00:00:00 |
IV: .. und Sie wussten nicht, dass Typhus ansteckend ist, und hatten deswegen.. |
00:00:03 |
SR: Nein, ich habe keine Ahnung gehabt, was, was das.. |
00:00:06 |
Und der Amerikaner hat mich bei der Hand genommen und er hat mir ein Zimmer gegeben oben auf der Schule und hat gesagt: |
00:00:17 |
"Du gehst nicht runter. Du.. was du willst, du wirst bekommen. Essen und alles.. rak.. do.. Aber geh nicht runter." |
00:00:29 |
Aber das war mein Bruder. Und er hat sich nachher besser gefühlt. Hat er gesagt: |
00:00:37 |
"Weißt du, Schmuel, man gibt mir kein Essen nicht. Ich habe Hunger." |
00:00:43 |
Ich bin gekommen, habe gesagt: "Was heißt das? Mein Bruder ist krank und ihr gebt ihm kein Essen." |
00:00:49 |
Nachher haben sie mir gesagt, er darf nicht essen. Jede drei Stunden ein halbes Glas als Essen. |
00:01:00 |
Sag ich: "Was, halbes Glas?" War.. halbes Glas war für mich gar nichts, ja. |
00:01:05 |
Sagt er: "Nein, er darf nicht essen. Nach ein paar Tagen wird er bekommen genug zu essen." |
00:01:15 |
Und doch bin ich herunter gegangen zu meinem Bruder und mein Bruder hat mir gesagt: |
00:01:22 |
"Schmuel, hast mir geb.. Ich möchte eine Henne haben." Habe ich gesagt: "Kein Problem." |
00:01:32 |
Ich bin von dem Hospital raus gegangen, bin in den Pfarrhof gegangen, habe gesagt: "Mein Bruder ist krank, bitte geben Sie mir eine Henne." |
00:01:42 |
Hat sie gesagt: "Nein, ich habe keine Henne." Bin ich rausgegangen auf einen zweiten Hof, ich habe erwischt eine Henne, reingegangen. |
00:01:55 |
"Bitte kochen Sie mir ab die Henne, mein Bruder ist krank." |
00:02:00 |
Ja, sie hat mich schön aufgenommen, habe ich gesagt.. Habe ich gefragt: "Wann soll ich kommen das abholen?" |
00:02:07 |
Hat sie mir gesagt: "In zwei Stunden." |
00:02:11 |
Ich bin in zwei Stunden gekommen und sie hat mich gefragt: "In was wollen Sie das nehmen?" |
00:02:19 |
Habe ich gesagt: "Geben Sie mir eine Zeitung." - "Und was mit der Suppe machen?" Habe ich gesagt: "Die Suppe schmeißen Sie raus." |
00:02:30 |
Ich komme zu meinem Bruder, ich bringe ihm die Henne, sagt er: "Wo ist die Suppe?" Sage ich: "Was die Suppe?" Sagt er: |
00:02:37 |
"Das Wasser, was hat sich gekocht." Habe ich gesagt: "Das soll sie rausschmeißen." |
00:02:41 |
Sagt er: "Das kann ich nicht essen. Ich habe gewollt die Suppe haben." {SR lacht} |
00:02:48 |
So was.. neben ihm habe ich bekommen.. das war ein S.., SS-Mann.. war in einem Bett. |
00:03:00 |
Habe ich gesagt: "Du bist sehr bekannt." Er hat kein Wort nicht wollen sprechen. |
00:03:08 |
Und ich habe gesagt: "Du bist ein SS-Mann." Hat er gesagt: "Nein, nein, nein, nein. Nein, ich bin derselbe wie du." |
00:03:19 |
Bin ich zu dem Arzt gegangen, zu dem Amerikaner, habe ich gesagt: "Er sieht mir aus.. er sieht aus wie ein SS-Mann." |
00:03:29 |
Und er ist zum Bett gekommen und hat gesagt: "Du musst die linke Hand rauf.. aufstellen." Und er hat gesehen, er hat 44. |
00:03:41 |
Er hat angemeldet zum Hauptquartier und sind.. Das Militär ist gekommen, haben ihn abgeholt. Auch mich. Wir sind gekommen dorthin. |
00:03:54 |
Und sie haben mir gesagt.. Sie haben gesagt, ich habe ihn erkannt. Und die Amerikaner haben mich äh sehr gut zugenommen. |
