[DE: CM: Und wir können.]

[DE: IV: Also heute ist der 19. August und wir sind zu Besuch bei Herrn Mikulaš Poljak.]

[DE: Wir werden hauptsächlich über die Zeit seiner Inhaftierung während des Zweiten Weltkriegs sprechen.]

[DE: Guten Tag Herr Poljak und ich möchte Ihnen gleich die erste Frage stellen:]

[DE: Ich möchte Sie nach Ihrer Kindheit und Zeit des Heranwachsens fragen und wo kommen Sie her?]

[DE: CM: Das Glas... Entschuldigung, das Glas etwas zur Seite…]

[DE: MP: Nun, ich wurde geboren...]

[DE: CM: Also noch einmal...]

[DE: MP: ..im 20. Jahr.]

[DE: IV: Wir müssen es leider wiederholen, Entschuldigung.]

[DE: CM: Noch einmal, also...]

[DE: MP: {räuspert sich}]

[DE: CM: ... von Anfang an. Wir können bitte.]

[DE: MP: Ich wurde am 17.12.1920 geboren, meine Mutter led... war ledig und arbeitete als Landarbeiterin.]

[DE: Sie kam aus der Slowakei und es herrschte großes Elend dort, also ging man zur Arbeit nach Böhmen und Mäh... und nach Mähren.]

[DE: Und sie arbeitete auf einem Bauernhof eines ehemaligen ähm… ehemaligen Bauernhof- und Zuckerfabrikbesitzer in der Koliner Gegend... in Ratbor und auf einem Bauernhof in Sedlov.]

[DE: Es war einer der Bauernhöfe dort… oder in der Gegend, die dieser Besitzer auch besaß. Und dort wurde ich auch geboren.]

[DE: Also geboren wurde ich in Sedlov… und meine Mutter arbeitete dort als Landarbeiterin.]

[DE: Vater war... Mutter...Mutter war damals bereits 29 Jahre alt und sie lernte einen russischen Gefangenen aus dem Ersten Weltkrieg kennen und mit… und mit…]

[DE: Ich war also sein und ihr Sohn. Aber mein Vater starb innerhalb eines Jahres nach einem… nach einem Unfall.]

[DE: Dadurch… dadurch also… blieb meine Mutter alleine mit mir.]

[DE: Sie hatte verständlicherweise große Probleme. Wohin mit dem Kind, als Landarbeiterin, nicht.]

[DE: Nun, sie wollte mich nicht aber nirgendwo… einfach… sie wollte mich nicht los werden, also nahm sie mich zu den verschiedenen Arbeitsgelegenheiten mit.]

[DE: Und zu der… zu der Zeit gab es noch keine große Industrie in der Slowakei, bis man sie aufbaute, nicht.]

[DE: Es gab dort ganz viel Elend. Sie hatte dort eine Schwester und noch einige Verwandte.]

[DE: Und dort wurde sie in Trentschin, in der Nähe von Waagbistritz geboren.]

[DE: Einmal war ich ähm… war ich dort… bei meiner Tante, denn meine Mutter ließ mich dort für etwa ein halbes Jahr und...]

[DE: Zwischendurch wechselten wir viele Arbeitsstellen.]

[DE: Denn Mutter arbeitete dort, wo es Arbeit gab und wo es… es… wo es für sie… so günstig war, dass sie dort unter den Bedingungen arbeitete.]

[DE: Und das… oft war ich allein im Hause, während sie auf den Feldern waren oder so ähnlich, ja.]

[DE: Und dann… dann begann ich zur Schule zu gehen.]

[DE: Da waren wir… da war Mutter in äh… in der Königsgrätzer Gegend, in Bürgles auf Arbeit.]

[DE: Und dort fing ich an, zur Schule zu gehen… zur Grundschule, ja… zur sogenannten Volksschule.]

[DE: Nun, dort waren wir mehrere Male und wir waren bei… bei einem Bauern und seiner Familie und...]

[DE: Dort war es, wie in einer Familie, alles. Auch die Kinder des Bauers waren mit mir befreundet und so weiter… und waren ähm...]

[DE: Es war sehr entspannt dort. Und die Familie… hm… sie mochten uns… die Mutter und so weiter. Nun und… in...]

[DE: IV: Schaffte Ihre Mutter Sie zur Lehre zu schicken? Lernten Sie etwas aus?]

[DE: MP: Nun, ich war ähm... wie es... ich war mit Mutter bis ich 10 war.]

[DE: Und in der Zwischenzeit war ich auch in der Slowakei und ich sah damals das schreckliche Elend dort, ja.]

[DE: Ich war der Einzige oder einer der Wenigen, der Lederschuhe hatte und so weiter, ja.]

[DE: Und im Winter war es… und so… also hatten sie nur Bastschuhe und so weiter, ja.]

[DE: Nun und… als ich 10 war, musste meine Mutter mich in ein Kinderheim geben.]

[DE: Da sie slowakische Staatsangehörige war, ging ich damals in die Slowakei.]

[DE: Das war ein Nachteil für mich, denn ich konnte slowakisch… ich lernte niemals Slowakisch, ja.]

[DE: Dann musste ich eine Schule in der Slowakei besuchen, eine Volksschule.]

[DE: IV: Ähm...]

[DE: MP: Nun, ich war in einem Kinderheim… einem Heim in Großsteffelsdorf. Ein Jahr lang ging ich dort zur Sch… Volksschule.]

[DE: Und dann… wurde ich nach Slowakisch Liptsch in ein Schloss versetzt. Es gab ein Kinderheim für bereits größere und ältere Kinder dort.]

[DE: Ich besuchte weiterhin die Volksschule, ja, so...]

[DE: Und dann, als ich im dritten Jahrgang war… dann… holte mich die Mutter ab, oder… Mutter holte mich ab und nahm mich nach Prag mit.]

[DE: Denn sie wohnte damals schon in Prag. Sie arbeitete nicht mehr in... als Landarbeiterin und äh...]

[DE: Ich fand dann einen Ausbildungsplatz und ich dachte zuerst, dass äh… oder ich fand es irgendwie passend… ich fand es passend äh… die Buchbinderei als Ausbildung.]

[DE: Also meldete ich mich dort oder ich ging einfach… hin. Es war über das Arbeitsamt und es war in Pilsen.]

[DE: Äh… der Inhaber der… der Buchbinderei war zuerst einverstanden.]

[DE: Aber dann, als Mutter nicht genug dafür aufbringen konnte, denn es kostete etwas...]

[DE: Dann brach ich es im zweiten Jahrgang ab. Danach arbeitete ich gelegentlich, je nach dem was ich so fand.]

[DE: Zuletzt war es in Theresienstadt, das letzte Jahr vor der Besetzung.]

[DE: IV: Wie war die Situation in Theresienstadt vor dem Krieg?]

[DE: MP: Nun, es war eine normale Stadt, ja.]

[DE: IV: Wie sah die Stadt aus?]

[DE: MP: Es war eine normale Stadt, ja. Und dort arbeitete ich in einer Druckerei und...]

[DE: Und nach der Besetzung im Jahr 1939 war die Regierungsarmee dort, ja… die ehemalige Re... unsere Soldaten… unsere Armee gab es nicht mehr, nicht.]

[DE: Also die Regierungsarmee war dort, zum Teil. Und in... in Theresienstadt blieb ich bis zum Jahr 1940 und...]

[DE: Zu Beginn... des... Ich bin dann aus Prag... nach der Besetzung und der Erfahrung mit... äh... damit was sich... was danach kam, die Umstände...]

[DE: Also dachte ich, dass ich... weil meine Mutter von mir ziemlich unabhängig war.]

[DE: Also dachte ich mir, dass ich... aus dem damaligen nazistischen Reich irgendwie ab... abhauen... könnte.]

[DE: Entweder über die Slowakei, Ungarn... dachte ich mir zuerst.]

[DE: Dann aber beka... fand ich oder ergab sich in Brünn eine Gelegenheit nach Österreich zu kommen, legal, für Arbeit.]

[DE: Also fuhr... fuhr ich... über das Arbeitsamt vermittelt nach Lin...]

[DE: IV: Das war im Jahr 1940.]

[DE: MP: '40]

[DE: IV: Und Sie meldeten sich damals freiwillig zur Arbeit.]

[DE: MP: Also, freiwillig, ja...]

[DE: MP: Und... in Linz wurden Wohnungen gebaut, also Häuser und... Eine Münchner Firma AG... Deutsche AG... AG... Deutsche Bau AG führte den Bau aus.]

[DE: Also dort arbeiteten wir. Es war eine Gelegenheit das Geld zu verdienen, das man für eine eventuelle Fahrt brauchte.]

[DE: Über Deutschland, Österreich oder so ähnlich. Ich arbeitete nahezu ein Jahr dort.]

[DE: Nun und im Jahr 1941... in 1941... 1940 eigentlich... äh... ich weiß es jetzt nicht.]

[DE: IV: Das Jahr ist nicht wichtig. Sie entschieden sich...]

[DE: MP: Oh nein, es ist wichtig, denn '45... also, im Jahr 1940...]

[DE: IV: Sie entschieden sich für die Emigration, um sich den Einheiten im Ausland anzuschließen?]

[DE: MP: Wie bitte?]

[DE: IV: Sie entschieden sich für die Emigration, um sich den Einheiten im Ausland anzuschließen?]

[DE: MP: Nun... nämlich... einerseits äh... wollte ich nicht... unter den gegebenen Umständen, die es gab, bleiben.]

[DE: Und... weil ich äh... selbst... die Sprachen lernte, ja, also... dachte ich, dass ich einfach raus aus Deutschland könnte.]

[DE: Aber über Österreich, also ehemaliges Österreich, ja...]

[DE: Die Grenze nach Jugoslawien zu überqueren war äh... war schon schwer... bzw. man könnte sie kaum durchdringen, denn im Jahr 1941 stand der Krieg mit Jugoslawien kurz bevor...]

[DE: Ich riskierte es trotzdem und ich fuhr an einem Apriltag über Graz und Spielfeld zur Grenze.]

[DE: Und ähm... mein Pech war, dass es dort an der Grenze den Fluss Mur gibt, also man musste irgendwie den Fluss überqueren.]

[DE: Also war… hielt ich mich tagsüber als Beobachter in der Stadt auf, um zu sehen, wie es an der Grenze läuft und so weiter.]

[DE: Denn Spielfeld war noch in Deutschland und es gab eine Brücke über die Mur, also schau... beobach... beobachtete ich, was für Möglichkeiten es dort gibt.]

[DE: Ob es dort Grenzschutz gibt und so weiter, ob man kontrolliert.]

[DE: Nun ähm... vorne an der Brücke gab es kaum... war kaum was zu sehen, es gab nichts oder es gab einen ganz normalen Verkehr.]

[DE: Also gegen Abend beschlo... beschloss ich, rüber zu gehen.]

[DE: Und... an... auf der anderen Seite in der Stadt... in der Stadt gab es Zivilisten und äh... oder einfach... die Grenzschutzsoldaten wahrscheinlich in Zivilkleidung, also nicht nur... auch die Gestapo und so weiter.]

