE: Nun... diese Panzerteile wurden... {hustet} wurden bearbeitet.]

[DE: Es war eine ziemlich harte Arbeit, weil sie groß und schwer waren und wir konnten sie kaum heben.]

[DE: Und... wir hatten deutsche... deutsche Meister dort, die uns die Arbeit beibringen sollten, aber sie durften nicht mit uns sprechen, weil...]

[DE: Man informierte sie, dass wir Schwerverbrecher seien.]

[DE: Der eine fragte dann eines der Mädchen, ob es so sei.]

[DE: Sie haben dann wahrscheinlich verstanden, dass es nicht so ist... war...]

[DE: Solange es möglich war... Oder einige ließen versehentlich ein Stück Brot oder etwas auf der Maschine...]

[DE: Es gab nicht viele, aber einig... einige gab, einige... einige solche gab es.]

[DE: Gearbeitet wurde Tag und Nacht, Nacht- und Tagschichten und...]

[DE: Der kleine Block, der Block war... angeschlossen an die... an die große Halle.]

[DE: Aber dazwischen gab es einen kleinen... kleinen Raum.]

[DE: Auf der einen Seite, auf der linken Seite waren die Toiletten, ein kleiner Block wie Toiletten.]

[DE: Und an der anderen Seite gab es eine... einen kleinen verglasten Raum, in dem immer eine Aufseherin stand und...]

[DE: Sie bewachte uns, dass wir nichts... und sie bestimmte wer auf die Toilette gehen durfte und wer nicht.]

[DE: Als wir drinnen waren, hatten wir beispielsweise Nachtdienst oder wir waren tagsüber drinnen, dann ließ sie uns noch {husten}.]

[DE: Oder auch nachts. Natürlich je nachdem, wer Dienst hatte.]

[DE: Aber als wir bei der Arbeit waren, dürften wir nur zweimal, wieder zu fünft...]

[DE: Ich gebe das weg hier... etwas... es blendet mich... in den Augen...]

[DE: Da gingen wir zweimal am Tag zu fünft auf die Toilette.]

[DE: Ich habe hier einen... also kann ich es jetzt zeigen oder nicht?]

[DE: IV: Ja, Sie können...]

[DE: MD: Entschuldigung... Entschuldigung, ja {lächeln}.]

[DE: CM: Wir machen es zurück... es macht nichts.]

[DE: MD: Wir haben hier einen... aber ich habe es in Kopie. Die... das Original habe ich woanders.]

[DE: Und hier steht geschrieben... Es hängte aus... und dort stand geschrieben, wann... wann, wer auf die Toilette gehen kann.]

[DE: Erster, erster Raum... erster Saal, zweiter Saal, dritter Saal... tagsüber und wann nachts.]

[DE: Vielleicht interessiert es Sie, sich das anzuschauen, so...]

[DE: Und einmal passierte es, dass sich diese Aufseherin Modemagazine anschaute.]

[DE: Und ein Mädchen kam heraus, das auf die Toilette musste und sah sehnsüchtig die Zeitschriften an.]

[DE: Der Aufseherin fiel es auf. Ein Wort gab das andere, sie kamen ins Gespräch, sie war so... ja.]

[DE: Und sie sagte, sie sei eine Modemach... sie entwarf Mode.]

[DE: Nun, sie war begeistert, sie gab ihr ein Blatt Papier und einen Bleistift und sagte, sie solle etwas entwerfen.]

[DE: Also sie... Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen des Mädchens aber... aber...]

[DE: Sie hat offensichtlich viele schöne Dinge für sie entworfen und das Stück Papier und Bleistift schaffte sie auch bei Seite.]

[DE: Und... {lächelt} sie hat mir zur Freude eine Puppe gemalt.]

[DE: Ich habe diese Puppe nicht mehr, sie ging kaputt... sie war... nun, sie ging kaputt.]

