Media Collection "Interview Charles Dekeyser 2007 - im Gelände der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und im Steinbruch"

AGFl_0043
Video 00:24:50
03/02/2007
KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und Steinbruch des ehemaligen Konzentrationslagers Flossenbürg
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Originator/Copyright holder Medienwerkstatt Franken
Source(s) KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Medienwerkstatt Franken
Usage conditions Nur mit Einverständnis und Nennung von Archiv bzw. Urheber
Display format Interview, Rohmaterial
Interviewer Michael Aue
Camera Günter Wittmann

Subtitles for "AGFl_AV.22.0710.mp4"

00:00:01 IV: Läuft?
00:00:02 CM: Läuft.
00:00:44 CD: Okay.
00:00:47 IV: Ja.
00:00:48 CD: Weiter?
00:00:55 CM: Gleich noch mal.
00:00:58 CM: Und bitte.
00:01:43 IV: Okay.
00:01:58 CM: Und bitte.
00:02:55 Und kommen.

Subtitles for "AGFl_AV.22.0711.mp4"

00:00:02 IV: Ja, Herr Dekeyser, ich würde Sie gerne fragen: Wenn Sie das beschreiben müssten in zwei oder drei Sätzen, was Flossenbürg wirklich damals war.
00:00:11 Was heißt das für Sie? Was war Flossenbürg?
00:00:14 CD: Also, das Lager Flossenbürg war an sich das Schlimmste, was mir an sich im Leben erfahren ist.
00:00:22 Ich kann ja von, von diesen Unterschieden mitreden, weil ich nämlich elf Monate in Sachsenhausen anschließend noch miterlebt habe.
00:00:33 Und die, die, das Benehmen von, von den Wachmenschen in Sachsenhausen
00:00:43 und das, was ich hier mitgemacht habe, das ist an sich Hölle und Himmel Unterschied.
00:00:49 Äh ich habe mir damals den Satz erlaubt: Unter der, den, der Begrüßung, die ich da empfangen habe von äh belgischen Kollegen.
00:01:00 Äh da ist mir der Satz ausgerutscht.. Und ich bitte für andere KZ-Mitkollegen, das zu verstehen, aber das ist der Fall.
00:01:11 Damals war mir so, dass Flossenbürg an sich, das, das Leben hier an sich die Hölle.. Das heißt, man war dem Krematorium so nah,
00:01:23 dass fast tagein, tagaus damit gerechnet werden musste, dass man auch zu den anderen hin fliegen sollte.
00:01:32 Aber, was ich hier um mich herum erlebt habe, in Sachsenhausen war das ja an sich Art Sanatorium.
00:01:44 Also d.., der Unterschied kommt wahrscheinlich dadurch, weil nämlich sämtliche Posten, die es hier gab.. hier Kapos, Lagerälteste, Blockälteste..
00:01:53 Das waren ja alle Kriminelle, die an sich so, so abartig sich benehmen äh mussten oder sollten..
00:02:06 Wer weiß, was die SS denen alles aufgedrungen hat. Aber die haben sich tatsächlich wie, wie, wie, wie Dämonen haben die sich da benommen.
00:02:17 Und äh Leidtragende waren selbstverständlich immer die kleineren Leute.
00:02:22 Die an sich nicht die Möglichkeiten hatten, irgendwie finanziell herauszu.. zubringen. Und das war an sich die Masse.
00:02:33 Und die Masse hat dann selbstverständlich das Ganze tagein, tagaus miterlebt äh sogar die Nächte waren an sich nicht frei.
00:02:42 Man konnte damit rechnen, dass ein, ein, ein Haufen äh Betrunkene ins Lager reinkamen.
00:02:49 Und dann wir da rumgeschossen, in die Baracken rein, knüppelten und..
00:02:54 Das konnte jedem da passieren, dass wir mal an sich.. Die Angst hier.. 24 Stunden war tagein, tagaus die Angst bei den kleineren Leuten hier.
00:03:04 Und da oben in Sachsenhausen war von diesem allen, die Schlägerei, das Schimpfen vor allem..
00:03:12 Es wurde, es wurde einer erniedrigt so.. Er war no.. äh noch, noch, noch weniger als ein Sauhund, wie die uns da äh nannten.
00:03:20 Da oben, wenn die Arbeit geschafft wurde, gab es an sich gar keine Beanstandungen.
00:03:26 Und man hat sich irgendwie die Nächte um die Ohren schlagen können wie ein normaler Mensch.