[DE: Ich weiß nicht wer alles dort war... aber sie hielten mich fest und...]

[DE: Obwohl ich Deutsch sprach und so weiter, nicht... um nicht enttarnt zu werden. Aber sie kannten wahrscheinlich die Eingesessenen... die dort lebten.]

[DE: Also... und... also nahmen sie an, dass ich ein Fremder bin, ja.]

[DE: Nun, nach der Festnahme stellte sich heraus, dass es sich hauptsächlich um Sudetendeutsche handelte, die Tschechisch sprachen und so weiter.]

[DE: Also sperrten sie mich bei der Gestapo ein, dort auf der... Gestapo-Dienststelle und die... die ersten Verhöre begannen dort und so weiter...]

[DE: Danach verbrachte ich die Nacht dort. Und ähm... und am nächsten Tag wurde ich zur Gestapo nach Leibnitz gebracht. Das war wieder im Landesinnern.]

[DE: Nun, und dort... wurden wir... wurde ich wieder verhört und am nächsten Tag brachten sie mich nach Graz ins Landesgefängnis.]

[DE: Dort hatten sie... dort gab es ein normales Gefängnis. Und in diesem Gefängnis blieb ich bis zum Oktober 1940 und...]

[DE: In der Zwischenzeit erhielt ich einen sogenannten Schutzhaftbefehl. Das ist Schutz... äh... Schutz... Schutzhaft.]

[DE: IV: Heißt das, dass es mit Ihnen keine Gerichtsverhandlung gab?]

[DE: MP: Nein, keine Gerichtsverhandlung.]

[DE: IV: Sie erhielten nur diese Entscheidung...]

[DE: MP: Nur die Vernehmung. Den Schutzhaftbefehl gab es meistens, wenn... sie Leute einfach ohne Gerichtsverfahren in die Konzentrationslager steckten.]

[DE: IV: Und diese Entscheidung wurde unterschrieben...]

[DE: MP: Eben von Heydrich, ja, der {unverständlich} ... äh... na wie...]

[DE: IV: Er war wahrscheinlich damals Gerichtsbeamter oder?]

[DE: MP: Er war Poli... Polizeipräsident in München...]

[DE: IV: Aha, aha.]

[DE: MP: ... zu der Zeit.]

[DE: Nun meine ähm... Die Leute im Gefängnis waren aus verschiedenen Gründen inhaftiert.]

[DE: Unter anderem auch wegen des Überschreitens... sie wollten... äh... die Grenze überqueren oder ähnliches.]

[DE: Es gab viele Polen dort aber auch Tschechen und...]

[DE: Wir wurden von Graz nach... äh... nach Wien, ins Polizeigefängnis gebracht und dann ein ganzer Zug von Wien nach...]

[DE: Zum Glück wurde ich nach dem Schutzhaftbefehl... hm... nicht nach Mauthausen geschickt, denn es war dort am nächsten...]

[DE: Sondern nach Dachau. Das war mein Glück.]

[DE: Ein ganzer Zug, ein ganzer Zug aus Wien, aus den Gefängnissen, die es dort gab und den Festgenommenen und Verhafteten und so weiter,]

[DE: wurde damals nach... nach... München geschickt. Ein ganzer Zug.]

[DE: Nun und in München wurden wir von der SS mit Lastwägen aus dem Konzentrationslager Dachau abgeholt.]

[DE: Als wir durch München fuhren, so die Münchener, die es sahen, dass wir nach Dachau fahren und so weiter, also einfach...]

[DE: In den Cafés, sahen wir über Fenster, als sie einfach... sie schauten, ja, darauf...]

[DE: Sie wussten, dass die SS-Leute weitere... weitere Menschen nach... äh... nach Dachau bringen.]

[DE: IV: Das Lager Dachau wurde als erstes Lager errichtet...]

[DE: MP: Bereits im Jahr 1938, ja...]

[DE: IV: Es war ein sogenanntes "Vorzeigelager"...]

[DE: MP: Ja... ja...]

[DE: IV: ... nach dem die weiteren gebaut werden sollten, es war ein Modell...]

[DE: MP: Als die Ersten kamen die Politischen und das waren Kommunisten, die... die de facto begannen damit... Mauthausen, das heißt Dachau, aufzubauen.]

[DE: IV: Sie kamen äh... sehr früh hin.]

[DE: Aber schon damals hätten Sie dort eine Gruppe tschechischer Gefangener treffen können.]

[DE: Die Studenten aus Sachsenhausen waren wahrscheinlich schon da. Vielleicht noch andere Gruppen?]

[DE: MP: Sie waren schon da... Es gab einige Studenten auch aus Sachsenhausen und äh...]

[DE: Etwa zwei Blocks dort waren tschechisch, schon damals. In einem waren unter anderem katholische Pfarrer.]

[DE: Und in Dachau, ich weiß nicht mehr, wer von unseren prominenten Gefangenen dort war.]

[DE: IV: Sie selbst kamen in den 20. Block, wo sich die Mehrheit der Tschechen befand?]

[DE: Zumindest zu der späteren Zeit. Ich weiß nicht wie es zu Beginn war.]

[DE: MP: Nun, ich denke, es war so... Ich kann mich nicht an so viel erinnern aber... ähm...]

[DE: Ich war... Dort gab es immer… Dieser Block war in zwei... zwei Stuben aufgeteilt, also...]

[DE: Äh... In der Stube, in der ich war, dort gab es auch deutsche Kommunisten.]

[DE: Und sie ähm... gaben uns Ratschläge... Sie gaben sich Mühe mit uns und... sie halfen uns.]

[DE: Und sie gaben uns Ratschläge, was... was zu tun ist, um nicht zu Schaden zu kommen oder um nicht in einen Transport in ein anderes Lager zu kommen.]

[DE: IV: Was für Ratschläge waren das? Was sagten sie Ihnen?]

[DE: MP: Nun, sie sag... einerseits äh... Hauptsächlich sagten sie den Transport zu meiden, nicht.]

[DE: Und solange war keiner... äh... keiner... solange keiner für die Arbeit zugeteilt war, dass... dass wir einfach davor...]

[DE: Sie transportierten meistens Leute, die nicht zur Arbeit eingeteilt waren, also suchten sie sie in den Blocks, ja...]

[DE: Also sagten sie uns, dass wir einfach irgendwohin gehen, uns irgendwo verstecken, als für den Transport Leute zusammengetrieben wurden.]

[DE: Also... es gab auch die Strafblocks dort.]

[DE: Und als ich in Dachau ankam, wurden die Leichen vor dem Krankenhausblock gestapelt, wie das Holz im Wald, wie Spaltholz...]

[DE: Dachau war zwar ein Lager der Klasse I, das Essen dort war sauber, also man konnte es essen und es war schon besser.]

[DE: Sehr viel besser als in den anderen Lagern, denn am Sonntag gab es etwas besseres... etwas besseres Essen.]

[DE: Aber die ähm... das Sterben damals, zu Beginn des Krieges und so weiter, das war sehr oft und massenhaft, denn die Menschen waren ausgehungert und...]

[DE: Es gab wenig zum Essen und wer anfing ähm... beispielsweise was zum Essen im Müll zu suchen oder so,]

[DE: der hielt nicht lange durch, ja, denn er steckte sich mit irgendeiner Krankheit an.]

[DE: Am meisten verbreitete Krankheiten dort waren Phlegmone und ähnliches. {hustet}]

[DE: IV: Und die Arbeit bei welchem Kommando galt als die schlimmste?]

[DE: MP: Am schlimmsten? Nun, das waren die Plantagen.]

[DE: Es war sehr gefährlich dort, weil es das größte Komm... der größte Arbeitsplatz mit vielen Menschen, also Gefangenen, war und...]

[DE: Die Gefahr bestand darin, dass die SS-Männer für die Tötung äh... eines Häftlings Urlaub bekamen und dergleichen.]

[DE: Also erfanden sie verschiedene Tricks, um einen Grund zum Töten zu haben. Beispielsweise...]

[DE: IV: Die Plantage, das hieß...]

[DE: MP: Oder sie hetzten Hunde auf die Menschen, auf... auf die Häftlinge und dergleichen. Sie ließen sie von den Hunden zerreißen...]

[DE: Oder sie warfen die Mütze ins... in die Drähte hinein und wenn man nach ihr lief, erschossen sie einen und so weiter.]

[DE: Also einfach... es ist nicht zu verstehen, aber die Deutschen taten es einfach... und die SS-Männer.]

[DE: Sie freuten sich, wenn... wenn die Leute einfach Angst hatten, ja, vor dem Tod und so weiter, ja.]

[DE: Also war es... so ziemlich sadistisch, wie sie sich benahmen.]

[DE: Ähm... In Dachau gab es auch eine Strafeinheit äh... Dort gab es SS-Männer und die ganze Kompanie, ja und so weiter, also den...]

[DE: Sie hatten wahrscheinlich gutes Essen aber sonst waren sie zu den... sind mit denen auch umgegangen... Sie waren zu denen auch erbarmungslos, ja.]

[DE: IV: Sie selbst...]

[DE: MP: Das Schlimmste war, wenn es einen Vorfall gab, zu dem eine Meldung eingereicht wurde, so wie es dann mir passierte ähm...]

[DE: Als ich mich einmal gegen einen Kapo wehrte, der mich schlagen wollte.]

[DE: Und dabei gab es die Gefahr, dass... {räuspert sich} dass der Häftling im Bunker landete.]

[DE: Und aus dem Bunker kam nur selten und kaum jemand lebendig zurück. Meistens wurde man dort erschlagen.]

[DE: Nun und... mir drohte es auch. Im... äh... im Jahr 1941, zur Frühlingszeit...]

[DE: Der Schreiber auf unserem Block war der deutsche Kommunist Hoffmann.]

[DE: Als er erfuhr, dass es eine Meldung über mich gibt, da stand ich schon vor dem Tor und äh...]

[DE: Ich wurde zum Lagerführer zitiert, nun und Ver... für ein solches Vergehen gab es für eine Stunde „den Baum“ oder so.]

[DE: Das heißt, man hing so an den Händen über... 30 Zentimeter über dem Boden, also mit den ausgerenkten Schultern und so weiter, ja.]

[DE: Nun, die SS-Männer verstärkten es manchmal dadurch, dass... dass sie einen schaukelten oder so ähnlich.]

[DE: Nun und Hoffmann ähm... weil ein Kommando für die Außenarbeiten, für die SS-Kaserne in Nürnberg zusammengestellt wurde ...]

[DE: So trug mich Hoffmann ähm... in die Liste ein und äh...]

[DE: Ich weiß nicht, ob die Lagerleitung es bemerkte oder nicht, ich fuhr einfach mit dem Kommando nach Nürnberg.]

[DE: IV: Sie wichen der Strafe also aus, die Sie wahrscheinlich erwartete.]

[DE: MP: Ja... ja sicher... das... ganz sicher.]

