Media Collection "Interview Hana Malka 2007"

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Contents

Originator/Copyright holder Medienwerkstatt Franken
Source(s) KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Medienwerkstatt Franken
Usage conditions Nur mit Einverständnis und Nennung von Archiv bzw. Urheber
Display format Interview, Rohmaterial
Interviewer Ulrich Fritz
Camera Günter Wittmann

Subtitles for "AGFl_AV.22.0936.mp4"

00:00:02 CM: Ja lassen wir die Kamera einfach laufen, probieren wir es einmal.
00:00:04 IV: Gut.
00:00:05 Frau Malka, Sie haben ähm jetzt ein großes Besuchsprogramm in Oederan.
00:00:13 Sie waren hier im Außenlager als äh Häftling.
00:00:19 HM: Häftling.
00:00:19 IV: Also schon vor über 60 Jahren schon einmal hier.
00:00:23 Waren Sie in der Zwischenzeit einmal in Oederan oder ist das das erste Mal seit dem Krieg?
00:00:27 HM: Nein, ich war einmal schon in Oederan, aber ich hab' da mit keinem gesprochen.
00:00:32 Und ich war eben in die Fabrik dort gegangen.
00:00:36 Es war kein Mensch dort.
00:00:37 Das war noch alles.. das hat nicht gearbeitet.
00:00:41 Ich hab' es mir angeschaut und bin weg.
00:00:43 Das war alles.
00:00:45 Vielleicht eine halbe Stunde oder so.
00:00:48 IV: Jetzt haben Sie.. heute werden wir wieder in diese Fabrik gehen.
00:00:53 HM: Ja.
00:00:54 IV: Ähm, was ist Ihre Erinnerung an die Ankunft in Oederan, wie Sie hier angekommen sind?
00:01:01 Wie haben Sie das in Erinnerung?
00:01:03 HM: Die Ankunft.. mein er.. Das erste, was ich mich erinnere, wir sind aus dem Waggons herausgekommen.
00:01:11 Und ich bin herausgekommen aus den Waggons, dann hab ich die andern Mädchen gesehen, und ich hab' mir gedacht:
00:01:17 "Mein Gott. Wer sind diese Mädchen?
00:01:19 Die schauen doch fürchterlich aus!"
00:01:21 Und dann hab' ich gedacht: "Ich schaue ja genau dasselbe wie sie."
00:01:25 Weil die waren doch ohne, ohne Haare, kahlköpfig, und äh nur in solchen..
00:01:31 Jede hat gekriegt, was man gerade gefunden hat.
00:01:35 Solche Schmattes, ich weiß nicht, wie man das sagt.
00:01:38 Solche ganz, ganz alte Sachen und ohne Strümpfe.
00:01:41 Und eine hatte Tanzschuhe und eine hatte äh hohe Schuhe.
00:01:47 Und jede hat.. also die haben alle fürchterlich ausgesehen und..
00:01:52 Und dann waren wir auch lange in dem geschlossenen Waggon, so..
00:01:56 Also wir haben fürchterlich ausgesehen.
00:01:58 Und dann weiß ich, dass wir gegangen sind bis zu dem, zu dem, zu dem Platz, wo wir ähm gewohnt haben.
00:02:06 Und dort haben sie uns eine Suppe gegeben.
00:02:09 Und wir konnten.. wir waren schon so ausgehungert und der Magen war so zusammengedrückt, dass wir konnten die Suppe nicht aufessen.
00:02:17 Und dann haben uns die Polinnen gesagt:
00:02:19 "Iss das auf, sonst werden die denken, dass ähm, dass sie uns zu viel geben."
00:02:25 So haben wir versucht, den ganzen Teller Suppe..
00:02:28 Es war ein .. Aber wir haben einen ganzen Teller Suppe gegessen.
00:02:32 Und dann sind wir in die Ubikationen gegangen.
00:02:36 Und das war etwas ganz wunderbares, weil jeder hat ein Bett gekriegt und es war warm dort.
00:02:43 Weil in diesem Gebäude waren die Rohre von dem.. von der Fabrik.
00:02:48 Da ist Wasser gegangen und das hat die.. das ganze Gebäude warm gemacht.
00:02:53 Und es war doch fürchterlich kalt, auch in Auschwitz, auch auf dem Weg.
00:02:57 Und äh wir haben uns erwärmt, und wir haben dieses Strohmatratze gekriegt, und dann haben wir eine kleine Decke gekriegt.
00:03:06 Und wir waren ganz, ganz glücklich, dass.. erstens dass wir weg sind von Auschwitz und zweitens dass es uns ein bisschen warm ist und äh..
00:03:18 Es war ein ganz wunderbares, wunderbares äh...
00:03:23 Ich hab' schon gesagt, dass jemand hat mich gefragt einmal nach dem Krieg, was mein glücklichster Moment war im Leben, im Leben.
00:03:30 Und ich hab' gesagt: "Mein glücklichster Moment war der Augenblick, wo ich auf dem Strohbett gelegen hab' und äh ein bisschen warm gehabt hab', ein bisschen Suppe im Magen und weg von Auschwitz."
00:03:42 Das war also das, das erste, das erste Eindruck war sehr positiv eigentlich.
00:03:50 IV: Sie waren davor also in Auschwitz.
00:03:53 Haben Sie dort erfahren, wo Sie hingebracht werden?
00:03:58 Haben Sie das gewusst, dass Sie nach Oederan kommen?
00:04:00 HM: Nein. Nein, nein, nein. Man hat uns nur gesagt, dass wir äh kommen, dass wir gehen zur Arbeit.
00:04:07 Und äh es.. wir sind doch ein Transport von 160, von 1600 Leute hingekommen.
00:04:15 Und nur 200 Frauen hat man zur Seite geschickt.
00:04:18 Die hat man zur Arbeit gebraucht.
00:04:20 Und wir waren ein paar Tage in Auschwitz.
00:04:23 Und dann hat man uns.. also auf dem Weg von auf Auschwitz kann ich mich erinnern.
00:04:27 Auf dem Weg von Auschwitz nach Oederan hab' ich überhaupt keine Erinnerung.
00:04:32 Und wir haben aber nicht gewusst, wohin wir kommen.
00:04:35 Aber dann hat sich's..
00:04:37 Dann, dann haben sie uns eben gesagt, dass es ist Oederan.
00:04:42 Nicht, dass wir gewusst haben, wo das ist, aber..
00:04:46 IV: Haben Sie sich gedacht, dass das für Sie möglicherweise eine Rettung sein kann, wenn Sie zur Arbeit gehen?
00:04:54 Wenn Sie aus Auschwitz wegkommen?
00:04:56 HM: Ja und, ja und nicht.
00:04:58 Weil auf einer Seite waren wir froh, dass wir aus Auschwitz weggekommen sind.