00:04:07 |
Und ich habe gesagt, ich habe einen Bruder im, im äh Krankenhaus und sie haben mir gesagt, wenn er wird gesund werden, so soll ich ihm sagen. |
00:04:20 |
War viel besser und sind sie in Neuburg zum Bürgermeister gegangen und der Bürgermeister hat uns gegeben ein Zimmer. |
00:04:33 |
Mit einem Bett, mit.. das war sehr gut. Nachher, der Bruder hat mir gesagt: "Bring mir was zu essen." |
00:04:43 |
Da bin ich zu den Amerikanern gegangen und ich habe gebracht äh.. was sie haben gegessen, hat er.. habe ich auch gebracht. |
00:04:55 |
Ich verzähle nicht das.. die ganzen kleinen Sachen, aber das war die, die Wahrheit. |
00:05:01 |
So, ich war mit den Amerikanern dort sehr verbunden. Und dort war ein Lieutenant-Colonel, was hat gesagt: |
00:05:14 |
"Du isst mit mir Mittag jeden Tag bei dem Tisch. Ich und du." |
00:05:22 |
Und ich war sehr zufrieden. Und er hat mir nur.. neue Kleider gebracht, mit Schuhen, mit so.. |
00:05:36 |
Es war ganz, ganz gut von dieser Zeit.. um diese Zeit. Nachher haben sie Befehl, nach Japan zu fahren. Und ich habe auch gewollt fahren nach, nach Japan. |
00:05:51 |
Aber haben sie mir gesagt: "Du kannst nicht nach Japan fahren, weil dort ist eine Gefahr, von der äh Atombombe dort drüben." |
00:06:02 |
Aber der Lieutenant-Colonel hat gesagt: "Ich gebe dir einen Brief." |
00:06:12 |
Er sagt: "Zu jedem Amerikaner, was du willst was, zeig ihm den, den Brief." |
00:06:22 |
So war das. Und sie haben uns genommen, mich mit meinem Bruder, zu Dachau, in das Kloster. |
00:06:35 |
IV: In Indersdorf. |
00:06:36 |
SR: In, in, in dem Kinderhaus, ja. Und dort hat uns be.. genommen Greta Fischer. |
00:06:48 |
Die Frau war von UNRRA, sie war von England. Sie hat gehabt ein menschliches, warmes Herz. Weil bis jetzt habe ich nicht getroffen so eine. |
00:07:11 |
Und sie hat mir ein Bett gegeben, ein weißes Bett. Mit einer Schuhpaste, mit eine.. mit äh äh Seife.. ein Stückchen Seife. Und Essen beim Tisch. |
00:07:33 |
Und es waren bloß junge, junge Burschen. Alle, was sind gekommen allein. |
00:07:41 |
Der Platz war, was sie hat weggeschickt die Kinder nach England, nach Frankreich, nach Schweden, nach Amerika.. das alle.. |
00:07:59 |
So weit, das war.. haben sie uns fotografiert und wir haben schon alles gehabt fertig zu fahren nach England. |
00:08:10 |
Aber sie hat uns gegeben.. Ich gedenke nicht, wie viele Mark.. Hat gesagt: "Ihr könnt gehen nach München, kaufen was zu gedenken." |
00:08:27 |
Und mein Bruder hat bekannt ein, einen aus.. von unserer Stadt. Und er hat gesagt: "Du hast zwei Schwestern, was die suchen dich." |
00:08:45 |
Und er hat gesagt: "Wo sind sie?" Haben sie gesagt: "In Feldafing." Das war auch ein, ein Lager. |
00:08:54 |
Sagt er: "Kannst du mich mitnehmen nach Feldafing?" Und er hat gesagt ja. |
00:09:02 |
Er ist nach Feldafing gekommen, er hat gesehen meine ältere Schwester von mir. |
00:09:09 |
Und er hat gesagt: "Wo ist die Schwester.. die große Schwester?" - "Sie ist in, in äh, in äh Hospital. Sie ist krank." |
00:09:20 |
Und alle beide, die Schwester mit meinem Bruder, sind gekommen zurück, mich sehen. |
00:09:28 |
Und die Frau Fischer hat gesagt: "Sie kann auch fahren nach England." |