[DE: Nun und in Nürnberg ähm... in der SS-Kaserne waren wir natürlich...]

[DE: Dort wurden Garagen und die Kanalisation des, auf dem Garagen... Garagenhof und das Führerheim für Himmler fertig gestellt.]

[DE: In dem Kommando gab es etwa 100 Personen, die dort einfach... einfach Arbeit hatten, ja.]

[DE: Sie wurden an die zivilen Unternehmen vermietet, die die Arbeiten ausführten und es wurde dort gearbeitet. Nun und...]

[DE: IV: Wie wurde das Kommando eingerichtet? Waren Sie direkt in der Kaserne untergebracht?]

[DE: MP: Wir waren in der Kaserne und zwar... Es gab eine Turnhalle dort, die nicht mehr existiert.]

[DE: Sie wurde abgerissen. Ich war dort… etwa vor einem oder zwei Jahre und...]

[DE: Im Souterrain der Turnhalle, es war eine große Halle, Turnhalle für die...]

[DE: Dort war die größte Kaserne... damalige... während des Krieges gebaut, die größte SS-Kaserne in Deutschland.]

[DE: Und im Souterrain wurden wir untergebracht. Dort gab es äh... die Waschräume im Souterrain.]

[DE: Nun und in die Ruheräume, dort wurden... Betten hingestellt und so weiter und wir hatten... wir waren dort, etwa 100 Personen untergebracht.]

[DE: IV: Wurden sie in einer besonderen Weise bewacht? Wie war es so, der Tagesablauf?]

[DE: MP: Nun es gab eine Wachstube am...]

[DE: IV: War es komplett abgetrennt?]

[DE: MP: ... am Eingang, ja. Und sonst, als wir arbeiteten, gab es eine Wachkette um die Kaserne herum.]

[DE: Aber in der Kaserne konnten wir uns bewegen... in unserem Arbeitsbereich ohne Wachen.]

[DE: Nur an manchen Stellen, wo sie es notwendig fanden, gab es noch welche, ja, hier und dort.]

[DE: IV: Und die gesamte Ausrüstung war aus dem Hauptlager in Dachau oder aus der Kaserne?]

[DE: MP: Oh nein, es war aus der Kaserne. Es war gut dort, wir konnten einzeln schlafen und so weiter.]

[DE: Wir hatten Metallbetten und alles wie Sold... so wie die SS-Männer nahezu. Das Essen war wie für die SS, also gut.]

[DE: Und unsere Leute gingen in… in die Küche abwaschen, also sie bekamen, was dort übrigblieb.]

[DE: IV: Also würde Sie sagen, die Bedingungen waren im Grunde genommen besser...]

[DE: MP: Na sehr gut...]

[DE: IV: ... als in Dachau.]

[DE: MP: Denn dort konnte man insgesamt nicht mehr viel tun. Und vor allem zu dieser Zeit, der Krieg und so weiter.]

[DE: Es wurden Arbeitskräfte gebraucht, also man tötete in den Lagern nicht mehr so schrecklich viel.]

[DE: Wenn, dann bei der Arbeit… also eher durch die Arbeit und so weiter, ja. Sie brauchten Arbeitskräfte.]

[DE: IV: Und die Personenanzahl im Kommando war stabil oder wechselte?]

[DE: MP: Sie war stabil in den drei Jahr... Jahren... in den drei Jahren... Es änderte sich nur wenig dort.]

[DE: IV: Also ungefähr die 100 Gefangene, wie am Anfang, als Sie kamen.]

[DE: MP: Nun, nur die, die etwas hatten... äh... irgendwelche Vergehen oder so... oder sich... manche wurden auch abberufen, ja, abtransportiert, nicht.]

[DE: Ich erinnere mich an einen ähm... einen von unseren Leuten, aus Nusl. Ein junger Mann wurde abtransportiert, weil er dort etwas...]

[DE: Vielleicht hatte er Kontakt zur Zivil... oder etwas ähnliches. Ich weiß es nicht...]

[DE: IV: Eh... Gab es Kontakt mit der Zivilbevölkerung? Konnten Sie...]

[DE: MP: Ja, von draußen... draußen... Es gab dort in der Gegend auch irgendwelche Baustellen.]

[DE: Ob man dort Häuser oder was weiß ich was baute. Es waren dort... auch... ganze Jahrgänge zur Arbeit gezw...]

[DE: Beispielsweise Jahrgang 1921 arb... wurde getrieb... äh... zur Zwangsarbeit in Deutschland, also auch... in Nürnberg.]

[DE: IV: Sie trafen also Tschechen?]

[DE: MP: Ja, sogar ein Mithäftling kam mit einem Mädchen aus seinem Dor... Dorf in Kontakt.]

[DE: Also über sie ging dann die Post und so weiter. Über sie.]

[DE: Und es gab Villen aus früherem jüdischen Besitz, die konfisziert wurden, und man arbeitete dort an den Bauänderungen und so weiter.]

[DE: Wir fuhren also in die Stadt, in die Villen.]

[DE: IV: Ist es Ihnen gelungen eine Nachricht nach draußen zu schmuggeln? Für Ihre Mutter oder so...]

[DE: MP: Die Post schmuggelten wir raus, ja.]

[DE: Eben über die Landsleute aber dann... kam es... kam es heraus... und es gab ein Schlamassel deswegen.]

[DE: Sie fingen etwas ab und gerade einen ode... oder den Brief, den ich schrieb.]

[DE: Das war ähm... das wäre... Auf jeden Fall war es strafbar, denn es gab Zensur über... über Korrespondenz und alles.]

[DE: IV: Sie hatten ziemlich großes Glück bezüglich Ihres Kapos... {unverständlich}]

[DE: MP: Nun, dieser... dieser Hugo, so wie es war ähm... dieser Mensch riskierte wirklich viel... um... mit... um unseren Menschen dort, um unseren Menschen zu helfen.]

[DE: Und... später war er als Zeuge in Nürnberg, beim Inter... ähm Internationalen Gerichtshof, ja.]

[DE: IV: Gab es auch andere Tschechen in diesem Kommando? An welche Nationalitäten können Sie sich erinnern?]

[DE: MP: Nun, es gab dort Menschen aus ganz Europa.]

[DE: Es gab insbesondere Polen, es gab Russen, ja. Es gab auch zahlreiche Deutsche.]

[DE: Und Franzosen, Spanier, Italiener... etwas weniger Holländer, auch mal Dänen und so weiter.]

[DE: Engländer gab es auch, zwei Piloten oder so. Sonst... ich weiß nicht.]

[DE: IV: Äh... das Kommando wurde im Jahr 1943 dem Lager Flossenbürg offiziell zugeordnet...]

[DE: MP: Eben, weil Flossenbürg einfach näher war, also man hat es... einfach erfassungstechnisch und... nach Flossenbürg verlegt.]

[DE: Und da hatte ich eben im Herbst 1943 das Malheur mit dem Brief.]

[DE: Der Brief war politisch, also um so gefährlicher. Also äh... Der Kommandant ließ mich...]

[DE: IV: Technische Pause... wir machen eine Pause.]

[DE: MP: ... er ließ mich... zurück nach... nach Flossenbürg schicken.]

[DE: CM: Also...]

[DE: IV: So. Wir werden mit einer weiteren Kassette weiter machen.]

[DE: CM: Wir machen eine Paus...]

[DE: CM: Und wir können.]

[DE: IV: Herr Poljak, ich möchte Sie äh… fragen, ob Sie, als Gefangener des Nürnberger Kommandos irgendwelche Veränderungen bemerkten?]

[DE: Also, weil das Kommando unter das Konzentrationslager Flossenbürg fiel?]

[DE: Und ob Ihnen diese Information überhaupt bekannt war und ob es irgendwelche Veränderungen gab, die Sie vielleicht spüren konnten?]

[DE: Wahrscheinlich...]

[DE: MP: Nun, es war eine wichtige Information für uns, weil wir wussten, dass Flossenbürg ein schle... schlechteres Lager ist, eines der II. oder III. Klasse sogar.]

[DE: Und dass es für uns sehr viel schlimmer wird, ja.]

[DE: Als ich dann sollte... musste ich dann, als sie mich abtransportierten, beziehungsweise als ich vom Transport nach Flossenbürg bedroht war...]

[DE: Natürlich war ich dann verständlicherweise deswegen ziemlich unglücklich. Aber man konnte nichts dagegen machen, es ließ sich nicht ändern.]

[DE: Und ich glaube, dass der Rest des Kommand… dieses Dachauer Kommandos kehrte später nach Dachau... zurück.]

[DE: IV: Wurde beim Kommando das Personal gewechselt?]

[DE: MP: Hm... das weiß ich nicht.]

[DE: IV: Wurden die Kapos gewechselt, oder kam...]

[DE: MP: Nein, darüber weiß ich nichts mehr.]

[DE: Wahrscheinlich nicht, weil fast jeder, wie Sie aus der Korrespondenz oder aus diesen Fotos und der Korrespondenz sahen, also nach dem Krieg, ja.]

[DE: Also sie kamen zurück nach Dachau. Nicht nach Flossenbürg.]

[DE: IV: Ähm... Ich weiß noch, wie Sie sich an Oberscharführer Schreiber erinnerten, wenn ich mich nicht irre.]

[DE: MP: Schreib, ja... Schreib...]

[DE: IV: Der kam nach...]

[DE: MP: Ich... ich weiß nicht... Es gab dort eine Liste... in Flossenbürg... in den... in der... in dem Kommandantur-Gebäude, es gab doch eine Liste von denen, die dort...]

[DE: Aber ich fand dort den Namen nicht.]

[DE: IV: Und Sie erinnern sich an ihn aus Nürnberg?]

[DE: MP: Ja, ich erinnere mich...]

[DE: IV: War er dort tätig?]

[DE: MP: Ich denk... Er kam aber als neuer Lagerfüh... also Kommandoführer, als wir nach, nach Flossenbürg verlegt wurden.]

[DE: Denn bis dahin hatten wir Einen aus Dachau.]

[DE: IV: Ähm... Es war also die Veränderung, die Sie spüren konnten?]

[DE: MP: Das war die Veränderung, die... ja, genau.]

[DE: IV: Und was für eine Persönlichkeit war er?]

[DE: MP: Nun, ihm ging ein schlechter Ruf eines Mörders voraus... in Flossenbürg.]

[DE: IV: Wie kamen die Gerüchte von Insassen in Flossenbürg zu Ihnen?]

[DE: MP: Das weiß ich nicht… ob da noch jemand darüber wusste oder wie... das weiß ich nicht.]

[DE: IV: Und wie behandelte er Sie? Wie erinnern Sie sich an ihn?]

[DE: MP: Also es änderte sich dort nicht so vieles, denn...]

[DE: Im Gegenteil, er behandelte mich wie… Er sprach sogar von einem Freilassungsantrag oder so... bei der Gestapo {räuspert sich}.]

[DE: Und ich bekam nur solche besseren Stellen… also Arbeitsstellen.]

[DE: IV: Also aus irgendeinem...]