00:05:05 Rettung - wir waren uns nie sicher, ja man konnte krank sein und man, man konnte uns wegschicken.
00:05:11 Man konnte Verschiedenes machen.
00:05:13 Also wir haben gewusst, dass der Krieg nicht mehr lange dauern wird.
00:05:18 Aber trotzdem äh die Angst war immer dort, dass, dass etwas passiert, dass wir das nicht überleben werden.
00:05:27 Dass.. Es war so eine Pause, eine.. nach Auschwitz war das eine Pause, aber nicht, nicht dass wir uns schon als freie Menschen gefühlt haben oder so, das bestimmt nicht. Dass..
00:05:41 IV: Sie haben erzählt dass, als Sie hier angekommen sind, schon Frauen aus Polen hier waren.
00:05:48 HM: Ja.
00:05:49 IV: Haben Sie mit denen auch dann Kontakt bekommen?
00:05:52 Konnten Sie sich verständigen oder waren das getrennte Gruppen?
00:05:54 HM: Ja. Wir hatten.. Die, die ersten drei Wochen, also wir angekommen sind, war die, war die Arbeit, die wir machen sollten, noch nicht..
00:06:03 Damals war das doch so, dass die Züge nicht gefahren sind und so.
00:06:07 Und wir sind angekommen und die Arbeit für uns war noch nicht bereit.
00:06:11 So die ersten drei Wochen mussten wir nur im Bett liegen.
00:06:14 Man durfte nicht herumgehen.
00:06:17 Und die Polinnen und auch die ungarischen Frauen, die haben gewohnt in einem andern Stock.
00:06:23 Dass eigentlich die erste Zeit hatten wir überhaupt keinen Kontakt mit ihnen.
00:06:28 Und auch später nur sehr wenig, weil wir durften doch nicht frei auch in den Zimmern..
00:06:34 Wenn die Aufseherinnen nicht dort haben, haben wir das ausgenützt und in ein anderes Zimmer gegangen oder so.
00:06:40 Und die Polinnen sind manchmal vielleicht zu uns gekommen oder so.
00:06:43 Wir haben gesprochen, aber nicht äh einen engen Kontakt, weil das war verboten.
00:06:48 Und äh eben weil es auf..
00:06:51 Sie haben auf dem ersten Stock, wir auf dem zweiten Stock gewohnt, so..
00:06:55 In der Fabrik war vielleicht ein bisschen Kontakt.
00:06:57 Aber auch dort, jeder hatte seine Maschine und konnte nicht weg von der Maschine.
00:07:02 So nur sehr selten konnte man mit jemandem sprechen.
00:07:06 IV: Diese Zimmer, in denen Sie untergebracht waren, können Sie sich daran erinnern?
00:07:10 Wieviele Frauen in Ihrem Zimmer zum Beispiel waren?
00:07:13 HM: Also ich hatte Glück.
00:07:14 Ich war, ich war gleich am Anfang, und wir sind in ein Zimmer, wo waren nur 12, 12 Betten.
00:07:23 So wir waren nur, nur in diesen.. wir waren nur 12 Frauen.
00:07:27 Und die andern Zimmer, das war.. eben, ich war nicht so oft in den großen Zimmern, aber das waren schon große Zimmer.
00:07:35 Und dort waren viele Frauen.
00:07:37 Und dann gegen Ende, ich weiß nicht, was passiert ist.
00:07:39 Man hat mich und meine Freundin von dem äh Zimmer weg, weggeholt und hat uns ins das große Zimmer ge, gemacht.
00:07:49 Und da mussten wir beide in einem Bett schlafen.
00:07:53 Und das Bett war vielleicht so, so breit.
00:07:57 Und ich weiß, dass jeden Morgen haben wir gesagt:
00:08:00 "Wir haben uns gern und wir wollen uns nicht.. {lacht} wir sind Freundinnen."
00:08:07 Weil in der Nacht, wenn man konnte nicht schlafen.
00:08:09 Immer, wenn eine sich umdrehte, der zweite musste sich umdrehen.
00:08:13 Und immer hatte man keinen Platz und so.
00:08:15 Das war ganz, ganz schlimm so.
00:08:17 Aber wir versuchten, Freundinnen zu bleiben trotz diesen Zwei in einem Bett.
00:08:25 Und äh dann haben sie uns schon evakuiert.
00:08:29 Wir haben nie.. ich war nicht lange in diesem großen Zimmer.
00:08:33 IV: Sie sind ja hierher gekommen mit anderen äh Tschechinnen,..
00:08:39 HM: Ja.
00:08:40 IV: .. die Sie auch schon in Theresienstadt..
00:08:42 HM: Ja.
00:08:43 IV: .. möglicherweise gekannt haben.
00:08:44 Also haben Sie die dann hier wieder gefunden?
00:08:47 Hatten Sie.. waren Sie eine Gruppe?
00:08:48 HM: Ja, es waren alle, alle waren sie schon vorher in Theresienstadt.
00:08:51 Aber ich hab' nicht alle gekannt.
00:08:53 Weil in Theresienstadt waren auch 50.000 Menschen, so.
00:08:56 Aber es war eine Gruppe, die ich eher gekannt habe, weil wir waren in der Kind.. Jugendbewegung.
00:09:04 Und ein paar Mädchen, vielleicht sechs Mädchen hab' ich gekannt.
00:09:07 Und wir sind schon in Auschwitz haben wir uns zusammengetan und wir sind zusammengeblieben.
00:09:13 Und äh einer der andern geholfen und äh immer einer war für die andere da.
00:09:20 Und da mit denen war ich immer äh mit denen war ich näher als mit den andern.
00:09:28 IV: Wie alt waren Sie zu dem Zeitpunkt, als Sie hier waren?
00:09:31 HM: Ich war 21. Ich war schon alt. {Lacht}
00:09:34 Im, im Vergleich zu den anderen.
00:09:37 Es waren.. Na aber ich glaube, der Großteil waren so um die 20, 21, 22.
00:09:43 Und die Jüngsten waren 15, 14.
00:09:47 Ich glaube sogar 13 war eine dort.
00:09:50 Und die Ältesten..
00:09:52 Es war eine, die war mit ihrer Mutter dort.
00:09:55 Die Mutter war vielleicht auch 38 oder so.
00:09:59 Also die Ältesten waren, waren so um die 38 vielleicht.
00:10:06 Aber das waren nur sehr wenige, nur..
00:10:09 Es waren ein paar, die waren schon 35.
00:10:13 IV: Können Sie sich daran erinnern, wie, wie Sie dann zur Arbeit eingeteilt wurden?
00:10:18 Und was Sie dann für eine Arbeit machen mussten?
00:10:21 HM: Ja, also am Anfang hab' ich, hab' ich bei den Aufseherinnen gearbeitet.
00:10:26 Ich hab' dort so, so eine Art Putzfrau bei den Aufseherinnen..