[DE: Und da wir zu der Zeit so... es war schwer, wir hatten Hunger und es war so irgendwie hoffnungslos...]

[DE: Also sagte ich, dass die Puppe Evicka heißt und wir am Sonntag...]

[DE: Und am Sonntag gab es keine Arbeit, weil die... die Deutschen am Sonntag nicht arbeiten wollten.]

[DE: Und dass wir am Sonntag ihren Geburtstag feiern werden.]

[DE: Es war eine kleine Gruppe von Mädchen, die von der Ältesten von uns geführt wurde, die uns mit den Inhalten von Weltromanen bekannt machte.]

[DE: Und es war... schö... schö... schön erzähl... Erzählerin. Und dann... wurde es... gefeiert.]

[DE: Und die Mädchen schrieben für mich zwei Gedichte.]

[DE: Nun, eines... aha, das ist das Original. Zuerst bekam ich eine Puppe... eine Puppe, die aus meinem Kleid genäht wurde, aus jenem Saum.]

[DE: Und die Puppe sieht aus, wie ein richtiges Baby im Lager...]

[DE: Sie hat... dünne Beine, die verkrümmt sind, dünne – also dünne Beine, die verkrümmt sind.]

[DE: Dünne Hände... und auch einen großen Bauch, der auch dazu gehörte.]

[DE: Und... soll ich das Märchen vorlesen? Das Lied... also das... kann ich nicht mal sagen...]

[DE: Soll ich es auf Tschechisch oder auf Polnisch vorlesen? Oder beides?]

[DE: IV: Wie es Ihnen lieber ist... Ein Stück so, ein anderen so...]

[DE: MD: Ein Stück so...]

[DE: IV: Ein kleines Stück.]

[DE: MD: Also nur ein kleines Stück, ja...]

[DE: Na Eviczky urodziny złączacie wszystkie ptaszyny.]

[DE: Ich übersetze es: Zum Geburtstag der kleinen Eva sind alle Vögel zugeflogen.]

[DE: Usiedli pod oknem na drzewie i razgrzechotały w słodkim śpiewie.]

[DE: Sie setzten sich auf einen Baum und sangen süß.]

[DE: Przyleciała mała sroczka, ce ma zezowaty oczka. Na górna gałąźka wzlecieła auch so razgrzechotała.]

[DE: Eine kleine Meise ist zugeflogen, die... zu... zusam... zusammen gekniffene Augen hat.]

[DE: Sie setzte sich auf den oberen Zweig und zirpte so:]

[DE: Chy wiecie dlaczego słońce dziś so świeci, chy wszyscy się radują dorośli, dzieci?]

[DE: To mała Evyczka, córeczka Majinki, dzisiaj świętuje piąte urodziny]

[DE: Wissen Sie, warum die Sonne so scheint und warum sich alle freuen, Erwachsene, Kinder?]

[DE: Die kleine Eva, die Tochter von Marienka, feiert heute ihren fünften Geburtstag.]

[DE: Also, so ein... es ist, es ist noch länger aber das würde zu lange dauern.]

[DE: Aber es endet... es endet mit einem Glückwunsch:]

[DE: Zasz matičce, co ciebie na świat ten wydała, zyczymy, bysze zawsze w życiu swoim śmiała.]

[DE: Und Mutt... Mutter, die dich auf diese Welt brachte, wünschen wir, dass sie in ihrem Leben immer lacht.]

[DE: Ażeby jej córeczka wiara poczyniła.]

[DE: Und dass ihre Tochter ihr viel Freude bereitet.]

[DE: Ażeby jej bogaty zamężna vydawała.]

[DE: Und dass sie einen reichen Mann heiratet.]

[DE: Ażeby Eviczka w łóżku nie ona sikała.]

[DE: Und dass die kleine Eva nicht in ihr Bett pinkelt.]

[DE: I nigdy „papou!” nie walawała.]