00:09:36 |
Hat sie gesagt: "Nein, wir haben eine Schwester. Sie ist im Hospital, im Krankenhaus. So, wir wollen nicht fahren." |
00:09:52 |
"If ihr wollt nicht fahren." Sie hat mich genommen und nach Feldafing. Feldafing war ein Lager, das war ganz schlimm. |
00:10:06 |
Aber man kann leben, niemand kann dich töten dort. Und von dort waren wir eine kurze Zeit und noch einer hat gesagt: |
00:10:22 |
"Du hast einen Bruder in der englischen Armee. Er ist in Italien." |
00:10:31 |
So, mein Bruder ist gefahren nach Italien, sehen den Bruder. Weil bevor, er war im polnischen Militär und so weiter, so weiter. Ist er gekommen nach ... |
00:10:47 |
Und von Italien hat der Bruder ihn geschickt nach Hause, nach Israel.. Damals war noch nicht, war Palästina. |
00:11:00 |
Und er ist nach Erding gekommen zu uns besuchen. |
00:11:08 |
Nu haben wir schon gehabt eine Richtung, wo, wohin gehen wir. Aber in Erding haben wir auch bekommen zwei Wohnungen. |
00:11:20 |
Waren zwar zwei Familien: Wir eine Familie und Monowitsch eine Familie. So, als meine Schwester hat geheiratet mit dem Monowitsch.. äh eine.. |
00:11:36 |
Und wir sind.. Oder es war Sonntag oder Samstag.. Wir sind gegangen so eine Allee in Erding und wir gehaben gesprochen zwischen uns. |
00:11:53 |
Und zwei Amerikaner: "Was für eine Sprache ist denn das?" Damals habe ich schon gekonnt ein bisschen Englisch, ich konnte verstehen ein paar Wörter. |
00:12:09 |
Und ich habe den Brief von der Tasche rausgezogen und ich habe ihm gewiesen. |
00:12:20 |
Und hat der gesagt.. Alle beide haben gesagt: "Jetzt musst du kommen mit mir." Das war von der Luftwaffe, das war nicht die, die, die Infanterie. |
00:12:32 |
Das waren andere Soldaten. Das war in Erding. Das war Luftwaffe. Und man hat mich gebracht auch zu einem Colonel.. mit dem Brief. |
00:12:47 |
Er hat geschaut den Brief, aber ich habe nicht gewusst, was ist dort geschrieben. Und er hat gesagt der Sekretärin.. She was a corporal, sie war.. Pat Beachport. |
00:13:04 |
Und da hat er Befehl gegeben: "Jetzt gibst du ihm eine Wohnung, gibst ihm Rationcard, gibst ihm clothes, neue Schuhe.. alles, so wie ein Soldat." |
00:13:23 |
Es hat gedauert, weil er hat keine Schuhe gehabt für mich, hat keine Kleider gehabt für mich. Und der Schneider hatte das gemacht.. Der hat das gemacht. |
00:13:38 |
Und sie war der Apotropus bei mir. Was kann ich sagen? Ich kann kein.. Ich habe kein schlechtes Wort zu sagen für sie. |
00:13:53 |
Und sie hat gesagt: "Ich will dich nehmen als Sohn." Aber da, ja.. hä hä. Ja. Aber das äh war äh unmöglich. |
00:14:08 |
Und nachher hat meine Schwester, die ältere von mir, gesagt, sie fährt nach, zum Bruder nach Israel. Habe ich gesagt: "Ich fahre mit dir." |
00:14:27 |
Und so haben wir verlassen Erding und sind bei der Grenze nicht gekonnt durchgehen.. Sind wir durch Frankreich gekommen. Und Frankreich war auch gesperrt. |
00:14:40 |
Und wieder sind wir nach Austria gekommen. Bis Italien wir sind durchgegangen. Sind wir gekommen nach Milano. |
00:14:53 |
Und von Milano haben wir auch gehört, wir haben eine Cousine.. ist in einem Kibbuz in Fano. Das war eine Fishing, Fishing-Stadt.. kleine. Sind wir gefahren dorthin. |