00:10:30 Das war bevor unsere Oberaufseherin angekommen ist.
00:10:34 Und die Aufseherinnen, die..
00:10:37 Am Vormittag haben wir sauber gemacht und Nachmittag haben Sie uns immer gegeben, wir sollen für sie etwas nähen, Strümpfe stopfen, so verschiedene Sachen.
00:10:45 Und dann als die Oberaufseherin gekommen ist, hat sie, hat sie gesagt, es geht uns zu gut, und es geht den Aufseherinnen zu gut.
00:10:53 Dass sie.. sie sollen sich selber Strümpfe äh stopfen und ihre Kleider reparieren.
00:11:03 Und wir mussten dann in die Fabrik gehen.
00:11:05 Und in der Fabrik hatten, hatten wir.. jede hatte eine Maschine.
00:11:09 Und das war eine sehr schwere Arbeit, weil das war Eisen auf Eisen, das..
00:11:13 Wir hatten diese Eisen äh ich weiß nicht, solche aus Eisen war das.
00:11:18 Das war etwas zum Schießen.
00:11:20 Und jedes hatte, hatte ein etwas so, um, um.. da war so.. wir mussten so ein.. ausgraben mit den Maschinen mussten wir so ein Loch oder was auf, ausgraben und drauf ist ein Ring gekommen.
00:11:36 Und das war eine schwere Arbeit, weil das war vom Eisen.
00:11:40 Und das was wir gemacht haben, war auch Eisen.
00:11:42 Und dann mussten wir das immer so, ich weiß nicht, wie man das in Deutsch sagt..
00:11:46 Aber das, diese.. wir mussten machen so eine, so ein Weg für diese Ringe, dass, dass man sie kann ansetzen.
00:11:53 Das, das ist, was wir gemacht haben.
00:11:56 Und wir haben in drei Schichten gearbeitet.
00:11:59 Äh Vormittag, Nachmittag und in der Nacht.
00:12:03 Und äh ich weiß nicht, ob so viele äh diese, ich weiß nicht, zu was das war.
00:12:09 Vielleicht für die Tiefflieger oder vielleicht..
00:12:13 Ich weiß nicht, ich hab' nicht, nie hat man uns gesagt, wozu man das braucht, aber..
00:12:20 Das ist was wir.. vielleicht haben andere Mädchen anderes gemacht.
00:12:24 Aber das ist, was ich hab' gemacht.
00:12:26 IV: Und mussten Sie auch sonntags arbeiten?
00:12:28 Oder gab es einen freien Tag in der Woche?
00:12:30 HM: Ich kann mich nicht mehr erinnern.
00:12:33 Ich weiß nicht äh.
00:12:37 Das kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern.
00:12:39 Vielleicht, vielleicht haben wir den Tag..
00:12:41 Wahrscheinlich in der Nacht wieder, aber, aber das.. {Lacht}
00:12:46 Ich kann mich nicht mehr erinnern, dass wir so viel freie Zeit hatten oder so was aber. Vielleicht.
00:12:52 IV: Ähm, die, die Nachtschicht, das stell' ich mir besonders anstrengend vor.
00:12:56 HM: Ja, die Nachtschicht, das war das Schlimmste, was es gegeben hat.
00:13:00 Weil das hat angefangen um 11 Uhr und da waren wir schon todmüde und schwach.
00:13:05 Und dann die ganze Nacht durchstehen und diese schwere Arbeit äh machen.
00:13:11 Das war wirklich sehr schwer.
00:13:13 Das war die schwerste Schicht, das..
00:13:17 Und dann, und dann einmal haben sie gebraucht äh Frauen.
00:13:24 Die Oberaufseherin hat äh, hat zwei Frauen gewollt, die sollten etwas machen.
00:13:29 Und äh dann hat man uns zu dieser Arbeit noch.. Das war nicht genug, die Arbeit hat man uns noch nachmittags geschickt.
00:13:36 Wir sollen eine, einen Weg bauen zu, zu den, zu den Baracken von den Aufseherinnen.
00:13:45 Und dann mussten wir mit diesem Walze über dieses gehen.
00:13:49 Wir zwei Mädchen haben diesen großen Walze mussten wir das immer so.. Das war sehr schwer.
00:13:55 Und dann war das äh in Ordnung und sie war zufrieden.
00:13:59 Und dann hat sie gesagt, sie will, dass wir, dass wir ihr auch Blumen pflanzen.
00:14:03 Das musste sein irgendwie in März oder so.
00:14:05 Und wir hatten keine Ahnung, wie man Blumen pflanzt.
00:14:08 Und wir haben so große Gräber gemacht und da herein haben wir die Pflanzen gegeben.
00:14:14 Und sie ist gekommen, sagt sie:
00:14:15 "Was, was macht euch.. was macht ihr?
00:14:17 Das wird doch nicht äh herauskommen!"
00:14:19 Und wir hatten Angst selbstverständlich, dass sie wird uns schlagen oder etwas.
00:14:22 Hat, hat.. meine Freundin hat gesagt:
00:14:24 "Ich bin in eine Schule gegangen und dort hat man uns gelernt, dass es so ma.. dass so wachsen die Pflanzen besser."
00:14:31 So das hat uns.. da hatten wir Glück.
00:14:35 Und als sie weggangen ist, haben wir alle Pflanzen schon wieder {lacht} niedrig ge, gepflanzt wie sie sagt.
00:14:42 Und dann haben immer nur gewollt, wir sollen weg sein, wenn die Pflanzen sollen aus der Erde kommen.
00:14:46 Und zu unserem Glück {lacht} waren wir nicht mehr dort, als die Pflanzen herausgekommen sind, so..
00:14:56 IV: Hatten Sie während der Arbeit Kontakt mit deutschen Angestellten in dieser Fabrik?
00:15:02 Oder Arbeitern?
00:15:03 HM: Ich nicht. Ich persönlich nicht.
00:15:05 Mit den Deutschen in der Fabrik nicht.
00:15:07 Mit den Aufseherinnen schon.
00:15:09 Zu der Zeit, wo ich dort gearbeitet hatte, habe bei den Aufseherinnen, hatte ich ja Kontakt mit den Aufseherinnen.
00:15:16 Aber in der Fabrik nicht.
00:15:18 Die sind überhaupt nicht zu uns gekommen, weil das, was ich gemacht hab', das waren so Maschine eine neben der andern.
00:15:24 Und es waren die italienischen Kriegsgefangenen, und die haben dann die Kisten immer abgeholt und neue Kisten gebracht.
00:15:32 Und die Deutschen habe ich überhaupt nicht gesehen.
00:15:34 IV: Aber die Aufseherinnen waren während der Arbeit auch da?
00:15:38 Haben die Sie beaufsichtigt?
00:15:39 HM: Ich, ich kann mich nicht einmal erinnern, dass sie da..