00:03:33 IV: Okay. Jetzt eine Frage: Es ist heller geworden..
00:03:36 CM: Es ist..
00:03:36 CM: Und Kamera läuft.
00:03:38 IV: Ja äh.. Mit ein paar Sätzen noch mal zusammengefasst:
00:03:41 Was hat dieses Lager Flossenbürg.. Was war das Besondere? Was hat das für Sie bedeutet damals?
00:03:47 CD: Ja, das Lager Flossenbürg ist an sich so berüchtigt, weil nämlich die Besatzung, die wichtigen Stellen, die es gab:
00:04:00 Die Kapos, Lagerältesten, Blockältesten und alle Leute, die, die da was zu sagen hatten und Befehle von Morgen bis Abend austeilten..
00:04:11 Die waren an sich Kriminelle. Haben die.. als Kriminelle haben die sich auch benommen.
00:04:18 Aber in dieser Weise, die es an sich äh noch nie gegeben hat.
00:04:24 Für, für äh vernünftige Leute, die auf der Straße spazieren gehen, können sich gar nicht einbilden, was überhaupt Flossenbürg bedeutete.
00:04:33 Schlimm war es an sich sehr. So sehr, dass die Unterschiede zwischen Sachsenhausen, wo ich auch elf Monate erlebt habe..
00:04:45 Äh dass die Unterschiede so krass waren, dass ich mir zufälligerweise den, den Satz erlaubt habe.. äh:
00:04:53 Flossenbürg, das ist an sich das Krematorium für jeden einen von tagein, tagaus bereitbar. Und in Sachsenhausen war es an sich eher Art Sanatorium.
00:05:08 Man konnte dort leben, seine Arbeit schaffen, ohne angespuckt zu werden, ohne geschlagen zu werden.. ohne Grund oder mit Grund sogar.
00:05:19 Da haben die ab und zu mal ein Auge drücken können. Es waren ja alle, meistens "Politische", die da das Sagen hatten.
00:05:28 IV: Gut. Und jetzt habe ich noch eine Bitte. Dass Sie das Gleiche..
00:05:33 CM: Und Kamera läuft.
00:05:35 IV: Ja, was war Flossenbürg für Sie?
00:05:37 CD: {erzählt dasselbe noch einmal auf Flämisch}
00:06:45 IV: Okay.
00:06:46 CD: Probelauf, oder?
00:06:47 IV: Nee, schon mit.. Die Kamera läuft auch schon mit.
00:06:49 CM: Ja, laufen's einfach zu.
00:07:43 CM: Schauen's einfach weiter.
00:07:50 CM: Wir drehen jetzt einfach mal eine Runde.
00:08:20 CM: Okay, Herr Dekeyser, bitte.
00:09:16 IV: Läuft?
00:09:17 CM: Läuft.. die Kamera, Ton passt.
00:09:20 CM: Und bitte.
00:09:21 IV: Der Steinbruch, Herr Dekeyser, war ja sozusagen Ihre erste Station.
00:09:25 Und Sie haben auch erzählt, das war so mit das Härteste, was es in Flossenbürg überhaupt gab.
00:09:30 Was war der Steinbruch? Was war auch das Schlimme gerade an dem Steinbruch für die Menschen hier?
00:09:36 CD: Also, wir sind jetzt an diesem Steinbruch angelangt, wo an sich die meisten unserer Kameraden ihr Leben gelassen haben.
00:09:50 Das war an sich das Schlimmste, was an Arbeit hier äh von den Leuten verlangt wurde.
00:09:59 Dies alles morgens mit einem Liter warmem Wasser im Körper musste dann hier sehr hart gearbeitet werden.
00:10:14 Obendrein Beschimpfungen von morgens bis abends ertragen müssen.
00:10:22 Und dann zusätzlich wurde noch mal geknüppelt, sodass es sehr oft abends Verletzte gegeben hat, die man zum Revier tragen musste.
00:10:36 IV: Wie war denn auch so die.. Sie haben ja selber hier die Arbeit gemacht. Wie war das für Sie?
00:10:39 Was haben Sie erlebt auch von dieser Gewalt, diesen Beschimpfungen? Versuchen sie nochmal so ein bisschen auch..
00:10:44 CD: Ja, also meinen, meinen ersten Arbeitstag im, im Steinbruch war an sich das Verladen von diesen schweren Brocken.
00:10:55 Die haben wir ja von morgens bis abends zum Teufel gewünscht.
00:11:00 Aber wir mussten die Sachen laden, dann bis zum Bahnhof tragen und dort wieder entladen.
00:11:10 Und während der ganzen Zeit waren da dann Beschimpfungen von den kriminellen Kapos, die wir ertragen mussten, ob wir wollten oder nicht.