00:15:14 |
IV: Mit dem Schiff? |
00:15:15 |
SR: Nach.. in Italien. |
00:15:17 |
IV: Ach, in Italien. |
00:15:18 |
SR: Nach Italien sind wir wieder gefahren, dort in den Kibbuz nach Fano. Und ich habe dort gelernt bauen Schiffe, aber in kurzer Zeit. |
00:15:32 |
Wir haben geglaubt, wir bauen ein Schiff, wir setzen uns darauf und wir fahren. Aber das war nicht so. War illegal. |
00:15:42 |
Der Engländer hat uns gegeben.. Hat uns nicht erlaubt zu kommen to, to, to Israel.. nach Palästina. |
00:15:52 |
Aber das war doch Schiff, was hat.. der Name war Moledid. Sie haben Moledid genommen und hat uns gebracht zu dem Ende, wo der Bahnhof geht, bis zu dem See. |
00:16:10 |
Und dort sind.. wir waren dort zwei, drei Tage und die Nacht haben wir uns gezogen mit einem kleinen Schiffchen zu dem Schiff. |
00:16:20 |
Nachher haben uns die Engländer erwischt, ja. Hat uns nicht erlaubt, allein gehen nach, nach Israel. Und sie haben uns gebracht nach Zypern. |
00:16:37 |
Und Zypern.. Wir waren die ersten, was wir haben das Lager aufgemacht. Das waren Zellen. |
00:16:46 |
Die haben, die haben gerufen das "das Sommercamp". Und dort.. von dort sind wir nach.. close to Nikosia war ein Winterlager. |
00:17:05 |
Aber ich habe nicht gewusst, die Amerikaner haben mich gesucht die ganze Zeit. |
00:17:15 |
Sind nach Italien gekommen.. Haben sie gesagt, ich bin im Kibbuz. Sind in Kibb.. sind nach Fano gekommen. Von Fano sind sie nach Zypern gekommen. |
00:17:29 |
In Zypern ruft man mich und ich bin hin. Es waren ein äh, ein Captain, ein äh Lieutenant. |
00:17:43 |
Und äh they asked me: "Are you Samuel Reinstein?" - "Yes." - "You was in Erding?" - "Yeah." |
00:17:50 |
So he said: "We come to pick you.. äh wir kommen dich abholen. Wir kommen, dich zu nehmen nach Amerika." |
00:17:59 |
Sage ich: "Nein, ich fahre nicht nach Amerika, ich habe zwei Brüder in, in Israel, in Palästina. So, ich gehe dorthin." |
00:18:09 |
Und sie haben mir gewollt zeigen, als ich habe kein Recht. Und ich habe gesagt: "Ich habe ja Recht." Er sagt: "Dort ist gar nichts da in Palästina." |
00:18:20 |
Habe ich ihm gesagt: "Was heißt denn.. Wir haben viele Orangen over there." Soll heimgehen. |
00:18:28 |
Haben sie gesagt: "Weißt du was? Wir haben Befehl bekommen. |
00:18:33 |
Dein Wille.. Wenn du willst nicht, du unterschreibst, wir haben dich gefunden und du wolltest nicht gehen nach Amerika, du wolltest gehen nach Israel." |
00:18:43 |
Und sie haben mir five.. fünfhundert Dollar gegeben. |
00:18:51 |
Und nachher bin ich nach s.. ... von Zypern. Bin ich nach.. hat man gegeben 750 Zertifikate zu kommen nach Israel. |
00:19:07 |
Und habe ich gehabt Glück, ich bin nach Israel gekommen am Ende 1947. Und so ist.. war unsere Geschichte. |
00:19:23 |
IV: Und dort haben Sie dann Teile Ihrer Familie wiedergefunden? |
00:19:27 |
SR: Bitte? |
00:19:28 |
IV: Und in Israel, in Palästina waren schon zwei Brüder? |
00:19:31 |
SR: Zwei Brüder, ja. So, ich war wieder in Kibbuz, in, in äh, in Israel. Aber ich habe gesagt: Ich bin.. zwei Brüder habe ich gehabt, was sie schon waren dort. |
00:19:44 |
Haben sie gesagt: "Komm auch rauf in den Kibbuz." Habe ich gesagt: "Nein, ich muss ein bisschen lernen in Hebräisch." |