[DE: Und niemals nach Essen fragte.]

[DE: Nich na tysiące sie zycia są lat dzisiaj są serdeczni, swiergotały ptaszki w chórze.]

[DE: Also war es ein Gedicht... Und dieser...]

[DE: Ich bin... ich bin, als ich arbeitete, als ich an diesen Maschinen arbeitete...]

[DE: Hatte ich hier fünf und hier zwei Geschwüre. Und es war furchtbar schmerzhaft...]

[DE: Und es war furchtbar, als ich sollte... mit diesen... Bewegungen, also als ich diese Materialteile herbringen sollte.]

[DE: Ich wurde sogar für einige Tage zu Hause gelassen. Also... also bekam ich dieses... noch ein Gedicht dazu:]

[DE: Drogа, droga Eviczka, na twojej urodziny oferuję cie cały kawał uriegniny.]

[DE: Liebe Evicka, zu deinem... zu deinem Geburtstag, schenke ich dir ein ganzes Stück Papierwatte.]

[DE: Posiadał działania magicznego na ... wrzody, który są dziedziczne.]

[DE: Mm... Anscheinend hat sie große... große... sehr ma... magische... Auswirkungen auf die Geschwüre, die erblich sein sollten.]

[DE: Ażeby cie mamczina nie była zazdrosna, niech cie bezboleśnie i ladnie rosną.]

[DE: Und damit du Evicka auf die Mutter nicht eifersüchtig wirst, lass sie dir schmerzlos aber wunderschön wachsen.]

[DE: Also das... das war noch in Mehltheuer.]

[DE: IV: Also, wenn ich es richtig verstanden habe, sind Sie dort wahrscheinlich ein Teil dieser polnischen Gemeinschaft geworden?]

[DE: Gab es in Mehltheuer noch andere Nationalitäten?]

[DE: MD: Es gab dort... es gab dort noch Ungarinnen, aber wir hatten überhaupt keinen Kontakt miteinander. Erst... erst als es vorbei war...]

[DE: Und... auch nicht. Nein, mit denen sahen wir uns überhaupt nicht. Nun, wir waren drei Tschechinnen, nicht.]

[DE: Außerdem... ich war im Alter, in dem man kontaktfreudig ist.]

[DE: Und die Mädchen waren toll. Ich habe immer noch ein Heftchen, das... ich habe dort von denen verschiedene Notizen zum Abschied und...]

[DE: Also mit... wir hatten eine nette Freundschaft zueinander.]

[DE: IV: Und wie...]

[DE: MD: Dort war es wichtig, jemanden zu haben... jemanden nahestehenden. Ich hatte dort die Mutter.]

[DE: Aber wer dort keinen engen Familienangehörigen hatte, so war es Glück zumindest einen Freund zu haben.]

[DE: Denn es hielt einen fest. Es hielt einen fest und der Freund half dann auch mal.]

[DE: Ich hatte eine Freundin, das ist das Foto hinter mir.]

[DE: Sie ist bereits gestorben, sie war 96. Bis zum letzten Moment war sie fit im Kopf.]

[DE: Und diese Frau nahm... in Birkenau... 12 Mädchen auf, die ohne Mütter blieben.]

[DE: Und sie kümmerten sich um sie... und sie bildeten eine so starke Gruppe, dass sie absolut alles teilten.]

[DE: Einmal bekamen sie eine Pflaume und sie teilten die Pflaume in 13 Teile.]

[DE: Dann... und als eine erkrankte, gaben die anderen ihr... sie gaben ihr etwas von ihrem Essen, sie halfen ihr.]

[DE: Also es hat eine großartige... es ist großartig, wenn man jemanden haben kann.]

[DE: Das war eine nicht besonders enge Freundschaft, aber es war schön... es war schön.]

[DE: Nun, dann passierte es einmal, dass... Über ein Fenster bewachte uns ein Soldat, mit dem die Mädchen manchmal heimlich sprachen.]