00:15:41 Wahrscheinlich haben sie ja.. Bestimmt haben sie irgendwo dort gesessen oder so.
00:15:46 Aber ich hab' sie nicht gesehen, weil wir waren so Reihen, Reihen, und äh das waren nur Häftlinge.
00:15:52 Und sprechen konnten wir selbstverständlich auch nicht.
00:15:54 So ich weiß nicht einmal, wer neben mir gestanden ist oder vor mir gestanden ist. Das war..
00:16:00 IV: Die Aufseherinnen, was waren das?
00:16:04 Waren das junge Frauen, waren die hier aus der Gegend?
00:16:08 HM: Die Aufseherinnen, das waren so, so Frauen aus der Gegend.
00:16:13 Und äh sie, sie hatten auch Angst von, vor, vor der Oberaufseherin.
00:16:20 Weil die Oberaufseherin, das war schon eine richtige SS. SS-Frau.
00:16:26 Und sie war auch sehr schlecht.
00:16:28 Und äh sie hatte noch eine Freundin, ich weiß noch, wie die hieß: die hieß Sonja Schinabek.
00:16:34 Das äh.. Und die zwei, die waren, also die Oberaufseherin war noch schlechter, die Sonja Schinabeck war auch nicht sehr gut und äh..
00:16:44 Die andern, sie, sie waren, ich könnte sagen korrekt.
00:16:49 Sie haben uns nicht geschlagen und nicht..
00:16:52 Und im Gegenteil, ich hab' sogar eine gute Erinnerung:
00:16:55 Eine hat mich.. zu Weihnachten hat sie mich in das Zimmer hereingezogen, hat die Tür zugemacht und hat gesagt:
00:17:02 "Jetzt hab' ich dir da was vorbereitet und iss das da."
00:17:05 Weil sie, sie haben gewusst, wir, wir tragen immer alles in den Lager herein.
00:17:09 Da hat sie gesagt: "Nein. Du musst das da essen. Keiner soll das sehen."
00:17:12 Und da hat sie mir so ein Teller ge, gegeben mit einem Gebäck und ein Zettel, das war etwas, ich kann mich nicht mehr erinnern, aber das war etwas aus der Bibel.
00:17:21 Und das war das "Du sollst nicht verzweifeln. Es wird immer, es wird noch, es wird noch gut sein." Oder so.
00:17:28 Und man hat mir gesagt, dass ihr Vater war ein Meister in der Fabrik und dass er hat auch vielen Mädchen geholfen.
00:17:35 So wahrscheinlich war das so eine Familie, die nicht gerade Nazi war.
00:17:41 Und die andern, ich hab', ich hab' nicht viel mit ihnen.. Das heißt ich hab' bei ihnen sauber gemacht.
00:17:48 Es war eine, die hat mir sogar ein Buch ge, geliehen und äh..
00:17:52 Es war eine, Gerda hat sie geheißen, glaub' ich.
00:17:56 Ich weiß, sie hat mir erzählt, sie hat fünf Kinder, jedes von einem andern Verlobten.
00:18:01 Und äh die Kinder waren bei.. {lacht}
00:18:04 Die Kinder waren bei ihrer Mutter und sie war als Aufseherin.
00:18:09 Sie war nicht schlecht.
00:18:11 Sie, sie.. Und da hat sie mir etwas gegeben zu essen oder so.
00:18:16 Und einmal hat sie mir auch ein Buch geliehen, das hab' ich mit in den Lager genommen.
00:18:20 Jeder hat es gelesen, weil wir haben doch etwas..
00:18:23 Wir haben auch ein bisschen Kultur dort äh gemacht trotz allem und äh..
00:18:31 Es waren wirklich.. das waren so..
00:18:33 Sie haben uns gesagt, dass sie, dass sie zur SS gegangen sind, weil sie hatten keinen anderen..
00:18:40 Man hat ihnen gesagt, entweder sollen sie als Krankenschwester an die Front gehen oder sie sollen zu der SS gehen.
00:18:47 Dann sind sie halt zu der SS gegangen und äh..
00:18:53 Sie haben gemacht, sie waren korrekt, sie haben genau das gemacht, was man ihnen gesagt hat zu machen so.
00:18:58 Aber sie waren nicht..
00:18:59 Es waren solche, die waren wirklich sadistisch und schlecht.
00:19:02 Und das waren sie im Vergleich zu den Aufseherinnen, die in Auschwitz waren, also das war ein großer Unterschied, das äh..
00:19:11 Und überhaupt, das haben Sie wahrscheinlich schon vielmals gehört, dass Oederan, das haben wir damals nicht gewusst und für uns war Oederan das Schlechteste, was sein kann.
00:19:22 Aber nachdem wir nach Theresienstadt gekommen sind und wir haben die Leute von den andern Transporten gesehen und wir haben dann später gesehen, was in andern Lagern passiert ist, haben wir gewusst, dass eigentlich Oederan, Oederan eine gute Lager..
00:19:39 Gut ist vielleicht so ein komisches Wort, aber im Vergleich zu den anderen Lagern war das bestimmt ein gutes Lager.
00:19:47 Und auch die Leute dort waren nicht so schlecht.
00:19:52 Die SS-Frauen.
00:19:53 So dass wir hatten.. Wir sind gut durchgekommen.
00:19:57 Ich glaube nicht mit solchen Traumas wie von andern Lagern.
00:20:02 IV: Aber ansonsten haben Sie von der Bevölkerung hier oder von dem Ort eigentlich nicht viel mitbekommen?
00:20:09 HM: Gar nichts. Gar nichts gesehen.
00:20:12 Ich hab', ich war nur zwei Mal in Oederan.
00:20:15 Und das kann ich mich auch nicht..
00:20:16 Eben, ich hab' nicht gewusst, ob das wahr ist oder nicht.
00:20:19 Aber heute hat Helga erzählt, dass man hat am Anfang doch einmal im Monat oder so ein Stückchen Fleisch gekriegt.
00:20:26 Und ich weiß, dass man uns hat geschickt mit einem Wagerl, wir sollen Pferdefleisch holen.
00:20:31 Und ich kann mich drau.. dran erinnern, ich.. dass wir sind irgendeinen Weg nach unten gegangen.
00:20:37 Aber wo der Fleischer war, das kann ich mich nicht mehr erinnern.
00:20:40 Und ich kann mich erinnern, dass es waren Mädchen, die so hungrig waren, dass die haben von diesem Fleisch, ungekochtes Fleisch haben sie geklaut und haben das gegessen.
00:20:49 Und ich konnte das trotz dem großen Hunger, ich konnte das nicht machen, aber..
00:20:53 Das kann ich mich.. Das waren..
00:20:55 Die Polinnen waren eigentlich noch schlimmer drauf.
00:20:58 Weil die waren dort länger und die waren in Auschwitz länger.
00:21:02 Also die waren noch mehr ausgehungert und noch in einem schlechteren Zustand und äh..