00:19:50 |
Sage ich: "Ich habe, habe keine Ahnung gehabt in Hebräisch." Habe ich dort gelernt und so weiter, so weiter. |
00:19:58 |
Im 43. Jahr habe ich geheiratet. Und ich habe drei Töchter. Und acht äh.. |
00:20:09 |
IV: Enkelkinder. |
00:20:10 |
SR: Ja. Und ein.. |
00:20:13 |
IV: Urenkel. |
00:20:13 |
SR: Urenkel. |
00:20:15 |
IV: Und damals.. Ihre Schwestern sind dann auch noch gekommen nach Palästina? |
00:20:18 |
SR: Ja, ja. Alle sind gekommen, ja. Alle sind gekommen. |
00:20:24 |
IV: Wie viele von Ihrer Familie, von Ihren Geschwistern haben denn überlebt? Und was ist aus Ihrer Mutter geworden? |
00:20:29 |
SR: Bitte? |
00:20:30 |
IV: Was ist aus Ihrer Mutter geworden? |
00:20:32 |
SR: Das wissen wir bis heute nicht. Das wissen wir heute nicht. Weil uns hat man genommen in das Concentration Camp und was hat dort passiert.. |
00:20:44 |
Oder sie haben geschossen oder sie haben sie äh genommen nach Auschwitz oder.. oder.. keine Ahnung. |
00:20:53 |
Das ist meine Mutter mit meiner Schwester kleiner Tochter von acht Monaten. |
00:21:00 |
IV: Und Sie haben gesagt, Sie waren sieben Kinder zu Hause, nicht? |
00:21:03 |
SR: Wir waren acht Kinder. |
00:21:05 |
IV: Acht Kinder. Sie hatten sieben Geschwister. |
00:21:06 |
SR: Five.. fünf, fünf Brüder und drei Schwestern. Einer war in der polnischen Armee. |
00:21:13 |
So, er ist der erste, was.. Er war nicht in der.. Er war im Krieg mit den Engländern, ja. Aber er, er, er war der erste draußen. |
00:21:27 |
Und der große Bruder.. weiß man nicht, wo ist der weg. Die Frau mit dem Kind, vielleicht sind sie zusammen gegangen. Das weiß ich nicht. |
00:21:39 |
Und der Bruder was ist nach.. der erste, was ist gegangen.. so weiß man überhaupt nicht, was hat passiert. |
00:21:48 |
Als.. zwei Schwestern haben gearbeitet in Ottmuth. Das war Pulverfabrik. Eine Schwester war in Neusalz. Und ich mit Meir.. |
00:22:09 |
IV: Gut. Und wie viele, wie viele von Ihren Geschwistern sind da.. haben überlebt und sind dann mit nach Palästina gekommen? Insgesamt? |
00:22:17 |
SR: Ja, die, die zwei Schwestern, sie haben geheiratet.. dort in Deutschland, in Erding. Und sind gekommen, wenn.. nach '48. Das war schon äh ein Staat von Israel. |
00:22:34 |
IV: Also dann war es legal, sozusagen. |
00:22:36 |
SR: Sie ist gekommen und.. '49. Die zwei Schwestern sind gekommen '49. Und ich bin mit meinen Schwestern, was sind gekommen, sind wir äh Ende von.. |
00:22:49 |
Ich bin bevor gekommen.. sieben.. ich bin Ende von '47 und sie ist schon '48 gekommen. |
00:22:58 |
Und äh die, die zweite Schwester war.. in Neusalz gearbeitet. Hat sie so.. die zwei Schwestern waren in Ottmuth, was die Russen sind gekommen. |
00:23:13 |
Haben sie befreit. Die Schwester in Neusalz haben die Engländer befreit. Und mich mit Meir haben die Amerikaner befreit. |
00:23:26 |
IV: Ich.. |
00:23:26 |
SR: Das ist der.. |
00:23:29 |
IV: Ich würde jetzt gerne noch mal zurückgehen ein bisschen. |
00:23:33 |
SR: Bitte? |
00:23:34 |
IV: Äh ich würde gerne in der Geschichte noch mal zurückgehen, weil wir hatten vorhin.. Sie hatten vorhin erzählt, Sie sind von Buchenwald.. |
00:23:42 |
SR: Ja. |
00:23:43 |
IV: ..in Richtung Flossenbürg.. |