[DE: Und er informierte uns über die Situation.]

[DE: Er erzählte uns, dass die amerikanische Armee uns umkreist.]

[DE: Aber immer als sie schon zu uns kommen sollten, gingen sie dann woanders hin.]

[DE: Fakt ist, dass sie viel bombardierten und auf uns ist nichts gefallen. Also wussten sie von uns und...]

[DE: Einmal... es schien so als, dass sie schon sehr nahe sind, also wir... wir arbeiteten nicht mehr.]

[DE: Weil wir schon so... so... so... so schwach waren, dass es nicht mehr ging.]

[DE: Wir bekamen gerade mal ein wenig Wasser mit einer minimal kleinen Menge Gemüse, nur so für die Farbe.]

[DE: Denn als wir umzingelt waren, gab es... gab es... gab es... gab es keine Versorgung]

[DE: Und was es gab, nahmen... nahm... sie, nicht.]

[DE: Und die Faschisten, sie... einige begannen zu uns nett zu sein, einige waren wiederum noch schlimmer, einige begannen... begannen Zivilkleidung zu tragen und...]

[DE: Und wir... wir nannten sie unterschiedlich. Zum Beispiel einem fehlte ein Finger... ein Finger.]

[DE: So nannten wir ihn entweder "neuneinhalb" oder "halb ze... halb zehn." Und... {lächelt}]

[DE: Also diese Art von... diese Art von verschiedenen... verschiedenen... verschiedenen Namen.]

[DE: Nun kam es so, dass es nicht einmal die Aufseherin gab, die festlegte wann... wann und wohin wir gehen durften und...]

[DE: Also gingen einige Mädels, ungefähr vier Mädchen versuchten es. Ich war nicht dabei, ich hatte Angst.]

[DE: Und... die Tür war offen. Sie betraten den Raum. Es gab... niemanden dort.]

[DE: Sie probierten die Tor, öffneten sie und sie waren draußen.]

[DE: Also gingen sie etwas weiter und fanden dort... den Bahnhof.]

[DE: Und sie fanden einen großen Getreidesack. Also stopften sie sich es in... in ihre Röcke, sie brachten es zu uns allen.]

[DE: Nun, ich habe in meinem Leben nichts so Leckeres gegessen und ich werde wahrscheinlich nie wieder etwas so Leckeres essen.]

[DE: Es war einfach eine paradiesische Speise {lacht} und... und inzwischen gingen auch die anderen hin.]

[DE: Nun, ich bin auch hingegangen, um meiner Mutter was mitzubringen... und...]

[DE: Inzwischen entdeckten die Mädels kleine Wägen mit... mit Paketen... für die Front.]

[DE: Also schnappten sich alle etwas...]

[DE: Meistens... meistens direkt daneben... im Garten, der neben... neben... oder neben... diesem Gebäude war.]

[DE: Also setzten sie sich meistens hin und es ging los...]

[DE: Und als ich {hustet} vorbei ging, zeigten sie es mir entweder oder jemand gab mir hier und da etwas... etwas zu beißen.]

[DE: Nun, ich war begeistert und wollte es auch versuchen.]

[DE: Und {lächelt} ich nahm vier Päckchen, nicht? Eins, zwei, drei, vier Päckchen... drei Päckchen... vier Päckchen...]

[DE: Also nahm ich ein paar Päckchen und rannte zur Seite um es zu öffnen...]

[DE: Und das erste Paket war so lang, es sah so aus.]

[DE: Und die Mädels erzählten mir von Speck, was für ein... auch wenn die Juden es nicht essen sollen.]

[DE: Aber die Polen verwenden viel Speck und lieben ihn sehr. Und was für ein wun... wunderbares Essen es ist.]

[DE: Und ich kannte den Speck von zu Hause ni... nicht... Also war ich überzeugt, dass er wirklich was Großartiges war.]