00:11:25 Aber ich muss eins gestehen: Also, die Beschimpfungen, die haben mir mehr weh getan als wie tag.. das Schlagen und Treten, was wir da ganze Tage ertragen mussten.
00:11:40 IV: Warum war das so schlimm, diese Beschimpfungen?
00:11:44 CD: Also schlimm, schlimm ist es an sich gewesen, ein, ein jeder Teil von dem Steinbruch, gleich welche Arbeiten man dort durchzuführen hatte,
00:11:54 war an sich so schwer, dass die meisten Zeiten man ja unter, unter der, der Arbeit überhaupt so gelitten hat.
00:12:06 Und dadurch geistig und körperlich äh von Tag zu Tag äh sch..
00:12:16 Sehr, sehr anfällig wurde für jede kleine äh Krankheit oder alles, was an sich mit schlechter Ernährung zu tun hatte.
00:12:31 Die Ernährung, die wurde am Mittag.. das.. Da sind ja ein paar Bilder davon noch zu sehen.
00:12:39 Am Mittag das Stehen in einer Reihe, um da einen Schlag von der Suppe zu ergattern, war schon eine sehr schwere Sache.
00:12:52 Jeder hat probiert, an den Rest vom Kübel zu kommen, weil es dort ein bisschen dickere Suppe gegeben hat.
00:13:03 Und das war an sich das Einzige, was am ganzen Arbeitstag den Gefangenen gegeben wurde.
00:13:14 IV: Die Menschen müssen doch auch.. die waren ja zum Teil schwank.. krank, schwach, erschöpft.
00:13:19 CD: Ja, doch, dort die ganzen.. dort die..
00:13:22 IV: Wie, wie, wie war das? Und es war ja auch oft.. Auch im Winter wurde ja.. Im Winter wurde ja auch gearbeitet. Es war kalt.
00:13:26 Also wie war das.. sozusagen.. Wie ging es einem auch körperlich? Wie ging es.. Sie haben das ja auch gesehen, wie es.. Sie haben es ja geschafft, aber andere..
00:13:35 CD: Ja, die, die, die Wetterumstände sind ja, die sind ja bekannt in diesem Teil des Landes.
00:13:42 Dass äh der Winter lange und sehr hart war und wir an sich nur, nur notdürftig bekleidet waren.
00:13:53 Sodass wir schon beim Anfang der Arbeiten schon gefroren haben.
00:14:02 Handschuhe gab es gar keine, da haben wir mit den bloßen Händen diesen Granitteil da anfassen müssen.
00:14:11 Dadurch ist dann in kürzerer Zeit äh Leute äh erkrankt worden.
00:14:22 Sehr wenig sind an sich wieder nach Hause gekommen, nachdem sie eine Zeit lang hier in dieser Steingrube beschäftigt waren.
00:14:37 Schlimm war es an sich.. Das Ganze, was hier "Leben" hieß, war für uns die Hölle.
00:14:50 Es ist ja fast nicht zu beschreiben, wie sehr wir von Morgen bis abends unter allem, was hier zusammen von den Kriminellen ertragen werden musste..
00:15:05 Sodass die einen nach den anderen unserer Kameraden sichtlich jeden Tag schlechter in körperlichem Zustand waren.
00:15:20 Und dadurch sie auch ab und zu das Leben benommen haben. Also schlimmer war es in keinem anderen Lager.
00:15:35 IV: Okay.
00:15:39 Gut.
00:15:42 Ja.
00:15:53 CD: Cette foutue carrière de pierres, où il y a tant de camarades qui sont restés.
de [DE: CD: Dieser verdammte Steinbruch, wo so viele Kameraden umgekommen sind.]
00:16:04 Un lieu incroyable.
de [DE: Ein unglaublicher Ort.]
00:16:10 Triste et effroyable.
de [DE: Traurig und furchtbar.]
00:16:18 A se demander comment j'en suis sorti.
de [DE: Ich frage mich, wie ich da rausgekommen bin.]
00:16:25 Das wär's.
00:16:26 IV: Okay, Dankeschön.
00:16:34 CM: Jetzt laufen wir mal ein Stück.
00:16:39 Okay, laufen wir ein Stückchen vor?
00:17:38 CM: Okay, das reicht, Herr Dekeyser.
00:17:43 CD: Weiter?
00:17:43 CM: Das reicht, das reicht, danke.
00:17:45 CD: Das reicht?
00:17:46 CM: Ja, bleiben Sie einfach stehen.
00:19:09 CD: Losgehen?
00:19:09 IV: Ja, bitte.
00:19:20 CM: Und stopp.
00:19:49 CM: Und bitte.
00:19:50 IV: Okay.
00:20:01 CM: Und stopp.
00:21:10 CM: Ich schau jetzt noch mal, ob wir noch mal ein bisschen weiter.. ja?