[DE: MP: Ich schaffte es beispielsweise bis hin zum SS-Krankenhaus... also als Tellerwäscher und dergleichen.]

[DE: Es war eine offensichtliche Protektion.]

[DE: Vorgeschlagen wurde ich wahrscheinlich von Hugo, aber dazu musste es die Zustimmung des Kommandoführers geben.]

[DE: Und aus irgendeinem Grunde hat mich dieser Schreiber gemocht und er sagte, dass er... einen Freilassungsantrag stellen wird.]

[DE: Ich weiß nicht aus welchen Gründen, ja. Ich bin… ich hatte dann das Malheur, ja und dadurch war alles verloren, ja.]

[DE: IV: Es war also das mit dem Brief von Ihnen, der gefunden oder abgefangen wurde?]

[DE: MP: Ja, genau.]

[DE: IV: Und es...]

[DE: MP: Und der Brief... als solcher {lächelt} wäre normalerweise nicht so tragisch...]

[DE: Aber ich schrieb dort verschiedene Dinge darüber, wie es... wie es dort aussieht... und wie... dass sie... dass die SS eine Schande für eine zivilisierte Nation sei und solche Dinge.]

[DE: Also es war... ein sehr politischer Brief, ja. Und das musste sie sehr wütend machen.]

[DE: IV: Also es folgte Ihre Bestrafung, ja und... Was ist passiert?]

[DE: MP: Nun, es gab einen SS-Mann {unverständlich} dort, der mich dafür zusammentreten wollte. Dazu kam es aber nicht.]

[DE: IV: Und die Bestrafungen beim Kommando, waren sie an der Tagesordnung?]

[DE: MP: Nein, dort wur... ging es eigentlich.]

[DE: IV: Die Körperstrafen dort...]

[DE: MP: Es war entspannt. Nein, dort... Ich musste es mir höchstens abarbeiten... Als der... der Lagerkommandant von Dachau... nach einem halben Jahr... äh... kam.]

[DE: Wir nannten ihn Froschkönig.]

[DE: Also anstatt der Strafe, die ich bekam... wegen der Meldung in Dachau, ja.]

[DE: Also musste ich an vier Sonntagen Koks ablagern, ja.]

[DE: Am Bahnhof in die... aus den Wagons in die Lastfahrzeuge, die ihn in die SS-Kaserne fuhren.]

[DE: Auf dieser Weise arbeitete ich es ab, ja, meine Strafe.]

[DE: Aber Schreiber musste sehr enttäuscht sein, nicht. Und ich wusste nicht, was in der Meldung stand.]

[DE: Und welche... welche... wie es ausgeht, ja. Bis ich dann nach Flossenbürg abtransportiert wurde.]

[DE: IV: Dort sind Sie...]

[DE: MP: Das war im August und schon... schon der erste Blick auf das Lager und so weiter, auf die... auf die...]

[DE: Als ich da ankam... als wir... als ich... auf den Appellplatz gebracht wurde und als ich die Galgen dort sah, also...]

[DE: IV: Sie wurd... wurden als Einziger mit dem Auto aus dem Kommando hingebracht?]

[DE: MP: {räuspert sich} Ja... ja...]

[DE: IV: Wie... wie war... wie... wie waren Ihre Eindrücke nach der Ankunft in Flossenbürg?]

[DE: Und... als Sie zum Beispiel die Galgen sahen...]

[DE: MP: Nun, es war...]

[DE: IV: Was ging Ihnen durch den Kopf?]

[DE: MP: Es war... es war schlimm, ja. Ich machte mir Sorgen, ob ich an einem hängen würde, ja.]

[DE: Und es ging nicht weg... Ich hatte schlechte Träume in der Nacht, hatte verschiedene Halluzinationen und so weiter, ja.]

[DE: Sah mich darin {lächelt}, dass ich in einem Krematorium verbrenne und dergleichen, ja.]

[DE: Aber es... ähm... dauerte nicht lange an, ja, als...]

[DE: Als wir etwa nach drei Tagen, als die Urteile vollstreckt wurden, mussten wir zuschauen, wie sie solche jungen Menschen aufhängen, ja.]

[DE: Es waren ziemlich junge Burschen, die dort für eine Sabotage aufgehängt wurden.]

[DE: IV: Was für eine Sabotage? Was taten sie?]

[DE: MP: Sie machten sich für ihre Schuhe Aluminiumstollen.]

[DE: Es gab dort eine Zweigstelle der Messerschmitt Werke, ja. Und dort wurden Teile für die Messerschmitt-Flugzeuge produziert.]

[DE: Ich glaube, Drachen oder so... ähm... ich weiß nicht genau, was {räuspert sich}.]

[DE: IV: Sie wurden in Flossenbürg für die schlimmste Arbeit, die es nur gab, eingeteilt.]

[DE: MP: Ja...]

[DE: IV: Wie erinnern Sie sich an diese Zeit?]

[DE: MP: Die größte und die schwerste Arbeit dort gab es im Steinbruch, ja. Im Sommer ging es noch einigermaßen, nun ging...]

[DE: Dort wurde es in den… im Jahr 1944 und so weiter... Es wurde auch dort nicht mehr so viel getötet.]

[DE: Aber die Menschen waren krank, ausgehungert und so weiter, also erlagen sie den Krankheiten und starben einfach, offensichtlich.]

[DE: Aber auch... also einfach auch äh... Sie brauchten Arbeitskräfte...]

[DE: Also noch 1944, trotz der häufigen Luftangriffe, fuhr der letzte Transport, ein ganzer Zug, ja, aus Flossenbürg nach Mauthausen.]

[DE: Nun und in diesem war ich dabei.]

[DE: IV: Ich würde doch noch auf die Zeit zurückkommen, die Sie in Flossenbürg verbrachten.]

[DE: Äh... Wie... wie würden Sie die Arbeit im Steinbruch beschreiben? Wie sah der Arbeitstag aus?]

[DE: MP: Nun, es war grauenhaft... im Winter.]

[DE: IV: Was mussten Sie tun?]

[DE: MP: Na mit dem Meißel und... und mit dem Hammer, ja. Als sogenannter Steinmetz oder Steinhauer.]

[DE: Ma... man machte dort, man bereitete verschiedene Steinquader für den Bau vor.]

[DE: Nun, ich habe es mir dort angeschaut. Also, es ist...]

[DE: Es wird da nicht gearbeitet natürlich, der Steinbruch ist verwaist aber dort musste es grausam sein.]

[DE: Denn es war höher gelegen als das Lager selbst und im Winter gab es bis zu zwei Meter Schnee.]

[DE: Also musste erst der Schnee geräumt werden, bevor etwas draußen und ähnliches gemacht werden konnte.]

[DE: IV: Welche...]

[DE: MP: Nun, es waren schreckliche Verhältnisse. Ich weiß nicht, wie ich es aushalten konnte.]

[DE: Denn die Ernährung war schlechter und es war nicht... es war... es war verunreinigt. Auch mal Sand und so weiter, also...]

[DE: Manchmal wurde es... Natürlich man aß es auf aber...]

[DE: IV: Welche Ausstattung für die Arbeit im Steinbruch hatten Sie?]

[DE: MP: Alles...]

[DE: IV: Gab es Schutzausrüstung? Ich nehme an, dass keine...]

[DE: MP: Nun, es gab dort... es gab eine Hütte dort, ja.]

[DE: Die Meist... Meister verfügten über... Büros oder so aber sonst... sonst...]

[DE: Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern.]

[DE: Aber wir waren den ganzen... ganzen Tag... oder während der Arbeitszeit draußen.]

[DE: Also den Witt... Witterungen oder dem Wetter, das es gab, ausgesetzt {räuspert sich}. Durchgefroren, ausgehungert und so weiter, ja.]

[DE: IV: Sie überlebten dort den ganzen Winter von 1943 bis '44?]

[DE: MP: Also... noch dazu...]

[DE: IV: Was denken Sie, wie war es möglich? Im Steinbruch starben Häftlinge auch nach einigen Tagen.]

[DE: MP: Na ja, es... Es war einfach... ein Zufall, dass ich vorher noch gut genährt war, ja, also hielt ich es aus.]

[DE: Aber... die Menschen, die dort arbeiteten, die… hielten es auch ein Jahr lang aus oder länger oder ich weiß nicht...]

[DE: Sogar den ganzen Aufenthalt, den äh… ganzen Aufenthalt in Flossenbürg überlebten sie im Steinbruch... ich weiß nicht wie.]

[DE: Auch in Mauthausen, im Steinbruch hielt man es trotz der grausamen Verhältnisse aus.]

[DE: IV: Können Sie sich an äh… Exekutionen in Flossenbürg, außer die bereits beschriebene... äh... oder weitere Gefangenenbestrafungen erinnern?]

[DE: MP: Da habe ich keine, kann mich nicht...]

[DE: Auf jeden Fall gab es den „Bunker“ dort. Dort gab es sicherlich weit schlimmere Verhältnisse für... {räuspert sich}]

[DE: Solange es noch die Tendenz zum Töten gab, so töteten sie ziemlich viel.]

[DE: Denn die Grünen, die in… in der Lagerverwaltung saßen, die kooperierten mit den SS-Männer sehr viel mehr, als beispielsweise die Politischen, ja.]

[DE: Und sie bemühten sich nicht, dass… Denn die Verhältnisse dort waren viel schlimmer, als in den anderen Lagern.]

[DE: IV: Erinnern Sie sich an einige Gefangene aus jener Zeit aus Flossenbürg?]

[DE: Erinnern Sie sich an jemanden, mit dem Sie mehr Kontakt hatten?]

[DE: MP: Nun, ich erinnere mich an diesen Namen Kral. Und jetzt auch nicht mehr... {räuspert sich}]

[DE: Sonst kann ich mich fast an niemanden erinnern. {räuspert sich}]

[DE: IV: Wie war der normale Arbeitstag? Ähm... wie, wie...]

[DE: MD: Nun Mor... Morgen... ähm...]

[DE: IV: Erinnern Sie sich an die Einteilung?]

[DE: MP: Im Winter stand man gegen sechs oder schon um fünf Uhr morgens auf.]

[DE: Die Arbeit begann, ich weiß nicht, so um sieben, acht Uhr... vielleicht auch früher {hustet}.]

[DE: Also im Winter. Im Sommer noch früher.]

[DE: Ich kann mich eben an Flossenbürg nicht so sehr erinnern... äh...]

[DE: Ich weiß, dass man dort {räuspert sich}, nur auf dem Boden schlief und dergleichen, ja.]

[DE: Und dass man äh... war... man so schlief, dass einer dort die Füße hatte, wo der andere den Kopf.]

[DE: IV: Erinnern Sie sich an die Ihnen zugeteilte Baracke?]

[DE: MP: Ich weiß, dass es dort einen Wald gab und dass es sich in einer Schutzzone mit Wachtürmen befand.]

[DE: Oder ein Ga... ja... es gab einen... Gang oder einen Steg dort, wo es... wo schon die Wache stand oder herumging.]