[DE: Also mir war es klar, dass drin der Speck ist, nicht.]

[DE: Also öffnete ich es... {hustet}]

[DE: Ich öffnete das Päckchen und es war da... es war da... es war Seife da.]

[DE: Nun, das hat mich ein bisschen enttäuscht, aber ich dachte mir: Na, wenigstens werden wir uns wieder gut waschen...]

[DE: Es wird in den anderen Paketen bestimmt etwas geben.]

[DE: Und ich öffnete das zweite Päckchen und da war... da war Kleidungsstoff.]

[DE: Also da war ich etwas enttäuscht, aber ich dachte: Na gut... wir können uns in Zivil umziehen, irgendwie machen wir es schon und...]

[DE: Also habe ich das dritte Paket genommen da war wieder der Kleidungsstoff, aber ein anderer.]

[DE: Da... der erste war rot, dieser war blau. Also nahm ich es immer noch an.]

[DE: Und jetzt hielt ich das Paket in der Hand, das... das... das letzte.]

[DE: Das war so groß und so... so breit.]

[DE: Und wenn die Welt etwas wert sein sollte, musste es dort etwas zum Essen geben, nicht.]

[DE: Und meine Mutter backte gerne... sie backte Blaubeerkuchen und ich liebte es.]

[DE: Also dachte ich, vielleicht schickt jemand einen Blau... einen Blaubeerkuchen einem Soldaten.]

[DE: Also öffnete ich es und es gab ein deutsches Spiel "Mensch, ärgere dich nicht!" dort.]

[DE: Also... {lacht} also fluchte ich und warf es so weit ich nur konnte.]

[DE: Leider suchte ich am nächsten Tag danach und ich konnte es nicht mehr finden.]

[DE: Und ich ging traurig zurück zum Block, denn... ich hörte, dass es dort... dort was los war, dass es dort etwas laut wurde.]

[DE: Also gleich... gleich am Eingang bekamen wir ein paar Ohrfeigen {lacht}, nicht...]

[DE: Und wir werden erst sehen, was kommt... wir werden erst sehen.]

[DE: Nun... wir waren deswegen ziemlich erschrocken.]

[DE: Und dann kam der Kommandant und sagte, dass wir bereit sein sollen, dass wir hier wegfahren.]

[DE: Und die Mutter sagte ihm, dass wir nirgendwohin gehen können, da wir zu schwach wären.]

[DE: Und er sagte, ob wir wüssten, dass wir um... einfach, dass dort die Front ist und wir umzingelt sind...]

[DE: Dass es darum geht, uns zu retten.]

[DE: Und wir... Mutter sagte, dass also... dass nein, dass ... dass wir einfach nicht können.]

[DE: Und er sagte: In diesem Fall bin... habe ich die Pflicht sie... sie alle zu erschießen.]

[DE: Und Mutter sagte ihm, wenn er uns lassen würde...]

[DE: Dass wir sehr gut wissen, dass wir sehr gut informiert sind, dass die amerikanische Armee gleich um die Ecke ist.]

[DE: Und wenn er uns in Ruhe lässt, geben wir ihm eine Bestätigung, dass er zweihundert Frauen das Leben gerettet hat.]

[DE: Und wenn er uns erschießt, werden sie ihn sowieso kriegen.]

[DE: Nun, er sagte, er müsse darüber erst nachdenken und ging.]

[DE: Und dann... in ungefähr einer oder zwei Stunden hörten wir Autos.]

[DE: Wir dachten uns: Oh je, das sind diese, diese Verbrennungsautos, die kommen uns holen, nicht...]

[DE: Wir nannten sie "Dusebubky." Und es waren die Amerikaner.]

[DE: Also es war ein ziemlich schönes Ende.]

[DE: Nun nachdem sie uns gesehen hatten, wie wir aussehen, brachten sie uns jede Menge Essen.]