00:21:10 Die haben das so roh, dieses Pferdefleisch roh gegessen und äh das haben wir dann..
00:21:16 Und dann war ich noch einmal in Oederan und das war auch ein sehr schlechtes..
00:21:22 Ich hatte.. Man hat uns..
00:21:23 Ich hatte etwas mit dem Zahn und ich war.. Ich hatte fürchterliche Schmen.. Schmerzen.
00:21:28 Und man hat uns zum Zahnarzt geschickt.
00:21:32 Das sind solche äh Sachen, die nicht zusammen gehen.
00:21:36 Aber trotzdem. Und ähm.
00:21:39 Darum wenn ich in Oederan diesen, diesen Turm mit dem.. sehe, erinnere mich immer auf, auf den Zahnarzt.
00:21:46 Das äh.. Ich hab' gefragt, ob dort ein Zahnarzt gewohnt hat in dem Gebäude nachher.
00:21:52 Weil ich.. er hat mir einen Weisheitszahn gezogen ohne jene Betäubung, ohne..
00:21:59 Er hat etwas nicht einmal mit einer Zange, sondern mit einem Rehbein.
00:22:03 Ich weiß nicht, was das ist.
00:22:06 Und da hat er so.. Und das hat eine Stunde gedauert, und ich hab' immer auf die Uhr gesehen.
00:22:11 Und ich hab' gesehen, wie das so geht.
00:22:12 Das hat eine Stunde gedauert.
00:22:14 Und ich hab' gesagt, ich werde nicht schreien, ich werde ihm nicht die Freude machen, dass er soll hören, dass ich schreie.
00:22:20 Aber ich war ein bisschen betäubt, von dem Schmerz betäubt, aber das, das kann, also das kann ich mich erinnern auf dem Turm von dem, von Oederan.
00:22:31 IV: Und sind Sie da mit einer Bewachung hingegangen?
00:22:34 HM: Ja, selbstverständlich.
00:22:35 Überall sind wir mit der..
00:22:37 Auch die.. auch das, auch das Fleischholen und alles.
00:22:40 Überall waren mit einer Bew.. Auch als wir die..
00:22:43 Auch als wir den äh den äh den Weg gemacht haben.
00:22:49 Und auch als wir gepflanzt haben.
00:22:51 Die Aufseherinnen waren immer bei uns.
00:22:55 Vielleicht nicht ganz bei uns, aber sie haben uns immer be, bewacht.
00:22:58 Und hingebracht und zu..
00:23:01 Auch zu der Fabrik sind immer die, die Ober.. Aufseherinnen mit uns gegangen und haben uns zurückgekommen und waren in der Fabrik dort.
00:23:10 Ich kann mich nicht erinnern, dass ich sie dort gesehen hab'.
00:23:12 Sie waren nicht dort, wo ich gearbeitet hab'.
00:23:14 Aber sie waren wahrscheinlich auch dort die ganze Nacht.
00:23:18 IV: Gab es im, in der Fabrik oder in Ihrer Unterkunft äh auch eine, ein Krankenzimmer oder so etwas?
00:23:28 HM: Es war ein Krankenzimmer.
00:23:31 Ich weiß, dass es ein Krankenzimmer war.
00:23:33 Aber ich war nie dort und ich hab' das nicht gesehen.
00:23:36 Und äh und äh man hat auch nicht gesagt, dass man krank ist.
00:23:42 Wenn man nicht ganz ganz krank war, war man.. hat man Angst gehabt, weil eben.
00:23:48 Sie haben gefragt, ob es..
00:23:50 Aber wir haben doch immer noch gewusst, dass es kann uns etwas passieren.
00:23:53 Und kranke Leute hat man nicht einmal in einem Arbeitslager gelassen.
00:23:57 So jeder hatte Angst zu sagen, dass er krank ist.
00:24:00 Vielleicht waren Mädchen, die so krank waren, dass sie schon, dass sie schon, dass sie schon krank sein mussten oder so.
00:24:10 Aber so normal waren nicht viele Leute in dem Kranken.
00:24:14 IV: Gab es da eine Ärztin?
00:24:17 HM: Es war, es war eine russische Ärztin zwischen den Gefangenen.
00:24:23 Ich meine ja zwischen den.
00:24:24 Aber ich weiß nicht, ob sie dort oder so.
00:24:26 Auch was konnte sie machen?
00:24:28 Es waren doch keine Medikamente.
00:24:31 Sie konnten, sie konnten vielleicht ein halbes Aspirin oder was, aber ich weiß nicht.
00:24:36 Aber mehr konnte sie bestimmt nicht geben was es war.
00:24:39 Und dann waren bei uns auch die schwangeren Mädchen, ja die..
00:24:43 Es waren drei schwangere Mädchen, die ganze Zeit haben wir sie versteckt, aber dann am Ende waren sie schon im 9. Monat und da konnte man sie nicht mehr ver, verstecken.
00:24:54 Da haben sie schon gesehen, dass äh..
00:24:57 Und eben da die Oberaufseherin hat sie weggeschickt.
00:25:00 Und sie hat ihnen versprochen, man nimmt sie in ein Krankenhaus und sie werden in weißen Betten liegen und so.
00:25:06 Und sie waren noch, sie haben sich noch gefreut, dass sie werden die Kinder in weißen Bett gebären und äh..
00:25:15 Ich weiß nicht, ich glaube, man hat sie nach Bergen-Belsen geschickt.
00:25:20 Und zwei sind gestorben dort in Bergen-Belsen, die Kinder sind alle drei gestorben.
00:25:25 Und eine der Frauen hab' ich nach dem Krieg in Prag getroffen, die hat es doch überstanden.
00:25:33 IV: Haben Sie während der Zeit in Oederan irgendwelche Informationen bekommen, wie der Krieg verläuft, oder wie die Front verläuft oder..?
00:25:42 HM: Ja, ja.
00:25:44 Weil es waren doch die französischen Kriegsgefangenen, die hatten viel besser als wir.
00:25:49 Es waren italienische, die aber waren bisschen schlechter aber auch nicht schlecht.
00:25:56 Und es waren auch zwischen den Deutschen man hat immer so hier und da ein Wort fallen lassen oder so.
00:26:03 Und dann wir haben doch schon gewusst äh von Theresienstadt haben wir doch schon gewusst, dass die Front, die russische Front kommt.
00:26:13 So dass wir haben gewusst, das kann nicht so lange dauern.
00:26:18 Und dann erst als wir die Kanonen gehört haben, dann haben sie uns evakuiert, da haben wir auch schon gewusst, dass es..
00:26:26 Aber, aber dass wir gewusst hätten, dass es schon das Ende für uns ist, das, das war noch nicht so.
00:26:32 IV: Haben Sie hier einen Luftangriff einmal erlebt?
00:26:36 HM: Oh, viele, viele.