00:23:44 |
SR: Ja. |
00:23:44 |
IV: ..aufgebrochen. Und dann haben sie gleich von der Befreiung erzählt. Was war dazwischen? |
00:23:50 |
Wir müssten noch mal sehen.. Können Sie sich an Flossenbürg erinnern? Sind Sie von Buchenwald hierhergekommen? |
00:23:56 |
SR: Ja. Wir sind von Buchenwald nach Flossenbürg gekommen. {SR seufzt} Schwer. |
00:24:04 |
Aber ich muss das erzählen. Ich habe zu Hause nicht erzählt. Aber ich muss das erzählen jetzt.. muss ich erzählen. |
00:24:13 |
Wir sind in einen Block herein gegangen.. vielleicht 2.000. Das waren nicht o.. bloß Juden.. allgemeine. |
00:24:26 |
Und wir sind gesessen so, einer beim zweiten.. allein.. nicht gelegen. Ich bin auf der Seite gelegen und.. gesessen und Meir war gesessen auf der zweiten Seite. |
00:24:46 |
Und einmal, wenn der Deutsche kommt besuchen.. Der SS kommt besuchen und einer schreit: "Hier ist ein Jude!" |
00:24:59 |
Und: "Raus, raus, raus!" Sage ich: "Ich bin kein Jude nicht." - "Wie heißt du?", hat er gesagt. "Lolek Butzki." Das ist mein Freund, was war zu Hause. |
00:25:10 |
Und der SS-Mann hat gesagt: "Du, komm mal her. Rauf auf den Tisch." Und hat gesagt: "Lass die Hosen runter." |
00:25:21 |
Und ich habe einen Strick gehabt und ich habe gesehen meinen Tod in dem Moment. Und er sagt: "Schneller" und "Schneller!" und "Schneller!" und so was.. |
00:25:36 |
Es war ein Alarm und er hat gesagt: "Er ist kein Jude." Und dort haben sie schon geschimpft: "Hier ist sein Bruder." |
00:25:47 |
Sind wir raus.. äh wir sind drei Tage geschlafen draußen. Wir sind in die Baracke nicht reingegangen. |
00:25:58 |
Wir waren in äh Flossenbürg.. wir waren nicht eine lange Zeit. Vielleicht eine Woche Zeit. Vielleicht. |
00:26:08 |
Weil die Russen sind jedes Mal gekommen näher. Und uns hat man geschickt nach.. in eine andere Richtung. |
00:26:20 |
So das, was ich weiß genau. Das war bevor Regensburg. |
00:26:28 |
Weil am selben Tag, so wie die Amerikaner sind gekommen, sind wir gegangen die Richtung, von wo die Amerikaner sind gekommen.. und dort war Regensburg. |
00:26:41 |
IV: Und von Flossenbürg.. Sie waren wieder zu Fuß unterwegs? Oder im Zug? |
00:26:46 |
SR: Nein, nein, nein, nein.. zu Fuß. Zu Fuß. Zu Fuß.. das war, das war die, die, die, die schlimmes Wetter. |
00:26:59 |
Das schlimme Wetter. Das war der ganze Marsch war das schlimme Wetter. |
00:27:08 |
Die Kleidung war nicht.. war keine Kleidung. Aber ich w.., wenn man fragt mich: "Wieso bist du äh leben gelassen?" Das, das kann ich nicht erzählen. |
00:27:20 |
Sagen: Ohne Essen, ohne Wasser.. Aber Schnee war. Wir haben da Schnee gegessen. |
00:27:30 |
Und geklaut, geklaut.. nicht geklaut, weil ich habe gemusst klauen. Habe geklaut, habe gewollt leben.. that's all. |
00:27:41 |
Habe ich eine Jacke hier gesehen auf dem ..., habe ich sie genommen. |
00:27:47 |
Ich weiß, so was.. jetzt, wenn ich komme nach Neuburg, das ... vielleicht ist das ein, eine Lachgeschichte. |
00:27:57 |
Jetzt bin ich fertig zu kommen zu bezahlen für die Henne, was ich habe ge.., genommen von der.. |
00:28:07 |
IV: Was glauben Sie denn, wie haben Sie das geschafft, dass Sie die ganze Zeit mit Ihrem Bruder zusammen bleiben konnten? |