[DE: Dann wurde uns schlecht. Eine Frau starb noch. Ich weiß nicht, ob davon oder von etwas anderem.]

[DE: Dann kam ihr Arzt, verbot das Essen und wir sollten langsam essen, mit etwas Leichterem anfangen.]

[DE: Nun, wir freuten uns über alles, was wir essen konnten.]

[DE: Und... ich erinnere mich, dass ich... zwei offene Dosen hatte.]

[DE: In einer war Schmalz und in der anderen Apfelkompott, und zusammen schmeckte es mir sehr. Ich wunderte mich {lacht}.]

[DE: Der Geschmack konnte sich erst nach einigen Stunden... einigen... einigen Monaten erneuern, bevor man den Geschmack wieder fühlte. Er wurde komplett zerstört...]

[DE: Und dann fuhren uns die Amerikaner ein Stück weiter zu Rentzschmühle. Da würde ich auch gerne mal vorbeischauen.]

[DE: Das war so... dort... an einem kleinen Fluss, ein Wald drum herum, es war sehr hübsch dort.]

[DE: Nun und dort... denn wir wurden am 16. April befreit und da war das Kriegs... Kriegsende noch weit entfernt.]

[DE: Sie kümmerten sich dort sehr gut um uns. Und es war viel los dort, weil die Leute, die nach Hause gingen... die Züge fuhren nicht.]

[DE: Sie schauten vorbei und es gab viele Fragen: Sahst du den Einen? Überlebte der Andere?]

[DE: Und es gab meistens traurige Nachrichten, also es war so... es war traurig. Nun... also...]

[DE: IV: Darf ich fragen, konnten sie Briefe bekommen? Oder hatten sie Korrespondenz?]

[DE: MD: Nein, nein...]

[DE: IV: Irgendeinen Kontakt?]

[DE: MD: Nein, es war alles kaputt.]

[DE: Wir... wir sind... wir wollten gehen... wollten gehen, auch zu Fuß aber der Kommandant sagte, also... der... der amerikanische...]

[DE: Er sagte: "Bitte tun Sie es nicht, ich... sobald sich eine Möglichkeit ergibt, werde ich sie dazu setzen.]

[DE: Aber das ist schrecklich gefährlich, denn der Krieg ist noch nicht vorbei."]

[DE: Und die... es war auch sichtbar, dass es mit der... mit der Disziplin nicht mehr funktionierte.]

[DE: Ich fing dort... ich fing dort an endlich... endlich die Einsamkeit zu genießen und...]

[DE: Nicht, dass ich die anderen mied, sondern so dass ich auch ein paar Stunden alleine sein kann.]

[DE: Und ich ging immer bis zu den Schwellen. Weiter wagte ich es nicht, weil es... gefährlich dort war.]

[DE: Manche Männer, sie waren wie Tiere. So ist es, wenn der Krieg vorbei ist.]

[DE: Das ist... das sind alles Instinkte... Also... also war es gefährlich, aber...]

[DE: Und als sie uns ein repariertes Radio gaben, hörte ich als Erstes, dass Prag um Hilfe ruft.]

[DE: Also war es auch so... so schwer. Wir kamen schließlich am 6. Juni nach Hause... nein, am 2. Juni.]

[DE: IV: Mit einem Transport?]

[DE: MD: Wir fuhren mit einem Transport, der... der... irgendwie wurden also die Gleise repariert.]

[DE: Und... mit Jugoslawen, mit der jugoslawischen Armee. Also kamen wir zurück.]

[DE: Von 18 Leuten kamen zwei zurück. Und es war fürchterlich schwer es... zu akzeptieren, zu verstehen und damit zu leben.]

[DE: Das war zu schwer. Und man brauchte lange Zeit es zu verarbeiten...]

[DE: Und es dauerte lange Zeit damit klar zu kommen...]