00:26:39 Viele Luftangriffe.
00:26:40 Und das war auch sehr schrecklich.
00:26:42 Erstens in der Fabrik, da mussten wir irgendwie..
00:26:46 Sie sagt, eine sagt, dass wir mussten auf dem Fußboden..
00:26:50 Ich weiß nicht, vielleicht wir waren im ersten Stock und äh man hat uns zu dem.. wir waren im zweiten Stock und man hat uns dem ersten Stock genommen.
00:26:59 Weil ich weiß, wir sind irgendwo heruntergegangen.
00:27:01 Und dann alle die Maschinen haben aufgehört zu arbeiten.
00:27:06 Und das hat einen fürchterlichen Krach gemacht.
00:27:08 Das war etwas ganz äh äng, Verängstigendes.
00:27:14 Und das war in der Fabrik.
00:27:16 Und wenn wir zu Hause waren, da haben sie uns eingesperrt und haben gesagt, wir sollen alle, alle zu dem.. herunter zu dem Esszimmer gehen.
00:27:26 Und wir haben geglaubt, dass, dass äh wir sollen alle zu dem Esszimmer gehen, dass, wenn wirklich die Bomben sehr nahe fallen, werden sie das aufsperren und uns herauslassen.
00:27:38 Und dann hat uns jemand gesagt, das ist nicht der Grund.
00:27:41 Sie wollen nur, wenn eine Bombe auf das Haus fällt, dass alle Leichen sollen zusammen sein, dass man braucht das nicht suchen.
00:27:47 Dann haben wir schon gesagt, das ist uns nicht so wichtig.
00:27:51 Jede ist geblieben in un.. ihrem eigenen Zimmer.
00:27:55 Und dann haben wir schon gesehen, wie man Dresden bombardiert hat.
00:27:59 Das ist ganz unglaublich.
00:28:00 Das ist 60 Kilometer.
00:28:02 Ich hab' heute.. Gestern waren wir in Dresden, das ist so weit.
00:28:06 Und wie.. Das musste ein fürchterliches Bombardement sein, weil bei uns was der, der Himmel ganz rot.
00:28:13 Und wir durften aber nicht aus dem Fenster schauen selbstverständlich, aber eben die Aufseherinnen sind weggegangen bei solchem Fliegerangriff.
00:28:20 Und da haben wir ja aus dem Fenster geschaut und da haben wir gesehen, dass der Himmel ganz rot ist.
00:28:26 Da haben wir schon gewusst, dass die Russen in der Nahe, in der Nähe sind.
00:28:31 IV: Haben Sie untereinander darüber gesprochen, oder sich gefragt, was wohl mit Ihnen passieren wird, wenn es dem Ende zugeht?
00:28:39 HM: Nein. Was mit uns passieren wird, nein. Nein.
00:28:44 IV: Hatten Sie eine, eine Vorstellung oder eine Befürchtung?
00:28:47 HM: Nein. Nein. Man hat nur gehofft.
00:28:51 Zum Beispiel, zum Beispiel als wir in Auschwitz ha.. waren, hat man gesagt, man schickt uns zur Arbeit.
00:28:57 Und die Leute, die, die Mädchen, die schon längere Zeit in Auschwitz waren, die haben uns gesagt:
00:29:02 "Ihr kommt zu einem Geleise.
00:29:04 Wenn dort ein Zug ist, dann äh fährt ihr weg von Auschwitz.
00:29:09 Und wenn kein Zug dort ist, dann geht ihr in die Gaskammer."
00:29:13 Weil es war so ein, ein Gebäude neben, neben dem Geleise.
00:29:18 Und wir sind gegangen und zu den Geleise gekommen und kein Zug war dort.
00:29:22 Und trotzdem hab' ich geglaubt, das kann nicht sein, dass wir zum.. Irgendwie der Glaube ist sehr stark bis zu der letzten Minute.
00:29:32 Aber wir hatten Glück, man hat uns wirklich nur zu einer Dusche ge.. Man hat uns eine Dusche gemacht und hat uns dann wieder heraus zu einem Zählappell heraus.
00:29:43 Und dann haben wir gewartet, bis der Zug gekommen und äh.
00:29:47 Und ich glaube, das war auch in Oederan, dass wir..
00:29:49 Erstens wollten wir nur überleben.
00:29:52 Was.. Wir haben ja nicht gewusst, was mit unseren Familien..
00:29:56 Wir haben schon gewusst, weil in Auschwitz hat man schon..
00:29:59 Aber trotzdem hat man immer geglaubt, vielleicht meine Mutter ist auch in einem Arbeitslager und vielleicht..
00:30:05 Man hat doch geglaubt, nicht, trotzdem hat man immer geglaubt, dass es so..
00:30:12 Mehr als nach dem Krieg und die Familie zu treffen und die Bekannten zu treffen..
00:30:17 Ich glaube mehr haben wir nicht, nicht gewollt und nicht nachgedacht.
00:30:23 IV: Hatten Sie äh in Oederan, wie waren da die hygienischen Verhältnisse?
00:30:27 Konnten Sie da auch sich waschen oder duschen oder..?
00:30:30 HM: Ja. Ja.
00:30:31 Wir konnten uns waschen und das war gut.
00:30:34 Eben, das, das Gebäude, das war wahrscheinlich ein Gebäude von den Arbeitern.
00:30:39 Es war dort ein Waschraum, wo sich die Arbeiter die Hände waschen konnten oder so.
00:30:44 Und wir haben uns, das heißt wir konnten uns ja waschen.
00:30:48 Und äh sogar ein bisschen etwas äh, ein bisschen aus, auswaschen und.
00:30:56 Eben weil die heißen Röhren dort waren, haben wir das auf die Röhren gegeben und es war gleich in einer Viertelstunde war das trocken.
00:31:03 So dass wir konnten..
00:31:05 Und das war unser Glück und ich glaube noch ein anderes Glück war, dass unser Oberälteste.. Oberaufseherin mit allem Schlechten, was sie gehabt hat, sie hat einen äh, sie hat einen Sauberkeitswahn gehabt.
00:31:18 Und sie wollte immer alles soll sauber sein.
00:31:21 Und wir sollen sauber sein und wir sollen.. und die Betten..
00:31:24 Sie hat immer Kontrollen über die Betten gemacht.
00:31:26 Und äh damals war das so wie eine äh schlechte..
00:31:31 Aber heute sehen wir, dass es vielleicht gut war.
00:31:33 Dass es war sauber.
00:31:35 Der Lager war sauber und äh kein Ungeziefer und so.
00:31:39 Und das war für uns.. das war nicht so viele..
00:31:42 Vielleicht hat sie sich selber..
00:31:44 Vielleicht hat sie selber Angst vor Krankheiten gehabt.
00:31:46 Aber für uns war das gut, dass sie so, dass sie da so sauber gehalten hat.