00:28:14 |
Man hat ja gehört, die meisten Familien wurden ja geteilt, zersprengt, haben sich nie wieder gesehen. |
00:28:19 |
SR: Ja. |
00:28:19 |
IV: Wie haben Sie beide das geschafft zusammen zu bleiben so lange? |
00:28:26 |
SR: Ich glaube, oder ich oder mein Bruder hat einen Engel gehabt. Und er hat uns gehütet.. aha, hat uns aufgepasst. |
00:28:43 |
Ich erzähle das alles, ich war schon zehn Mal tot. Und zehn Mal bin ich aufgestanden. |
00:28:55 |
Von, von Blockältestem, von Lagerältestem, von, von, von äh von dem Holländer. |
00:29:06 |
Das ist nicht zu begreifen, aber hat mich schon rausgenommen: "Du, steh hier." |
00:29:12 |
Nachher kommt der, gibt er mir einen Schmeiß in den Arsch und hat gesagt: "Was? Du zu der Arbeit willst rausgehen?" |
00:29:19 |
25, 26.. was war. Ich war ein, ein Elektriker, Gehilfselektriker. Aber ich war.. alles kann ich. |
00:29:32 |
Das.. so, so einmal. Das zweite Mal. Hat er gesagt: "Wieso, wieso gehst du zu.. wieso kommst du zu der Arbeit äh hier?" |
00:29:48 |
Und er hat mich gewollt auf dem Bicycle, auf dem äh äh äh Motor nehmen zurück, zurück dort dahin. |
00:30:00 |
Aber er hat gesagt: "Nein, du kannst ihn nicht nehmen. Ich bin rausgegangen mit 26. Ich muss zurück mit 26." |
00:30:11 |
Was kann ich sagen zu dem? |
00:30:16 |
Der Engel war, war.. ich weiß nicht.. bei mir oder meinem Bruder. Wir haben uns gesehen jeden Tag. Wir haben jeden Tag gesehen. |
00:30:29 |
Und das war.. wir haben gegessen zusammen. |
00:30:35 |
Das ist nicht für Television zu sprechen, was wir haben gemacht und wieso wir sind geblieben leben. |
00:30:48 |
Ich habe was geschrieben da, auch in Englisch. Und auch.. Ja, ich war bei den.. Pat, bei den Soldiers. |
00:31:00 |
Ich bin 1989 nach Amerika gefahren. Ich habe sie gefunden. Wieso habe ich sie gefunden? |
00:31:14 |
Von Anfang sie hat mir geschrieben. Und sie hat geschrieben so: "Pat Beachport, North Carolina, U.S.A." |
00:31:27 |
Und ich habe einen Brief geschickt zu ihr. Aber der Brief ist zurückgekommen. Das ist nicht genug: North Carolina, Pat Beachport. |
00:31:39 |
Und der Brief war zu Hause gelegen, gelegen. |
00:31:48 |
Und die Familie von meiner Frau sind in Amerika, sind gekommen und ich habe schon gesprochen mit ihnen. |
00:31:56 |
Haben sie gesagt: "Oh, wieso sprichst du so ein Englisch.. amerikanisches Englisch?" |
00:32:02 |
Habe ihr gesagt, es war ein Soldat, Pat Beachport, sie hat mir gelernt, sie hat gewollt, ich soll nach Amerika kommen.. So weiter, so weiter, so weiter. |
00:32:13 |
"Bist du in Verbindung mit ihr?" Sage ich: "Nein. Ich habe keine Adresse." Aber sie war schön, sie hat bi.. ... b.. in äh b.. äh in äh Babysuit war sie. |
00:32:29 |
Und, und einmal ich bekomm ein Telefon zu Hause, sagt sie mir: "Samuel, ich habe die Adresse von Pat Beachport. Jetzt ihr Name ist Kochelmann." |
00:32:52 |
Ich war.. Ich habe nicht gewusst in dem Moment, was zu sagen und was zu tun. Zwei Tage bin ich gegangen nicht ruhig. |
00:33:04 |
Wieso kann ich zu ihr.. ich habe gehabt die Telefonnummer. Und ich habe mich aufs Bett gesetzt. Jetzt muss ich sprechen mit ihr. |
00:33:19 |
Ich ring up zu ihr und sie sagt: "Who is speaking?" Und ich sage: "Semi." |