[DE: Ich hatte einen schweren... schweren Zugang zu der eigenen Generation, da... ich meine eigene Generation nicht verstand.]

[DE: Ich verstand entweder die Teenager oder die älteren Menschen, die schon einiges erlebten.]

[DE: Anders... anders nicht... anders ging es nicht]

[DE: IV: Darf ich fragen, was Sie nach dem Krieg gemacht haben?]

[DE: MD: Nach dem Krieg... zuerst bin... zuerst bin ich in einen Französischkurs gegangen und... um dort... Mutter...]

[DE: Mutter einerseits... wir haben nach dem Krieg... nach dem Krieg in Prag niemanden mehr gefunden.]

[DE: Und gingen wir nach Chotieborsch, wo die meisten Verwandten waren und wir blieben dort.]

[DE: Die Mutter blieb dort, ich wollte bei ihr bleiben aber sie überzeugte mich, dass ich lernen gehen müsse.]

[DE: Natürlich wollte ich lernen, aber ich wollte meine Mutter nicht verlassen.]

[DE: Und sie war sehr weise, also... ging ich nach Prag und schrieb mich für einen Französisch-Vormittagskurs ein.]

[DE: Ich machte es das erste Jahr und versuchte nachzuholen, was ich konnte.]

[DE: Und... dann... es gab zu dieser Zeit verschiedene Schnellkurse, damit die Kinder so schnell wie möglich Anschluss fanden.]

[DE: Und dann ging ich zur Politisch-Sozialen Hochschule, in den sozialen Fachbereich.]

[DE: Weil ich mir naiv vorgestellte, dass ich... dass ich als Sozialarbeiterin arbeiten könnte.]

[DE: Ich wollte im Gefängnis arbeiten. Nun, dann arbeitete ich schließlich in verschiedenen Bibliotheken...]

[DE: Und das war auch eine gute, schöne Arbeit.]

[DE: Es wurden geboren... Ich heiratete, zwei Töchter wurden geboren... und ich habe einen Enkel.]

[DE: Ich arbeitete viel als Dokumentarin in diesen Bibliotheken oder auch am Institut für internationale Politik.]

[DE: Dort arbeitete ich eine Zeit lang auch als Dokumentarin, fachliche Dokumentarin.]

[DE: Und dann in diesen verschiedenen großen Bibliotheken. Einerseits arbeitete ich, weil es in der Nähe war, in der...]

[DE: Militär... Militärhochschule... in Dejvice, weil dorthin meine Kinder nach der Schule zu mir kommen konnten.]

[DE: Und als es dann... als die Sowjets es schlossen, arbeitete ich an der Nationalallee.]

[DE: Und davor arbeitete ich am... am Marienplatz in der Volksschule.]

[DE: Nein, nicht in der Volks... in der Bibliothek. Sie war... sie war sehr schön. Dort war es auch toll.]

[DE: Man lernte dort viel, es gab die ganze Zeit viele Bücher um einen herum. Das war toll.]

[DE: Und diese Leute, die mit Büchern sind oder sind beispielsweise... Ich bemerkte, ich probierte, erforschte es...]

[DE: Beispielsweise, dass Menschen, die in einer Grammophonfabrik arbeiteten oder so, also waren sie irgendwie netter zueinander.]

[DE: Na... na ja, es war schwierig für mich damit umzugehen, sie möchten wahrscheinlich danach fragen.]

[DE: Ich wurde lange Zeit von Albträumen geplagt und ich bin es manchmal immer noch, aber es wird immer besser.]

[DE: Zuerst bin ich gerannt, dann habe ich exhumiert... Ich habe im Schlaf Verwandte exhumiert.]

[DE: Dann habe ich aktiv gekämpft. Dann, als ich Kinder bekam, rettete ich die Kinder wieder.]

[DE: Und jetzt, als ich so den letzten Traum hatte, habe ich... habe ich meinen Enkel gerettet.]