[DE: Man musste sich dort melden, wenn man auf die Toilette ging, man musste...]

[DE: Man musste sich einfach melden: „Herr Wachtmeister...“ und so weiter.]

[DE: Nun es... es war schrecklich dort... dieses...]

[DE: IV: Wenn Sie... Sie erlebten mehrere Lager und waren in mehreren Kommandos.]

[DE: Wenn Sie die Lager vergleichen würden, wie wirkte Flossenbürg auf Sie?]

[DE: Als eines der Schlimmsten, die Sie erlebten, oder?]

[DE: MP: Nun Flossenbürg für mich... war für mich... eines der Schlimmsten, würde ich sagen.]

[DE: Aber ich erlebte allerdings Mauthausen nicht.]

[DE: Ich war nur unten, im Krankenhausblock und gleich danach wurde ich zum Arbeitskommando nach Wiener Neudorf gebracht.]

[DE: Also oben, im Lager war ich überhaupt nicht.]

[DE: IV: Nach Mauthausen also...]

[DE: MP: ... kehrte ich erst mit dem… Kriegsende zurück, ja. Im Mai.]

[DE: IV: Sie wurden im Frühjahr 1944 nach Mauthausen geschickt, wenn ich mich nicht irre...]

[DE: MP: Im Frühjahr 1944, na... im März oder April, jetzt...]

[DE: IV: Wie sah der Transport aus? Wie viele Gefangene gab es dort?]

[DE: MP: Nun, der ganze Zug war voller Gefangener und die... es waren natürlich Viehwaggons.]

[DE: Und... ob wir überhaupt Wasser bekamen oder etwas, weiß ich nicht... ich weiß nicht... ähm...]

[DE: Nun, der Zug fuhr… nach Regensburg und in Regensburg gab es einen Luftangriff, also blieb er dort stehen.]

[DE: Und dann kamen wir über Passau nach Mauthausen, zum Bahnhof Mauthausen, ja.]

[DE: Und aus Mauthausen musste man etwa drei Kilometer nach oben, zum Lager... also vom Bahnhof. {räuspert sich}]

[DE: Nun dort... verletzte ich mir den Fußrücken vom Holzschuh und... ich kam dort ins Krankenhaus.]

[DE: Podlaha, Professor Podlaha schickte mich in das Krank... Lagerkrankenhaus.]

[DE: Und ich lernte dort Slavomir Zuzanek kennen, der mir... äh... noch... zusätzliche... Suppen oder Essen brachte.]

[DE: Er kam von hier, aus Rochlitz. Ich war später mehrmals bei ihm.]

[DE: Er kam zurück, aber er war älter als ich. Er starb schon vor einigen Jahren.]

[DE: Und den Schauspieler Vrchota lernte ich dort auch kennen. {räuspert sich}]

[DE: IV: Was folgte nach Ihrer Genesung?]

[DE: MP: Nun ich wurde nach, nach, nach Wiener Neudorf geschickt, was...]

[DE: Es wurde gerade ein… Arbeitskommando dorthin geschickt, ja, Menschen, ein Transport.]

[DE: Nun, es wurde dort während des Krieges, in Jahr 1944 eine riesige Flugzeug... Flugzeugmotorenfabrik gebaut.]

[DE: Sie bestand aus 18 riesigen Hallen und... und äh... In der 18. Halle startete gerade die Produktion, de facto.]

[DE: Aus... aus dem Stabstahl... aus dem Stahl und den anderen... verschiedenen Rohlinge, ja.]

[DE: Und dort ähm... dort waren etwa zweitausend Leute, in dem angeschlossenen Lager und...]

[DE: Und… weil es dort ähm… einen Schreiber, einen Tschechen aus Prag gab... so teilte er mich für diese {unverständlich} ein.]

[DE: Ich wurde zur Arbeit in die 18. Halle geschickt, um den Stabstahl herauszugeben.]

[DE: IV: Hatten Sie davon Ahnung?]

[DE: MP: Verschiedene, verschiedene Profile. {lächelt} Nun, Ahnung...]

[DE: Ich hatte null Ahnung davon, ja, weil ich nie im Schmiedehandwerk gearbeitet habe.]

[DE: Aber das war mit Farben markiert, also konnte man es finden, ja.]

[DE: Meine Aufgabe war diesen Stabstahl für die Sägemaschinen bereit zu stellen, ja, wo man es auf verschiedene... verschiedene Größen sägte.]

[DE: Und dann wurde es noch an den anderen Maschinen verarbeitet und gehärtet, ja.]

[DE: Es waren verschiedene Motorteile, ja, beispielsweise Zahnräder und dergleichen.]

[DE: IV: A to...]

[DE: MP: Getriebe und...]

[DE: IV: Dieses Kommando äh... wurde direkt neben der Fabrik untergebracht?]

[DE: Oder ging man irgendwie durch die Stadt?]

[DE: MP: Das Lager befand sich neben der Fabrik, ja.]

[DE: Und hinter uns, hinter der Baracke befand sich... eine Flugabwehrbatterie.]

[DE: Wenn {lacht} es also am Tag oder in der Nacht einen Luftangriff gab, war es ziemlich laut.]

[DE: IV: Da musste es sehr gefährlich gewesen sein...]

[DE: MP: Na ja, das war es... das war es.]

[DE: IV: Die Wiener Neustadt wurde ständig bedroht.]

[DE: MP: Natürlich, weil die Luftangriffe, die... Flug...]

[DE: Bei den Luftangriffen versuchten sie die Batterie außer Gefecht zu setzen, ja. Nun und...]

[DE: IV: Hatten Sie als Gefangene die Gelegenheit, so wie die Zivilbevölkerung sich in einem Luftschutzbunker zu verstecken?]

[DE: MP: Es gab... Na ja, uns...]

[DE: Es gab zu der Zeit keine Luftschutzbunker dort, also führten sie uns nach Grinzing, in die Weinberge.]

[DE: Natürlich mit Bewachung und so.]

[DE: Also im Sommer, wenn es einen Luftangriff auf Wien gab, sahen wir das ganze... wie aus...]

[DE: Wie im Theater... wie aus einer Loge sahen wir schön über das ganze Wien.]

[DE: Wir sahen den ganzen Luftangriff. Auch wie die Flugzeuge abgeschossen wurden und so weiter.]

[DE: IV: Und wie waren... wie waren die Verhältnisse in diesem Kommando?]

[DE: Wie war die Sterblichkeit dort?]

[DE: MP: Na ja, also das...]

[DE: Da wir im Kontakt mit unseren Zivilisten waren oder auch mit den Slowaken aus... aus Dubnitz und so weiter.]

[DE: Denn sie hatten Lieferungen dort und so weiter, also der Kontakt mit unseren Leuten dort war int... ziemlich intensiv.]

[DE: Und außerdem im… in der Halle, wo ich war, arbeiteten Frauen aus Tsch... Wiener Tschechinnen und so weiter.]

[DE: Also wir… wir konnten mit ihnen sprechen und so weiter, wenn...]

[DE: Wir haben verschiedene Sachen organisiert und...]

[DE: Also der Martin Marada malte Bilder für den Leiter der Halle.]

[DE: Wir organisierten also immer zusätzliche Lebensmittel.]

[DE: Außerdem gab es {räuspert sich} in einer der Küchen für Zivillangestellte, unter denen viele Tschechen und Mährer waren...]

[DE: Also dort äh... die Küchenleiterin hatte ein Verhältnis mit einem Tschechen.]

[DE: Also ließ sie für uns einen Suppenkübel bei Seite und dergleichen.]

[DE: Für ganz… ich bin… als dort… als die Tschechen dort in dem...]

[DE: In dem Arbeitskommando, das es dort gab, oder in der Umgebung, so... äh... immer bekamen sie einen Kübel... einen Suppenkübel oder ähnliches.]

[DE: Einige Kapos versuchten deshalb manche Leute von uns zu gewinnen...]

[DE: Sodass… sie die Suppe für ihre Leute kriegen, ja... {räuspert sich}]

[DE: Leider... dann...]

[DE: IV: Gegen Kriegsende wurde über Ihre Evakuation zurück nach Mauthausen entschieden.]

[DE: MP: Nun, es gab Luftangriffe, ja, also...]

[DE: Manche von unseren Leuten starben dort, als die Bomben aufs Lager fielen und so weiter.]

[DE: Und gegen Kriegsende, es war schon im Jahr 1945, zu Ostern, also... äh...]

[DE: Als die Wehrmacht und die SS von der Roten Armee aus Ungarn gejagt wurden, ja, also... man fing an über... über Evakuation nachzudenken, ja...]

[DE: Also bereiteten wir uns darauf vor… Man schaffte Lebensmittel an und so weiter, ja...]

[DE: Na ja und am... zu Ostern kam es schließlich dazu und...]

[DE: Und weil es dort ähm… auch Kranke gab, die nicht… einfach nicht auf eigenen Füßen...]

[DE: Äh... gehen... nicht gehen konnten und so weiter, also die wurden dort erschossen und...]

[DE: Und... einer unserer Kapos, der aus Kattowitz kam, wir nannten ihn Wasser-Pole, ja, der konnte Deutsch und so weiter.]

[DE: Und der hatte eine Bekanntschaft dort. Es gab… es gab Gestapo dort und sie war Beamtin bei der Gestapo...]

[DE: Sie lernte ihn einfach kennen und er wurde ihr Liebhaber.]

[DE: Und vor der… während der Evakuation besorgte sie {räuspert sich} Zivilkleidung für ihn und er versuchte auf einem Transporter über das Haupttor zu fliehen.]

[DE: IV: Ähm...]

[DE: MP: Aber am Haupttor wurde er erkannt und gefasst und er wurde dann erschossen.]

[DE: Er wurde nicht evakuiert.]

[DE: Und am… zu Ostern oder nach Ostern marschierten wir auf den Nebenstraßen... unter den Alpen.]

[DE: Wir waren etwa acht Tage unterwegs, bis nach Mauthausen, was... etwa 180 Kilometer entfernt war oder etwa so.]

[DE: IV: War auf dem Marsch das gan... das ganze Kommando?]

[DE: MP: Na alle, die gehen konnten...]

[DE: IV: Oder wurden euch noch...]

[DE: MP: Na alle, die gehen konnten, ja.]

[DE: Also außer den Kranken, ja, die blieben… wurden ersch...]

[DE: Doch unterwegs blieben einfach viele zurück, weil sie nicht... nicht weiter konnten.]

[DE: Also… sie wurden erschossen. Und der Weg war sehr dramatisch, ja. Wir...]

[DE: IV: Sie bekamen etwas zum Essen auf den Weg oder?]

[DE: MP: Ja, wir bekamen es, aber manche aßen es gleich auf und bekamen Durchfälle und was weiß ich und so weiter.]

[DE: Es war… als wir… ähm bei einem Bauernhof vorbei gingen, erbaten wir einen kleinen Wagen dort.]

[DE: So einen Leiterwagen, kleinen Leiterwagen und einer unserer Kladener… er war ein Bergmann aus Kladen.]