00:31:53 IV: Es sind hier in Oederan auch drei von den Frauen gestorben.
00:31:58 HM: Ja.
00:31:58 IV: Haben Sie das zu der Zeit schon mitbekommen?
00:32:00 Hat man das gewusst?
00:32:01 HM: Ich glaube, die zwei sind gestorben, bevor wir gekommen sind.
00:32:05 Weil keine von uns kann sich..
00:32:07 Jede von uns erinnert nur, dass eine gestorben sind.
00:32:11 So die waren vielleicht ein paar Monate bevor uns.
00:32:14 Wahrscheinlich die zwei sind schon gestorben, bevor wir gekommen sind.
00:32:18 Und äh und die.. nur die eine, das weiß ich, dass die eine gestorben ist.
00:32:26 IV: Als äh der, der Krieg so langsam zu Ende ging ähm, was ist dann mit Ihnen passiert?
00:32:33 Also das Lager ist evakuiert worden.
00:32:36 Sie sind ja nicht hier geblieben, sondern..
00:32:37 HM: Nein, der Lager ist evakuiert und wir sind wieder in diese Viehwag, Vieh, Viehwaggons äh gekommen.
00:32:46 Und ich war zufällig mit dem in dem Waggon von den Ober.. von den Aufseherinnen.
00:32:53 Das war so ein Glück.
00:32:55 Sie haben doch äh Pakete gehabt und so.
00:32:57 Und sie haben ein paar Mädchen gesagt, sie sollen die Pakete tragen.
00:33:00 Und wir haben sie getragen.
00:33:01 Und wir haben schon mit.. innen in dem Waggon geblieben, weil wir haben ihnen dort sauber gemacht und gekocht und äh..
00:33:09 So, so wir sind in diesem Waggon geblieben und äh..
00:33:12 Dann sind wir immer gefahren, zwei Stunden gefahren, einen halben Tag geblieben, zwei Stunden zurückgefahren.
00:33:19 Es war schon nichts..
00:33:21 Und dann sind wir über die Grenze, tschechische Grenze gekommen.
00:33:25 Und man hat uns gewollt irgend.. in irgendein großes Konzentrationslager, ich weiß nicht mehr wohin.
00:33:32 Aber damals eine Frau, die, die, das war die Köchin, die, die mit uns zusammen war, die hat, die hat das gekannt.
00:33:41 Die war von dieser Gegend und die hat das gekannt.
00:33:43 Und die hat gesagt der Oberaufseherin:
00:33:45 "Theresienstadt ist ganz nahe von da."
00:33:49 Und viele von den Aufseherinnen sind schon weggelaufen und so.
00:33:53 Und sie hat gesagt: "Theresienstadt ist sehr in der Nähe von da. Versuche, uns dort.."
00:33:57 Sie wollten uns schon loswerden.
00:33:59 Und sie hat gesagt, vielleicht werden sie uns in Theresienstadt einnehmen.
00:34:03 Und dann ist die Oberaufseherin nach Theresienstadt gefahren, gegangen, ich weiß nicht was.
00:34:07 Und sie ist gekommen zurück und sie gesagt, ja.
00:34:10 Sie wollen.. In Theresienstadt sind sie bereit, uns zu, zu nehmen.
00:34:16 Und dann sind wir zu Fuß gegangen.
00:34:18 Ich weiß nicht, von Leitmeritz, von Bohušovice, ich weiß nicht.
00:34:21 Ich weiß, über so eine große Ring sind wir gegangen und..
00:34:25 Dann sind wir nach Theresienstadt gekommen und Theresienstadt, das war, war noch kein Kriegsende, aber das war doch schon zu Hause.
00:34:33 Weil wir waren in Theresienstadt lange Zeit.
00:34:36 Und wir hatten dort Bekannte und die Leute sind..
00:34:39 Wir waren, ich glaube der erste oder der zweite Transport, der angekommen sind.
00:34:43 Und Leute sind von beiden Seiten gestanden und wir sind so gekommen.
00:34:48 Und jeder hat sich jemanden genommen, den er gekannt hat.
00:34:51 Und dann sind wir zu Freundinnen gegangen.
00:34:53 Und das war schon Anfang des äh eines neuen Lebens sozusagen.
00:35:04 IV: Haben Sie ähm eine Vorstellung, wie lang Sie da in dem Zug unterwegs waren?
00:35:09 Und sind Sie während der Zeit äh, haben Sie etwas zu essen bekommen?
00:35:13 HM: Ähm was, ob ich hab' was bekommen?
00:35:16 IV: Ja auf diesem Transport von Oederan nach Theresienstadt.
00:35:20 HM: Ja.
00:35:21 IV: Äh.. haben, haben Sie da zu essen bekommen?
00:35:23 Oder, und wissen Sie noch, wie lange Sie da unterwegs waren insgesamt?
00:35:28 HM: Äh, ich glaube, wir waren eine Woche oder zwei Tage oder so, so ungefähr.
00:35:35 Und das Essen war sehr knapp.
00:35:39 Und dann hat Ges.. Essen auf einmal..
00:35:43 Also die Aufseherinnen hatten noch auch nicht viel.
00:35:46 Vielleicht eine Suppe oder so.
00:35:49 Und dann ähm und ähm für die Mädchen, aber das war schon gar nichts und äh.. Da war schon..
00:35:59 Und so wie ich verstanden habe, wollten auch die.. das.. die Aufseherinnen wollten von ihrem eigenen Geld kaufen, aber sie hatten auch schon kein Geld äh etwas für die alle Leute kaufen.
00:36:11 Ich weiß nicht, ob ich das nur denke oder ob das wirklich wahr ist.
00:36:15 Aber dann ist eben dieser Mann gekommen von dem Zug, der neben uns gestanden ist.
00:36:20 Und äh, und äh da hat man gesagt, dass äh dass äh dort, dass dort verwundete deutsche Soldaten oder SS-Männer sind, ich weiß nicht.
00:36:32 Und er war jedenfalls ein SS-Mann mit großen ???
00:36:35 Und er hat gesagt, dass er wird für unser Transport in dem Dorf äh rote Rü.. nicht.. Zuckerrüben kaufen.
00:36:43 Also wer im Leben kein Zuckerrüben ungekocht gegessen hat, weiß nicht, was das, was schlecht ist.
00:36:51 Das ist das Schlechteste, was man sich vorstellen kann, aber er..
00:36:56 Aber dann sind wir mit einem Wagerl in ein Dorf gegangen und er hat die Zuckerrüben ge.., gekauft und äh.
00:37:05 Wir haben das auf die Mädchen verteilt, aber ich weiß nicht, ob man das überhaupt konnte essen.
00:37:09 Das war schrecklich, das war.. äh
00:37:12 Aber wenn man sehr hungrig ist, isst man wahrscheinlich alles.