[DE: Nun, es scheint mir, dass nach 60 Jahren {lacht} ... dass es fast übertrieben ist, na ja...]

[DE: Und diese Träume waren bösartig und es dauerte manchmal drei Tage. Und wenn ich laß...]

[DE: Ich hatte immer Bücher am Bett oder etwas anderes... so oder so... träumte ich dann eine Fortsetzung. Diese Träume waren fürchterlich grausam.]

[DE: Nun, mit der... mit der... mit der eigenen... mit der eigenen Generation... bin ich... bin ich dann... also sind wir... bin ich da schon angekommen.]

[DE: Am Anfang... die Jungs... die Jungs in der Schule... in dieser Schule... die Jungs machten aus dem Brot kleine Bällchen.]

[DE: Ich dachte, ich würde sie ohrfeigen, wenn ich etwas kämpferisch wäre.]

[DE: Es ist einfach etwas Schreckliches, ja... Ich hatte so große Hochachtung vor Brot.]

[DE: Junge Leute... als ich... als ich kleine Kinder sah, also... also ich musste weinen.]

[DE: Da bin ich... dabei half mir... dabei hat mir die Pfadfinderbewegung sehr geholfen.]

[DE: Aber ich konnte nicht einmal bei den Pfadfindern zu den Kleinsten, den Glühwürmchen, gehen. Erst nach langer Zeit...]

[DE: Nun, es war schon immer so... Ich hatte gute Leute um mich, Gott sei Dank.]

[DE: Oder ich traf immer jemanden netten, der mir half, wenn auch nur mit dem da sein.]

[DE: Na und die Mutter, sie war auch großartig, nicht...]

[DE: Mutter war immer sehr stark und dann merkte ich... Über das Lager sprachen wir nie.]

[DE: Sie wollte, dass ich etwas darüber schreibe {hustet}... Ich wollte das nicht.]

[DE: Weil ich in den ersten 50 Jahren darüber nicht gesprochen habe. Nur kurz nach dem Krieg.]

[DE: Ich konnte mich die ganze Zeit nicht satt essen, also ging ich... So, wie die Leute mich einluden, ging ich auch mal zu drei Mittagessen, eines nach dem anderen.]

[DE: Und sie wollten, dass ich es ihnen erzähle, aber...]

[DE: Als ich merkte, dass sie es als Abenteuerroman ansahen, konnte ich es nicht. Nun...]

[DE: Also erst jetzt... jetzt, in diesen letzten Jahren. Letztes Jahr... habe ich damit angefangen... {hustet} habe angefangen darüber reden zu können.]

[DE: Und vor allem, wenn ich sehe, dass es kaum jemanden gibt, den man noch fragen könnte, nicht...]

[DE: Wir sind doch am Gehen, das Zeugnis muss weitergegeben werden.]

[DE: Es hat mir sehr geholfen, als sie hier... in Prag... die... die Galerie war. Ich weiß nicht mehr, wie die heißt.]

[DE: Die Galerie, wo es die Fotos gab...]

[DE: IV: Langhans?]

[DE: MD: Langhans Gane... Gale... Galerie. Sie haben uns einmal gefragt, uns vier Frauen... wir sind eine Gruppe von vier.]

[DE: Sie haben uns gebeten, dorthin zu kommen. Wenn es möglich ist, dass sie... eine Ausstellung über das Ghetto von Lodz machen werden, ob es uns möglich ist, darüber zu sprechen.]

[DE: Also sind wir jeden... einmal in der Woche hingegangen, manchmal auch öfters, weil beispielsweise eine Schule aus Brünn gekommen ist, um zuzuhören... und {hustet}... Entschuldigung.]

[DE: CM: Wir können nach einer Weile weiter machen.]

[DE: MD: In Ordnung. Also werde ich den Satz zu Ende sagen. Nein, also gut...]

[DE: CM: Ja, ich denke, es wird eine Weile dauern...]