[DE: Ein älterer Mann, er konnte auch nicht mehr.]

[DE: Also zogen wir ihn auf dem Wagen bis hin nach Mauthausen. So blieb er nicht zurück.]

[DE: IV: {Husten}]

[DE: MP: Als wir dann unter Mauthausen waren, auf der anderen Seite also, am letzten Tag...]

[DE: Es gab nichts mehr zu Essen und so weiter, also äh... weil wir von der Luftwaffe begleitet wurden...]

[DE: Es wurde ein Pferd erschossen und es… es wurde dort in Portionen aufgeteilt.]

[DE: Und es wurde in Eimern gekocht und so weiter und man aß es auf.]

[DE: Es gab dort {lächeln} zufälligerweise einen ehemaligen Flei... Fleischer aus... aus Mähren.]

[DE: Also er bereitete alles vor, zerteilte es und so.]

[DE: Aber es gab... es gab einen Polen dort, der es nicht aushalten konnte.]

[DE: Er wollte… wahr… wahrscheinlich als Erster bei dem Pferd sein...]

[DE: Also rannte er dazwischen und wurde getroffen… als sie das Pferd... als sie das Pferd erschossen.]

[DE: Also auch solche Fälle gab es dort. {räuspert sich}]

[DE: IV: Wo übernachteten sie unterwegs?]

[DE: MP: Nun, wo... wo es einfach... auf der Wiese und dergleichen.]

[DE: In den Wald zu gehen war verboten oder zum Wald. Meistens auf Wiesen.]

[DE: IV: Passierte es mal, dass die Gefangenen morgens nicht aufstanden?]

[DE: MP: Hm... {zuckt die Achsel}]

[DE: IV: Dass es morgens viele Tote gab?]

[DE: MP: Also… Es gab immer wieder welche, die… die starben.]

[DE: Es waren ältere Menschen, ja.]

[DE: Unterernährt und... {räuspert sich} oder aßen ihre Vorräte gleich am ersten Tag, als sie sie bekamen.]

[DE: Und dann bekamen sie Durchfall und was weiß ich was. Also sie... sie hielten nicht durch.]

[DE: Sie konnten dann nicht weitergehen und so weiter also haben sie dafür so bezahlt.]

[DE: IV: Passierte es auch mal, dass die Einheimischen helfen wollten?]

[DE: Ihnen etwas Wasser reichten oder auch Essen?]

[DE: MP: Also das kam nicht, nicht so oft vor... Sie hatten Angst und die Österreicher...]

[DE: Ich würde sagen, dass die Österreicher gingen nicht viel Risiko ein.]

[DE: Ich würde eher sagen, dass die Österreicher bis zur letzten Hoffnung kämpften, dass Hitler gewinnt. {Klingel klingelt}]

[DE: CM: Pause.]

[DE: IV: Pause.]

[DE: MP: Eigentlich das über das Pferd...]

[DE: Unter Mauthausen, auf der Wiese, ja.]

[DE: IV: Ja. Und... und ich fragte Sie, ob die Einheimischen Ihnen halfen.]

[DE: Also ich mache es jetzt an. So...]

[DE: Ich möchte Sie fragen, ob bei dem Todesmarsch jemand Ihnen Nahestehendes umkam oder ob sie sich erinnern...]

[DE: MP: Ich kannte die meisten Menschen nicht.]

[DE: IV: Kannten Sie nicht...]

[DE: MP: Es waren mehr als zwei tausend Menschen dort und wir passten nur auf unsere Leute auf, dass sie überleben.]

[DE: Wir waren so um… vielleicht 25 oder so.]

[DE: IV: Tschechen?]

[DE: MP: Ja... einfach Leute aus Mähren und Böhmen.]

[DE: IV: Ähm... Und wie viele {räuspert sich} von der ursprünglichen Anzahl von Gefangenen kam schließlich in Mauthausen an und überlebte den grausamen Todesmarsch?]

[DE: MP: Nach Mauthausen... Na etwa tausend weniger. Tausend Menschen wurden auf dem Weg erschossen.]

[DE: IV: Hob jemand...]

[DE: MP: Über... über 1500 oder 1600 waren wir auf dem Weg und über tausend etwa wurden getötet.]

[DE: IV: Hob jemand den Toten, den Getöteten Gräber aus? Wie...]

[DE: MP: Das ist nicht bekannt. Wir... wussten... wissen nicht, was mit ihnen passierte.]

[DE: Sie… ich habe hier... mm... ein Buch darüber, wie viele Gräber und so weiter und was mit ihnen passierte.]

[DE: Es heißt... Österreicher gaben es heraus.]

[DE: IV: Hm...]

[DE: Also vielleicht wurden sie… Man sammelte sie dann zusammen in... in Massengräber oder so.]

[DE: So war es bestimmt.]

[DE: IV: Also hielten sie, die Tschechen und Mährer zusammen?]

[DE: MP: Na zum... Wir kamen alle, die... die noch gehen konnten an.]

[DE: Bis auf den Einen, den wir auf dem kleinen Wagen fuhren.]

[DE: IV: Und er überlebte auch?]

[DE: MP: Er überlebte auch.]

[DE: IV: Äh... Als Sie in Mauthausen ankamen ah... das Lager war schon sicherlich überfüllt.]

[DE: MP: Nun, es gab über 70.000 Menschen dort.]

[DE: Also die Gefangenen, die... mit... die dorthin evakuiert wurden oder dorthin auf irgendeine Weise kamen...]

[DE: Die Verhältnisse dort waren einfach drastisch, denn es war dafür nicht eingerichtet alle unterzubringen.]

[DE: Oder einfach alle zu versorgen, insbesondere mit Lebensmitteln und so weiter.]

[DE: Es war also eine ziemlich prekäre Lage. Und man wusste nicht, was kommt, ja.]

[DE: IV: Pause.]

[DE: CM: So...]

[DE: CM: Wir können.]

[DE: IV: Wie war die Situation, als Sie nach Mauthausen kamen?]

[DE: Stand der Aufstand der russischen Gefangenen, der so berühmt ist, kurz vor dem Ausbruch?]

[DE: MP: In Mauthausen {räuspert sich}... gab es eine starke internationale Untergrundorg... Untergrundorganisation unter den Gefangenen.]

[DE: Und... Einiges darüber war bekannt aber nicht alles.]

[DE: Und diese bereitete sich auf das Ende... auf die letzten Tage vor, ja.]

[DE: Als wir dort an… ankamen, lief alles noch auf die alte Weise.]

[DE: Und die SS-Männer, auch wenn sie wussten, dass das Ende naht, taten als ob nichts gewesen wäre.]

[DE: Als ob sie weiterhin… immer noch die Herren der Lage wären.]

[DE: Und das Gleiche auch einige Vorsteher, die es dort gab, wie Stubenälteste äh... äh... Blockälteste und so weiter.]

[DE: Sie dachten weiterhin die Herren der Lage zu sein.]

[DE: Aber in Wirklichkeit war es schon anders.]

[DE: Nun, dann gab es den bekannten Befehl von Himmler, dass all...]

[DE: Niemand von der, ja... von, von den... ehemaligen Insassen des KZ überleben darf.]

[DE: Also wir wussten natürlich nicht, wie... beziehungsweise wir warteten ab, was kommt. Aber in...]

[DE: Das Lager war überfüllt, es gab äh… kein Platz... nicht genug Platz für äh... für Betten, für Menschen, dass... sie einfach irgendwo schlafen konnten.]

[DE: Also man schlief in den Baracken auf dem Boden und dergleichen.]

[DE: Und... um den 3. Mai etwa war die Situation so, dass man sah...]

[DE: Man hörte die Schüsse äh... die Artillerie von beiden Seiten, von Westen und Osten.]

[DE: Denn... das Lager befindet sich auf einem Hüg... einer Anhöhe, von der man das ganze Donauer Plateau überblickt.]

[DE: Bis hin zu den Alpen, wenn das Wetter schön ist...]

[DE: Also wussten die SS-Männer, dass dort von beiden Seiten geschossen wurde...]

[DE: Äh... die US-amerikanische und die sowjetische Armee und dazwischen... dazwischen die deutsche Wehrmacht und SS.]

[DE: Also... sie wussten schon, dass das das Ende ist.]

[DE: Sie übergaben äh... das Lager der Polizei und sie flüchteten aus Mauthausen.]

[DE: Und das mit... mehreren... Absichten, um zu verschwinden oder sich beispielsweise zu verstecken...]

[DE: Solange äh... sie sich bedroht fühlten und so weiter.]

[DE: Angesichts der Tatsache, dass die Fronten oder die feindlichen Stellungen zu nah waren...]

[DE: Konnten sie also nicht fliehen oder sich verstecken und wollten zurückkehren.]

[DE: Nun es war am 4. Mai. Und ab dann übernahmen wir die Waffen von der Polizei.]

[DE: Und mit der Polizei hielten wir die Stellung, dass die SS-Leute nicht mehr zurü... zurückkehren konnten, sie wurden abgewehrt.]

[DE: Sie wollten zurückkehren um es zu halten, denn Mauthausen war eine Festung.]

[DE: Dort… wenn man es gut… geschützt hätte, damit… also beschieß...]

[DE: Sie könnten es mit wenig Leuten ziemlich lange verteidigen und so weiter.]

[DE: Wenn man es nicht... bombardiert oder... nicht... nicht... von der Artillerie beschossen worden wäre, ja.]

[DE: Denn Mauthausen war ein einzigartiges Lager {räuspert sich} in ganz Deutschland.]

[DE: Es wurde aus Granitquadern gebaut und... und es sah einfach wie eine Festung aus.]

[DE: Also es war ziemlich... nicht einfach da rein zu kommen oder der Besatzung dort einen Schaden zuzufügen.]

[DE: Das ganze dauerte… und manche von unseren Leuten kamen dabei um...]

[DE: Und am 5. kam der erste US-amerikanische Panzer an… vor das Tor und... ähm...]

[DE: Also die Untergrundorganisation, die es dort gab, ja, also… keiner... Wie gelang es bloß das geheim zu halten...]

[DE: So viele verschiedene Transparente, Aufschriften und so weiter.]

[DE: Sie hingen plötzlich überall, auf den Baracken, auf dem Tor, ja. Einfach überall, wo man es lesen konnte.]

[DE: Auch in allen Sprachen: Spanisch, Englisch, Französisch, Deutsch und so weiter... Tschechisch und so.]

[DE: Nun und dann... dann fuhren weitere Panzer vor und das Lager wurde von der US-amerikanischen Armee übernommen, ja.]

[DE: Es gab dort... es gab dort eine SS-Frau, die ein Verhältnis mit einem deutschen äh... äh... Gefangenen hatte.]

[DE: Und weil sie sich gegenüber den Frauen nichts zuschulden kommen ließ...]

[DE: Denn es gab auch Frauen dort, die während der verschiedenen Evakuierungen dorthin zusammengesammelt wurden, von den Ravensbrückern und so weiter.]

[DE: Also sie feierte die Befreiung mit uns, ja.]