00:37:16 Und äh, und dann in Theresienstadt war nicht viel, aber war doch..
00:37:21 Theresienstadt war doch ein normales Ghetto, wo man doch Brotrationen gekriegt hat oder so, das...
00:37:28 Ein bisschen war schon in Theresienstadt zu essen.
00:37:33 IV: Waren zu der Zeit..
00:37:34 CM: Können wir ganz kurz unterbrechen schnell? ..
00:37:36 IV: Ich möchte nur noch eine Frage stellen.
00:37:38 HM: Ja.
00:37:39 IV: Und zwar, als Sie nach Theresienstadt wieder gekommen sind.
00:37:43 Waren da dann überhaupt noch Aufseherinnen oder deutsche Soldaten?
00:37:47 HM: Nein, die Aufseherinnen.. Nein, die Aufseherinnen, die sind verschwunden.
00:37:51 Ich weiß nicht, wo die waren, aber nach Theresienstadt sind wir allein gekommen.
00:37:56 Also soweit ich weiß, ich hab' schon keine Aufseherinnen bei uns, keine Aufseherin bei uns gesehen.
00:38:03 Wir sind nach Theresienstadt gekommen und dort war schon die jüdische Verwaltung und so.
00:38:08 Und die Leute von Theresienstadt haben sich um uns gekümmert.
00:38:12 Und die, die Aufseherinnen sind bestimmt nicht herein nach Theresienstadt gekommen, das..
00:38:18 IV: Waren überhaupt irgendwelche Soldaten oder Männer ähm hier in Oederan oder auf.. unterwegs bei Ihrem Transport dabei?
00:38:27 HM: Ja, als wir den Transport an.. in Oederan, als wir in die, die Waggons hereingegangen sind, da waren, da haben uns Männer bewacht.
00:38:38 Also man kann das schwer Männer nennen, weil das waren Kinder, vielleicht von 14 Jahren oder so.
00:38:45 Und dann waren auch alte Männer dabei.
00:38:47 Und die sind irgendwie..
00:38:48 Vielleicht waren noch ein paar, und vielleicht ein Wehrmacht oder was waren sie..
00:38:53 Die älteren waren vielleicht von der Wehrmacht oder so.
00:38:56 Und dass man hat sie, man hat äh vielleicht in jedem Waggon, weil das weiß ich nicht.
00:39:01 Bei uns war nicht jemand, der mit den, in jedem Waggon war.
00:39:07 Aber eben der Großteil von diesen Deutschen, die sind alle verschwunden am Weg.
00:39:12 Die wollten nicht äh gefasst werden mit, mit Häftlingen, so.
00:39:18 IV: Wie lange sind Sie dann in Theresienstadt geblieben?
00:39:22 Und was haben Sie dann gemacht?
00:39:24 HM: Ich bin in Theresienstadt geblieben gerade..
00:39:29 Wir sind in Theresienstadt sind wir dann jeden Tag..
00:39:31 Dann sind die schlechten Transporte gekommen, wo die Hälfte der Leute schon tot war in den Waggons.
00:39:37 Und das war ganz fürchterlich.
00:39:39 Und die konnte man nicht so frei lassen wie wir.
00:39:42 Die hat man äh in Kasernen eingesperrt und man konnte nicht in die Kasernen herein und nicht heraus.
00:39:48 Weil die waren sehr krank und auch mit ansteckenden Krankheiten und so.
00:39:52 Und äh wir sind immer zu der Kommandantur gegangen, ich weiß nicht, ob da noch Deutsche waren, aber es war Radio.
00:39:59 Und man hat gehört, dass es noch Kämpfe in Prag.
00:40:01 Dann hat.. Dann war endlich Kriegsende, und dann hab' ich.. dann sind die Russen hereingekommen nach Theresienstadt.
00:40:11 Und sind sie mit Tanken ge.. mit äh..
00:40:14 IV: Panzern.
00:40:15 HM: Mit Panzern gekommen.
00:40:17 Und da hab' ich gesehen, dass die, dass sie kommen.
00:40:19 Hab' ich äh.. Wir konnten zwar nicht heraus, aber es waren solchen kleine..
00:40:24 Hab' ich auf einem Panzer.., hab' ich gesagt:
00:40:25 "Kann ich mit euch nach Prag kommen?"
00:40:27 Sie konnten, sie durften nicht nach Prag kommen, aber auf dem Weg nach Prag.
00:40:30 Sie haben gesagt: "Ja, komm mit."
00:40:32 Und ich hab' mich auf so einen Panzer gesetzt und ich bin gefahren mit denen bis wohin man das äh konnte.
00:40:39 Dann mit einem Lastauto, dann noch irgendwie, dass ich bin nach Prag angekommen und äh.
00:40:46 In Prag war das schon zu Hause.
00:40:49 Das war also nicht so, aber trotzdem äh.
00:40:52 Da hab' ich ein Zimmer gekriegt und äh war die ersten Tage in Prag, und dann bin ich nach Strakonice, von wo ich stamme.
00:41:02 Bin ich nach Strakonice gefahren und äh ich hatte dort ein Haus, das heißt meine Großmutter hatte dort ein Haus.
00:41:09 Ich bin dort gegangen.
00:41:11 Und es waren Deutschen haben dort ge, gelebt.
00:41:14 Und die haben das verlassen, so dass ich gleich eine Wohnung mit allem gekriegt habe.
00:41:20 Und dann hab' ich wieder studiert und äh nach Prag gegangen auf die Universität, und dann nach Israel ausgewandert.
00:41:26 Und äh weil ich wollte nicht in Europa bleiben.
00:41:30 So bin ich gleich in 46er Jahre nach Israel ausgewandert.
00:41:36 Und so. Ein neues..
00:41:38 IV: Und da leben Sie bis heute.
00:41:39 HM: Bitte?
00:41:39 IV: Da leben Sie bis heute.
00:41:41 HM: Ja, und da leb' ich bis heute.
00:41:43 Ein neues Leben auf.. an..
00:41:45 Ein neues Leben angefangen und äh und wirklich, wir haben die ganzen Jahre nicht darüber gesprochen.
00:41:54 Ich weiß nicht, vielleicht waren solche, die ja.
00:41:56 Aber ich hab' bestimmt die ganzen Jahre nicht davon gesprochen.
00:41:59 Und jetzt wieder kommt es äh ein bisschen zurück.
00:42:03 Besonders jetzt, wenn wir in Oederan sind, dann ist das ein bisschen, für mich wenigstens ein bisschen Aufregung.
00:42:11 Da erinnert man sich auf so viele Sachen, die man die ganze Zeit nicht wissen wollte und äh vergessen wollte und äh.
00:42:19 Aber es ist auch gut, dass man darüber spricht, dass es andere Leute wissen und äh..
00:42:25 Das ist das.
00:42:28 IV: Vielen Dank.
00:42:29 HM: Ja, bitte.