[DE: Es wurde anerkannt, dass sie sich nichts hatte zuschulden kommen lassen, also...]

[DE: IV: Es war {räuspert sich} die einzige Ausnahme. Fanden noch irgendwelche Hinrichtungen von Schuldigen statt?]

[DE: MP: Na freilich, denn die verbliebenen SS-Männer wurden gefasst und dort eingesperrt, einfach...]

[DE: Und ein Teil der Besatzung entkam und so weiter.]

[DE: So wurden sie später gefasst, manch... ob alle, das weiß man nicht.]

[DE: Keine Ahnung ob es dazu irgendwo Angaben gibt oder nicht.]

[DE: Aber der Lagerführer wurde bei Gusen gefasst, verkleidet als Gef... im Gestreiften.]

[DE: Und weil er fliehen wollte oder sich wehrte, weiß ich nicht... er wurde erschossen.]

[DE: Also sein… seinen Körper sah ich dann oben, vor der Kü... vor...]

[DE: Irgendwo vor dem Küchenblock lag er oder wo es war, also sahen wir ihn dort, den Ziereis.]

[DE: Er hieß Ziereis. Es war so ein hochgewachsener Mensch, ein Großer und...]

[DE: Er floh angeblich zuerst in seine Villa, von dort dann nach Gusen, wo er sich als Gefangener verkleidete.]

[DE: Na und so endete es dort, ja.]

[DE: IV: Wie waren Ihre persönlichen, unmittelbaren Gefühle nach der Befreiung?]

[DE: MP: Nun, wir sind äh...]

[DE: IV: Wenn Sie sich erinnern können.]

[DE: MP: Am zweiten oder dritten Tag etwa... Denn keiner konnte... also durfte das Lager verlassen.]

[DE: Weil die Amerikaner ließen niemanden gehen.]

[DE: Und nach zwei, drei Tagen durfte man das Lager frei verlassen.]

[DE: Aber die Amerikaner… sie sagten uns, dass die umliegenden Wälder von der SS besetzt seien.]

[DE: Es sei also gefährlich irgendwohin zu gehen oder zu fahren. Und nach... {räuspert sich}]

[DE: Ein Auto... die Ausstattung war so, dass es dort... Lastwägen gab, alles von Skoda.]

[DE: Und die Fahrer der Skoda-Autos waren unsere Leute, Tschechen oder Mährer.]

[DE: Und weil sie... die Amerikaner brauchten sie, um die Menschen zum Hafen zu bringen, diejenige die nach Osten fuhren, ja, Schiff... auf den Schiffen.]

[DE: Beispielsweise Polen, Russen und Ukrainer. Oder zum Bahnhof nach Linz oder so.]

[DE: Also sie brauchten unsere Fahrer mit den Autos. Aus diesem Grund blieben wir dort bis zum 22. oder 23. Mai.]

[DE: Erst danach fuhren wir mit den Autos und Fahrer weg.]

[DE: Und es gab verschiedene... Wie nennt man es? Äh...]

[DE: Aufschriften oder Szenen, beispielsweise aus der Hussitenzeit und dergleichen, {lächelt} Zizka und so weiter.]

[DE: Es waren ungefähr 28 oder wie viele dieser Lastwägen, man fuhr nach Budweis.]

[DE: IV: Hm...]

[DE: MP: Nun und in Budweis wartete… wurde ... {räuspert sich} wurde aus Pra... nach Prag ein ganzer Zug bereitgestellt.]

[DE: Und der... mit dem Zug fuhren wir bis nach Prag, ja.]

[DE: Und über 7.600 oder was weiß ich wie viele... Menschen nur aus dem Protektorat und... Böhmen und Mähren überlebten es einfach nicht, ja.]

[DE: In Mauthausen wurden viele Menschen nach der Heydrichiade erschossen und ver… vergast.]

[DE: Als Heydrich ge… als Heydrich getötet wurde.]

[DE: Also insbesondere viele Familien aus Prag, die etwa mit... mit den Fallschirmjägern zu tun hatten oder so.]

[DE: Also sie wurden getötet oder erschossen oder vergast und zwar ganze Familien.]

[DE: Etwa 20 Familien wurde damals wegen dem... wegen dem Heydrich dort ge... getötet.]

[DE: Aber die ganzen Familien, ganze… alle. Auch mit den Kindern und so weiter.]

[DE: IV: Und Sie sind nach der Rückkehr nach Prag, also mit dem Zug...]

[DE: Wie waren Ihre Zukunftspläne? Was hatten Sie vor?]

[DE: MP: Also...]

[DE: IV: Besuchten Sie Ihre Mutter?]

[DE: MP: Na ja, ich bin... zuerst... Wie hießen die Kommissionen, die es gab?]

[DE: IV: Repatriierungszentrum?]

[DE: MP: Die Repatriierung und so weiter... ähm...]

[DE: Wir bekamen jeder tausend Kronen, ich meine für... etwas Geld für den Anfang und...]

[DE: Ich ging nach Breunau, wo meine Mutter lebte, ja.]

[DE: Natürlich war alles sehr... rührend und so weiter... nach all diesen Jahren, ja.]

[DE: Sie rech… rechneten nicht mehr damit, dass ich zurückkomme, ja.]

[DE: Oder meine Mutter dachte nicht mehr… also...]

[DE: Ich versuchte in Prag äh... eine... eine andere Wohnung zu organisieren, ja.]

[DE: Denn die damalige war etwas… es waren… zwei Räume, ja. Und sie war zu einem Teil im Keller.]

[DE: Und da es in Prag einen Mangel an Wohnungen gab, ja...]

[DE: Weil vorrangig die Menschen dran waren, die bombar... bombardiert wurden und so weiter.]

[DE: Also fuhr ich eines Tages nach Reichenberg und von Reichenberg zu Fuß nach Gablonz.]

[DE: Und hier hat es mir gefallen, es war Sommer, schönes Wetter und so...]

[DE: Also zog… zogen wir mit meiner Mutter rüber, denn ich sagte, ich nehme sie mit.]

[DE: Sie sagte, dass… sie wollte einfach mitkommen aus… aus Prag nach Reichenberg.]

[DE: Und in Reichenberg… Eine Wohnung hatte ich, aber die Arbeit, ja... und so weiter äh...]

[DE: Ich habe... organisierte mir oder ich fand Arbeit als Verkäufer in einem Elektroladen.]

[DE: Im... bei... welchen ähm... der Ingenieur Chmelíček in nationaler Verwaltung hatte.]

[DE: Dort arbeitete ich etwa zwei Jahre und… angesichts der… äh... der Nachkriegszeit und so weiter...]

[DE: Damals war die Parole sehr populär, dass man wieder äh... mit der... mit der industriellen Produktion anfangen soll und so weiter oder sie unterstützen, also...]

[DE: Es gab die Textilfabriken hier… Also habe ich äh… ging ich... in die Textilana zum arbeiten und so weiter.]

[DE: Und dann kam das Jahr 1948, ja und äh...]

[DE: Inzwischen äh... bemühte ich mich {räuspert sich} äh... meine Kenntnisse über Handel und Korrespondenz zu erweitern und so weiter und...]

[DE: Zuerst auf Deutsch, Englisch und Französisch, dann auf Spanisch und...]

[DE: In den 1950er Jahren arbeitete ich noch in… Denn es gab...]

[DE: Es wurden Häuser gebaut in… für Bergleute im Ostrauer Umland, finnische Häuser...]

[DE: Und sie wurden hier hergestellt, in… Oder die Teile wurden in einem Sägewerk gemacht und so weiter.]

[DE: Ich arbeitete dort und ich wurde dann als Beauftragter hingeschickt, um den Bau zu beaufsichtigen.]

[DE: Äh... ich meine um aufzupassen, dass… , dass alles, das Material dorthin kam, wo es hingehörte und so weiter.]

[DE: Also blieb ich… bei der Firma äh… etwa bis zum Jahr 1950 und damals gab es noch Skloexport.]

[DE: Also meldete ich mich bei Skloexport. Und es war… äh… bei dem ehemaligen Ausfuhrhaus.]

[DE: Gibt es noch Zeit oder?]

[DE: Und… ich wurde aufgenommen als Anfänger und ich führte die Korrespondenz.]

[DE: Wir betreuten ähm... Australien und ich dann Südamerika, weil man dafür Spanischkenntnisse brauchte.]

[DE: Also führte ich die Korrespondenz auf Spanisch und... äh...]

[DE: Dann hatte Jab... äh... Skloexport blieb in Reichenberg, weil der Minister Kopecky es so organisierte, ja.]

[DE: Und Jabl... die Firma Jablonex wurde hier gegründet.]

[DE: Ich wechselte also... und wurde bei Jablonex aufgenommen und im...]

[DE: Im Jahr 1953 oder 1954 ging ich auf meine erste Geschäftsreise.]

[DE: Es... es gab {räuspert sich} eine Messe in Izmir, wo wir auch Modeschmuck und andere Produkte aus Gablonz ausstellten.]

[DE: Also dorthin äh... fuhr ich zum ersten Mal auf Geschäftsreise.]

[DE: Also fuhr... damals... äh... flog ich mit Swiss Air und...]

[DE: Und in Istanbul fuhr ich mit einem Schiff, aber es war im Winter und in Istanbul gab es Schnee.]

[DE: Auch mit den anderen äh... anderen... äh... Geschäftsreisenden aus verschiedenen AHB {Außenhandelsbetriebe}, die dorthin... die dorthin zur Messe angereist waren.]

[DE: Auch aus Prag… auch von Skloexport und... so kamen wir... kamen wir nach... nach Izmir.]

[DE: Und die… als die Messe zu Ende war, fuhren wir... flogen wir zurück nach Istanbul.]

[DE: Und damals flogen bei Swiss Air die zweimotorigen Dakotas.]

[DE: IV: Also Han... im Handel haben Sie die ganzen Jahre verbracht und es hat Ihnen sehr gefallen, wie ich sehe.]

[DE: MP: Na bis… Also es war eine interessante Arbeit. Damals haben wir äh...]

[DE: Denn für die Herstellung von Modeschmuck war wenig Import von den Komponenten und Material nötig, ja und auch Chemikalien.]

[DE: Es handelte sich um geringfügige Beträge, alle Rohstoffe waren meistens aus dem... aus dem Inland, ja.]

[DE: Also man… man erwirtschaftete einen Dollar mit fünf Kronen.]

[DE: Es war... die Prager AHB konnten sowas nie schaffen, ja.]

[DE: Vielleicht nur bei der Keramik. Die hatte die... Rohstoffe auch aus... aus dem Inland, ja.]

[DE: Also es war...]

[DE: IV: Ich würde...]

[DE: MP: Das waren gute Ergebnisse.]

[DE: Und im Jahr 1958... 1957... 1956 ging ich zur... Handelsvertretung nach Kairo, in die Handelsabteilung.]

[DE: Dort blieb ich bis zum Jahr 1958... bis ich abgelöst wurde und...]

[DE: Dort lernte ich einige unserer Leute kennen, die bei verschiedenen AHB arbeiteten, ja.]

[DE: Nun und dann arbeitete ich als Referatsleiter bei Jablonex.]

[DE: Bis hin zum... äh... zum Jahr 1970, als ich wieder zur Handelsvertretung nach Ghana ging, weil man dort gebraucht wurde...]

[DE: Der Markt, man war zuständig für das ganze Westafrika außer Nigeria, dort aus... aus Accra.]

[DE: Dort blieb ich mit meiner Ehefrau bis zum Jahr 1975.]

[DE: IV: Ihre Kinder waren in Ghana auch dabei?]

[DE: MP: Na... äh... Unsere Tochter war für ein Jahr mit dabei.]

[DE: Sonst war sie im Internat des... des Außenhandels.]

[DE: Das gab es hier in Ostböhmen, bei Horschitz.]

[DE: Also... ein Jahr war sie dort, also... Es gab... Es war...]

[DE: Ich dachte, es wird fade aber es war eine schöne Landschaft.]

[DE: Es gab dort sogar Berge über tausend Meter hoch und so weiter und große Flüsse und...]

[DE: Es gab einen Staudamm dort, es gab einige… Wie nennt man das... für die Stromerzeugung... die Turbe... die Turbinen.]

[DE: Es gab einige Turbinen dort, die von den Japanern gebaut wurden.]

[DE: Also versorgten sie auch Nachbarstaaten mit Strom.]

[DE: Es war schön dort.]

[DE: Ich habe das Klima vertragen, man musste aber Antimalarika einnehmen, ja, über die ganze Zeit...]

[DE: IV: Ich würde von Ihrem Berufsleben ein wenig abkommen und möchte Sie gerne etwas anderes fragen.]

[DE: Ich weiß, dass Sie oft an den Diskussionen mit Schülern teilnehmen...]

[DE: MP: Nun oft... jetzt nicht mehr so oft.]

[DE: Wir hatten jetzt eine Pause... Es gab Ferien, ja.]

[DE: IV: Was bringt Sie dazu...]

[DE: MP: Ich bin in Kontakt mit den Lehrern, die es... heutzutage in Gesellschaftskunde unterrichten.]

[DE: Ich denke in Geschichte... in Geschichte wohl kaum... es ist kein Thema für Geschichte. Das sollte es aber sein, ja...]

[DE: Wie wir sagen, schade, dass es so verwässert wird, ja.]

[DE: Nun, ich versorge sie also mit Unterlagen und habe einige Vorträge gehalten.]

[DE: Und dann... dabei... Ich habe viele Dias aus diesen Ländern, wegen der Märkte.]

[DE: Ich war verantwortlich für Märkte von Marokko bis nach Vietnam, ja.]

[DE: Also meistens für die arabischen, aber auch Indien und Singapur, Pakistan und...]

[DE: IV: Erzählen Sie den Schülern auch von Ihrem Schicksal, über die Inhaftierung während des Zweiten Weltkriegs?]

[DE: MP: Ja, dass auch… Ich bemüh...]

[DE: Es ist für sie allerdings weniger spannend, denn die Soldaten sind interessanter, ja, als welche...]

[DE: Natürlich, dass äh... hier äh... manche... manche...]

[DE: Etwa zwei oder drei Schüller verfassten sogar äh... ihre Abiturarbeiten darüber.]

[DE: IV: Halten Sie es für sinnvoll, die Erfahrung zumindest mündlich weiterzugeben?]

[DE: MP: Also... sicherlich, weil äh... einige junge Leute es verstehen und wissen, dass wir es nicht deswegen tun, um ihnen zu erzählen {lächelt}, wie wir {lächelt}...]

[DE: Wie wir dort litten, sondern als eine Herausforderung, dass es sich nicht noch einmal wiederholt.]

[DE: Denn wie wir sagen: Wenn man nicht aus der Geschichte lernt, könnte sie sich wiederholen... ohne weiteres.]

[DE: Man sieht es heutzutage, unsere Zeitungen, Nationale Befreiung schreibt stetig darüber.]

[DE: Wie gehetzt wird heutzutage... wie beispielsweise die ehemaligen Sudetendeutschen hetzen und so weiter, ja.]

[DE: Um zurück zu kommen.]

[DE: Wenn wir also... wir... wir... Wenn wir eine sudetendeutsche Minderheit hier zulassen, werden wir es mit unserer Unabhängigkeit bezahlen.]

[DE: Darauf können Sie Gift nehmen, denn sie versuchen alles um die Republik zu zerschlagen.]

[DE: Auch wenn es im Moment als unmöglich erscheint.]

[DE: Das alles ist, wie man so sagt äh... Alles ist auf Zeit.]

[DE: Denn die Deutschen, sie sind einfach... bislang die Besiegten und man spricht von Denafizi... Denazifizierung und so weiter.]

[DE: Ich vertraue nur den linksorientierten Deutschen, also den Kommunisten und den Sozialdemokraten.]

[DE: Sie haben wirklich... wenn auch... zumindest die Mehrheit, solange ich weiß, solange ich sie sprechen konnte...]

[DE: Ich... ich reiste viel nach dem Krieg durch Deut... Deutschland.]

[DE: Und wenn ich linksorientierte Deutsche in den Zügen oder so gesprochen habe, so sage ich, dass sie keine Ambitionen haben, zur Herrennation wieder aufzusteigen.]

[DE: Es gibt aber eine große Mehrheit, die davon profitierte und... äh... die einfach Militaristen geblieben sind.]

[DE: Solange sie nicht selbst kämpfen mussten, ja.]

[DE: Das wäre dann eine Revokation, als sie Herren in Europa waren, ja.]

[DE: Und es ist eine große... große Gefahr, dass die Deutschen... äh... äh... oder dass es sich wiederholen kann, denn... äh...]

[DE: Unsere äh... Sudetendeutschen, die die ganze Situation, man kann sagen, verursachten, ja... dass es zum Zweiten Weltkrieg kam.]

[DE: Es war der Beginn... der Anfang, ja.]

[DE: Und auch wenn die... die Konstellation anders war...]

[DE: Die Franzosen wurden während des Ersten Weltkrieges bei Verdun dezimiert und trugen einen Schrecken davon.]

[DE: Sie wollten nicht in den Krieg ziehen. So endete es auch, dass sie besiegt wurden.]

[DE: IV: Meine letzte Frage ist aktuell.]

[DE: Dieses Jahr haben Sie an einem Treffen von Jugendlichen und Überlebenden des Konzentrationslagers Flossenbürg teilgenommen und...]

[DE: Am Ort, an dem Sie mehrere Monate inhaftiert waren.]

[DE: Wie hat es Sie... wie hat es Ihnen gefallen? Was... was hat es Ihnen gegeben?]

[DE: MP: Nun... nun, ich denke, danach was ich...]

[DE: Denn ich... ich fahre jedes Jahr nach Mauthausen zu den Gedenktagen der Befreiung und in Dachau war ich auch mehrmals.]

[DE: Ich kann also sagen, dass es gut organisiert war und dass viele Leute dabei Einiges gelernt haben.]

[DE: Ich weiß nicht wie dort, in Flossenbürg und Floß und so weiter, das kann ich nicht… äh... Etwas anderes überraschte mich dort.]

[DE: Aber die bayrische Regierung gibt sich Mühe, also… Denn es wurde von ihr organisiert, ja.]

[DE: Ich denke es war gut organisiert.]

[DE: Und die Jugend, die sich dort zusammengetroffen hat, es war sehr nützlich.]

[DE: Sie werden vielleicht für sich daraus eine Le… Lehre ziehen und vergessen es nicht.]

[DE: IV: Gut. Ich bedanke mich für das nette Gespräch, das sicherlich ein Beitrag wird.]

[DE: MP: Nun... zwar war es... na, ich weiß nicht. Werden Sie es noch irgendwie redigieren? Nein... , dass... dass es...]

[DE: IV: Es war sehr schön, Herr Poljak.]

[DE: Es werden hauptsächlich Teile des Interviews verwendet.]

[DE: Ich vermute, dass konkret in Ihrem Fall wird der Teil... äh... über das Kommando in Nürnberg verwendet äh...]

[DE: Während der Ausstellung äh… die gerade dort entsteht, wo sich im Wesentlichen die Küche befand äh... in Flossenbürg.]

[DE: Das ganze Gebäude wird nun rekonstruiert.]

[DE: Unten, da wo sich die Duschen befanden...]

[DE: MP: Ja... hm...]

[DE: IV: ... soll eine Galerie von Porträts der ehemaligen Gefangenen entstehen.]

[DE: Und dort werden auch einige oder ein paar Dutzend Aussagen verfügbar sein.]

[DE: Es wird aus dem aufgenommenen Material zusammengeschnitten, ins Deutsche übersetzt und mit Untertiteln versehen.]

[DE: Weil wir von Anfang an eine Vorstellung hatten, es auf Tschechisch aufzunehmen, damit es angenehmer ist und jeder sich nach Wunsch und Bedarf ausdrücken kann.]

[DE: Die meisten von Ihnen sprechen sehr gut Deutsch, also ginge es womöglich auch auf... Deutsch aufzunehmen.]

[DE: Aber manche Gefühle sind doch sehr persönlich und es ist nicht einfach sie zu formulieren.]

[DE: MP: Ich weiß nicht...]

[DE: IV: Es wird also die Übersetzung gemacht, nachdem wir die Kassetten bekommen und den Text bearbeiten äh...]

[DE: Und in Deutschland machen sie dann die Untertitel äh...]

[DE: MP: Nun, ich hätte noch ähm... eine Frage...]

[DE: IV: Ja, bitte schön...]

[DE: MP: Über Flossenbürg äh... existierte... als Lager...]

[DE: IV: Ja...]

[DE: MP: ... Konzentrationslager. Also es gibt keine... Es wurde keine Dokumentation herausgegeben, so wie beispielsweise über Mauthausen?]

[DE: IV: Äh...]

[DE: MP: Haben Sie das gesehen?]

[DE: IV: Das habe ich beim letzten Mal gesehen.]

[DE: MP: Na... Gab es dazu was ähnliches?]

[DE: IV: Über Flossenbürg gibt es ein Buch auf Deutsch, soweit ich weiß, eine etwas ältere Ausgabe.]

[DE: Und jetzt sollte man herausgeben...]

[DE: MP: Die Häuser.]

[DE: IV: Es gibt dort jetzt Wohnhäuser, genauso wie damals...]

[DE: MP: Ja, deswegen wundere ich mich, wie es möglich ist, wie können die Menschen dort wohnen...]

[DE: IV: Und wissen Sie… wissen Sie wer dort wohnt?]

[DE: Es wohnen dort Sudetendeutsche, die überwiegend aus Böhmen vertrieben wurden.]

[DE: MP: Ja? Na ja, in Dachau auch {lächelt}... Die Straßen sind nach den ehemals... deutschen Städten genannt.]

[DE: Na ja... das ist interessant.]

[DE: IV: Also... danke.]